Interviews / Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn!” von Radio Kossuth
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Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn!” von Radio Kossuth

Zsolt Törőcsik: Der Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs ging gestern zu Ende. In der Abschlusserklärung riefen die EU-Staats- und Regierungschefs zur Zurückhaltung und zu einem Waffenstillstand bei den Ereignissen im Nahen Osten auf, während die Ukraine zusätzliche Luftabwehrausrüstung und militärische Unterstützung erhalten soll. Ich bitte Ministerpräsident Viktor Orbán um Einzelheiten. Guten Morgen!

Guten Morgen! Hinzu kommt noch, dass der längste Tagesordnungspunkt bzw. der Tagesordnungspunkt, der genauso lang war wie der Krieg, die Lage der europäischen Wirtschaft und die Verschlechterung unserer Wettbewerbsfähigkeit war, ich habe also zwei starke Tage hinter mir.

Nun, es ist sehr interessant, dass die westlichen Staats- und Regierungschefs im Zusammenhang mit den Ereignissen im Nahen Osten ein Ende der Kämpfe gefordert haben, während die Ukraine mit mehr Waffen ausgestattet werden soll. Was ist der Grund für diese Gegensätzlichkeit? Weil hier doch eine gewisse Dissonanz zu spüren ist.

Die Staats- und Regierungschefs in Europa und die Bürger verspüren sehr deutlich, dass die Welt zu einem gefährlichen Ort geworden ist, dass sich der Nahe Osten aufgrund des Terroranschlags auf Israel und der israelischen Selbstverteidigung in ein Kriegsgebiet verwandelt. Jeder befürchtet, dass dieser israelische Krieg gegen die Terrororganisation zu einem zwischenstaatlichen Krieg werden könnte. Und die Luftangriffe auf den Iran und die wie auch immer geartete Antwortreaktion darauf heute Morgen – obwohl die ungarischen Geheimdienstberichte darüber noch widersprüchlich sind – bewegen die Ereignisse ebenfalls in diese Richtung. Es gibt den Krieg in der Ukraine, und wir, die wir hier in Mitteleuropa leben, sehen auch, dass es auf dem Balkan Unfrieden gibt. Auch dort gibt es ungeregelte Angelegenheiten. Die Situation erfordert also äußerste Disziplin und Umsichtigkeit. Was wir also jetzt wirklich brauchen, ist strategische Ruhe, hier kann man nicht eilige Entscheidungen treffen. Jeder Konflikt muss jetzt anders gehandhabt werden, und deshalb stimme ich denen zu, die sagen, dass wir im Nahen Osten alles tun müssen, damit der Konflikt nicht zu einem Krieg eskaliert und den ganzen Nahen Osten nicht in Brand setzt. Dies wird nicht nur die Angelegenheit der dort lebenden Völker sein, obwohl sie dann am meisten leiden werden, sondern auch die unsere, denn daraus werden Flüchtlinge hervorgehen, daraus werden Kriegsschäden entstehen, hieraus werden weitere wirtschaftliche Ausgaben und Kosten für Europa entspringen. Es wird also für alle besser sein, sowohl was die Rettung von Menschenleben als auch was die Wirtschaft betrifft, wenn wir diesen Konflikt beruhigen und eindämmen können. Der Krieg in der Ukraine ist ein anderer Fall. Es herrscht Kriegsstimmung in Brüssel. Wenn ich also mit Ihnen über dieses Thema spreche, sagen wir, dass es sich um einen russisch-ukrainischen Krieg handelt. Und es gibt eine spürbare, zumindest hinsichtlich meiner Absicht, eine spürbare Distanzierung von dem, was ich sage, denn dies ist in unserer Nachbarschaft, dies ist ein bedeutender Konflikt. Die armen Ukrainer leiden entsetzlich. Hunderttausende von Menschen sterben, Witwen, Waisen, bombardierte Städte, es ist also schrecklich, was wir sehen, trotzdem ist unser Standpunkt klar: Dies ist ein russisch-ukrainischer Krieg. Es ist nicht unser Krieg, es ist ein Krieg zwischen zwei slawischen Völkern, und er sollte so schnell wie möglich durch einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen beendet werden. Für einen Ungarn ist dies also kein Krieg, an dem wir beteiligt sind. Aber wenn ich den führenden Politikern in Brüssel zuhöre, dann reden sie über den Krieg, als wäre es ihr eigener Krieg, weil sie daran beteiligt sind. Weil sie zuerst Helme geschickt haben, dann haben sie Waffen geschickt, und dann stellte sich heraus, dass sie Panzer schicken würden, dann kommen die Flugzeuge, und jetzt sprechen sie davon, dass sie, nachdem sie ihren Krieg zu verlieren drohen, wie sie es ausdrücken, früher oder später Soldaten schicken müssen. Und auch die NATO driftet in diese Richtung. Wir befinden uns jetzt schon in einer sehr schwierigen Situation. Ein Kapitel dieses Krieges ist mit der Thematisierung der Frage der Truppenentsendung in die Ukraine zu Ende gegangen. Davon war bisher nicht die Rede. Auch die NATO hat sich aus dem Konflikt herausgehalten. Jetzt organisiert die NATO eine Mission in der Ukraine, nicht um Soldaten zu entsenden, aber sie hat damit begonnen, Ausbildung und Waffenlieferungen zu koordinieren, sie will ihre eigenen finanziellen Mittel von den Mitgliedstaaten einsammeln, also driftet auch die NATO in diesen Krieg hinein. Mit der Aussage, dass möglicherweise Soldaten entsandt werden müssen, hat ein weiteres Kapitel dieses Krieges begonnen. Aus dem ersten Kapitel konnten wir uns heraushalten. Jetzt stellt sich die Frage, ob wir uns auch aus dem zweiten heraushalten können, denn wir wollen uns heraushalten, das ist nicht die Frage. Wir wollen uns also aus diesem Krieg heraushalten. Ich denke, wir sind dazu auch in der Lage. Und überall sage ich, und ich versuche es mit dem nötigen Nachdruck zu sagen, dass wir uns in den russisch-ukrainischen Krieg weder auf der einen noch auf der anderen Seite einmischen werden, solange Ungarn eine nationale Regierung an seiner Spitze hat.

