SHARE

Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn!” von Radio Kossuth

Zsolt Törőcsik: Ministerpräsident Viktor Orbán besuchte diese Woche Kiew, wo er mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammentraf. Der ungarische Regierungschef bat den ukrainischen Führer, einen zeitlich begrenzten Waffenstillstand in Betracht zu ziehen. Ich frage Ministerpräsident Viktor Orbán auch, wie es nach dem Treffen vom Dienstag weitergehen soll. Guten Morgen!

Guten Morgen!

Sie sagten ja der Schweizer Zeitung „Weltwoche”, dass Selenskyj nicht sehr glücklich über den Waffenstillstandsvorschlag war, aber gestern änderte der ukrainische Präsident seine Position beträchtlich und sagte in einem Interview, dass Russland beim nächsten globalen Friedensgipfel anwesend sein sollte. Wie schätzen Sie angesichts dieser Aussage die Bedeutung des Treffens am Dienstag ein?

Man muss vorsichtig sein, wenn wir über dieses Thema sprechen. Es ist schwierig, die Auswirkungen eines solchen Treffens zu ermessen. Am besten ist es, wenn man sich zuallererst über seine eigenen Absichten im Klaren ist. Ungarn muss ja, nicht wahr, seinen Platz und sein Gewicht kennen, und es ist klar, dass die großen Friedensverhandlungen dann von den großen Ländern geführt werden. Heute ist es jedoch so, dass es keinen Dialog gibt, und ohne Dialog ist es sehr schwierig, sich vorzustellen, wie wir uns in Richtung Frieden bewegen sollen. Im Gegensatz dazu ist die Situation, dass jeden Tag Hunderte von Menschen an der Front sterben, Familien werden verkrüppelt, Hunderttausende von Waisenkindern werden zu Waisen, und alles wird natürlich in der internationalen Politik diskutiert, aber kaum ihre Perspektive. Wir müssen also über Frieden reden, denn wenn wir nicht über Frieden reden, reden wir nicht über das Elend, das der Krieg verursacht, und unser wirklicher Feind ist nicht das eine oder andere Land, sondern das durch den Krieg verursachte Elend. Das ist der Kompass, den wir in die Hand nehmen müssen. Und ich denke, dass Europa den Kompass des Friedens und der Menschlichkeit, des humanen Denkens, der humanen Außenpolitik in der Hand halten sollte, und Europa könnte wahrscheinlich mehr tun, um uns zum Frieden zu bewegen. Gleichzeitig ist es für uns Ungarn wichtig, uns daran zu erinnern, dass die anstehende Präsidentschaft der Europäischen Union, die in Brüssel rotierende Präsidentschaft genannt wird, weil man dieses Mandat für sechs Monate innehat, einem nicht das Recht gibt, im Namen von irgendjemandem zu verhandeln. Was ich tue, mag also wie ein Verhandlungsformat aussehen, weil wir an einem Tisch sitzen und Themen diskutieren, aber wir verhandeln nicht. Deshalb brauche ich auch kein Mandat, denn ich vertrete nichts. Das Einzige, was ich tue, ist, an Orte zu gehen, an denen ein Krieg droht oder ein Krieg, der negative Folgen für Europa und für Ungarn hat, und die Fakten zu klären. Ich stelle also