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Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen, Ungarn!” von Radio Kossuth

Zsolt Törőcsik: Der Ausschuss für Verteidigung und Innere Sicherheit des Parlaments hielt gestern eine außerordentliche Sitzung ab, in der laut den Angaben des Ausschussvorsitzenden bekannt wurde, dass der ehemalige Generalstabschef bei den NATO-Sitzungen die Anweisungen des Ministers nicht befolgt und die offizielle Position Ungarns zum Krieg zwischen Russland und der Ukraine nicht vertreten hat. Der Betroffene, Romulusz Ruszin-Szendi, spricht hingegen von einer Lügenkampagne. Welche Schlussfolgerungen aus dem bisher Bekannten gezogen werden können, werde ich auch Ministerpräsident Viktor Orbán fragen. Guten Morgen!

Guten Morgen!

Der Verteidigungsminister hat gestern auch den stellvertretenden Generalsekretär der NATO über die ganze Angelegenheit informiert. Inwieweit handelt es sich hier um eine politische und inwieweit um eine nationale Sicherheitsangelegenheit?

Grundsätzlich handelt es sich um eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit. Hier liegen widersprüchliche Meinungen auf dem Tisch, aber auch Fakten. Der Verteidigungsminister hat eine Untersuchung angeordnet. Ich sehe, dass der Parlamentsausschuss gestern versucht hat, die Hintergründe der Ereignisse aufzuklären. Ich werde abwarten, bis der Verteidigungsminister den Bericht der Regierung vorlegt. Jedoch unabhängig vom konkreten Fall, also davon, ob der Generalstabschef der ungarischen Streitkräfte die Position der ungarischen Regierung in internationalen Foren vertreten hat – was offenbar nicht der Fall war –, und wenn nicht, warum nicht, und warum ihm der Ruhm der Ukraine wichtiger war als der Ungarns, wird die Untersuchung des Ministers klären. Aber die ganze Sache an sich, dass so etwas passieren kann, ist bemerkenswert. Als ich noch jung war und es kommunistische Zeiten waren, wurde das vielleicht in der Filmkomödie „Der Zeuge” oder irgendwo so beschrieben, dass „sich die internationale Lage zuspitzt”. Und tatsächlich ist das jetzt der Fall! Im Mittelpunkt der ganzen Angelegenheit steht also die Frage der EU-Mitgliedschaft der Ukraine. Die Europäische Union hat also beschlossen, die Ukraine in die Europäische Union aufzunehmen. Und es gibt zwei Arten von Ländern. Es gibt diejenigen, die dies unterstützen, und diejenigen, die dagegen sind. Wir gehören zu den Gegnern. Unter den Gegnern gibt es wiederum zwei Arten von Gegnern. Die einen sind, sagen wir es so, listig, sie warten noch ab, bevor sie sich gegen die Aufnahme aussprechen, schwimmen mit dem Strom und denken, dass sie die Verhandlungen über die Mitgliedschaft im Laufe des Verhandlungsprozesses blockieren werden. Wir hingegen sagen, dass wir gar nicht erst anfangen sollen, denn wenn wir einmal angefangen haben, wird es großen Ärger geben, und deshalb stehen wir offen dazu. Und deshalb ist Ungarn ins Zentrum der internationalen Angriffe geraten. Die Kräfte, die die Ukraine in die Europäische Union drängen wollen, greifen Ungarn an. Gemeinsam mit den Ukrainern. Wir haben es also mit einer Reihe von Aktionen zu tun, die gemeinsam von Brüssel und der Ukraine organisiert werden, und die pro-ukrainischen und damit kriegstreiberischen Kräfte scheinen tief verwurzelt zu sein, offenbar sogar bis in die höchsten Ebenen des Militärs. Das ist für mich der Kern der ganzen Angelegenheit. Anstatt dass alle kleinen Rädchen, alle Mechanismen, alle Ebenen, alle Beamten und alle Mitarbeiter des ungarischen Staates die nationalen Interessen vertreten, hat sich offenbar auch die Idee, offenbar mit einem ziemlich ernsthaften Einfluss selbst in die Armee eingeschlichen, dass man nicht der Entscheidung der ungarischen Regierung folgen, sondern eine ihr entgegengesetzte pro-ukrainische Position vertreten und auch von dort aus Druck auf die Ungarn ausüben muss, damit sie die Mitgliedschaft der Ukraine unterstützen. Das ist der Kontext dieser ganzen Angelegenheit. Ich bin froh, dass die ungarische Armee und die ungarische Politik über Selbstverteidigungsfähigkeiten verfügen und dass es vielleicht rechtzeitig gelungen ist, eine der schwerwiegendsten derartigen Unterwanderungen aufzudecken. Gleichzeitig bin ich nicht glücklich über die ganze Debatte, das will ich auch nicht verschweigen, denn meiner Meinung nach ist es gut, wenn wir die Armee so weit wie möglich aus der Politik heraushalten. Mein Gewissen ist insofern rein, als nicht wir die Politik in die Armee gebracht haben, sondern der ehemalige Generalstabschef eine politische Karriere eingeschlagen hat und so die Armee in die Politik verwickelt wurde. Es wäre gut, dies so schnell wie möglich zu bereinigen.

