Roger Köppel: Sind Sie nach Ihrem Treffen mit Alice Weidel so überzeugt wie Elon Musk, dass nur die AfD fähig ist, Deutschland zu retten?
Orbán Viktor: Ich glaube, ein Land kann nur sein eigenes Volk retten. Meine Hoffnung vor der Begegnung war, dass ich die Chefin einer wichtigen, das Schicksal Deutschland zu gestalten fähigen Partei treffen werde, und so kam es auch. Ich bin der Zukunft Deutschlands begegnet.
Roger Köppel: Es gibt auch in Europa eine gewisse Brandmauer gegenüber der AfD, vor allem in Frankreich. Sind diese Vorbehalte nun dahin? Haben die Patrioten für Europa die AfD in ihren Kreis aufgenommen?
Viktor Orbán: Nein, die Vorbehalte sind nach wie vor stark. Die Wahl in Deutschland wird zwar viel dazu beitragen, dass die AfD bei den Patrioten breiter akzeptiert wird. Aber sie wird keinen Durchbruch bewirken. Dafür braucht es eine imposante parlamentarische Leistung einer starken Fraktion innerhalb eines Jahres. Ich denke, die Chancen dafür stehen gut.
Zoltán Szalai: Wie waren die ersten Eindrücke voneinander? Was war das Interessanteste, das Überraschendste, das Sie herausgefunden haben?
Alice Weidel: Ich bin sehr froh und stolz, hier in Budapest sein zu dürfen. Ich habe Ministerpräsident Viktor Orbán um ein Treffen gebeten. Wir sind die zweitstärkste Kraft in Deutschland. Wir stehen stabil, haben ein entsprechendes Gewicht. Ich möchte gute Beziehungen zu Ministerpräsident Orbán, weil ich ihn für einen Mann der Vernunft in Europa halte. Er verkörpert das Gegenmodell zu Angela Merkel, die eine Politik gegen das eigene Volk, gegen das eigene Land gemacht hat. Viktor Orbán kämpft für sein Land. Er ist für mich das große Vorbild.
Viktor Orbán: Was mich überrascht hat: Ich wusste, dass eine Freiheitskämpferin kommt, bei uns ist das etwas „volksnaher”. Ich komme aus einem Dorf. Da ist Freiheitskampf brutaler.
Zoltán Szalai: Was haben Sie bei Ihrem Treffen besprochen?
Alice Weidel: Wir haben uns über die ungarische, die deutsche, die europäische Situation unterhalten. Wir haben besprochen, welche Hebel einzelne Länder hätten, um die EU zu reformieren. Wir sind uns einig, dass sie reformiert werden muss. Brüssel ist ein teurer bürokratischer Laden, der komplett ungeordnet ist. Es werden dort keine klaren Entscheidungen getroffen. Entsprechend muss man den gesamten Laden zurückbauen und die Kompetenzen dorthin zurückverlagern, wo die gewählten Parlamente sitzen. Und die sitzen in den Nationalstaaten, nicht im Ufo Brüssel.
Viktor Orbán: Ich habe bei unserem Treffen eine scharfe Analyse bekommen, in welcher Situation sich die deutsche Mittelschicht befindet. In Ungarn haben wir diesbezüglich ein bestimmtes Bild, das offenbar falsch ist. Wir stellen uns die deutsche Mittelschicht als unerschütterlich vor, mit sicherem Eigentum, sicherem Einkommen, guten Aussichten, starker Kaufkraft. Ich habe der Frau Präsidentin viele Fragen über das deutsche Leben gestellt, und ich habe verstanden, wie zerbrechlich die Lage der deutschen Mittelschicht geworden ist. Das hat eine große politische Bedeutung, besonders wenn in einem Land Demokratieprobleme auftreten. Es ist nicht meine Aufgabe, Deutschland zu bewerten. Aber es gibt Sachen, die man auch aus Ungarn gut sehen kann. Etwa, dass 70 Prozent der Deutschen eine starke Anti-Migrations-Politik wollen. Wenn die Politik das missachtet, ist das ein Demokratieproblem. Wenn die Bürger die Mittelschicht stärken wollen und die Politiker nicht liefern, ist das ein Demokratieproblem. Wenn ein Land sich nicht dem Diktat des Brüsseler Ufos unterordnen, sondern nationale Kompetenzen ausüben möchte und die Politiker das nicht zur Kenntnis nehmen, ist das ein Demokratieproblem. In einem demokratischen System kann man nicht unbeschadet in Grundsatzfragen gegen die Bürger politisieren. Daraus wird zu einem Problem. In einer Demokratie besitzt nur jene politische Kraft eine Zukunft, die die grundlegenden Bedürfnisse und Bestrebungen der Menschen vertritt. Und das muss man in die Sprache der politischen Entscheidungen übersetzen können, man muss es umsetzen. Wenn man es nicht tut, wird früher oder später der gesamte demokratische Aufbau einen Knacks erleiden und es wird jemand kommen – meiner Ansicht nach die AfD –, die jene Politik mit sich bringt, die die Menschen fordern. Darum denke ich, dass die AfD für Deutschland die Zukunft ist. Denn die AfD möchte einige einfache Dinge tun, die auch die Bürger wollen. Ich bin mir sicher, dass in einer Demokratie nur diejenige politische Kraft eine Zukunft hat, die das tut, was die Bürger wünschen.
