Interviews / Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn!” von Radio Kossuth
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Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn!” von Radio Kossuth

Zsolt Törőcsik: Ich begrüße die Zuhörer und ich begrüße im Studio in Sopron Ministerpräsident Viktor Orbán. Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen!

Guten Morgen!

Wir unterhalten uns in Sopron, denn hier findet die externe Sitzung der Regierung statt. „Ungarn will Frieden und sagt Nein zur Migration” – mit dieser Formulierung haben Sie gestern ein Posting in den sozialen Medien über die Regierungssitzung veröffentlicht. Sind dies die wichtigsten Themen auf der zweitägigen Sitzung?

Am Mittwochabend haben wir mit der Regierungssitzung begonnen und werden sie am Freitag mittags beenden. Das sind Regierungssitzungen, die von der traditionellen Struktur abweichen, bei solchen Anlässen gibt es immer zwei große Gruppen von Angelegenheiten. Es gibt die aktuellen Angelegenheiten, über die auch Sie sprechen: Krieg, Migration, Inflation, und es gibt die sogenannten großen Angelegenheiten. Es ist sehr wichtig, dass man, während man die Angelegenheiten des täglichen Geschäfts regelt, von Zeit zu Zeit den eigenen Kopf erhebt, nicht nur die eigenen Schuhspitzen sieht, nach vorne blickt. Und auch Ungarn besitzt wichtige und große Angelegenheiten, die sein Schicksal für Jahrzehnte entscheiden können. Und dann nutzen wir immer die Möglichkeit, um – aus der Tretmühle der alltäglichen Entscheidungsfindung befreit – uns auch auf diese großen Angelegenheiten zu konzentrieren. Auch gestern haben wir uns nur mit derartigen großen Angelegenheiten beschäftigt, wie die Energieversorgung des Landes in einer Zeitspanne von zehn-zwanzig Jahren, das Ausnutzen der vorteilhaften geographischen Lage des Landes, die in der Welt ablaufenden technologischen Prozesse in der Landwirtschaft und wie wir auf diese reagieren sollten, wie wir die Qualität der ungarischen landwirtschaftlichen Produkte bewahren sollen. Und jetzt beschäftigen wir uns mit dem großen Thema der Armee und des Systems der Unterstützung der Familien – Demografie, Kindergeburten, Familien – in der Perspektive von zwanzig-fünfundzwanzig Jahren. Aber ich nehme an, einen jeden interessiert die erste Gruppe, die erste Gruppe von Angelegenheiten stärker, denn diese beeinflusst unser Leben unmittelbar. Und tatsächlich war die erste wichtige Feststellung der Regierung, besonders auf aktuelle Weise nach dem NATO-Gipfel, dass sich der Krieg hinziehen wird. Und die ungarische Regierung wird ganz andere Aufgaben besitzen und eine ganz andere Zukunft erwartet die Ungarn, wenn es keinen Krieg gibt, als wenn es Krieg gibt. Und ich musste die Regierung darüber informieren, dass die Westler Krieg wollen, also die Fortsetzung des Krieges wollen. Die Zahl und der Anteil jener, die auf der Seite des Krieges stehen, ist auch weiterhin dominierend. Mit der Stimme des Friedens sprechen kaum einige von uns, deshalb müssen wir uns darauf vorbereiten, dass der Krieg und die Sanktionen nicht aus unserem Leben verschwinden, was im Übrigen nur von uns abhängt, nur wollen das die westlichen führenden Politiker nicht, dabei wäre in dem Moment der Großteil der wirtschaftlichen Probleme behoben. Was bedeutet, dass, sagen wir, die Frage der Inflation, der Energiepreise sich im Laufe eines Moments regeln würde und wir auf die normale europäische Bahn des Wirtschaftswachstums zurückkehren könnten. Doch ist das nicht zu erwarten. Unsere erste Feststellung lautet also, dass dies nicht so sein wird. Daraus folgt, dass nicht das Ende des Krieges und die Beendigung der Sanktionen die Senkung der Inflation mit sich bringen wird, sondern wir selbst müssen die Inflation niederbrechen. Wir müssen sie am Ohr