Fragen, und ich habe zum Beispiel Präsident Selenskyj drei oder vier wichtige Fragen gestellt, was er über diese Dinge denkt, damit wir seine Absichten verstehen können und wo die rote Linie, die Grenzlinie ist, bis zu der er im Interesse des Friedens gehen kann. Wenn wir das nicht ermessen, wenn wir das nicht genau wissen, wenn wir in Brüssel sitzen, kommen wir dem Frieden nicht näher, denn der Frieden kommt nicht von selbst. Wenn wir also glauben, dass die Ereignisse stattfinden und dass daraus Frieden entstehen wird, dann missverstehen wir das Wesen des Krieges. Der Frieden wird kommen, wenn ihn jemand macht. Dafür müssen Schritte unternommen werden. Ungarn kann dafür nicht die Verantwortung übernehmen, wir haben weder das Mandat noch das internationale politische Gewicht, wir haben kein entsprechendes GDP, keine entsprechende Armee und so weiter, aber wir können ein gutes Instrument in den Händen des lieben Gottes sein, wir können ein gutes Instrument in den Händen von Menschen sein, die den Frieden wollen, und wir können Schritte unternehmen, die die Parteien auf einen langen Weg bringen – denn die Positionen sind im Moment sehr weit auseinander –, einen langen Weg, der mit einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen enden könnte. In der Frage der Friedensgespräche oder eines Waffenstillstands war Präsident Selenskyj – wie Sie sagten – nicht glücklich. Nun, jeder hat Angst, dass, wenn er einen Waffenstillstand ausspricht, die andere Seite dies ausnutzen wird. Die Kriegsparteien gehen in einer solchen Situation in der Regel davon aus, dass ein Waffenstillstand für die andere Seite von Vorteil ist, denn solange man dann nicht schießt, wird die andere Seite ihre Truppen umgruppieren und ihre Streitkräfte verlagern, und man wird einen Nachteil davon haben, weshalb es besser ist die Spannungen an der Front aufrechtzuerhalten. Dies kann man jetzt dann überwinden, wenn es eine Perspektive, eine Zukunft für die Parteien gibt und sie wissen, dass sie in ein paar Wochen oder Monaten zu Friedensverhandlungen kommen werden und es sich daher lohnt und möglich ist, die Spannungen an der Front zu verringern. Man muss jetzt eher solche Überlegungen auf den Tisch legen und nicht verhandeln. Ich sage es noch einmal: Ungarn hat nicht das Mandat, und der jeweils amtierende Ratspräsident auch nicht, im Namen der Europäischen Union zu verhandeln. Das kommt mir auch nicht in den Sinn! Aber ich kann die Situation klarstellen, ich kann deutlich machen, wie weit jede Seite gehen kann, und wenn wir das getan haben, dann können die europäischen führenden Politiker, die siebenundzwanzig Ministerpräsidenten, gemeinsam Entscheidungen treffen. Und wenn wir Entscheidungen getroffen haben, dann werden diejenigen, die dazu berechtigt sind, verhandeln, aber bis dorthin ist das noch ein langer Weg. Wir können leider nur die ersten Schritte auf dem Weg zum Frieden machen.