Alice Weidel: Ich glaube, den Menschen ist nicht bewusst, dass die Europäische Union ein Demokratiedefizit hat. Sie ist an sich nicht demokratisch. Sie hat eine Störung der horizontalen und der vertikalen Gewaltenteilung. Die Störung der horizontalen Gewaltenteilung sieht so aus, dass die Entscheidungen einzig und allein die Kommission fällt. Diese Kommission, die sich nie einer Volkswahl gestellt hat, ist die Exekutive, hat gleichzeitig aber legislative Initiativrechte, die normalerweise Parlamenten vorbehalten sind. Das Europäische Parlament hat das nicht. Wir reden hier von einem Scheinparlament. Wir haben Exekutive und Legislative vereint in einem nicht gewählten Executive Board. Das ist eine Durchbrechung der Checks and Balances. Kommt hinzu, dass die Judikative, der Gerichtshof, einseitig besetzt ist. Wir haben also eine komplette Störung der horizontalen Gewaltenteilung. Die vertikale Gewaltenteilung ist auch wichtig. In den europäischen Verträgen ist das Subsidiaritätsprinzip verankert. Das heißt, die Entscheidungen sollen auf der niedrigst möglichen Ebene getroffen werden, weil die Menschen dort am besten Bescheid wissen, was ihre Probleme sind. In Wahrheit werden die Entscheidungen in der Europäischen Union ganz oben getroffen und fallen runter. Supranationales Recht bricht nationales Recht.
Viktor Orbán: Es gibt hier noch ein Problem, wie mich meine persönliche Erfahrung lehrt. Wenn die Dinge gut laufen, dann ist die Bedeutung eines Demokratiedefizits unangenehm, aber nicht schmerzhaft. Aber wenn die Dinge schlecht laufen, dann braucht es politische Leadership. Bürokratie ist nicht geeignet, Leadership zu produzieren. Heute liegt die Macht in der Europäischen Union bei der Bürokratie. Bürokraten sind immer am Status quo interessiert, und politische Anführer daran, gute Antworten auf die Probleme zu geben. Deshalb hat die EU heute keine politische Führung. Dies muss von Deutschland und Frankreich kommen. Aber vorerst sind beide Länder mit den eigenen Sorgen befasst. Sie erwarten, dass an ihrer Stelle die Kommission die Europäische Union führen soll, doch die ist dazu ungeeignet.
Alice Weidel: Wir sehen dieses Führungsdefizit bei den Zolldiskussionen mit den USA. Wer spricht eigentlich für die Europäische Union? Ursula von der Leyen? Donald Trump hat keine Ansprechpartner. Lieber verständigt er sich mit China. Europa ist viel zu unattraktiv, zu kompliziert. Es gibt keine Ansprechpartner, weil wir keine Leadership mehr in Europa haben.
Roger Köppel: Glauben Sie, dass diese Europäische Union überhaupt reformierbar ist?
