Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrtes Parlament!
Gemäß unseren parlamentarischen Gepflogenheiten werde ich zu Beginn der Herbstsitzungsperiode dem Parlament über die Ereignisse der Monate seit dem Ende der Frühjahrssitzungsperiode berichten und Sie über die Pläne der Regierung informieren.
Zunächst einmal muss ich über das Hochwasser sprechen. Von Mitte September an befand sich unser Land zehn Tage lang in einer schwierigen Lage, in der es einer ernsthaften Bedrohung ausgesetzt war. Plötzlich gab es eine Flutwelle, die in vielen Ländern Mitteleuropas schwere Schäden verursachte. Hier bei uns war es das zweitschlimmste Hochwasser des Jahrhunderts. Wir haben die gesamte Donau von Győr über Dunaszekcső bis Mohács verteidigt. Der Schutz war organisiert und geordnet. Es ist uns gelungen, die Katastrophe abzuwenden. Ich möchte allen Freiwilligen, Wasserschutzexperten, Polizisten, Katastrophenhelfern, Feuerwehrleuten und Soldaten für ihren Einsatz danken. Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die Ungarn in Notlagen vorbildlich zusammenstehen. Etwas davon sollte in Friedenszeiten hinübergerettet werden. Wir können sagen, dass Ungarn und der ungarische Staat in einem Jahrzehnt sichtlich gestärkt worden sind. Im Vergleich zum Hochwasserschutz 2013 ist der ungarische Staat effizienter geworden, besser organisiert und besser vorbereitet. Wir haben die richtige Entscheidung getroffen, als wir die Verteidigungslinien nach dem Hochwasser 2013 verstärkt haben. Nach dem Hochwasser 2013 haben wir insgesamt 435 Milliarden Forint für die Verbesserung des Hochwasserschutzes ausgegeben, davon 150 Milliarden Forint für die Verstärkung der Schutzlinien entlang der Donau. Die Schutzbauten an der Moson-Donau-Mündung wurden fertiggestellt, so dass die Stadt Győr während des diesjährigen Hochwassers nicht in Gefahr war. An der Mündung des Barát-Bachs in die Donau in Csillaghegy in der Hauptstadt wurde ein Fluttor gebaut, damit haben wir Nord-Buda und Budakalász geschützt. In der Region von Komárom haben wir einen neuen Abschnitt der Hochwasserschutzmauer gebaut, die Hochwasserschutzmauer von Komárom renoviert und den Hochwasserschutzdamm am Donauufer von Komárom-Almásfüzitő erhöht.
Der Wasserspiegel der Donau stieg infolge des Hochwassers um 6,5 Meter, so dass wir auf 40 Flusskilometern temporäre Sperren und auf 4.600 Metern mobile Mauern bauen mussten. Außerdem brauchten wir zwei Millionen Sandsäcke und 55.000 Tonnen Sand. In naher Zukunft werden wir den im Januar begonnenen Ausbau des Hochwasserschutzes in Esztergom abschließen. Wie üblich wird die Wasserbehörde der Regierung in Kürze ihren Bericht über das Hochwasser vorlegen, und dann werden wir über weitere Verbesserungen des Hochwasserschutzsystems entlang der Donau entscheiden.
Sehr geehrte Mitabgeordnete!