Nun kennen Sie Selenskyjs Position in dieser Frage seit Dienstag. Was ist der nächste Schritt, den Sie zu tun gedenken?

Der nächste Schritt ist der nächste Schritt, denn ich kann Sie und die Öffentlichkeit über jeden Schritt erst dann informieren, wenn er getan ist, weil es sich um heikle und sensible Fragen handelt. Man muss über sie erst reden, wenn man den nächsten Schritt hinter sich gelassen hat.

Dann werden wir diese neuesten Entwicklungen abwarten, aber in der Zwischenzeit hat es sich ergeben…

Wie das ungarische Sprichwort sagt: Mehr Tage als Würste. Ja.

Inzwischen wurde eine Umfrage des European Council on Foreign Relations bekannt, aus der hervorgeht, dass die Hälfte der 15 befragten europäischen Länder nun dafür ist, dass die EU die Ukraine an den Verhandlungstisch zwingen sollte. Dies ist auch die Mehrheitsmeinung in Deutschland, Frankreich und Italien. Inwieweit tragen die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder diesem Umstand Rechnung, und was kann Ungarn als EU-Präsident tun, um sicherzustellen, dass die Mehrheitsmeinung der Gesellschaften bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt wird?

Schauen Sie, Sie können alle möglichen Umfragen lesen. Und da Europa beschlossen hat, sich auf der Seite der Ukraine in diesen Krieg hineinziehen zu lassen, ist das Reden über den Krieg und das Erstellen von Kriegsumfragen Teil des Krieges. Sie sind also manipuliert, oder zumindest fällt es mir schwer, diesen Umfragen Glauben zu schenken, da sie in der Regel durch irgendeine Absicht beeinflusst werden. Ich glaube eher das, was ich sehe und wenn ich mit Menschen spreche. Ich war kürzlich in Berlin, in Rom, in Paris und jetzt in Kiew, um mich auf den ungarischen Ratsvorsitz vorzubereiten. Und ich habe auch mit Menschen gesprochen, nicht nur mit Politikern und Entscheidungsträgern, sondern mit Menschen, die das Leben der Italiener, Franzosen und Deutschen täglich leben. Ich sehe zwei Dinge. Erstens: Es gibt einen moralischen Druck auf die Menschen. Sie haben das Gefühl, dass es bei Europa um den Frieden geht – bis jetzt – und dass Europa daher, wenn in seiner Nachbarschaft ein Krieg ausbricht, der nicht einmal hätte geschehen dürfen, der niemals hätte stattfinden dürfen, irgendwie mehr tun sollte. Sie wissen nicht wie, denn Politik ist nicht ihr Metier, aber sie spüren, dass Europa mehr tun sollte, um die Spannungen in seiner Nachbarschaft abzubauen, und sie haben das Gefühl, dass wir stattdessen zu lange auf Amerika warten, es ist ja letztlich auf unserem Kontinent, und dass wir auf jeden Fall mehr tun sollten, als wir heute tun. Das zweite Empfinden, das ich überall in Europa angetroffen habe, ist die Besorgnis über die Auswirkungen des Krieges auf die europäische Wirtschaft. Natürlich gibt es auch in Westeuropa Existenzschwierigkeiten, überall in Europa gibt es Kriegsinflation, und die Menschen sagen ganz einfach: Wenn wir Geld, europäisches Geld, von Brüssel in die Ukraine oder an die Front schicken, wie soll das hier zu Wirtschaftswachstum führen? Wie sollen wir aus diesem Krieg, aus dieser wirtschaftlichen Schwierigkeit in Europa herauskommen, wenn wir das Geld nicht in die europäische Wirtschaft stecken, sondern woanders hinschicken? Natürlich sind die Dinge immer komplizierter, als die Menschen es wahrnehmen, aber es gibt auch diese Wahrheit, die den Dingen zugrunde liegt. Diese beiden Dinge verändern also zunehmend die öffentliche Meinung in Europa in die Richtung, dass wir darüber nachdenken und mehr für den Frieden tun. Der Frieden wäre auch moralisch das Richtige, und auf der anderen Seite ist jedes Land der Meinung – und ich als Ungar bin es auch –, dass der Frieden auch für uns, Ungarn, gut wäre, weil er Europa erfolgreich macht. Auch die Deutschen, die Franzosen und die Italiener denken das so.

Wir werden noch mehr über die Wirtschaft sprechen, aber fast zeitgleich mit der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft wurde die Gründung der Parteienfamilie Patrioten für Europa bekannt gegeben. Er sagte, dass sie bald die dritt- und dann die zweitstärkste Kraft im Europäischen Parlament sein wollen, und Sie sagten am Montag gegenüber M1, dass noch vier oder fünf Tage vergehen werden und viele Leute überrascht sein werden. Vier Tage sind bereits verstrichen, der fünfte noch nicht, aber bis jetzt hat sich die portugiesische Chega-Partei den drei Gründern angeschlossen. Wann und wer wird voraussichtlich noch dazukommen? Wie kommen die Verhandlungen voran?

Am Montag findet die konstituierende Sitzung aller Parteien statt, die bereits beschlossen haben, sich anzuschließen, dies aber noch nicht angekündigt haben. Das wird also nicht jetzt geschehen, sondern am Montag, und dann werden wir eine Liste haben, und dann werden Sie sehen können, dass ich nicht nur so dahingeredet habe.

In der Presse wird ja über die Namen vieler Parteien spekuliert, von denen einige derzeit in einer der rechten Fraktionen sitzen. Wie wird sich die zweite Runde der französischen Parlamentswahlen an diesem Wochenende auf die Liste und die Zahl der sich Anschließenden auswirken?