Viktor Orbán: Die Patrioten haben eine historische Berufung. Sie müssen die Europäische Union für die Bürger zurückerobern. Das heißt, Brüssel muss dazu gebracht werden, das zu machen, was die Bürger in Europa wollen. Wir müssen die Migration aufhalten. Der Green Deal ist hinüber, es braucht stattdessen eine Politik, die die Energie billig macht, und diesen Politiken muss in Brüssel zum Sieg verholfen werden. Was die Frage anbelangt, ob die Union reformierbar ist, kennen wir die Antwort noch nicht. Wir müssen es zuerst versuchen. Wie wir mit dem Reformieren beginnen könnten? Wir müssen in den Entscheidungsgremien der EU die Mehrheit erlangen. Dazu zählt der Europäische Rat, wo die Ministerpräsidenten zusammen sind. Dort bin ich derzeit alleine, vielleicht noch unterstützt von der Ministerpräsidentin Italiens und Robert Fico. Wenn Österreichs Bundeskanzler dazukommt und Tschechiens Ministerpräsident und es vielleicht auch in Frankreich eine Änderung gibt, dann sind wir im Europäischen Rat plötzlich die stärkste Gruppe. Anschließend müssen wir im Europäischen Parlament die stärkste Fraktion werden. jetzt sind wir die Dritten. Dort warten wir darauf, dass der Krieg in der Ukraine von der Tagesordnung kommt. Die Zusammenarbeit mit den Europäischen Konservativen der ECR wird dann sicher leichter, weil die Meinung beider Fraktionen in Sachen Migration und Green Deal identisch ist. Dann warten wir ab, welche Legitimation die AfD in Deutschland erlangt. Vielleicht kann man darüber nachdenken, die Zusammenarbeit zu erweitern. Auch aus der Europäischen Volkspartei, der EVP, müssen wir Parteien anziehen, die es allmählich langweilig finden, dass die EVP Links-Koalitionen bildet und die Wähler für dumm verkauft. Damit entsteht dann die nötige rechte Mehrheit.
Zoltán Szalai: Wie sieht die AfD-Vorsitzende es, was ist in Deutschland zu erwarten? Ist Ihre Partei in der Lage, die Wahlen zu gewinnen?
Alice Weidel: Obwohl es nur noch anderthalb Wochen bis zur Wahl sind, ist das eine offene Frage. Wir sind stabil, zweitstärkste Kraft, mit steigender Tendenz. Die Deutschen wollen einen Politikwechsel. Das hat auch die Union verstanden, die unser Programm kopiert hat und Wahlkampf mit AfD-Positionen macht. Was Friedrich Merz betreibt, ist Wählertäuschung. Er verschweigt, dass er die Versprechungen mit Grünen und SPD niemals wird durchsetzen können. Doch er braucht diese Parteien als Koalitionspartner aufgrund der Brandmauer, die aus meiner Sicht völlig undemokratisch ist. Man kann nicht Millionen Wähler ausschließen. Wir hatten schon mal eine Mauer. Wir sind froh, dass wir uns vom Kommunismus gelöst haben und die Mauer gefallen ist. Doch dann errichtet eine Partei, die zuvor mit einer grün-linken Kanzlerin unser Land ruiniert hat, eine Brandmauer zu einer ordnenden, freiheitlich-konservativen Kraft. Die Wähler werden das früher oder später bestrafen. Wenn die CDU nicht mit der AfD zusammenarbeitet – und dies hat sie ausgeschlossen –, dann wir sie mit den Grünen und den Sozialdemokraten ihre Versprechen nicht einlösen können. Doch die Menschen wollen eine politische Veränderung. Ich glaube, dass wir eine instabile Koalition bekommen, die vielleicht ein, zwei Jahre halten wird. Dann haben wir wieder Wahlen, und dann unterhalten wir uns definitiv über eine Regierungsbeteiligung der Alternative für Deutschland, weil wir die CDU bis dahin überholt haben werden. Wir sind geduldig. Ich bin elf Jahre lang im Geschäft, ich war vorher in keiner anderen Partei. Ich bin aufgrund meiner Unzufriedenheit mit Angela Merkel in die Politik gegangen. Wenn sich jemand hinstellt mit einer Raute und den Leuten erzählt, dass die Politik, die sie macht, alternativlos ist, da wusste ich, dass wir hier ein ganz großes Problem haben.