Ja, genau. Der Generalstabschef sprach von einer Lügenkampagne, und der Vorsitzende der Tisza-Partei bezeichnete die gestrige Sitzung als Ablenkungsmanöver und Theater, aber das ist wichtig, weil Romulusz Ruszin-Szendi inzwischen tatsächlich Experte der Tisza-Partei geworden ist. Also, der Kontext, über den wir gerade gesprochen haben, der internationale politische Kontext, wie wirkt sich das auf die Innenpolitik aus, wenn man diese Tatsache berücksichtigt?

Sehen Sie, sie bauen eine Marionettenregierung auf, machen wir uns also nichts vor, Brüssel und die Ukraine bauen gemeinsam eine Marionettenregierung auf, mit der sie nach den nächsten Wahlen, wenn möglich dann schon früher, aber das wird nicht möglich sein, meiner Meinung nach sogar dann nicht, aber das werden die Menschen entscheiden, die Ukraine-Politik Ungarns ändern wollen. Dafür haben sie einen Ministerpräsidentschaftskandidaten, einen Parteivorsitzenden gesucht, und jetzt suchten sie auch einen Verteidigungsminister. Wir sollten also keinen Zweifel daran haben, dass wir es mit einem anderen politischen Konzept, einer anderen Strategie, einer anderen Zukunft für Ungarn zu tun haben. Wenn es eine Brüssel-freundliche Marionettenregierung gibt, bedeutet das, dass es eine ukrainefreundliche Regierung und einen kriegsfreundlichen Verteidigungsminister gibt. Das ist die Situation. Das wird nicht einmal von den ungarischen Parteien wirklich verschleiert, sowohl die Tisza als auch die DK sind im Grunde genommen offen ukrainefreundliche politische Organisationen.

Sie sagten, dass hinter all dem der Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union steht, aber es gibt auch Stimmen, sogar hierzulande, die sagen, dass ein Beitritt der Ukraine überhaupt nicht realistisch ist und es daher nicht aktuell ist, über diese Frage zu sprechen, da es viel wichtigere Dinge gibt oder geben würde. Warum glaubt die Regierung, dass diese Frage, dieses Thema jetzt auf den Tisch kommen musste oder muss?

In Brüssel gibt es nur dieses Thema. In Brüssel geht es jeden Tag darum. Bald findet wieder ein Gipfeltreffen der Ministerpräsidenten in Brüssel statt, und zur Vorbereitung hat mich der Präsident des Europäischen Rates angerufen, wir haben etwa eine Stunde lang telefoniert, 50 Minuten davon über die Ukraine und die ukrainische Mitgliedschaft, darüber, ob Ungarn zu einem Entgegenkommen bereit ist und warum nicht, und so weiter. Das ist also „die“ Frage der internationalen Politik in Brüssel, die Frage Nummer eins – nicht morgen, nicht übermorgen, sondern hier und jetzt.