oder am Schlafittchen packen, müssen sie brechen, müssen sie niederringen, niedertreten, also ich kann hier die rüdesten Ausdrücke anführen, man muss gegen die Inflation kämpfen. Und hier besitzt die Regierung einen Plan, wie wir die Inflation bis zum Ende des Jahres auf ein einstelliges Maß senken wollen. Wir beenden ja bestimmte Maßnahmen, andere führen wir ein, was sich bewährt hat, das behalten wir bei, woran wir Hoffnungen knüpfen, das führen wir ein. Jetzt ist ja gerade dieses Preisbeobachtungssystem da, das meiner Ansicht nach eine große Hilfe ist, denn gestern habe ich gehört, dass es mehrere hunderttausend Aufrufe täglich verzeichnet, und die Menschen über ihre Einkäufe und die Preise hierdurch entscheiden. Dann haben wir die obligatorischen Lebensmittelsonderangebote eingeführt, wir sehen das also so, dass in jedem Monat das Maß der Inflation abnehmen wird, denn unsere Maßnahmen erbringen Monat für Monat ihre Ergebnisse. Die andere Sache, über die wir sprechen mussten, war die Frage der Migration. Diese haben wir früher zu den größeren Angelegenheiten gezählt, indem wir sagten, in Europa seien die Debatten an einen Ruhepunkt angekommen, es drohe keine Gefahr. Das hat sich geändert. In der vergangenen Woche hat in Brüssel, auf einer langen, sich in die Nacht erstreckenden, einem Messerkampf gleichkommenden Besprechung schließlich die Mehrheit dafür entschieden, die verpflichtende Migrantenquote einzuführen. Dies würde für Ungarn jährlich mehrere Zehntausend Migranten bedeuten und verpflichtet die Mitgliedsstaaten dazu, Migrantenghettos zu errichten. Auch das Maß dessen hat man verteilt. Wir haben einen ganz schön großen Happen erhalten. Wir müssten also, wenn wir Brüssel gehorchen würden – was im Übrigen nicht unsere Absicht ist –, in Ungarn Migrantenghettos errichten. Also haben wir auf der gestrigen Regierungssitzung überblickt, was für Instrumente wir besitzen, was für juristische und politische Instrumente, um Brüssel an der Durchführung des Planes zu hindern. Und dann gibt es noch eine unmittelbare Bedrohung, auch diese kommt aus der Richtung von Brüssel, da es dort ein so genanntes wirtschaftspolitisches System oder eine solche Leitung gibt. Sie veröffentlichen jedes Jahr, was ihrer Ansicht nach die Mitgliedsstaaten im Interesse der Veränderung ihrer Wirtschaft machen müssten. Darin gibt es manchmal sinnvolle Dinge, aber häufig auch lebensfremde, im Hinblick darauf, dass in Brüssel diese klugen Menschen in einer großen Blase sitzen und glauben, von dort aus die Welt besser zu verstehen als wir es von hier aus, aus Budapest oder eben aus Sopron tun. Und auch heuer haben sie einen Vorschlag, der zur Streichung der Senkung der Nebenkosten führt. Das nennen sie auf elegante Weise „das Hinausführen der regulierten Preise“. Auf gut Ungarisch bedeutet das, Ungarn soll die Senkung der Nebenkosten streichen. Und auch gestern haben wir darüber gesprochen, wie wir die Senkung der Nebenkosten nicht streichen werden, wie man die ungarischen Interessen in der Energieregulierung sowohl hier Zuhause als auch in Brüssel durchsetzen muss. Nun, das waren eben die aktuellen Angelegenheiten. Es wird auch heute noch eine Angelegenheit geben, die wir unbedingt bis zu einer Entscheidung bringen müssen. Wir haben ja ein neues System der Abfallbewirtschaftung eingeführt und es ist deutlich zu sehen, die Konsultation mit den Winzern zeigt das, dass dies für die ungarischen Winzer einen starken Wettbewerbsnachteil mit sich bringen würde. Wir müssen also heute eine Lösung dafür finden, dass die ungarischen Winzer in dem auch im Übrigen recht starken europäischen Wettbewerb wegen der Regulierung hinsichtlich der Flaschen in einen Wettbewerbsnachteil geraten. Das scheint eine kleine Angelegenheit zu sein, doch betrifft es viele von uns.