Die Parlamentswahlen werden nicht nur die Anzahl der Fraktionen und deren Größe beeinflussen, sondern auch die Zukunft von ganz Europa. Schließlich sind Deutschland und Frankreich die beiden größten Länder in Europa. In beiden Ländern fanden auch Europawahlen statt. Die Partei des deutschen Bundeskanzlers wurde mit 14 % der Stimmen Dritter. Ich weise darauf hin, dass die ungarische Regierungspartei 45 erhielt. Es gibt also heute keinen Ministerpräsidenten in Europa, der in Kenntnis des Wahlergebnisses nicht gerne mit mir tauschen würde, oder noch wichtiger, der nicht mit mir tauschen würde, um so gute Wähler zu haben, wie die Ungarn, die sich in einer solchen Situation nicht gegen ihre Regierung wenden, sondern, die Schwierigkeit der Lage erkennend, ihre Unterstützung geben und ihr Vertrauen bekräftigen. Es gibt also auch in Deutschland eine schwierige Situation. In Frankreich ist es so weit gekommen, dass das Parlament aufgrund der Ergebnisse der Europawahl aufgelöst und Neuwahlen angesetzt werden mussten. Das Amt des Präsidenten ist sakrosankt, solange er nicht von sich aus zurücktritt, kann er sein Mandat unabhängig von äußeren Umständen ausfüllen. Dies gilt jedoch nicht für das Parlament, das der Hüter des Volkswillens ist, und wenn es zu einem politischen Erdbeben kommt, dann kommt es auch im Parlament zu Veränderungen. Es ist in Frankreich noch nie vorgekommen, nicht bei Europawahlen, sondern bei heimischen, nationalen, französischen Wahlen, in der die Rechte von allen anderen französischen Parteien durch eine Quarantäne – französisch nennt man das cordon sanitaire – getrennt war, einen Kordon, der seit Jahrzehnten besteht, einen Kordon, der sie salonunfähig gemacht hat, der sie aus der Welt der Parteien ausgeschlossen hat, die einer Zusammenarbeit würdig sind, so dass diese Kraft diesen Kordon durchbrechen und eine französische Parlamentswahl gewinnen kann. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern sehr deutlich, wenn wir die erste Runde richtig verstehen. Wir haben es hier also mit einem Ereignis zu tun, das in Frankreich von so großer Bedeutung ist, dass man es von hier in Budapest aus natürlich nicht verfolgen kann, vielleicht nicht einmal sehen kann, aber jeder, der sich mit Außenpolitik beschäftigt, kann sehen, dass dies eine Veränderung ist, die sofort Auswirkungen auf den ganzen Kontinent haben wird. Nicht nur auf Brüssel, sondern auch auf die bilateralen Beziehungen, einschließlich der ungarisch-französischen Beziehungen. Es gibt zwei mögliche Szenarien, wir werden am Sonntagabend sehen, welches der Fall sein wird: Das eine ist, dass dieser große Aufschwung der rechten Kräfte, die aller Wahrscheinlichkeit nach die Wahlen gewinnen werden, so groß sein wird, dass sie sie nicht nur gewinnen, sondern in dem Maße gewinnen, dass sie eine Regierung bilden können. Sie haben im Vorfeld angekündigt, dass sie das nur tun werden, wenn sie eine absolute Mehrheit haben, sonst nicht. Ich verstehe das, ich habe selbst ein paar Mal Regierungen gebildet, es ist besser, eine klare Verantwortung zu haben. Ich habe einmal auch eine Koalitionsregierung geführt, und ich werde Ihnen jetzt nicht erzählen, mit welchen Leiden das verbunden ist, wenn sich vier Parteien vor einer Regierungsentscheidung, selbst der einfachsten Regierungsentscheidung, auf einen gemeinsamen Nenner einigen müssen, wie das die Entscheidungsfindung verlangsamt, wie die Umsetzung der Hälfte des Regierungsprogramms unmöglich wird, und wie die Menschen dabei unzufrieden sind, das alles werde ich Ihnen also nicht erzählen, aber es ist äußerst schwierig, eine Mehrparteienregierung zusammenzustellen und gezielt zu handeln. Ich verstehe deshalb diejenigen, die auch gar nicht in einen solchen Fluss treten wollen. Die andere Möglichkeit ist, dass diese rechte Partei gewinnt, aber nicht genug gewinnt, und nicht sie stellt die Regierung, dann entsteht eine unklare Situation. Und das hat die gleichen Auswirkungen auf die europäische Politik, wenn es in Frankreich ein Chaos gibt, wie wenn es eine starke rechte Regierung gibt. Es hat eine andere Auswirkung, aber es hat eine Auswirkung, es hat genauso eine Auswirkung auf Brüssel und damit auch auf uns. Es wird also große Veränderungen in Frankreich geben. Das wird die französische Rechtspartei stärken. Die französische Rechtspartei – wir sprechen von der Partei von Marine Le Pen – ist heute die größte nationale Parteigruppe im gesamten Europäischen Parlament – wir sprechen von 571 Mitgliedern. Es gibt niemanden, der größer ist als sie. Deshalb ist es wichtig, wie sie über ihr eigenes Schicksal entscheiden werden. Doch sie halten es damit so, dass sie das erst nach der Wahl tun werden. Deshalb sage ich: Warten wir auf den Montag.

Die Allianz der Patrioten für Europa wurde gegründet, um den Wandel herbeizuführen, für den die Menschen bei den Wahlen zum Europäischen Parlament gestimmt haben. Es ist eine Sache, ein Parlament zu haben, und eines der Elemente der Entscheidungsfindung der EU ist das Parlament, aber es gibt auch die Kommission und den Rat der Staats- und Regierungschefs. Wie kann in diesen beiden anderen Institutionen, die in vielerlei Hinsicht wichtiger sind, eine patriotische Politik durchgesetzt werden?