Diese Debatte ist ja auch deshalb interessant, weil die Regierung die Nachteile eines Beitritts der Ukraine hervorhebt, während beispielsweise einer der EU-Kommissare diese Woche davon sprach, dass die Mitgliedschaft Kiews eine wichtige Sicherheitsgarantie für die Europäische Union wäre. Was würde die EU-Mitgliedschaft der Ukraine eigentlich garantieren?

Die Lage ist noch ernster. In Brüssel ist man der Meinung und sagt daher auch, dass die Ukraine ihren Krieg führt, weil die Europäische Union sich ihrer Meinung nach im Krieg befindet. Wenn wir das ernst nehmen, was sie sagen, und das sollte man manchmal tun, denn hinter den Worten stehen wahrscheinlich auch Gedanken, also der Gedanke, dass die Ukraine die vordere Verteidigungslinie Europas ist und dass die Ukraine unseren Krieg führt, das sind Aussagen aus Brüssel. Das bedeutet, dass ohne die ukrainische Armee Moskau laut Brüssel die Europäische Union angreifen würde. Warum sollten wir sonst auf ukrainischem Gebiet Krieg gegen Moskau führen? In Europa herrscht also die Vorstellung, dass die wichtigste Aufgabe der nächsten zehn Jahre darin besteht, irgendwie mit den Russen zusammenzustoßen. Jetzt stoßen wir auf die Weise mit ihnen zusammen, in ihren Köpfen haben sie das Bild, dass die Ukrainer für uns kämpfen, aber in Wirklichkeit, wie sie es sagen, ist es ein Stellvertreterkrieg, die Ukraine kämpft für uns, es tobt ein Stellvertreterkrieg, der ihrer Meinung nach unvermeidlich ist. Unsere Position ist dem genau entgegengesetzt. Wir sagen, dass es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand und dann zu Frieden kommen muss, dass wir territoriale und andere Fragen klären, uns mit den Russen in wirtschaftlichen Fragen einigen, auf die russischen Märkte zurückkehren, die Chancen nutzen, die Russland der europäischen Wirtschaft bieten kann, diese Chancen nutzen und so schnell wie möglich ein Sicherheitsabkommen mit Russland schließen müssen. Wenn es also so weitergeht, wie Brüssel es plant, werden wir unser ganzes Geld für Rüstung ausgeben. Wir müssen die europäischen Verteidigungsfähigkeiten stärken, also eine viel ernstzunehmendere Militärmacht aufbauen, das ist wichtig, dafür gibt auch Ungarn viel Geld aus. Wir nehmen auch anderen Ausgaben die notwendigen Mittel weg. Das sind keine leichten Entscheidungen, aber wir müssen unsere Armee stärken. Es ist jedoch nicht egal, ob wir uns in einen Rüstungswettlauf verwickeln lassen. Ein Rüstungswettlauf kann nur auf eine Weise vermieden werden, nämlich indem wir mit der gegnerischen Seite Abkommen zur Rüstungsbegrenzung schließen. Also auch wenn wir uns derzeit im Krieg befinden, brauchen wir einen Waffenstillstand, Frieden und sofortige Verhandlungen über Rüstungsbegrenzungen, sonst wird unser gesamtes Geld von der Rüstungsindustrie verschlungen.

Sie haben gerade den zunehmenden Druck seitens Brüssel erwähnt. Wie viel zählen in einer solchen Situation die Stimmen, die bei Voks2025 abgegeben werden, oder zählen sie überhaupt, werden sie in Brüssel berücksichtigt, wenn der Druck so groß ist, wie Sie gesagt haben?