Es sind sehr viele Themen genannt worden, gehen wir sie jetzt also der Reihe nach durch, und dann sprechen wir ein bisschen ausführlicher über einige von diesen. Der NATO-Gipfel ist ja das eine und im Zusammenhang mit diesem der Krieg. Es ist ja kein Zeitplan für den Beitritt der Ukraine zur NATO durch die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten angenommen worden. Péter Szijjártó sagte darüber, dies sei eine verantwortungsvolle Entscheidung, der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnete diese Entscheidung als die Schwäche des Westens. Wie sehen Sie es, war das eine verantwortungsvolle Entscheidung oder zeigt sie die Schwäche des Westens?

Zunächst einmal sollten wir den ukrainischen Präsidenten verstehen und wir sollten uns in ihn hineinversetzen. Wenn man also in einem Krieg um die Erhaltung des eigenen Volkes kämpft, dann interessiert man sich nicht für die Außenwelt. Sie können also diesen Konflikt nur durch ihre eigene Brille betrachten. Wir dürfen auch gar nichts anderes von ihnen erwarten. Das ist auf diese Weise normal, so ist es menschlich. Wir müssen bei Verstand bleiben. Wenn wir das machen würden, worum der ukrainische Präsident bittet, dann wären wir drin im dritten Weltkrieg. Denn in dem Fall, wenn wir die Ukraine in die NATO aufnehmen oder sie in die NATO aufgenommen hätten, würde das den sofortigen Weltkrieg bedeuten, denn das würde bedeuten, dass dann die NATO im Krieg mit Russland steht und fertig. Dann ist also alles entschieden. Deshalb musste unbedingt verhindert werden, dass die noch so verständlichen ukrainischen Ansprüche, akzeptiert werden. Das musste also verhindert werden. Und es gab Anhänger des ukrainischen Standpunktes, es war also bereits im Laufe der Vorbereitung keine einfache Debatte und auch dort vor Ort nicht, doch schließlich gelang es, zu erreichen, dass eine vorteilhafte Entscheidung getroffen wurde. Die Mehrheit wollte das Risiko des Weltkriegs nicht eingehen, deshalb haben wir die Ukraine nicht aufgenommen.

Was bedeutet dies hinsichtlich der Sicherheit Ungarns? Ergänzt damit, was auch Sie gesagt haben, dass man sich doch auf einen dahinziehenden Krieg vorbereiten muss. Und tatsächlich, trotz dieser Entscheidung werden die Waffenlieferungen fortgesetzt, die Vereinigten Staaten von Amerika liefern der Ukraine jetzt schon Kassettenmunition, Streubomben. Jedoch hat sich doch auch der britische Verteidigungsminister dahingehend geäußert, dass „wir kein nach Hause liefernder Dienst sind“, und die Ukraine gut daran täte, Dankbarkeit für die bisherige westliche Hilfe zu zeigen.