Ja, aber wie können wir uns da heraushalten? Sie haben die NATO und die Europäische Union als die Stimmen erwähnt, oder die Stimmen, die von dort aus kommen, die zunehmend kriegsbefürwortend sind, und wir sind Mitglied in beiden Bündnissystemen.

Ja. Nun, was die NATO betrifft, so ist dort die Situation vielleicht einfacher, denn die NATO ist ein Verteidigungsbündnis. Die NATO wurde gegründet, und wir Ungarn sind ihr auch deshalb beigetreten, damit wir, damit jeder Mitgliedstaat im Falle eines Angriffs auf einen NATO-Mitgliedstaat auf die Hilfe anderer NATO-Mitglieder zählen kann. Es steht nicht zur Debatte, dass wir gemeinsam jemanden angreifen, dass wir außerhalb des NATO-Gebiets militärische Aktionen durchführen würden. Die ungarische Position ist also nichts anderes als das Festhalten an der ursprünglichen Aufgabe der NATO. Sie ist ein Verteidigungsbündnis. Mit der EU verhält es sich anders. Die EU ist zwar keine militärische Organisation und verfügt daher nicht über militärische Fähigkeiten, aber die Mitgliedstaaten haben sie. Und die Mitgliedstaaten wollen nicht unter dem europäischen Dach in einen Krieg eingreifen, aber sie wollen unter dem europäischen Dach Geld dafür geben. Wir müssen dort also aufpassen, dass nicht eine Situation entsteht, in der die europäischen Staats- und Regierungschefs das Geld der Mitgliedstaaten, insbesondere das der Ungarn, schicken, weil sie es regelmäßig darauf abgesehen haben, also nicht dass das Geld der Ungarn in die Ukraine geschickt wird. Ich arbeite jedes Mal – man könnte es auch als Veto bezeichnen – und ich bitte um außerordentliche Beratungen, damit wir die Situation vermeiden, in der wir auf einmal nur sehen, dass das Geld, das Ungarn zusteht, plötzlich nicht in Ungarn, sondern in der Ukraine landet. Das muss unter allen Umständen vermieden werden. Die Situation ist also schwierig. Wir sind auch allein, der Vatikan ist immer noch auf der Seite des Friedens, es gibt also kriegsbefürwortende Regierungen in Europa. Es gibt eine friedensbefürwortende Regierung, nämlich Ungarn, und es gibt die Position des Vatikans, die nicht unbedeutend ist. Sie ist intellektuell und moralisch stark, aber politisch müssen wir durchhalten, denn ich erwarte, und das will ich auch nicht verschweigen, dass dieses kriegsbefürwortende europäische Denken Risse bekommt, weil es ja Demokratien in Europa gibt, und es wird immer mehr Menschen klar, dass es auf dem Schlachtfeld keine Lösung für diesen Konflikt gibt. Die Diplomatie muss wieder die führende Rolle übernehmen, ein Waffenstillstand muss erreicht werden, Verhandlungen müssen beginnen und es muss so wenig Geld wie möglich in die Ukraine fließen, und das in einer Zeit, in der wir im Übrigen auch in Europa vor sehr großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten stehen. Natürlich ist es für die Ukrainer noch schwieriger, aber die europäische Mittelschicht leidet, unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit verschlechtert sich, wir haben kein Geld für den grünen Übergang, wir haben auch kein Geld für die Erweiterung des Balkans. Wenn man sich ansieht, wie viel Geld die Chinesen und die Amerikaner in ihre Volkswirtschaften stecken, hinkt Europa ihnen weit zurückgeblieben hinterher. Wir haben hier also genug Probleme auch in wirtschaftlicher Hinsicht, und ich denke, dass diese Aspekte, die die Liberalen bisher erfolgreich unter den Tisch geschoben und unter den Teppich gekehrt haben, wieder zur Sprache kommen werden. Außerdem ist dies die Zeit des Wahlkampfs. Der Wahlkampf ist eine Zeit für klare und offene Worte. Ich bin daher überzeugt, dass die Menschen in Europa ihre eigenen Regierungen zum Frieden drängen werden, sie müssen nur durchhalten. So war es auch bei der Migration. Wir waren allein, am Ende haben die Menschen ihre eigenen Regierungen in eine Position gegen die Migration gedrängt, und ich denke, dass die Menschen ihre eigenen Regierungen, die heute noch für den Krieg sind, auf die gleiche Weise zum Frieden drängen werden.

Wir werden gleich noch auf die Migration zu sprechen kommen, aber dies deckt sich mit einer kürzlich vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebenen Umfrage, aus der hervorging, dass der größte Teil der Europäer vom neuen Europäischen Parlament die Schaffung des Friedens erwartet. Es gibt also keine friedensfreundlichen Stimmen in der westlichen Politik, oder man versucht, sie zum Schweigen zu bringen, wie wir diese Woche auf einer konservativen Konferenz gesehen haben.