Als ich in dem eben vorhin erwähnten Gespräch mit dem Präsidenten des Europäischen Rates konsultierte, habe ich gesagt, dass er versuchen kann, mich zu überzeugen, dass ich mir seine Argumente gerne anhöre, dass ich auch einige überlegenswerte Punkte habe, aber dass das leider alles wenig ins Gewicht fällt. Denn die ungarischen Menschen haben dazu eine Meinung, die sie gerade zum Ausdruck bringen. Die Voks2025 ist im Gange. Das ist das Entscheidende. Wenn es also keine Voks2025 gibt, die die Position der Regierung stützt, wird es für den ungarischen Ministerpräsidenten sehr schwierig sein, sich gegen den Gegenwind aus Brüssel und den Sturm zu behaupten. Ich gebe mir Mühe, aber ohne die Hilfe der Menschen wird das schwer. Zum Glück sind wir nicht mehr allein. Das slowakische Parlament hat in diesen Tagen beschlossen, keine Sanktionen gegen Russland zu unterstützen, sodass sich meiner Meinung nach eine Zusammenarbeit abzeichnet, die die meiner Meinung nach unsinnige Politik Brüssels stoppen will. Wir haben Umfragen durchführen lassen und verfügen über Analysen der europäischen öffentlichen Meinung, aus denen hervorgeht, dass die Bevölkerung von elf EU-Mitgliedstaaten gegen einen beschleunigten Beitritt der Ukraine ist, darunter auch die Franzosen und die Deutschen, und nur zehn Länder unterstützen ihn entschieden. Es handelt sich also um eine lebhafte, große und offene Debatte, die derzeit in Brüssel geführt wird, weshalb meiner Meinung nach die EU-Mitgliedschaft der Ukraine verhindert werden kann, wenn wir uns mutig in diese Debatte einbringen, unseren Standpunkt vertreten und nicht zulassen, dass in Ungarn eine Marionettenregierung Brüssels und der Ukraine installiert wird. Wenn Ungarn sich dafür einsetzt, können wir uns verteidigen. Uns zu verteidigen bedeutet, dass die Menschen das behalten, was sie haben. Denn die EU-Mitgliedschaft der Ukraine würde bedeuten, dass die Menschen einen Großteil, einen erheblichen Teil dessen verlieren, was sie heute haben. Das bedeutet Steuererhöhungen. Das bedeutet weniger Rente. Das bedeutet das Ende der Senkung der Nebenkosten. Ungarn und die ungarischen Familien haben also viel zu verlieren. Wenn die Ukraine der Europäischen Union beitritt, verlieren wir einen Großteil unseres Erfolgs, unseres Familienvermögens und unserer familiären Möglichkeiten, weil das Geld ganz einfach wie ein Schwamm von der Ukraine aufgesogen und aus Mitteleuropa herausgezogen wird. Unsere Landwirte werden in Schwierigkeiten geraten, das wissen wir alle, denn wir haben dies in Voks2025 ausführlich diskutiert und die ungarische Öffentlichkeit ist sich dessen bewusst. Deshalb müssen wir jetzt das verteidigen, was wir haben.

Sie haben diese Meinungsumfrage erwähnt, wonach die Befragten in elf Ländern eine beschleunigte Mitgliedschaft der Ukraine ablehnen. Auf der Ebene der politischen Führung ist zugleich jedoch Ungarn der einzige Mitgliedstaat, der dies ablehnt. Warum ist die gesellschaftliche und politische Haltung zu dieser Frage so unterschiedlich?