Zweifellos ist der Kommunikations- und Kontaktstil der Ukrainer ungewöhnlich, vor allem angesichts dessen, dass wenn du in Problemen steckst und um Hilfe bittest, dann solltest du dich anständig verhalten, zumindest würde man das annehmen, hier in Ungarn. Das gilt für die Ukrainer nicht. Also tatsächlich: Die Ukrainer sind aggressiv, fordernd, erpressen moralisch, sie tun viele Dinge. Doch ich sage es noch einmal: Dies dürfen wir nicht so bewerten, als ob wir hier in Sopron oder Budapest, in bequemen Fauteuils sitzen und uns darüber unterhalten würden, wie man sich denn zu verhalten habe. Also dort sterben Menschen zu Hunderten und zu Tausenden täglich. Ich verstehe also, dass die Ukrainer in sehr großen Problemen stecken, Fragen von Leben und Tod ausgesetzt sind, und von dort aus gesehen erscheint die Welt anders als von hier. Wichtig ist nur, dass wir diese Perspektive, durch die sie die Welt sehen, nicht akzeptieren, denn wenn wir ihn annehmen, dann werden wir in den Krieg hineinschliddern. Schon durch die Waffenlieferungen sind die Länder in ihm; wer Waffen liefert, der ist im Krieg. Und wenn er dann Kassettenmunition liefert, die in der gesamten internationalen Gemeinschaft früher eine zurückgewiesene Weise der Kriegsführung oder ein zurückgewiesenes Instrument war, dann ist das eine vollkommen neue Situation. Während wir die Ukrainer nicht in die NATO aufgenommen und dadurch die unmittelbare Gefahr des Weltkriegs abgewehrt haben, sind wir dem Frieden keinen einzigen Meter nähergekommen, ja es gibt sogar eine Eskalation, also immer weitere und weitere Waffen mit größerer Reichweite, effektivere Sprengstoffe, die die Ukrainer von den westlichen Staaten, besonders von den Vereinigten Staaten, erhalten. Die Situation ist also auch weiterhin äußerst gefährlich, schwierig, und dabei sollten wir auch nicht die menschliche Dimension vergessen: Täglich sterben dort Menschen zu Tausenden. Wenn es weniger Zusammenstöße gibt, dann zu Hunderten, wenn die Kämpfe toben, dann zu Tausenden. Wir verlieren also Menschenleben. Und in jener christlichen Welt, der wir angehören, ist das die wichtigste Frage. Deshalb sagt Ungarn: Feuerpause, Friedensverhandlungen. Für uns, Ungarn, ist das auch wichtig, denn der Krieg ist in unserer Nachbarschaft. Die verschiedenen Eskalationen können Transkarpatien und dann auch Ungarn erreichen, wir müssen also bei Trost sein und in Transkarpatien leben viele Zehntausende von Ungarn, und sie befinden sich in unmittelbarer Lebensgefahr.

Ja, die Zahl der Opfer kann man jetzt im Laufe der Gegenoffensive und nur auf der ukrainischen Seite auf 26 tausend veranschlagen und die Zahl der militärischen Opfer liegt bereits über 400 tausend, nach verschiedenen Schätzungen. Präsident Selenskyj spricht zugleich davon, dass der amerikanische Präsident Joe Biden diesem Krieg gar in fünf Minuten ein Ende setzen könnte. Weshalb geschieht dies nicht?

Niemand weiß das. Auch ich sage, was Herr Präsident Selenskyj sagt: Wenn die Amerikaner es wollten, dann gäbe es morgen Früh Frieden. Warum das die Amerikaner nicht wollen, das ist die Frage, über die die ganze Welt spekuliert. Denn tatsächlich, nachdem die Ukraine bereits ihre Souveränität verloren hat, kein Geld hat, keine eigene Rüstungsindustrie besitzt, über keine Fähigkeit zur Herstellung eigener militärischer Instrumente verfügt, Geld erhält sie auch von uns, am meisten von den Amerikanern, auch Kriegsausrüstungen bekommt sie von den Amerikanern und den Westlern. Wenn die Vereinigten Staaten sagen würden, sie wollten den Frieden, beenden wir den Krieg, es soll einen Waffenstillstand geben, beginnen wir mit Verhandlungen, dann würde das am nächsten Morgen eintreten. Warum das die Amerikaner nicht wollen? Eine Antwort darauf haben wir auch auf dem NATO-Gipfel nicht erhalten.

Sie haben ja erwähnt, dass eine der ernsthaftesten Folgen des Krieges und der Sanktionen die Inflation ist, und dass die Regierung dagegen mit verschiedenen Mitteln kämpft. Jetzt sind die Angaben für den Juni die frischesten, nach denen diese Zahl sich auf 20,1 Prozent gemildert hat. Stimmt dies mit den Vorstellungen, der zeitlichen Planung der Regierung überein?