Um die Meinungsfreiheit ist es in Westeuropa schlecht bestellt. Es haben sich liberale Gesellschaften entwickelt, in denen die Meinungsmacher, vor allem die Medien, die Universitäten, die Forschungsinstitute, die Stiftungen und natürlich die Politiker, einfarbig geworden sind und im Großen und Ganzen dasselbe sagen. Ich weiß, dass das für die Ungarn schwer zu glauben ist, denn wir haben den Westen immer als Symbol der Freiheit gesehen, aber das ist vorbei. Wenn ich jetzt also – ich will nicht einmal das Land nennen – zwei deutsche Zeitungen aufschlage, eine linke und eine rechte, dann lese ich genau das Gleiche über wichtige Themen. Also ganz einfach, heute gibt es in Westeuropa eine Meinungsdampfwalze, die sich die Ungarn nicht einmal vorstellen können. Dazu kommen noch die Phänomene der alltäglichen Unterdrückung. Es ist eine Sache, wenn eine Veranstaltung zum Start einer Kampagne verboten wird, denn ich bin nach Brüssel gefahren, um unsere Kampagne in Brüssel zu starten, und sie wurde verboten, aber im täglichen Leben, wenn ein einfacher Arbeiter bei der Arbeit etwas offen über Migration sagt, das nicht mit der offiziellen Position übereinstimmt, kann es sein, dass er am nächsten Tag keinen Job mehr hat. Und die Zuhörer mögen das für eine Übertreibung halten, aber es ist keine Übertreibung, das sind alltägliche Erfahrungen. Du kannst nicht einfach irgendetwas auf Facebook posten, das wird Konsequenzen haben. Wenn deine Meinung von der vorgegebenen zentralen Meinung abweicht, hat das sehr wohl Konsequenzen. Das Spannendste an dem Verbot unserer Veranstaltung ist nicht, dass sie verboten wurde, sondern dass sie den Hoteliers gedroht haben. Sie haben die Frau des Chefs der Catering-Firma angerufen. Sie haben ihnen offen gedroht, dass, wenn sie bereit wären, Essen oder Kaffee zu geben oder die Räumlichkeit herzugeben, dies negative Konsequenzen haben würde, nicht politisch, nicht spektakulär im Alltag, aber sehr wichtig für sie. Die Textur des westlichen Lebens hat sich also verändert. Wenn man sich in Ungarn in der Öffentlichkeit eine Meinung über etwas bilden will, gibt es eine konservative und eine liberale Lesart, und die Medien, die sozialen Medien, die öffentlichen Informationen im Allgemeinen haben beide Sichtweisen, und man hat kein Problem, wenn man seine Meinung offen äußert, höchstens, dass sie nicht mit einem übereinstimmen. Aber dafür sanktioniert zu werden, dass man eine Meinung hat, nun ja, das ist in Ungarn nicht der Fall, aber der Westen ist schon an diesem Punkt angekommen. Ich wage also ruhig zu sagen, dass die Menschen dort natürlich auch vor sich hin reden und hüsteln und unzufrieden sind, aber ihre Stimme zu erheben, wie wir es in der zweiten Hälfte der 80er Jahre getan haben, und für die Freiheit einzutreten, wie wir es getan haben, ist etwas, was im Westen heute nicht passiert. Deshalb ist es sicher – wie soll ich’s formulieren? –, kann ich mit Gewissheit und ohne Übertreibung sagen, dass es heute ohne Ungarn, ohne die ungarischen Menschen, ohne die Stimme der ungarischen Regierung keine Freiheit in Europa gibt.

Das Thema Migration wurde auf dieser Konferenz erörtert und ist auch hier gerade zur Sprache gekommen. Die Aktualität dieses Themas ergibt sich daraus, dass das Europäische Parlament bereits den viel diskutierten Migrationspakt verabschiedet hat. Inwieweit kann dieses Paket, wenn überhaupt, die Migrationsströme eindämmen, die laut den Daten der Frontex vor allem im westlichen und östlichen Mittelmeerraum wieder zunehmen?