Sehen Sie, in Brüssel arbeiten mehr als 30.000 Bürokraten. Nur damit Sie verstehen, womit wir es zu tun haben. Es ist also nicht so, dass der ungarische Ministerpräsident hinausgeht und sich 26 anderen Ministerpräsidenten gegenübersieht, sondern dass im Hintergrund 30.000, mehr als 30.000 Bürokraten herumwuseln, sich verstecken, flüstern und organisieren. Das ist eine enorme Kraft! Es gibt keine einzige Regierung in Europa, deren Außenpolitik von so vielen Menschen bestimmt wird. Natürlich sind nicht alle von ihnen Spezialisten der Außenpolitik, aber wir sprechen hier von Bürokraten, die daran arbeiten, die Befugnisse, die die Union an sich gezogen hat, durchzusetzen. Und sie setzen die Mitgliedstaaten unter großen Druck. Es ist also eine Brüsseler Reichsidee, eine Idee, die aus dem Brüsseler Zentrum kommt, die alle Mitgliedstaaten unter Druck setzt und sie dazu drängt, Verhandlungen über den EU-Beitritt der Ukraine aufzunehmen. Dem kann man nur schwer widerstehen. Die meisten europäischen Regierungen sind instabil, schauen Sie sich nur die Zusammensetzung der europäischen Regierungen an. Dass Ungarn so stabil dasteht, liegt daran, dass die Menschen bei den Wahlen 2022 eine äußerst stabile Regierung gewählt haben. Nicht nur mit einer Zweidrittelmehrheit, sondern auch ohne Koalitionszwang, es gibt eine Fidesz-KDNP-Regierung. In den meisten europäischen Ländern gibt es Koalitionen, deren Meinungen manchmal übereinstimmen, manchmal nicht, deren Interessen oft auseinandergehen, und es ist schwierig, ein einheitliches Vorgehen zu erreichen. Der größte Vorteil, der Wettbewerbsvorteil Ungarns ist derzeit seine stabile, mit großer Mehrheit regierende, felsenfeste Regierung. Das ist unser größter Wettbewerbsvorteil im internationalen Wettlauf.

Da Sie bereits die Regierungsinstabilität erwähnt haben, steht auch die polnische Regierung vor einer Vertrauensabstimmung, und zwar weil der Kandidat der Opposition, der rechtsgerichtete Karol Nawrocki, die polnischen Präsidentschaftswahlen gewonnen hat. Wie könnte sich sein Sieg auf die politischen Machtverhältnisse in der EU auswirken, und welche Erfahrungen und Schlussfolgerungen lassen sich aus den dortigen Ereignissen ziehen?

Polen ist ein äußerst spannendes Land. Dort finden dieselben Debatten statt wie in Ungarn, mit dem Unterschied, dass die Ergebnisse wechselhaft sind. Hier in Ungarn ist es den nationalen, bürgerlichen, christlichen, familienfreundlichen und friedliebenden Kräften doch gelungen, seit 16 Jahren eine dauerhafte Regierung zu bilden. Polen hatte nicht so viel Glück, dort wechselten die Regierungen, und da es auch eine starke Präsidentschaft gibt, ist es viel schwieriger, in Polen die Richtung für die Entwicklung des Landes vorzugeben als in Ungarn. Aus ungarischer Sicht ist das Ergebnis meiner Meinung nach fantastisch, denn in Polen regiert seit den letzten Wahlen eine ukrainefreundliche, kriegsbefürwortende, Brüssel-freundliche liberale Regierung. Und jetzt wurde ein patriotischer Präsident gewählt, woraus ich schließe, dass der Marsch der Patrioten weitergeht. Ich könnte auch sagen, dass der Washington-Express in Warschau angekommen ist.

Allerdings wurde im Wahlkampf mehrfach und von verschiedenen Seiten der Vorwurf der ausländischen Einflussnahme erhoben.

Schauen Sie, das ist in Europa mittlerweile gang und gäbe. Wir sollten vor unserer eigenen Haustür kehren! Im Jahr 2022 erhielten unsere Gegner, also die ukrainischen und Brüssel-freundlichen politischen Kräfte, einen Betrag in Höhe von umgerechnet etwa 4 Milliarden Forint. Das war die Affäre um die rollenden Dollar. Die ungarischen Behörden haben dies aufgedeckt und deshalb finanzielle Strafen verhängt. Dies ist einer der Gründe, warum die ungarische sozialistische Linke fast vollständig zerstört ist, da sie gegen die einschlägigen Gesetze verstoßen und aus dem Ausland Unterstützung in Milliardenhöhe angenommen hat, woraufhin der Rechnungshof und die ungarischen Gerichte die entsprechenden Konsequenzen gezogen haben. Dies ist einer der Gründe, warum sie geschwächt sind und warum es auf der Seite der Opposition so ein Durcheinander gibt.