Der Zeitplan der Regierung wäre, wenn wir auf unser Herz hören könnten, dass sie morgen 3 oder 2 Prozent sein soll, doch leider funktioniert das nicht so, denn es gibt wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten. Das Wesentliche ist, dass sie sich auf einer guten Bahn befindet, soweit so ein Inflationsniveau als eine gute Bahn bezeichnet werden kann. Doch ist jetzt nicht das konkrete Maß interessant, sondern die abnehmende Tendenz. Und wir sehen, dass – ich will es nicht beschreien – obwohl wir uns verpflichtet haben, bis zum Dezember die Inflation auf eine einstellige Höhe zu bringen, so kann es doch sein, dass wir dieses Ziel vielleicht auch schon ein bis anderthalb Monate früher erreichen können, nur muss die Regierung durchhalten und nacheinander jene Maßnahmen treffen, mit denen wir die Inflation niederdrücken können.

Würde in diesem Kampf die Streichung der Nebenkosten hineinpassen, die, wie Sie das ja auch erwähnt haben, eine der Vorschläge Brüssels ist? Gestern sagte Szilárd Németh, das komme nicht in Frage. Doch dann kann an dieser Front ein weiterer Kampf zwischen Brüssel und der ungarischen Regierung beginnen?

Es lohnt sich die Senkung der Nebenkosten auf die Weise aufzufassen, das jede Familie monatlich 181 tausend Forint erhält. Wenn es keine Senkung der Nebenkosten gäbe, dann würden ihre Ausgaben um diese Summe steigen. Hiervon ausgehend kann man dies nicht einfach als eine energetische Frage ansehen. Das ist die Frage des Lebensniveaus der ungarischen Mittelklasse. Ja nicht nur der der Mittelklasse, sondern auch der der Ärmeren. Deshalb muss die Senkung der Nebenkosten unbedingt beibehalten werden.

Sie sprachen auch über die Migration. Hier hat sich ja auch schon eine neue Front zwischen Ungarn und Brüssel eröffnet, und die Ereignisse haben sich im Übrigen auch im Zusammenhang mit dem Migrationspakt zwischen den drei Hauptorganen der EU, der Kommission, dem Rat und dem Parlament überschlagen, und letzteres hat auch mehrere die Migration fördernde Modifizierungsvorschläge gemacht. Die Aufnahme der Migranten könnte zum Beispiel in bestimmten Fällen auch nicht gegen eine Strafe verweigert werden und es würde auch nicht die Möglichkeit geben, das gesamte Asylantragsverfahren außerhalb der EU durchzuführen. Sie haben ja vergangene Woche in Wien dahingehend formuliert, dass Ungarn den Migrationsbeschluss der EU nicht vollstrecken wird. Dies scheint eine Pattsituation zu sein. Ich weiß nicht, ob diese irgendwie aufgelöst werden kann, denn tatsächlich müsste Ungarn ja laut des Vorschlags von tausend Asylwerbern nur sechzehn aufnehmen, jedoch sind im vergangenen Jahr in der EU eine Million Asylanträge eingereicht worden.