Jetzt stehen die Heimatliebenden besser da, um es auf Ungarisch zu sagen, denn das ist es, was das Wort Patriot schließlich bedeutet, diese Menschen mit guten Absichten, die ihre Heimat lieben, die sich engagieren, sie sind also besser dran, als es den Anschein hat, denn zu ihnen gehört zum Beispiel eine der italienischen Regierungsparteien. Nicht die größte, aber wir sprechen von einer italienischen Regierungspartei. Auch die größte niederländische Regierungspartei, die gerade gegründet wurde, gehört hierher, in diese Gemeinschaft. Da sind wir. Im September finden in Österreich Wahlen statt. Die Freiheitliche Partei, mit der wir diese Patrioten für Europa-Bewegung gegründet haben, führen derzeit. Herr Ministerpräsident Babiš war schon einmal Ministerpräsident, und jetzt steht er schon wieder im Tor zum Sieg. Die Frage ist, wann es in Tschechien Wahlen geben wird. Jetzt sind hier die Belgier, denn die belgische Regierung ist ebenfalls an den Parlamentswahlen, den Wahlen zum Europäischen Parlament, gescheitert, und es wird einen neuen Ministerpräsidenten geben. Eine der zu erwartenden belgischen Regierungsparteien ist auch hier bei uns. Im Rat, in dem die Regierungen vertreten sind, ist diese patriotische Gruppe also in Wirklichkeit bereits stärker vertreten, als es den Anschein hat, und sie wird noch stärker und sichtbarer werden.

Eines der wichtigsten Ziele des ungarischen EU-Ratsvorsitzes und des neuen Bündnisses ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Union zu steigern und sie wieder auf ihr früheres Niveau zu bringen. Und Sie haben den sich anbahnenden Handelskrieg als eine der größten Bedrohungen für die Wettbewerbsfähigkeit erwähnt.

So ist es.

Wie kann die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden, wenn die Kommission Presseberichten zufolge heute vorübergehend Strafzölle auf die größten chinesischen Automobilhersteller erheben will?

Soweit ich das sehe, werden sie das auch tun, deshalb ist das größte Ziel und die größte Hoffnung, die wir haben können, ist also, dass es sich um eine vorübergehende Maßnahme handelt. Sie gelten für vier Monate und dann können wir sie vielleicht vergessen. Das Gespenst des Handelskriegs droht. Es gibt absurde Situationen. Ich möchte Sie nicht langweilen, aber ich sage Ihnen, dass ich in Vorbereitung auf unsere EU-Präsidentschaft Gespräche mit den Leitern der großen europäischen Unternehmen, einschließlich der Autoindustrie, geführt habe. Nun ist diese Entscheidung der Kommission, die nun Strafzölle gegen die Chinesen verhängt, angeblich gut, weil sie die Interessen der europäischen Automobilhersteller schützt. Aber die europäischen Automobilhersteller sträuben sich mit Händen und Füßen, und sie haben auch mir gesagt, dass dies schlecht für sie sei. Sie wollen also nicht gegen ihren Willen von einer Seite der Straße auf die andere hinüberbegleitet werden. Sie lassen schön danken, aber sie haben keinen solchen Plan. Und doch treffen jetzt die Bürokraten in ihrem Interesse eine Entscheidung. Was ist denn das? Worauf die andere Seite, die Ostländer, natürlich einen Antwortschritt machen werden. Vielleicht nicht nur einen einzigen. Und schon befinden wir uns in einem Konflikt. Solche schlechten und unüberlegten Entscheidungen können das Wirtschaftsleben in Richtung eines Handelskrieges verschieben, was für uns Ungarn schlecht ist, denn wir leben davon, dass wir das, was wir in Ungarn produzieren, in der ganzen Welt verkaufen können. Wir produzieren mit der modernsten Technologie, und wir haben in Ungarn die besten Arbeiter Europas. Die ungarischen Arbeiter haben in den letzten dreißig Jahren eine fantastische Entwicklung und Ausbildung durchlaufen, so dass die Ungarn in der Lage sind, jeden Arbeitsprozess in jeder Fabrik überall auf der Welt auszuführen und sogar zu leiten. Wir haben fantastische, international anerkannte Firmenleiter auf mittlerer und hoher Ebene, und deshalb können wir in Ungarn fast alles produzieren. Wir sind auf dem höchsten technologischen Niveau, wie z. B. in der Automobilindustrie, aber auch in der Militärindustrie, und jetzt gibt es natürlich auch die ersten Ansätze in Aviatik, also in der Luftfahrtindustrie. Wir sind also zu all diesen Dingen fähig. Aber nicht wir konsumieren diese Produkte, die Welt konsumiert sie. Wenn es zu einem Handelskrieg kommt, können wir die in Ungarn produzierten Waren nicht mehr verkaufen, und das könnte in einer Kettenreaktion letztlich auch Arbeitsplätze gefährden. Deshalb ist es also in unserem Interesse, dass es keinen Handelskrieg gibt.