Es ist eine lange Tradition in Ungarn, dass der Staat auch bei der Feriengestaltung der Kinder eine Rolle spielt. In diesem Sommer hatten 40.000 Kinder die Möglichkeit, ihre Ferien in den Erzsébet-Lagern am Plattensee zu verbringen. Mehr als dreitausend kamen von jenseits der Grenze, und wir haben auch die Organisierung der Ferien von hundert ukrainischen Kindern übernommen. Die Regierung zieht regelmäßig eine Bilanz, wenn im September die Schule beginnt. Daraus geht hervor, dass wir in den letzten Jahren Kindergärten und Schulen im Wert von 1.400 Milliarden Forint gebaut und renoviert haben. Ich informiere das Hohe Haus, dass wir derzeit 57 Schulsporthallen, 87 Turnhallen und 31 neue Schulen bauen. Besonders erwähnen möchte ich, weil das ganze Land darauf stolz sein kann, dass wir Ende August die größte Schulinvestition des Landes, das Studentenviertel Dunakeszi, eingeweiht haben: ein Gymnasium mit 20 Klassenzimmern, eine Fach- und Berufsschule mit 26 Klassenzimmern, jeweils eine Sporthalle und ein städtisches Schwimmbad, alles auf 32.000 Quadratmetern. Dieses neue Bildungszentrum bietet Platz für 1.500 Schüler. Zu Beginn des Schuljahres wurden 13 Millionen Schulbücher kostenlos an die Schüler der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen verteilt. Eine Million zweihunderttausend Schüler werden kostenlose Schulbücher erhalten, wodurch die Familien Ausgaben in der Höhe von 15 Milliarden Forint sparen. Außerdem haben wir 80.000 kostenlose Schulsets für bedürftige Familien bereitgestellt.
Hohes Haus!
Einer der vorrangigen Entwicklungspläne der Regierung ist das Programm „Digitales Ungarn“. Im Juli haben wir einen wichtigen Meilenstein erreicht. Über die Anwendung EgészségAblak („Gesundheitsfenster”) sind nun 80 Gesundheitseinrichtungen zugänglich, und Patienten können Termine in Ambulanzen auch digital buchen. Im Sommer haben wir das Regierungsprogramm Schutzuhr fortgesetzt. 650.000 Menschen haben sich registriert, was bedeutet, dass nun jeder dritte Mensch über 65 Jahre eine so genannte Care Watch nutzt und sein Leben und seine Gesundheit heute sicherer sind als zuvor. Wir haben auch das Programm „Digitale Staatsbürgerschaft“ gestartet. Sie können jetzt Ihr Mobiltelefon benutzen, um sich zu identifizieren, Sie können alle Ihre persönlichen Daten und Fahrzeugdaten an einem Ort finden und einen Termin bei der Behörde auf Knopfdruck buchen. Das Programm wird im Laufe des Jahres kontinuierlich um neue Dienstleistungen erweitert.
Sehr geehrte Mitabgeordnete!
Der Erfolg eines jeden Wirtschaftsjahres hängt von der guten Leistung der Tourismusindustrie ab. Aufgrund unserer Gegebenheiten ist der Sommer für uns ein Schlüsselfaktor. Dieser Sommer war ein Rekordsommer für den ungarischen Tourismus, und dieses Jahr verspricht deshalb, ein Rekordjahr zu werden. Nie zuvor haben so viele unserer Mitbürger innerhalb unserer Grenzen Urlaub gemacht und nie zuvor haben so viele Touristen unser Land besucht. Dazu gehört auch die Tatsache, dass noch nie so viele Ungarn im Ausland Urlaub gemacht haben wie in diesem Jahr. Ich möchte auch daran erinnern, dass wir im Juni, nach fast 20 Jahren, den Internationalen Flughafen Ferenc Liszt in Budapest in nationale Hände zurückgenommen haben, d.h. wir haben die globalen Torschlüssel zu unserem Land zurückgenommen. Ich möchte das Haus darüber informieren, dass der Flughafen auf der Grundlage der Sommerzahlen 17,5 Millionen Passagiere erreichen wird und damit wieder die Konkurrenz mit den EU-Flughäfen bestehen kann, die als seine Rivalen anzusehen sind. In Klammern möchte ich noch erwähnen, dass MVM, (Magyar Villamos Művek, die Ungarischen Eletrizitätswerke) eine Beteiligung an einem der größten Erdgasfelder der Welt erworben haben. Selbst in aller Bescheidenheit kann dies als historisch bezeichnet werden. Nimmt man noch hinzu, dass Ungarn beim Anteil der Solarenergie an der Stromerzeugung nach Chile und Griechenland an dritter Stelle in der Welt steht, wird deutlich, dass wir uns der Energieunabhängigkeit rasch nähern.