Im Laufe des vergangenen Jahres hat man an den Grenzen der Europäischen Union 330 tausend illegale Migranten aufgehalten, davon 270 tausend an der ungarischen Grenze. Also ich erweise den Kollegen immer den nötigen Respekt und ich schließe nicht aus, dass sie auch in Angelegenheiten eine gute Idee besitzen, die sie nicht derart schwerwiegend betreffen wie Ungarn, doch in der Angelegenheit der Migration darf sich Ungarn ausschließlich auf seine eigenen Erfahrungen stützen. Dies bedeutet, dass wir uns immer ins Gedächtnis rufen müssen, wie die aggressiven und bewaffneten Migranten bei Röszke mit den ungarischen Grenzwächtern zusammengestoßen sind, wie sie zu Hunderttausenden durch das Land marschiert sind, wie sie die Budapester Bahnhöfe besetzt hatten. Wir besitzen also ein eigenes Material an Erlebnissen, wir müssen hiermit arbeiten. Die Brüsseler Sirenengesänge oder was an der Küste des Ozeans in weiter Ferne von der ungarischen Grenze im Übrigen einige schöngeistige Menschen für richtig und für falsch halten, das hören wir uns respektvoll an, doch beachten wir es nicht. Wir können nur und ausschließlich von unseren eigenen Erfahrungen ausgehen. Und die Erfahrung lässt uns sagen: „No migration! Keinerlei Migration!“ Wir haben alles ausprobiert und wir haben Erfahrung mit allem gemacht. Deshalb sagen wir auch mit der größten Seelenruhe auch unseren westlichen Kollegen, dass es eine einzige Lösung für die Migrationskrise gibt, und das ist die, dass wir sie nicht auf das Territorium Europas einreisen lassen. Nur der darf das Gebiet der Europäischen Union betreten, dessen Asylverfahren bereits durchgeführt worden ist und es auf positive Weise beurteilt worden ist. Und bis dahin muss der Betroffene außerhalb der Grenzen Europas verbleiben. Wenn wir diesen Zustand nicht herstellen können, dann ist alles andere nur eine vergebliche Liebesmüh’, um es so auszudrücken. Deshalb muss das ungarische Modell befolgt werden. Das ungarische Modell baut in den vergangenen Jahren hierauf auf. Deshalb gibt es jetzt in Ungarn praktisch keine Migranten. Deshalb blicken jene neidisch auf uns, die durch Migranten überschwemmt werden, denn Ungarn hat ein eigenes Modell errichtet. Das wollen sie jetzt zerstören. Jetzt interessiert es mich weniger, dass sie ihre eigenen Probleme nicht lösen können, sie tun mir natürlich leid und ich fühle mit ihnen mit, doch wenn wir es lösen konnten, hätten auch sie es gekonnt. Es gibt also keinerlei außergewöhnliche Sache, wegen der ein westeuropäisches Land die Angelegenheit der Migranten nicht auf die gleiche Weise lösen könnte, wie Ungarn sie gelöst hat. Nur wollen sie sie nicht lösen, weil sie andere Vorstellungen haben. Ich muss also sagen, wir verteidigen das ungarische Modell auf jeden Fall und wollen es nicht zulassen, dass man es zerstört. Die neuen Regeln würden das ungarische, das einzige erfolgreiche europäische Grenzschutzsystem zerstören. Warum sollten wir das mit der Hand im Schoß zulassen? Man muss das zurückweisen und im Interesse unserer gegen die Migration gerichteten Politik, die sich als erfolgreich erwiesen hat, kämpfen.

Und was beanstanden sie im Übrigen im Zusammenhang mit dem ungarischen Modell? Denn tatsächlich sind ja, wie Sie das im letzten Interview erwähnt haben, 45 Asylanträge nach Ungarn auf die Weise eingereicht worden, dass man diese bei den Auslandsvertretungen einreichen muss. Das ist die Grenzsperre, das ist das Hungary Helps Programm, es scheint also, dass in Ungarn ein Paket zusammengestellt worden ist. Was wird daran in Brüssel beanstandet, weshalb sie dies nicht akzeptieren oder übernehmen wollen?