Viktor Orbán: Es ist interessant, was ich höre. So kam ich auch in die Politik. Die Kommunisten hielten sich für alternativlos, und ich dachte mir: Ich will nicht in einem Land leben, wo es keine Alternative gibt. 1988 gründeten wir die radikale antikommunistische Widerstandsbewegung. Damals benutzten wir noch das Wort „liberal”. Aber dieses Wort ist seitdem kaputtgegangen. Das wurde kompromittiert durch die Linken, und deshalb benutzen wir das Wort „Freiheit”. Ich kämpfe für die Freiheit in der Politik, deshalb verstehen wir uns auch so leicht.
Roger Köppel: Sie haben, Herr Orbán, einen sehr guten Draht zu Donald Trump. In welcher Hinsicht ist er ein Vorbild für Sie? In welcher nicht? Und wie wird er Europa verändern?
Viktor Orbán: Man muss mit jedem Vergleich vorsichtig sein. Amerika ist eine andere Dimension, räumlich, auch kulturell. Das ist aus Europa herausgewachsen, hat sich dann aber anders entwickelt. Was dort kulturell funktioniert, funktioniert hier in Europa nicht. Aber wir können auf Donald Trump vertrauen. Er ist ein Freiheitskämpfer. Er muss Strukturen zertrümmern, die die Freiheit beschränken. Das beste Beispiel ist der Skandal, bei dem er offenlegt, dass mit US-Regierungsgeldern illiberale, globalistische Organisationen überall in Europa und Ungarn finanziert wurden, um damit Freiheitskämpfer wie uns zu unterdrücken. Und um zu erreichen, dass Ungarn eine liberale, eine linke Regierung bekommt. Und er kämpft jetzt dagegen. Donald Trump ist nicht unser Retter. Donald Trump ist unser Mitstreiter. Er kämpft den Kampf dort wie wir hier. Nur dass Trump weiß, was er will. Die Europäische Union weiss das nicht. Wir sitzen hier wie verschreckte Hasen und warten auf den Fuchs, der uns etwas Schlimmes antut. Wir hätten uns längst mit Angeboten an die Amerikaner wenden müssen. Sie wollen ihre Handelsbilanz mit Europa verbessern. Wie stellen wir uns das vor? Wir müssten Angebote machen und sie zu Verhandlungen einladen. Aber wir sitzen nur da, wie die Hasen, und warten darauf, dass der amerikanische Präsident auf einmal etwas tun wird. Es gibt in Europa so eine starre Haltung, eine Art Feigheit, eine schlechte bürokratische Mentalität. Da müssen wir raus. Sonst werden wir die Zolldiskussionen verlieren. Und das ist nicht der Fehler der Amerikaner, sondern unser Fehler.
Zoltán Szalai: Für uns hier, in der Nachbarschaft der Ukraine, ist es eine ganz besonders wichtige Frage, wann der Krieg zu Ende sein wird. Wir wird ihm Donald Trump ein Ende setzen?
Viktor Orbán: Präsident Trump wird die Welt in fünf Punkten mit Sicherheit verändern. Erstens: Migration. Die neue Position ist klar: Migration ist schlecht, und illegale Migration ist am schlechtesten, deshalb muss das gestoppt werden. Das ist eine große Veränderung, die Globalisten und die Liberalen haben das Gegenteil dessen behauptet. Zweitens: Krieg und Frieden. Trump will Frieden in Europa. Frieden ist besser als Krieg. Heute wollen mit Ausnahme von Ungarn alle die Russen besiegen, was Wahnsinn ist. Drittens: Der Green Deal ist tot. Trump sagt, Wirtschaftsaspekte könne man in Sachen grüner Politik nicht außer Acht lassen. Viertens: Er stoppt die Verhöhnung des Christentums. In der westlichen Welt ist es zu einer Gepflogenheit geworden, Menschen, die zu solchen Gemeinschaften gehören, als mittelalterlich abzuwerten. Trump macht demgegenüber klar, dass es eine ehrenwerte, große Sache ist, zu solchen Gemeinschaften zu gehören, Christ zu sein. Das ist ebenfalls eine große Veränderung. Und schließlich fünftens: die freie Rede. Trump wird sie wieder statt der politischen Korrektheit einführen,