Der Juli hat begonnen, und damit hat auch die Ferienzeit begonnen, und viele Menschen würden gerne, sagen wir, mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen, denn in den letzten Wochen kam es im Flugverkehr zu erheblichen Störungen mit Verspätungen von einigen Stunden bis hin zu Extremfällen. Es wurden Verspätungen von 19 Stunden bis zu eineinhalb Tagen gemeldet. Welche Instrumente stehen der Regierung zur Verfügung, um diese Situation zu beheben oder teilweise zu beheben?

Wir hatten am Mittwoch eine Regierungssitzung. Wir mussten zwei dieser, sagen wir, zur Empörung Anlass gebenden Angelegenheiten neben vielen anderen erörtern. Die eine war die Situation, die im Luftverkehr entstanden ist, und das andere war der Benzinpreis. Nun, was den Luftverkehr betrifft, so gehört das, was wir dort erleben, in die Kategorie des Unerträglichen, und man kann darüber nicht anderes als empört sein. Es geht hier also nicht um die Frage, ob der Luftverkehr gut organisiert ist oder nicht, sondern um das Fehlen selbst eines Minimums an Menschlichkeit. Denn man muss das Ganze unter dem Gesichtspunkt sehen, dass die meisten Passagiere am Flughafen Menschen sind, die das ganze Jahr über gearbeitet haben und nun mit ihrem gesparten Geld in den Urlaub fliegen wollen. Sie haben sich das ganze Jahr darauf vorbereitet, damit sie jetzt endlich eine Woche mit der Familie irgendwohin wegfahren können, sie können es sich erlauben, zu fliegen. Die meisten Leute schaffen dies, indem sie sich dafür sehr viel Mühe geben müssen. Die Gehälter in Ungarn sind nicht so gut, dass man einfach so hin- und herfliegen oder in den Urlaub fahren kann. Für die meisten ungarischen Familien ist dies also eines der wichtigen Ereignisse des Jahres. Sie freuen sich darauf. Und es geht nicht nur darum, dass sie schlecht organisiert sind, sondern dass sie am Flughafen, beim Lufttransport, überhaupt keine Menschlichkeit im Umgang mit ihnen zeigen. Sie sagen einem nicht, wie die Situation ist, es gibt riesige Verspätungen. Dann sehe ich, dass viele Leute in ihren Autos schlafen, auf dem Parkplatz oder auf dem Rasen, das ist also doch Ungarn, und das dürfte doch nicht sein. Jetzt übernehmen wir ja den Flughafen. Was jetzt geschieht, ist noch eine Folge der Zeit, bevor der Staat das Eigentum übernommen hat. Ich hoffe, dass sich die Situation schlagartig verbessern wird, sobald die tatsächliche physische Übernahme des Flughafens erfolgt, und zwar nicht nur die finanzielle und technische Übernahme, sondern auch die physische Übernahme. Aber nicht nur die Flughafenbetreiber müssen sich hier verbessern, denn ich sehe, dass es auch ein Problem mit den Fluglotsen und der Bodenabfertigung gibt, so dass wir viel mehr Verständnis und Menschlichkeit von denen erwarten, die den hier ankommenden Ungarn oder Touristen begegnen. Es gibt Erwartungen, die die Regierung hat, und ich habe die Minister auch aufgefordert, sie durchzusetzen.

Sie haben auch die Benzinpreise erwähnt, und wir haben gesehen, dass sich die Benzinpreise in den letzten Wochen wieder über den regionalen Durchschnitt wegbewegt haben. Was kann die Regierung tun, um Ihre Erwartung zu erfüllen, dass die ungarischen Preise den regionalen Durchschnitt nicht überschreiten?