Es ist bedauerlich, wenn ein Politiker in Bezug auf bestimmte Themen fixiert ist. Auch ich möchte diese Sichtweise vermeiden, aber ich habe gerade an einer Konferenz in Brüssel teilgenommen, einer anderen Veranstaltung, bei der ich den Soros-Plan angesprochen habe, von dem alle sagen, dass es ihn nicht gibt. Aber er ist aufgeschrieben, George Soros selbst hat ihn aufgeschrieben, er hat ihn unterschrieben, er hat ihn veröffentlicht. Ich habe ihn hervorgenommen und auf der Konferenz vorgelesen. Auch dort war es keine Evidenz, dass er existiert. Darin steht, George Soros hat es aufgeschrieben, und ich sage Ihnen, wann, im September 2015, schrieb er: Hier ist mein Sechs-Punkte-Plan zur Lösung der Migrationskrise, schreibt er. Und an der ersten Stelle steht, dass man jedes Jahr eine Million Migranten nach Europa hereinlassen muss. Das ist sein erster Punkt. Der zweite Punkt ist, dass die EU, da sie nicht genug Geld hat, um dies zu tun, Anleihen ausgeben sollte, mit anderen Worten, sie sollte Kredite aufnehmen, die er natürlich bereit ist, zur Verfügung zu stellen, nehme ich an. Und der dritte Punkt ist, dass wir für die aus den Ländern, in denen es Probleme gibt, Kommenden, und das sind die Länder, aus denen die Migranten kommen, sichere Zonen schaffen sollten, damit sie ohne Risiko nach Westeuropa kommen können. Seit 2015 gibt es also einen Plan. Er ist niedergeschrieben, das Ziel ist: Europa mit einer Million Migranten jedes Jahr zu spalten, seine kulturellen Grundlagen zu verändern, das Christentum zu unterdrücken, traditionelle europäische Werte zu unterdrücken und eine Masse, eine verwirrte Gesellschaft in Europa zu schaffen, die einen großen Profit in wirtschaftlicher Hinsicht, ein großes Profitpotenzial bietet. George Soros hat dies geschrieben. Das ist es, was passiert, das ist es, was umgesetzt wird. Es werden zwar so elegante juristische Debatten geführt, aber wenn ich hinter die Gesetzesregeln schaue, dann wird in Wirklichkeit der Soros-Plan Schritt für Schritt umgesetzt. Die europäischen Politiker wollen die Migration nicht stoppen. Sie vermeiden peinlich genau jede Formulierung, die „stoppen” bedeutet. Sie verwenden das Wort „managen”. Wie Onkel Gyuri sagte, muss die Migration gemanagt werden, indem man jedes Jahr eine Million Menschen ins Land holt, sie bezahlt und eine sichere Route eröffnet. Während wir also über den Rechtstext des Migrationspakts debattieren, müssen wir wissen, dass es in Wirklichkeit auf der einen Seite eine ganz offensichtliche politische Absicht gibt und auf der anderen Seite eine offensichtliche politische Absicht. Diese wären wir, wir sagen, dass niemand den Ungarn vorschreiben kann, mit wem wir leben sollen, nicht Onkel Gyuri, nicht die Bürokraten in Brüssel, niemand. Die Ungarn sind es, die entscheiden, mit wem wir auf dem Territorium Ungarns leben wollen. Und wir sind nicht bereit, dieses Recht aufzugeben, und wir werden nicht zulassen, dass uns dieses Recht genommen wird.