Alice Weidel: Wie Viktor Orbán richtig gesagt hat: Trump weiß im Unterschied zu den Europäern sehr genau, was er will. Er setzt die nationalen Interessen zuerst. Für ihn gilt „America first”. Wir wissen hier in Europa nicht, wo wir hinwollen. Wir haben keine Leadership. Wir brauchen starke, selbstbewusste, souveräne Nationen, die vernünftige Entscheidungen für ihre eigene Bevölkerung treffen. Dazu gehört eine gesunde Ökonomie. Ohne Wohlstand können Sie keine vernünftigen Entscheidungen treffen. Unsere ganze Industrie geht kaputt. Wir sind zum energiepolitischen Geisterfahrer geworden. Deutschland ist das einzige Industrieland weltweit, das auf Atomstrom verzichtet, das die höchsten Energiepreise hat aufgrund einer komplett ideologischen „Green Deal Policy”. Was bei uns passiert, ist völlig verrückt. Wir gehen damit auch unseren Nachbarn auf die Nerven, weil wir den europäischen Strommarkt zerstören. Wir zerstören unsere gesamte Industrie, die energieintensiv ist und nicht mehr wettbewerbsfähig. Wir werden in einer von der AfD angeführten Regierung an Tag eins das Energieangebot wieder ausweiten. Wir werden die Kernkraftwerke wieder in Betrieb nehmen. Wir werden den Kohleausstieg rückgängig machen. Wir werden Erdgas und Öl dort einkaufen, wo es am günstigsten ist, gerne auch in Russland natürlich. Wir werden auch an die Steuern rangehen. Wir werden die Menschen, die arbeiten, entlasten. Ich sage: 25 Prozent Einkommenssteuer, das muss reichen. Also die Steuern halbieren. Das ist das Ziel. Wir werden die Energiesteuern drastisch senken. Wir werden die CO2-Abgabe, die unsere Unternehmen und die Haushalte schädigt, sofort ersatzlos streichen.
Und was das Problem der Migration anbetrifft, wir werden einfach nur die Gesetze einhalten. Wir werden unsere Grenzen kontrollieren. Wir werden Illegalen den Zutritt verweigern, und wir werden Illegale in unserem Land konsequent ausweisen.
Roger Köppel: Die Europäische Union liegt am Boden, selbst Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank hat es dahingehend charakterisiert, dass der Kontinent eine existenzielle Krise durchmacht. Was stimmt Sie optimistisch, dass Europa wieder nach oben kommen kann?
Alice Weidel: Meine vornehmliche Aufgabe ist, meine Heimat, die Bundesrepublik Deutschland, die ich liebe, wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen, und Ordnung zu schaffen, denn in den vergangenen zwanzig Jahren hat das Chaos alles in den Griff bekommen. Ich möchte, dass die Deutschen wieder ein normales Leben führen können. Dass sie Familien gründen können, Geld in der Tasche haben, die Straßen sicher sind. Ich bin in den neunziger Jahren als Teenager aufgewachsen, und es hat an nichts gefehlt. Das wurde innerhalb weniger Jahre abgebaut. Ich komme aus der Mittelschicht, die es in Deutschland so nicht mehr gibt. Jetzt kann nur noch die Alternative für Deutschland dieses Land retten. Die europäischen Länder haben ähnliche Probleme, und Viktor Orbán geht bei der Lösung voran. Er ist ein Idol für uns, auch für mich persönlich.
Viktor Orbán: Am europäischen Horizont kann ich keinen Hoffnungsschimmer erkennen. Aber in Sachen Ungarn bin ich außerordentlich optimistisch. Die Europäische Union kämpft ums Überleben. Das ist ein existenzieller Kampf. Es ist stark fraglich, ob sie da überleben kann. Wenn die Wirtschafts-, die Energie- und die Migrationspolitik nicht wesentlich geändert wird, wird die Europäische Union zerfallen. Das Zeitfenster, das zur Verfügung steht, um die Europäische Union zu retten, ist eng, und es wird immer enger. Ich stehe an der Spitze eines Landes mit 10 Millionen Menschen, Ungarn kann nicht die Europäische Union retten. Das können nur Deutschland und Frankreich. Den Willen dazu kann ich derzeit aber nicht erkennen. Als Ungar muss ich mich also darauf konzentrieren, wie wir, Ungarn, erfolgreich und stark bleiben.