Am Mittwoch war der Tag der nationalen Zusammengehörigkeit, und die öffentlich-rechtlichen Medien organisierten eine Spendenaktion für die Opfer der Katastrophe in der Region Székelyföld. Es kamen 160 Millionen Forint zusammen, mehr als 160 Millionen Forint, zu denen die Regierung noch einmal den gleichen Betrag hinzufügte. Wir sprechen darüber, welche konkreten Schritte notwendig sind, aber wie bewerten Sie die Solidarität der Menschen im Mutterland und ihr Engagement für die Ungarn in Siebenbürgen?

Hier gibt es ein großes Problem. Die Regierung hat den Präsidenten des Komitats Hargita, Herrn Bíró, zu ihrer letzten Sitzung eingeladen, und gestern konnte ich auch mit Kelemen Hunor sprechen. So hat sich vor unseren Augen das ganze Ausmaß des Problems, der Katastrophe, die sich dort ereignet hat, und auch das Ausmaß der Zerstörung offenbart, das wir leider noch nicht als endgültig betrachten können, da es dort noch alle möglichen ungünstigen geologischen Entwicklungen gibt und sogar das gesamte Bergwerkssystem einstürzen könnte. Die Fachleute stehen vor einer sehr großen technischen Herausforderung. Mehrere Milliarden Kubikmeter Flüssigkeit mit sehr hohem Salzgehalt müssen irgendwie von dort entfernt werden. Wir haben auch ungarische Geologen entsandt, um die Lage zu untersuchen, zum Verständnis der Situation beizutragen und Vorschläge auszuarbeiten. Derzeit laufen dort die Arbeiten zur Umleitung des Baches, aber wie man die Mine retten kann, dazu braucht es Zeit, um eine Strategie zu entwickeln. Dann werden wir auch wissen, wie viel dies kosten wird und ob eine Rettung überhaupt möglich ist. Dann ist Ungarn gemeinsam mit der rumänischen Regierung bereit, Hilfe zu leisten. Die derzeitige Zusammenarbeit zeigt, dass wir existieren, dass wir leben, wenn es an einem symbolischen Ort der magyarischen Welt Probleme gibt, denn Parajd ist ein symbolischer, starker Ort der Selbstartikulation der magyarischen Welt, eine Besonderheit, und wenn die Magyaren etwas Besonderes sind, dann sind es genau solche Dinge, die uns besonders machen, wie die etwa zweitausendjährige Geschichte des Salzbergwerks von Parajd und die Fortsetzung des Betriebs nach der Ankunft der Ungarn, nunmehr mit den Ungarn, dies sind also große Geschichten, aus denen eine Nation lebt, und wenn diese zerstört werden oder in Gefahr sind, dann müssen unsere Instinkte, unsere Nerven, unsere Magennerven zusammenzucken. Das ist auch geschehen, und es wurden nicht nur die Herzen geöffnet, sondern auch die Geldbörsen; was die Ungarn zusammenlegen, wird von der ungarischen Regierung in gleicher Höhe aufgestockt, und so werden wir die Unterstützung nach Parajd schicken.

Nun, wenn schon von Not die Rede ist, dann wird heute um 11:50 Uhr auf Anweisung des Oberbürgermeisters der öffentliche Nahverkehr in Budapest für zehn Minuten eingestellt. Laut Gergely Karácsony ist dies eine Warnung an die Regierung, weil sie die Hauptstadt ausblutet. Hören Sie diese Warnung? Was gedenken Sie mit dieser Situation zu tun, die sich jetzt in der Hauptstadt entwickelt hat?