Hohes Haus!
Über die wirtschaftliche Lage des Landes kann ich Folgendes berichten. Beim Wirtschaftswachstum liegen wir an 11. Stelle von 27 EU-Ländern, mit einer Wachstumsrate, die eineinhalb Mal so hoch ist wie der EU-Durchschnitt. Hinter uns liegen die Franzosen, die Italiener, die Deutschen und die Österreicher, aber wir können uns damit nicht zufriedengeben, wir brauchen in Zukunft noch mehr Leistung, ein größeres Wachstum. Bei den Investitionen liegen wir mit einer Leistung von 24,5 % des GDP, des Bruttoinlandsprodukts auf Platz 4 in der Europäischen Union, was gut ist, aber auch hier sollten wir den ersten Platz anstreben. Unsere Wirtschaft ist nach wie vor vollbeschäftigt. 4 Millionen 740 Tausend Menschen sind erwerbstätig, und diejenigen, die arbeiten wollen, können auch Arbeit finden und ihre Familien ernähren. Ich möchte dem Hohen Haus mitteilen, dass der durchschnittliche Bruttolohn im Sommer auf 636.700 Forint gestiegen ist. Das ist ein Anstieg von 14 % im Vergleich zum letzten Jahr. Wenn wir die Inflation davon abziehen, ergibt sich ein Reallohnanstieg von 9,4 %. Tatsache ist, dass die Reallöhne in Ungarn seit 12 Monaten kontinuierlich steigen. Obwohl der ungarischen Wirtschaft regelmäßig das Totenglöckchen geläutet wird, bedankt sie sich, es geht ihr gut und sie bereitet sich auf die kommenden Kämpfe vor. Es mag wahr sein, dass diejenigen, deren Totenglocke ertönt, lange leben.
Hohes Haus!
Ich kann Ihnen sagen, dass die finanzielle Situation des Landes beruhigend stabil ist. Mit einer Staatsverschuldung von rund 75 Prozent befinden wir uns auf einem Abwärtspfad, aber wir sollten ein Niveau von unter 50 Prozent anstreben. Wir wollen das Haushaltsdefizit von 6,5 Prozent im letzten Jahr auf 4,5 Prozent senken, und wir liegen auch gut im Zeitplan. Ich informiere das Parlament, dass wir das Einfrieren der Zinssätze für Privatkunden im Sommer verlängert haben. Dadurch schützen wir heute 300.000 Familien vor hohen Zinsen. Wir werden den Zinsstopp nur dann aufheben, wenn die Zinsen weiter spürbar sinken und die Familien nicht untragbar und ungerecht belasten. Die Regierung hat außerdem im Sommer die Frist für die Geburt der Kinder im Fall der aufgenommenen Babydarlehen verlängert. Der neue Stichtag ist der 1. Juli 2026. Die finanzielle Situation von Familien wird auch dadurch verbessert, dass am 1. Juli ein neues Haussanierungsprogramm gestartet wird, das die energetische Modernisierung von Einfamilienhäusern, die vor 1990 gebaut wurden, unterstützt. Wir schätzen, dass im Rahmen dieses Programms mindestens 20.000 Häuser saniert werden könnten.
Hohes Haus!
Die finanzielle Situation des Landes wird stark von der Inflation und den damit verbundenen Zinssätzen beeinflusst. Ende letzten Jahres hatten wir unsere Verpflichtung erfüllt und die Inflation auf unter 10 % gesenkt. Wir haben die Arbeit fortgesetzt, und am Ende des Sommers lag die Inflation bei 3,4 %. Inzwischen liegt der Leitzins der Zentralbank bei 6,5 Prozent. Wie wir auf den Jahrestagungen gesehen haben, gibt es in der Welt der Wirtschaft eine lebhafte und scharfe Debatte über das wünschenswerte Zinsniveau. Betrachtet man die Zinssätze in anderen Ländern der Region, so ist dies verständlich. Ich möchte Ihnen klar machen, dass die Regierung zwar ein höheres Wirtschaftswachstum und günstigere Kreditbedingungen als heute anstrebt, dass wir aber die Unabhängigkeit der Zentralbank hundertprozentig respektieren und die Regierung mit dem von der Zentralbank festgelegten Zinsumfeld zusammenlebt.
