Interviews / Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn!” von Radio Kossuth
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Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn!” von Radio Kossuth

Zsolt Törőcsik: Ich begrüße Sie, ich begrüße die Zuhörer und ich begrüße im Brüsseler Studio der ungarischen öffentlich-rechtlichen Medien Ministerpräsident Viktor Orbán. Guten Morgen!

Guten Morgen!

Wir sprechen aus dem Anlass hier, dass es jetzt zu dem zweitägigen Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union kommt, das mehrere wichtige Themen besitzt. Das eine dieser, das die meisten Diskussionen ausgelöst hat, ist der Vorschlag der Europäischen Kommission zur Modifizierung des Haushaltes, der eine zusätzliche Zahlung von hunderten von Milliarden seitens der Mitgliedstaaten erwarten würde und im Zusammenhang mit dem Sie in Ihrem gestrigen Video dahingehend formuliert haben, man habe die Europäische Union an den Rand des Bankrotts getrieben und jetzt fragt ein jeder in Brüssel: Wo ist das Geld hin? Hat sich dies gestern Abend herausgestellt, wohin dieses Geld hin ist?

Heute Morgen werden wir diese Frage stellen. Im Laufe des gestrigen Tages und gestern in der Nacht tobte ein Migrationskrieg im Verhandlungsraum. Es gibt einige, die noch immer im Lazarett sind. Den Haushalt werden wir heute Vormittag an die Reihe nehmen. Doch in Wirklichkeit bereiten sich alle, obwohl auch die Migrationsschlacht ziemlich intensiv war, auf diese Debatte vor, besonders aus dem Grund, da wir, als wir den Haushalt für sieben Jahre angenommen hatten – vielleicht vor zwei, zwei und halb Jahren –, waren wir übereingekommen, dass wir ihn nicht modifizieren würden. Also dass es nicht vorkommen wird, dass zur Hälfte die Kommission ankommt und sagt: „Wir bitten noch um Geld.“ Trotzdem ist dies jetzt geschehen und deshalb werden die Messer gewetzt.

Im Übrigen hatten Sie noch am Dienstag gesagt, es gebe vier Punkte, wegen der dieser Vorschlag zum Budget inakzeptabel und unseriös, für eine Diskussion ungeeignet sei. Hat sich dieser Standpunkt seitdem etwas geändert?

Worüber sprechen wir? Wir sprechen darüber, dass die Kommission erklärt hat, das Geld sei aufgebraucht. Wir befinden uns an der Hälfte des siebenjährigen Zeitraumes des Budgets. Und die Kommission sagt, sie bittet die Mitgliedsstaaten, wir sollen noch Euromilliarden zusätzlich zu dem einzahlen, was im Übrigen der siebenjährige Haushalt vorschreibt. Nun, sie nennt auch Posten, für welche Zwecke sie um dieses Geld bittet. Zunächst einmal würde sie etwa 50 Milliarden Euro der Ukraine geben. Doch wissen wir nicht, für was die bisher der Ukraine gegebenen etwa 70 Milliarden Euro verwendet wurden und warum das nicht ausreichend war? Und wenn wir im Laufe von anderthalb Jahren 70 Milliarden gegeben haben, was an sich schon schlimm genug ist, wie werden dann für die kommenden Jahre 50 Milliarden ausreichen? Und wer kontrolliert es, ob sie das Geld wirklich dafür ausgeben, wofür wir es ihnen geben? Es gibt also ein problematisches Finanzpaket für die Ukraine. Bei dem am meisten einschneidenden, einem empfindlich betreffenden Vorschlag geht es darum, dass die Kommission diesen „Recovery“ genannten Fonds, also den Wiederaufbaufonds, den wir noch im Interesse der Überwindung der Auswirkungen der COVID-Epidemie geschaffen haben, sie hat ja einen Kredit aufgenommen, und diesen müsste man nun unter den Mitgliedsstaaten aufteilen. Nun, wir Ungarn und die Polen haben davon noch keinen einzigen Cent erhalten. Doch hat sich herausgestellt, dass die Zinsen des auf diese Weise aufzunehmenden Kredites gestiegen sind, dass sich in der Weltwirtschaft Veränderungen vollzogen haben. Und jetzt bittet die Kommission noch um 18 oder 19 Milliarden Euro, damit sie diese Zinsen bezahlen kann, während wir dabei keinen einzigen Cent von dem Geld erhalten haben, zu deren jetzt angestiegenen Zinslasten wir jetzt beitragen müssten. Dann gibt es noch eine größere Summe, die die Kommission absondert, um die Ankunft der Migranten nach Europa zu befördern. Und jeder ist sich selbst der Nächste, wir sollten auch hier die Wahrheit vor uns haben, und sie bitten dann auch noch für sich selbst um einige Milliarden Euro, um ihre Gehälter zu erhöhen. Sie machen dies auf die Weise, dass sie gleichzeitig im Übrigen ein Dokument angenommen haben – sie nennen es europäisches Semester –, in dem sie von Ungarn fordern, wir sollen die Senkung der Nebenkosten streichen. Also sollen die ungarischen Menschen daheim mehr für die Nebenkosten zahlen, hierher sollen wir aber mehr Geld schicken, aus dem sie ihr erhöhtes Gehalt haben werden. Das Ganze ist also, so wie es ist, dermaßen absurd, dass das nicht nur einen Ungarn, doch beinahe jedem führenden Politiker der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union empört. Deshalb steht der Kommission ein schwieriger Vormittag bevor. Sie muss sehr schwerwiegende Fragen beantworten: Wo ist das Geld hin und wer ist dafür verantwortlich, dass die Europäische Union nach Ablauf von 2,5-3 Jahren an den Rand des finanziellen Bankrotts geführt worden ist.