Was die konkrete Maßnahme angeht, so kann man vielleicht sagen, dass sie beispiellos ist, ich kann mich an nichts Vergleichbares erinnern. Der Ausgangspunkt der Politik ist doch, dass es öffentliche Dienstleistungen gibt, die die Menschen brauchen: Wasser, Heizung, Verkehr. Und diejenigen, die eine Gemeinschaft führen, haben nicht nur die rechtliche, sondern auch die moralische Pflicht, die öffentlichen Dienstleistungen zu den Menschen zu bringen und ihnen nicht vorzuenthalten. Dass also jemand unter Ausübung seiner Eigentumsrechte beschließt, keine öffentlichen Dienstleistungen zu erbringen, ist eine unerwartete Entwicklung in der ungarischen Politik. Jetzt streiten die Juristen schon darüber, ob so etwas überhaupt möglich ist, denn es stellen sich hier doch rechtliche und haftungsrechtliche Fragen, aber ich halte es auf keinen Fall für vernünftig. Warum sollte man Menschen für irgendetwas bestrafen? Lassen Sie sie doch fahren, sie brauchen das. Die ganze Geschichte fügt sich in einen größeren Zusammenhang ein, den ich seit Monaten mit Trauer beobachte. Es ist traurig, ich weiß gar nicht, was ich es nennen soll, dieses Strampeln, wie die Stadtführung mit den Herausforderungen des Alltagslebens in der Stadt nicht fertig wird. Das ist schmerzhaft. Budapest ist ja immerhin die Hauptstadt der Nation. Wir sprechen jetzt über Budapest, aber das betrifft alle, denn es ist die Hauptstadt der Nation. Uns natürlich besonders, wir leben hier, wir sind Budapester, wir lieben diese Stadt, sie ist unser Zuhause, sie ist uns wichtig, und dazu kommt, dass die Regierung sie weiterentwickeln will, und ich sehe, dass sie mit der Verwaltung der Stadt überfordert sind. Regieren ist keine leichte Aufgabe, wenn ich das so sagen darf, und Budapest hat immerhin 1,7 Millionen Einwohner, es gibt im Grunde genommen Länder in der Europäischen Union, die kleiner sind als Budapest. Es ist also nicht einfach, die Regierungsaufgaben hier zu bewältigen. Es gibt Führungsfehler. Als Kollege kann ich das vielleicht sagen. Die Ursache für all diese Turbulenzen ist also im Grunde immer in Führungsfehlern zu suchen. In der Hauptstadt gibt es keinen Stellvertreter für den Bürgermeister. Es gibt keinen Haushalt. Es wurde ein Haushalt verabschiedet, von dem alle Juristen gesagt haben, dass er rechtswidrig ist, dass man keinen Haushalt darauf aufbauen kann, dass man die Steuern nicht zahlt. Die Firmenleiter sind Verbrauchsmaterial, die Korruption in der Stadt ist weit verbreitet. Und wenn ich mir manchmal die Berichte über die Stadtverordnetenversammlung anschaue, sieht es aus wie auf einem Jahrmarkt. Es gibt also keine Führung, die ganze Stadt schreit nach Führung. Ich kann nur sagen, dass wir helfen werden, wenn es nötig ist. Wenn es also nicht geht, sollen sie uns Bescheid sagen, wir kommen und helfen. Insgesamt habe ich mir die Zahlen angesehen, weil es alle möglichen Diskussionen gibt. Ich kann sagen, dass Budapest mehr vom Staat bekommt, als es ihm gibt, wenn ich die Forint zähle, nur wird das nicht groß herausgestellt, aber erst vor zwei Wochen haben wir 40 Milliarden Forint für den Kauf von Straßenbahnen gegeben. Jetzt ist BYD hierhergekommen, wir haben den großen chinesischen Automobilhersteller BYD mit seinem Entwicklungszentrum aus den Niederlanden nach Budapest geholt. Sie sind nicht einfach um unserer schönen Augen willen gekommen, dafür mussten Geld, Investitionen und Fördermittel bereitgestellt werden. Das kommt in solchen Fällen nicht von der Hauptstadt, sondern von der Regierung. Wir investieren also viele hundert Milliarden Forint in diese Stadt. Wir investieren viel mehr in die Entwicklung der Wirtschaft Budapests als die Hauptstadt selbst, die vielleicht gar nichts oder nur einen vernachlässigbaren Betrag im Vergleich zu dem investiert, was die Regierung hier investiert. Diese Stadt ist mit Geld vollgestopft. Sie ist die reichste Stadt Ungarns, nur wird sie nicht geführt.

Ist bereits erkennbar, womit die Regierung helfen kann und was sie im Gegenzug von der Hauptstadt erwartet?