Sehr geehrte Mitabgeordnete!
Die Veränderungen in der Weltwirtschaft in diesem Jahr haben uns davon überzeugt, dass wir in Zukunft eine neue Wirtschaftspolitik und neue wirtschaftliche Lösungen brauchen, wenn wir wirtschaftlich erfolgreich sein wollen. Ja ich glaube sogar, dass es ohne eine neue Wirtschaftspolitik auch nicht möglich sein wird, die bisher erzielten Ergebnisse zu verteidigen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus!
Die Epidemie, der Krieg und die Sanktionen haben die Umgestaltung der Weltwirtschaft beschleunigt. Die ehemals einheitliche Weltwirtschaft spaltet sich immer schneller in eine westliche und eine östliche Wirtschaft. Das ist das schlimmstmögliche Szenario für Ungarn. Es ist bekannt, dass Ungarn die Weltkriege auf der Verliererseite beendete und daher die Gebiete verlor, die die ungarische Wirtschaft früher mit Energie, Rohstoffen und natürlichen Ressourcen versorgten. Auch unser Binnenmarkt ist geschrumpft, so dass unsere Volkswirtschaft und damit auch der ungarische Staat nur überleben können, wenn wir in der Lage sind, wettbewerbsfähige Produkte für den Weltmarkt zu produzieren und dort zu verkaufen. Aus diesem Grund sind das reibungslose Funktionieren der Weltwirtschaft und die einheitliche Struktur des Welthandels für Ungarn lebenswichtig. Heute erreicht Ungarns Exportleistung 76 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, womit wir in der Weltrangliste auf Platz 33 liegen, während wir in der Weltbevölkerungsrangliste nur Platz 95 belegen. Meine Damen und Herren, die letzten hinter uns liegenden Monate haben das Problem nur noch verschärft. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger haben vergeblich für einen Wandel gestimmt, und wieder einmal wurde in Brüssel ein Ausschuss gebildet, der seine Politik der Aufteilung und Spaltung der Weltwirtschaft fortsetzt. Ich beobachte, dass Brüssel sich mehr und mehr der Blockbildung verschreibt und der Ton und die Denkweise des Kalten Krieges wieder Einzug halten. Brüssel und die Europäische Union als Ganzes könnten sich dafür entscheiden, ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, ihr eigenes Immunsystem zu stärken, in einen zweifellos immer härteren Wettbewerb einzutreten und die Herausforderungen der aufstrebenden Länder der Weltwirtschaft anzunehmen. Leider tut es dies nicht. Für Ungarn ist dieser Weg, der Weg der Blockbildung nicht gangbar. Dieser Weg könnte zu einer Verringerung unserer wirtschaftlichen Autonomie, Verwundbarkeit, Abhängigkeit, wirtschaftlicher Stagnation und Verarmung führen. Deshalb darf Ungarn diesen Weg nicht einschlagen. Wir brauchen eine neue Wirtschaftspolitik, wir müssen eine Politik der wirtschaftlichen Neutralität aufbauen.