Der Ministerpräsident sollte ja nicht drohen. Ich denke, das ist ein gutes Gesetz. Der Ministerpräsident sollte verständnisvoll sein, er sollte Hilfe anbieten, er sollte versuchen, Bedingungen zu schaffen, damit die Menschen ihre Arbeit besser machen können, damit Unternehmen erfolgreicher sein können, damit mehr Arbeitsplätze geschaffen werden können und so weiter. Oder zum Beispiel hier, wir haben gerade den Luftverkehr erwähnt, jetzt schaue ich mir die Zahlen an, es wird wahrscheinlich ein Tourismusrekord in Ungarn werden. Noch nie waren so viele Ungarn im Urlaub wie in diesem Jahr, und noch nie sind so viele Ausländer zu uns gekommen, wie wir in diesem Jahr erwarten können. Das sind also die Dinge, die wir angehen müssen, und dafür brauchen wir die Hilfe, die Zusammenarbeit und die Partnerschaft der Regierung. Aber es gibt auch Ausnahmen. Wenn wir mit den Kraftstoffhändlern in Ungarn eine Vereinbarung getroffen haben, die besagt, dass die Menschen in Ungarn nicht mehr für Kraftstoff bezahlen dürfen als den Durchschnittspreis in den Nachbarländern, dann muss das eingehalten werden. Es kann nicht sein, dass das eine Zeit lang so ist und dann plötzlich aus dieser Spanne herausrutscht. Das geschieht jetzt. Deshalb möchte ich deutlich machen – auch hier wieder mehr in der Sprache der Empathie und der Zurückhaltung –, dass wir jetzt mit Worten bitten. Aber wir werden es nicht zweimal sagen: Wir sind übereingekommen, das muss eingehalten werden. Wir werden nicht dulden, dass die Menschen in Ungarn mehr für Treibstoff bezahlen als der Durchschnittspreis in den Nachbarländern. Und wenn diese schönen Worte nicht helfen, werden wir Maßnahmen ergreifen.

Sie haben erwähnt, dass der Tourismus ein Rekordjahr haben könnte. Wir wissen, dass dies in der Vergangenheit einer der treibenden Sektoren der ungarischen Wirtschaft war und dass er auch in der kommenden Zeit einer der treibenden Sektoren sein kann. Aber wenn wir über die Situation der ungarischen Wirtschaft insgesamt sprechen, dann zeigen die jüngsten Daten, dass das Reallohnwachstum bei etwa 10 % liegt und die Beschäftigung auf 4.750.000 gestiegen ist. Wie sehen auf dieser Grundlage die Aussichten für den Rest des Jahres aus, denn Anfang des Jahres war das Ziel, das Wachstum anzukurbeln.

Es gibt ermutigende Anzeichen. Sie sollten nicht überschätzt, aber auch nicht unterschätzt werden, also gibt es ermutigende Anzeichen. Irgendwie sind die Dinge immer mit dem Krieg verknüpft, denn das Bild wird erst klarer, wenn der Krieg vorbei sein wird. Und was alle spüren, aber noch nicht sehen, ist, dass wir nach dem Krieg in einer anderen Welt leben werden als vor dem Krieg. Es ist noch ein weiter Weg bis dahin, aber ich möchte die Aufmerksamkeit aller auf die Tatsache lenken, dass sich in den letzten Tagen die größten nicht-westlichen Länder der Welt sogar an zwei Orten getroffen haben. Sie hatten ein großes Gipfeltreffen, jenes nach Schanghai benannte, das ist eine große Gruppe, bei dem die Mehrheit der Weltbevölkerung anwesend war, also deren Staats- und Regierungschefs, und sie beschlossen eine ernsthafte wirtschaftliche Zusammenarbeit. Sie kooperieren auf eine viel flexiblere Art und Weise, als wir Westler es hier tun. Viel weniger bürokratisch, viel effizienter als wir. Und auch diese BRICS-Gruppe, in der sich zunehmend nicht-westliche Länder engagieren, nimmt Gestalt an. Noch bedeckt der Nebel des Krieges hier die Landschaft, aber es lohnt sich, darüber nachzudenken, dass er sich lichten wird, und dann werden wir uns in einer anderen Welt, in einer anderen Zeit wiederfinden als der, in der wir jetzt leben. Und darauf müssen wir uns dann vorbereiten und uns anpassen. Und das Wichtigste ist, dass es gute Anzeichen dafür gibt, dass wir dann nicht bei Null anfangen werden, sondern dass es bereits einige positive Entwicklungen gibt, die weitergeführt werden können. Der Tourismus ist jetzt deshalb wichtig, denn er ist das beste Geld in dem Sinne, dass jemand hierherkommt, sein Geld hierherbringt, es hierlässt, es hier ausgibt, und es hierbleibt und in die ungarische Wirtschaft einfließt. Und Hunderttausende von Menschen leben davon. Ganz zu schweigen von den Steuereinnahmen. In anderen Fällen müssen wir ein Produkt herstellen, was mühsam ist, und dann müssen wir es irgendwo auf den Weltmarkt bringen, es verkaufen, wir werden bezahlt oder nicht, und dann können wir das Geld nach Hause bringen. Und der Tourist bringt sein Geld hierher und gibt es hier aus. Es ist daher sehr wichtig, dass sich die im Tourismus Tätigen bewusst sind, dass sie einen der wichtigsten Sektoren der ungarischen Volkswirtschaft betreiben. Nach den aktuellen Zahlen macht der Tourismus bereits rund 11 % der gesamten ungarischen Wirtschaftsleistung und des Gesamtprodukts aus, und dieser Anteil wird noch steigen, vor allem wenn es uns nach dem Kauf des Flughafens gelingt, den derzeitigen Liszt-Ferenc-Flughafen in ein großes internationales Luftverkehrszentrum umzuwandeln.