Interessant ist übrigens, dass auf nationaler Ebene viele Länder mit großen Einwanderergemeinschaften, wie Finnland, die Niederlande oder gerade auch Frankreich, ihre Einwanderungsbestimmungen verschärfen oder dies planen. Was sind die Lehren für Ungarn? Und welche Lehren lassen sich aus dem, was wir in Westeuropa sehen, über die mittel- und langfristigen Auswirkungen der Migration ziehen?

Einschränkungen sind nicht hilfreich. Wenn also etwas grundlegend falsch ist, dann ist es sinnlos, streng aufzutreten, das führt nirgendwohin. Was wir tun müssen, ist zu bestimmen, was der Ursprung ist, was die, wie man in der alten Welt zu sagen pflegte, differenzielle Besonderheit ist, was in der Geschichte der Arbeiterbewegung, der Geschichte des Marxismus, gelehrt wurde, und wo wir also den Kern der Sache zu fassen bekommen. Das Wesentliche bei der Migration ist, ob sich ein Migrant im Land aufhalten darf, bis über seinen Antrag entschieden worden ist. Das ist der Schlüssel zu allem. Wenn man jemandem erlaubt, die Grenze zu überqueren, sagen wir illegal, was wir jeden Tag sehen, strömen sie nach Europa, sie überqueren die Grenze, sie werden hereingelassen, weil sie sagen: Wartet jetzt, denn wir werden eure Anträge bearbeiten. Aber sie warten nicht vor der Grenze, sie warten innerhalb der Grenze. Und selbst wenn das Ergebnis des Antrags negativ ausfällt, werden diese Menschen nie im Leben nach Hause zurückkehren. Nun, nur ein Fünftel oder ein Viertel der Rückführungsprogramme sind vielleicht erfolgreich. Das bedeutet, dass vier Fünftel oder drei Viertel von ihnen dortbleiben werden. Der Schlüssel ist also, dass man ein Rechtssystem hat und die Kraft, zu erzwingen, dass du sagst, klar, stell deinen Antrag bei einer ungarischen Botschaft, mein Freund, oder sogar an der ungarischen Grenze, aber du kannst nicht einreisen, du kannst ihn dort einreichen, aber du kannst nicht einreisen, du musst draußen warten. Wir werden dann entscheiden, ob du kommen kannst oder nicht. Wenn du kommen darfst, lassen wir dich rein, wenn nicht, wirst du hier auch nie reinkommen. Wenn ein Land das nicht sagt, kann es die Migration nicht stoppen. Und die Westler wollen es nicht sagen. Deshalb leiden sie. Deshalb verschärfen sie die Regeln, nehmen Änderungen vor, schnüren einen neuen Pakt oder ein Migrationspaket. Das führt zu keinem Ergebnis. Denn die Schlüsselfrage ist, wo du warten musst, bis der Antrag auf Einreise geprüft ist. Und wenn man nicht stark genug ist, weil der Westen nicht stark genug ist, oder wenn man ein Befürworter des Soros-Plans ist, dann wird man diese Regel nicht machen, dann wird man die Migration auch nicht stoppen können.