Ich bin davon überzeugt, Herr Präsident, Hohes Haus, dass Ungarn sich nicht hinter einen der Blöcke stellen darf. Wir müssen uns aus den Konflikten heraushalten, die uns zwingen, zwischen der östlichen und der westlichen Wirtschaft zu wählen. Unser Interesse ist es, mit allen wirtschaftliche Beziehungen zu unterhalten. Wir dürfen die Wirtschaft nicht durch die Brille der Politik betrachten, wir dürfen nur die Interessen der ungarischen Wirtschaft verfolgen. Wir sollten nur das übernehmen, nur das von Ost und West übernehmen, was für Ungarn nützlich und vernünftig ist, dies aber sollten wir übernehmen. Alles, was zu einem bewaffneten Konflikt oder einem Handelskrieg führt, muss abgelehnt werden. Die Regierung ist der Meinung, dass in der neuen Weltwirtschaft, die sich jetzt herausbildet, diejenigen erfolgreich sein werden, die sich nicht in einen aufgezwungenen Weg zwingen lassen, die sich ihre Optionen und ihre Handlungsfähigkeit bewahren können. Ungarn braucht in allem das Beste, von der Technologie bis zu den Kapitalinvestitionen und Kreditprogrammen. Spitzentechnologie, langfristige Kapitalinvestitionen, die günstigsten Kreditprogramme, ausgewogene Beziehungen zu allen Kontinenten der Welt. Die neue neutrale Wirtschaftspolitik, Herr Präsident und Hohes Haus, erfordert auch neue Instrumente. Wir werden sie in den kommenden Monaten und Jahren nach und nach einsetzen. Es geht nicht um eine Art Reformpaket, das an die sozialistische Ära erinnert, oder um einen großen Sprung nach vorn, sondern um aufeinander aufbauende und ineinandergreifende Aktionspläne für Industriepolitik, Unternehmensentwicklung und Finanzen.
Die Maßnahmen des ersten Aktionsplans sind bereits in dem Haushalt enthalten, der Ihnen in Kürze vorgelegt wird. Arbeitnehmerdarlehen wie Studiendarlehen, Kapitalzuschüsse für kleine und mittlere Unternehmen, die unbefristete dreizehnte Monatsrente, die Verdoppelung des Kinderfreibetrags – das werden die ersten Schritte der neuen Wirtschaftspolitik sein, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Obwohl wir auch jetzt in Bezug auf das Wirtschaftswachstum in der oberen Hälfte der Europäischen Union liegen, glaube ich, dass dies im nächsten Jahr nicht ausreichen wird. Wir müssen die Wachstumsrate der ungarischen Wirtschaft in den Bereich von 3 bis 6 Prozent bringen, auch wenn das außer uns niemandem in Europa gelingt. Wenn es sein muss, müssen wir es alleine schaffen, und ich bin davon überzeugt, dass Ungarn es auch schaffen kann.
Hohes Haus!
Erlauben Sie mir, kurz auch auf das Thema Migration einzugehen, denn dieser Sommer hat in ganz Europa für hitzige Debatten gesorgt. Deutschland hat seine Grenzen geschlossen. Frankreich stellt die Ordnung an seinen Grenzen wieder her, sagt der neue Premierminister. Die Niederlande haben ihr bisher schärfstes Antimigrationsgesetzsystem angekündigt. Die Regierungen Schwedens und Finnlands verhandeln über Antimigrationsgesetze. Die Ära der Reisefreiheit geht zu Ende. Dabei hätten sie nur den Rat Ungarns befolgen müssen, dem ungarischen Beispiel zu folgen und von Anfang an Migranten die Einreise zu verweigern. In Deutschland gibt es unzählige Messerattacken. Wochenlang beherrschten offene Zusammenstöße in Teilen Englands. In den meisten westlichen Ländern herrschen unselige Zustände. Wir sind nicht glücklich darüber, dass wir Recht behalten haben. Noch wäre es nicht zu spät, zur Vernunft zu kommen, aber das sehen wir leider nicht. Heute ist es Mode, dass diejenigen, die ihre eigenen Grenzen verteidigen, die Grenzen Europas verteidigen, diejenigen, die die Wahrheit sagen, verfolgt und bestraft werden. Ungarn muss dafür büßen, dass es Europa verteidigt hat. Den stellvertretenden italienischen Ministerpräsidenten Salvini will man ins Gefängnis schicken, weil er sein Land verteidigt hat. Wenn Brüssel weiterhin auf seiner Entscheidung beharrt, uns zu bestrafen, wird es bekommen, was es will, und wir werden die Migranten, die an Ungarns Tore hämmern, auf den Hauptplatz in Brüssel transportieren.
Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich fürchte, dass wir in Bezug auf den Krieg genauso Recht haben werden wie in Bezug auf die Migration. Der Westen ist leichtsinnig, auf der Grundlage von Fehleinschätzungen und mit einer fehlerhaften Strategie in den ukrainisch-russischen Krieg eingetreten. Die Situation wird immer schlimmer, auch die Kämpfe nehmen nicht ab, sondern sie eskalieren. Es gibt keine Lösung für den Krieg auf dem Schlachtfeld, dort gibt es nur Tote, Leid und Zerstörung. Was wir brauchen, sind ein Waffenstillstand, Verhandlungen und Frieden. In Europa sieht heute vorerst Ungarn den Frieden als seine Mission an. Aber bald werden, wie bei der Migration geschehen, auch andere den Fehler der Befürwortung des Krieges erkennen und auf die Seite des Friedens wechseln. Ungarn hat Friedensmissionen nach Kiew, Moskau, Peking und zu Präsident Trump gestartet. Wir haben damit die Debatte über den Frieden in Europa eröffnet, was bisher unmöglich war. Auf Initiative Ungarns hat sich eine internationale Staatengruppe, die „Freunde des Friedens“, gebildet, die nicht tatenlos zusehen will, wie die gesamte Menschheit an den Rand eines dritten Weltkrieges getrieben wird.
Sehr geehrte Mitabgeordnete!
Ob Überschwemmungen, Wirtschaft, Europäische Union, Migration oder Krieg, am Ende geht es immer um die Frage der Souveränität und der nationalen Unabhängigkeit. Ungarns Regierung ist eine nationale Regierung und daher notwendigerweise souveränistisch. Die internationale Zusammenarbeit ist eine wichtige und schöne Sache, aber wir wissen, dass wir uns in Wirklichkeit nur auf uns selbst wirklich verlassen können. Ungarn hat schon immer die Probleme aus der internationalen Arena bekommen, und die Lösung war immer nationaler Widerstand, nationale Einheit und nationale Regierung. In vielen Ländern Europas war es umgekehrt, zum Beispiel in Deutschland, weshalb sie souveränen Regierungen misstrauen. Manchmal sind sie sogar nicht nur misstrauisch, sondern feindselig. Manchmal offen, manchmal verdeckt, versuchen sie auch, die Souveränität der nationalen Regierungen einzuschränken. Offene Angriffe, wie die des Europäischen Parlaments, sind leichter zu erkennen und leichter abzuwehren. Verdeckte Angriffe, Versuche der Destabilisierung, sind eine schwierigere Angelegenheit. Eine erfolgreiche Verteidigung ist da schwieriger, aber nicht unmöglich. Nehmen wir zum Beispiel einen Bericht, der im Sommer von der internationalen Mediengruppe Reuters – nicht von MTI, sondern von Reuters! – veröffentlicht wurde und den Desinformationskrieg der USA gegen chinesische Impfstoffe während der COVID-Pandemie aufdeckte. Ich denke, dass wir in Zukunft solches mehr und mehr zu erwarten haben. Deshalb möchte ich dem Hohen Haus versichern, dass die Regierung im Interesse der Souveränität und Unabhängigkeit Ungarns ohne Zögern alle Mittel des ungarischen Staates einsetzen wird. Wir werden Ungarn gegen alle Handlungen verteidigen, die die Interessen, die Sicherheit, das Wohlergehen und die Gesundheit der ungarischen Menschen bedrohen, unabhängig davon, aus welcher Richtung der Windrose sie auch kommen mögen. Wir haben keine leichte Aufgabe, aber ich bin überzeugt, und ich habe die Erfahrung gemacht, dass, egal wie aussichtslos die Situation auch sein mag, wenn man durchhält und sein Bestes gibt, sich am Ende alles zum Guten wendet.
In diesem Sinne wünsche ich den Mitgliedern des Hohen Hauses eine sinnvolle und fruchtbare Debatte in der Herbstsitzungsperiode.
Ich danke Ihnen, dass Sie mich angehört haben.