Ihrer Ansicht nach ist das nicht richtig. Ihrer Ansicht nach ist es richtig, wenn wir die Migranten hereinlassen. Ihrer Ansicht nach ist richtig, dass wenn jemand nach Europa kommen will, der soll das Gebiet Europas ruhig betreten dürfen, wenn er schon hier ist, soll er seinen Anspruch auf einen Asylantrag abgeben, er soll sich frei in der EU bewegen dürfen, solange über seinen Antrag noch nicht entschieden worden ist. Wenn über ihn entschieden worden ist und er bleiben darf, dann ist es gut, wenn er nicht bleiben darf, dann können wir ihn eben nicht zurückbringen. Ungefähr so sieht ihre Denkweise aus. Jetzt weiß ich nicht, was für Menschen dort leben, dass sie dies tolerieren, doch das die ungarischen Menschen hier innerhalb von drei Minuten jene Regierung hinauswerfen würden, die sich auf diese Weise verhielte wie die westeuropäischen Regierungen, darin bin ich mir ganz sicher, und die ungarischen Menschen hätten Recht. Das ist ja letztlich doch unser Land und nur wir können bestimmen, wer, wann, unter welchen Bedingungen das Gebiet Ungarns betreten darf. Also dass man in Brüssel beschließt, dass wir Migrantenghettos errichten müssen und erneut Migranten zu Zehntausenden in Ungarn sein sollen… Also, ich erinnere mich daran, dass ich Blut geschwitzt habe, bis es gelang, den Punkt zu erreichen, dass wir die Flüchtlingslager schließen konnten. Erinnern wir uns an Debrecen, an das Flüchtlingslager in Bicske. Diese mussten geschlossen werden. Wir hatten endlich unser Problem gelöst und jetzt wollen sie das zurückbringen, sie wollen uns das wieder aufbürden. Das werden wir natürlich nicht erlauben, also werden wir durchhalten. Solange es eine nationale Regierung in Ungarn gibt, wird es keine Migrantenghettos in Ungarn geben.

Welche Mittel besitzt die Regierung, um Ungarn vor dieser Gefahr zu beschützen?

Die erste und wichtigste Sache ist, dass wir intern fest bleiben müssen, und das bedeutet, dass wir den Forderungen der Opposition nicht nachgeben dürfen. Die Situation ist ja, dass wir nicht nur mit Brüssel in einer Diskussion stehen, sondern auch mit mehreren Parteien des ungarischen Parlaments. Es hat sich ja herausgestellt, dass dort uns Söldner gegenübersitzen, also es hat sich jetzt herausgestellt, dass ein ansehnlicher Teil der ungarischen Opposition in Devisen, in Dollar, auch in Pfund und Euro bezahlt wird. Und das weiß ein jeder, wer das Geld gibt, der bestimmt, welche Musik gespielt wird. Wir müssen also wissen, dass es heute innerhalb der ungarischen Politik eine Gruppe gibt, nennen wir sie so: die ungarische Linke, die Brüssel jederzeit als ein Instrument benutzen kann, um Ungarn die Migrantenquote und die Migrantenghettos aufzuzwingen. Und ich möchte niemanden beleidigen, doch sind wir nicht naiv, wir glauben nicht an Ammenmärchen der Art, nach denen die aus dem Ausland kommende Unterstützung die Linke nicht in ihren politischen Entscheidungen beeinflusst, nun, daran glauben wir nicht, denn wir sind der Kindheit bereits entwachsen. Wir müssen also wissen, dass sich die erste Frontlinie des Kampfes gegen die Migranten, gegen die illegale Migration sich im ungarischen Parlament hinzieht. Und man darf keiner einzigen Forderung der Linken nachgeben, denn sie werden den Zaun abbauen, weil sie die Migranten hereinlassen, die Migrantenquote akzeptieren, die Brüsseler Entscheidungen unterstützen und die Migrantenghettos errichten werden. Es ist gleichgültig, was sie in ihren Interviews behaupten, in Wirklichkeit sagen sie in Brüssel immer das, genau das, wortwörtlich, was ihre Herrchen sagen. Und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Die andere Sache, die wir tun können, ist, dass es juristische Auseinandersetzungen gibt, wir verzögern zu einem Teil die Entscheidungen, lassen sie später treffen, zum anderen Teil versuchen wir kontinuierlich in jeweils der einen und der anderen Frage Widerstandsgruppen zu organisieren, damit der Prozess der Gesetzgebung irgendwo steckenbleibt. Dies wird ein längerer gesetzgeberischer Prozess sein. Jetzt haben erst nur die Staats- und Regierungschefs ausgesprochen, was sie möchten. Das muss noch durch das Europäische Parlament, es muss einen komplizierten Abstimmungsmechanismus passieren. Es gibt also noch die Möglichkeit, einen Stock zwischen die Speichen zu stecken. Hinzu kommt noch, dass der ungarische Zehnmillionenstock keine besonders effektive Waffe ist, doch da sind gleich die Polen an unserer Seite: Das ist ja doch ein Land mit vierzig Millionen Einwohnern. Und wir werden meiner Ansicht nach noch einige sein, wir erwarten auch die Wahlen in der Slowakei, also meiner Ansicht nach wird die Zahl der Länder ansteigen, die in der Zwischenzeit eine gegen die Migration gerichtete Position einnehmen. Dieses Bündnis, das Bündnis gegen die Migration müssen wir in ganz Europa errichten.