Sie erwähnten, dass die Aussichten für die Wirtschaft optimistisch sind.

Ich glaube nicht, dass ich das gesagt hätte, sondern dass es ermutigende Anzeichen gibt.

Dass es ermutigende Anzeichen gibt, ja.

Ich gehöre zu den Vorsichtigen, ja.

Wie kann das auf der Ebene der Durchschnittsbürger erscheinen? Oder wann kann es auf der Ebene der Durchschnittsbürger erscheinen?

Schauen Sie, wir versuchen uns jetzt an der Wohnungsfront. Wir haben ein Wohnungsrenovierungsprogramm aufgelegt, diese Art von Heizungsmodernisierung, Isolierung, Fenster und Türen, wir haben die Ausschreibungen veröffentlicht. Ich schätze die Zahl der Familien, die daran teilnehmen können, auf 20 bis 30 Tausend. Mit den vorangegangenen Wohnungsbauprogrammen haben wir 250.000 Familien erreicht, sei es durch Neubau oder Renovierung, was mit vier multipliziert werden kann, vier können in einer Familie sein, das sind also eine Million Menschen von zehn. Das ist eine gewaltige Sache. Jetzt können sich hierzu noch ein paar Zehntausend anschließen. Wir müssen auch gegen die Kriegsinflation ankämpfen, ich habe vorhin die Angelegenheit des Benzins erwähnt, aber die andere Richtung des Kampfes ist, zu versuchen, Vereinbarungen mit den Arbeitgebern zu erreichen, die zu guten Löhnen, Mindestlohnerhöhungen und so weiter führen, denn, wissen Sie, das andere wichtigste Mittel zur Bekämpfung der Inflation ist, dass, wenn die Preise schon hoch sind, ich wenigstens mehr Geld habe. Wir zünden also die Kerze an beiden Enden an, wenn ich das so sagen darf, um die Lebenshaltungskosten zu senken. Und um auf den Tourismus zurückzukommen: Sie sehen, dass 60 Prozent der Vorbuchungen von Ungarn und 40 Prozent von Ausländern vorgenommen werden. Das bedeutet, dass sich die Ungarn zu Hause schon etwas leisten können. Das sind also die Anzeichen in Verbindung mit den von Ihnen erwähnten Beschäftigungsdaten, also dass es weiterhin Beschäftigungsmöglichkeiten für alle gibt, die arbeiten wollen. Wir haben befürchtet, dass das Baugewerbe weiter zurückgehen würde. Dort arbeiten ja sehr viele Menschen, Menschen, die manuelle Arbeit verrichten, viele Menschen aus der Roma- oder Zigeunergemeinschaft, und es ist sehr wichtig, dass sie auf dem Arbeitsmarkt bleiben, dass sie weiterhin glauben, dass es Sinn macht, zu arbeiten. Das sind also alles Anzeichen, die uns Anlass zu Optimismus geben, und dann werden wir sehen – September, Oktober, die Präsidentschaftswahlen in den USA, der Ausgang des Krieges –, ob sich das alles endlich zu einer Vision, zu einem Bild zusammenfügt, von dem wir hoffen können, dass sich die Situation innerhalb eines vernünftigen Zeitrahmens allgemein verbessert, und dass es nicht nur ermutigende Anzeichen gibt, sondern auch eine allgemeine Verbesserung der Situation. Aber dazu müssen wir noch viel arbeiten.

Ich habe Ministerpräsident Viktor Orbán auch zu den Schritten im Interesse des Friedens, zur neuen europäischen Koalition und zu wirtschaftlichen Fragen befragt.

FOLLOW
SHARE

More news