Neben der Migration gibt es noch einen weiteren Bereich, der unser Leben langfristig beeinflusst, und das ist die Landwirtschaft, die Ernährungssicherheit. Jetzt bereiten sich die europäischen Landwirte auf einen weiteren gemeinsamen Protest in Brüssel vor. Im Grunde demonstrieren sie bereits seit Anfang des Jahres mit unterschiedlicher Intensität. Warum gibt es keine gemeinsame europäische Lösung für sie? Weil die Demonstrationen, die Unzufriedenheit zeigen, dass bisher keine solche Lösung gefunden wurde.

Weil das Dumping ukrainischen Getreides und der Krieg, so seltsam es auch erscheinen mag, eng miteinander verbunden sind. Solange es keinen Krieg gab, gab es auch kein ukrainisches Getreidedumping. Es ist also der Krieg, der uns dies beschert hat, eine der unerwünschten Folgen des Krieges. Und da es kriegsbefürwortende Regierungen gibt, können sie die Folgen des Krieges nicht ablehnen. Nun, wer sagt, dass dies unser Krieg ist, will offensichtlich den Ukrainern mit allen Mitteln helfen, zum Beispiel indem er ihr Getreide nach Europa lässt, womit die Europäer ihre eigenen Landwirte ruinieren. Das ist auch für uns ein Problem. Wir sind zwar in der Lage, unseren eigenen ungarischen Markt zu schützen, wir lassen es also nicht zu, dass ukrainisches Getreide in Ungarn auf den Markt kommt, aber Ungarn ist ein Land mit kaum zehn Millionen Einwohnern, das aber zwanzig Millionen Menschen mit landwirtschaftlichen Produkten versorgen kann. Wir müssen also mindestens die Hälfte unserer Produktion verkaufen. Unser Problem liegt also nicht in Ungarn, sondern auf den Märkten, auf denen wir bisher unsere Überschüsse verkauft haben. Das waren die europäischen Märkte, auf denen im Übrigen das ungarische Getreide gekauft wurde, und typischerweise wurde das meiste davon übrigens von den Italienern gekauft. Jetzt werden wir von diesen Märkten verdrängt, weil billiges ukrainisches Getreide dorthin gelangt ist, und wenn wir unsere europäischen Märkte verlieren, verlieren wir unser Einkommen, was wiederum den Getreidepreis drückt, was bereits die Existenz der Landwirte bedroht. Die Lage ist in Ungarn ebenfalls sehr ernst. Die Regierung hat einen Fünf-Punkte-Aktionsplan verabschiedet, einen Aktionsplan, der den Landwirten helfen soll. Aber wir stehen vor sehr schwierigen Zeiten, denn die Europäische Union ist nicht bereit, den europäischen Markt zu schützen. Und das bedeutet, dass, wenn wir uns anschauen, wer bei dem ukrainischen Getreidedumping gewinnt, wir sehen, dass die Gewinner die ukrainischen Oligarchen auf der einen Seite und die großen amerikanischen Unternehmen, die ukrainisches Land aufgekauft haben, auf der anderen Seite sind. Heute vertritt die Europäische Union also nicht die ungarischen Landwirte, sondern die ukrainischen Oligarchen und große amerikanische Unternehmen und deren Interessen gegen die europäischen Landwirte. Das ist der Grund, warum die Bauern rebellieren. Sie haben Recht.