Ausgangspunkt jeder Hilfe ist, dass wir nicht zulassen dürfen, dass sich diese Situation noch einmal wiederholt. Wir müssen also die Situation verstehen, sie genau analysieren und dort eingreifen, wo die Probleme liegen.

Lassen Sie uns noch ein Thema ansprechen, denn vor etwa drei Monaten hat die Regierung strengere Maßnahmen gegen Drogen angekündigt, einerseits im Bereich der Strafverfolgung, andererseits auf gesetzlicher Ebene, und nun sind schon alle diesbezüglichen Änderungen in Kraft. Was sind die Erfahrungen der ersten drei Monate in dieser Hinsicht?

In Ungarn hat sich eine Ansteckung in der Art eines Lauffeuers verbreitet, deshalb mussten so radikale Maßnahmen ergriffen werden. Wir sind ein sanftmütiges Volk, manchmal vielleicht sogar zu sehr, bis an die Grenze der Frömmigkeit. Deshalb fällt es uns schwer, uns vorzustellen, dass es Menschen gibt, die anderen Menschen Böses antun, nur um an Geld zu kommen. Natürlich hat die Polizei einen besseren Lebensinstinkt, dort gibt es Menschen, die darauf vorbereitet sind, aber in Ungarn verlief das Leben auf dem Land ruhig, und dann, vor einigen Monaten, jetzt ist es schon ein Jahr her, brach eine sich rasend schnell ausbreitende Infektion aus. Es tauchten solche gepanschten Designerdrogen auf, die so billig waren, dass sie sogar preislich den Alkohol unterboten. Und plötzlich stieg der Konsum dieser Drogen um ein Vielfaches. Es gibt ja immer Drogenkonsum, aber normalerweise probieren das eher junge Leute aus, und solche hochgebildeten Menschen glauben, dass Bewusstseinserweiterung ihnen zum Glück verhilft, also kommt das vor, das wird natürlich gesetzlich verfolgt und eingeschränkt, aber das wissen wir. Die Regierung und die Polizei haben das bisher mehr oder weniger gut gehandhabt. Es war ein neues Phänomen, das unten, in den sozial schwachen Schichten auftrat und arme Familien ruinierte und die Zukunft von Kindern aus armen Familien zerstörte, diese aus Profitgier begangene Vergiftung, als die man im Grunde genommen die Verbreitung dieser Designerdrogen bezeichnen kann. Hier musste man schnell handeln, einen Regierungsbeauftragten ernennen, wir haben viele Milliarden Forint mobilisiert, zahlreiche Maßnahmen durchgeführt, 3.500 Strafverfahren haben wir eingeleitet, mehr als eine halbe Tonne Drogen beschlagnahmet, wir haben 250 Millionen Forint in bar gefunden und beschlagnahmt, bewegliches Vermögen im Wert von vielen hundert Millionen Forint beschlagnahmt und so weiter. Es ist also offensichtlich, dass wir ein schnell aufgebautes Netzwerk ebenso schnell wieder zerschlagen, ja sogar vernichten müssen. Und dabei bin ich entschlossen, denn wer unseren Kindern Drogen gibt, tötet sie im Grunde genommen. Wir sprechen hier also von Menschen, den Drogenhändlern, die die Kinder anderer Menschen töten. Und auch als Elternteil sage ich, dass das unmöglich ist, und deshalb benutze ich Ausdrücke wie „Treibjagd”, also alle starken Ausdrücke, Maßnahmen, die ganze Strenge des Staates, alle Mittel müssen eingesetzt werden, um das zu zerschlagen.

Sind weitere Schritte erforderlich, sei es auf polizeilicher oder rechtlicher Ebene?

Ja, die Regierung hat letzte Woche mehrere Milliarden Forint für die Fortsetzung und Ausweitung der Maßnahmen bewilligt.

Ich habe Ministerpräsident Viktor Orbán auch zum Fall des ehemaligen Generalstabschefs, zum beschleunigten Beitritt der Ukraine und zum Kampf gegen Drogen befragt.

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