Wenn Sie schon den Finanzierungsskandal der Linken zur Sprache gebracht haben, es sind, wie Sie ja darauf hingewiesen haben, weitere Details öffentlich geworden, denn es gibt eine andere zivile Organisation, eine Bewegung, an die – hier geht es außer um Forint auch um Euro und Pfund – Geld im Wert von 506 Millionen Forint geflossen ist. Wie bewerten Sie diese Angelegenheit?

Ich betrachte das als eine Souveränitätsfrage. Es gibt also jene, die das als Korruption bezeichnen, auch das ist nicht unbegründet, doch aus meiner Perspektive ist das grundsätzlich eine Souveränitätsfrage. Wenn man also ungarische Gesetzgeber und den Oberbürgermeister der ungarischen Hauptstadt mit Geld kaufen kann, dann bedeutet dies, dass diese Menschen ihre Entscheidungen nicht aus den Interessen der ungarischen Menschen ableiten, sondern dann entsprechend den Erwartungen ihrer ausländischen Auftraggeber verfahren werden. Dies bedeutet, dass wir nicht souverän sind. Zugleich sind auch jene nicht fern der Wahrheit, die dies als politische Korruption bezeichnen, denn letztlich geht es ja darum, dass man sie korrumpiert hat. Man hat ihnen Geld für etwas gegeben. Jetzt gilt die Korruption überall als eine Straftat. Interessanterweise, ich betrachte jetzt die ungarischen Rechtsvorschriften, waren wir, wie ich das sehe, in den vergangenen zehn und einigen Jahren nicht streng genug, doch hier sind die Regeln nicht eindeutig. Meiner Ansicht nach ist das auch aufgrund der derzeitigen Rechtsvorschriften eine Straftat und man müsste dies bestrafen, doch sicherlich müsste man die Regeln eindeutiger gestalten und wir müssen es aussprechen, dass wer die Souveränität Ungarns verkauft, der, der Geld von ausländischen Auftraggebern entgegen des eindeutigen Verbots durch das Gesetz annimmt, politische Korruption also eine Straftat begeht, und dagegen muss sich Ungarn schützen.

Demnach wird in dieser Frage auch der Gesetzgeber eine Aufgabe besitzen?

Schauen Sie, unsere Welt, die Welt der Politik, nicht wahr, ist dergestalt, dass nie etwas vollkommen ist. Man glaubt natürlich, wenn man eine Regelung erarbeitet, dass man jetzt die beste Regelung der Welt geschaffen hat, doch vergehen einige Monate, Jahre, und es stellt sich heraus, dass sie Schwachstellen besitzt. Jetzt hat sich auch über die sich hierauf beziehende ungarische Regulierung herausgestellt, dass sie Schwachstellen besitzt. Es ist die Aufgabe der gewählten Abgeordneten, den Interessen der ungarischen Menschen diese Löcher zu stopfen, Ordnung zu machen, eindeutige Regeln zu erlassen und klarzustellen, dass die Ausländer in Ungarn keinen politischen Einfluss kaufen dürfen.

Über die externe Regierungssitzung, den NATO-Gipfel, die Niederringung der Kriegsinflation und auch über die Parteienfinanzierung der Linken befragte ich in der vergangenen halben Stunde Ministerpräsident Viktor Orbán in Sopron.

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