Zu den bisher diskutierten Themen hat das Meinungsforschungsinstitut der Europäischen Union und übrigens auch das Europäische Meinungsforschungsinstitut die Europäer nach ihrer Meinung gefragt. Mehr als zwei Drittel der Befragten sind mit dem Umgang mit der Migration unzufrieden, während der Umgang mit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine und die wirtschaftliche Situation von weit über der Hälfte der Befragten als schlecht angesehen werden. Was für ein Zeugnis würden Sie aufgrund dessen der EU-Führung für deren Arbeit in den letzten fünf Jahren ausstellen? 

Nun, ich denke, meine Noten als Klassenlehrer sind hier nicht nötig, denn die Fakten sprechen für sich. Nun, Politik ist kein kompliziertes Genre. Sicher, sie hat eine handwerkliche Tiefe, aber die grundlegenden Fragen sind nicht kompliziert. Nun, die Menschen wählen Führungspersönlichkeiten, die sagen, was sie tun werden, und dann tun sie es oder sie tun es nicht. Und wenn sie es nicht tun, müssen sie weggeschickt und ersetzt werden. Die Staats- und Regierungschefs haben die wichtigsten Ziele selbst festgelegt. Der grüne Übergang – der ist jetzt gescheitert. Die europäische Wettbewerbsfähigkeit, die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage – sind gescheitert. Die Stärkung der Mittelschicht – sie ist im Niedergang begriffen. Die Steuerung der Migration – sie können es nicht. Der Frieden, der wichtigste europäische Wert – ist gescheitert, im Vergleich dazu befinden wir uns bis zum Hals in einem Krieg. Alle gesteckten Ziele sind also von der derzeitigen Brüsseler Führung verfehlt worden. Eine weitere Chance haben sie nicht verdient. In solchen Zeiten muss man losgehen und neue Führungspersönlichkeiten wählen. Das ist der Kern unseres Programms.

Aber die Frage ist, ob diese Stimmen der Unzufriedenheit in den Mainstream kanalisiert werden können. Oder ist etwa eine Wahl zum Europäischen Parlament ein ausreichendes Mittel, um diese Stimmen in den Mainstream zu kanalisieren? Denn wir wissen, dass diese Leute, von denen Sie sprechen und die wir als Brüsseler Bürokraten bezeichnen, nicht nur unter den gewählten Vertretern des Europäischen Parlaments zu finden sind, sondern viel tiefer im institutionellen System sitzen. 

Dies sind wichtige Themen, über die wir stundenlang spekulieren können, aber wir befinden uns in einem Wahlkampf. In einer solchen Situation darf man nicht spekulieren, sondern man muss schießen, laden, schießen, laden, man muss also kämpfen. Wir müssen uns also zu Wort melden, wir müssen aufstehen, wir müssen unsere Ansichten vertreten, wir müssen den Menschen sagen, was sie von uns erwarten können, und sie auffordern, die führenden Politiker wegzuschicken und neue zu wählen. Und wenn dies geschehen ist, wenn die Wahl stattgefunden hat, dann stellt sich die Frage, mit wem man kanalisieren soll, wie man kanalisieren soll, auf diese oder jene Weise… Aber in solch einer Situation sollte man nicht klug daherreden, man muss die Werkzeuge herausholen und mit dem Gegner kämpfen. Das ist die Aufgabe. Aus diesem Grund veranstalten wir heute die Eröffnung der Kampagne. Insgesamt wollen wir den Menschen sagen, dass es natürlich viele Detailfragen und Probleme im europäischen Leben gibt, aber das wichtigste Thema ist heute der Krieg. Wir haben zwei Wege vor uns: entweder für den Frieden oder für den Krieg. Die Brüsseler Bürokraten sind für den Krieg. Die ungarische Linke ist für den Krieg. Sie bekommt ihr Geld aus Brüssel, wie sollte sie auch sonst sein? Wir sind für den Frieden. Das europäische Volk ist für den Frieden. Wir brauchen eine friedensfreundliche Mehrheit in Europa. Das ist es, was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht.

In der letzten halben Stunde habe ich Premierminister Viktor Orbán über Krieg und Frieden, Migration und auch die bevorstehenden Wahlen befragt.

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