Ist das also der Konsens zwischen den führenden Politikern der Mitgliedsstaaten, dass sie nicht unbedingt gerne der Kommission zusätzliche Quellen geben? Denn wie auch Sie das erwähnt haben, denken jetzt sehr viele Länder darüber nach, ihren Staatsbürgern zu helfen, die ja wegen des Krieges und der Sanktionen in eine schwierige Lage geraten sind. Gleichzeitig würde die Kommission, wie Sie das auch sagten, für den PR-Haushalt doppelt so viel Geld sich selber geben.

Hier ist der Krieg und da sind die Sanktionen, diese haben Inflation verursacht, sie haben die Preise hochgetrieben. Worauf man sich in erster Linie konzentrieren muss und worauf sich auch beinahe jeder führende Politiker konzentrieren möchte, ist es, sich um seine eigenen Bürger zu kümmern, ihnen eine Hilfe zu geben. Hierher ist niemand gekommen, um statt seinen zu Hause sich in einer schwierigen Lage befindlichen Familien und Bürgern mehr Geld für das Gehalt der Bürokraten der Europäischen Union zu geben. Jetzt existieren ja unterschiedliche Kulturen innerhalb der Europäische Union: Es gibt jene, die weicher, weniger geradeheraus die Wahrheit aussprechend, raffinierter formulierend oder höflicher sind, und es gibt jene, z.B. auch die Ungarn, die aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen und geradeheraus sagen, was sie über so eine Führung oder eine derartige budgetäre Wirtschaftsführung denken. Doch insgesamt muss ich sagen, dass es so gut wie keine Chance dafür gibt, dass diese Bestrebung der Kommission jetzt hier angenommen wird. Ein langer Kampf wird beginnen, die Kommission wird also mit einem zweiten Vorschlag kommen, dann wird man versuchen die Stimmen der Mitgliedsstaaten einzeln zu kaufen, und dann werden die Bürokraten, so wie dies hier in Brüssel zu laufen pflegt, versuchen, die Angelegenheit voranzubringen. Wir werden sehen, wie weit sie kommen werden. Eine Sache ist klar: Wir, Ungarn, können es nicht akzeptieren, dass die Senkung der Nebenkosten in Ungarn eingestellt werden soll. Wir geben kein Geld dafür, damit hier die Gehälter der Bürokraten angehoben werden, wir geben der Ukraine so lange kein weiteres Geld, bis sie nicht sagen, wohin jene 70 Milliarden hin sind, die wir früher gegeben hatten, und wir halten jene Bitte für vollkommen lächerlich, absurd und unmöglich, dass wir zusätzliches Geld wegen des Anstiegs der Zinsen für einen Kredit geben sollten, von dem wir die uns zustehende Summe niemals erhalten haben.

Der größte Posten dieser Plusunterstützung oder Pluseinzahlung ist die der Ukraine zugedachte Unterstützung, so wie Sie das auch erwähnt haben. Doch bringt uns eine Unterstützung dieses Ausmaßes dem Frieden näher, dem Frieden in der Ukraine näher, denn Sie haben ja in dem Interview, das Sie der Bild-Zeitung gaben, dahingehend formuliert, dass die gegenwärtige Unterstützung nicht unbedingt der richtige Weg ist, diese muss nicht unbedingt zum Sieg führen, trotzdem sieht man das im Westen so, dass dies der richtige Weg sei. Haben Sie vielleicht auf der gestrigen Sitzung irgendeiner Veränderung in der Einstellung zum Krieg in der Ukraine verspürt?

Es gibt zwei Schulen hinsichtlich des Kriegs in der Ukraine. Die eine besitzt eine Stimme, die andere außer der meinen hat keine. Die eine Schule, die Großen, die Mehrheit sagt: „Das, was wir bisher gemacht haben, ist richtig, man muss das nur fortsetzen.“ Sie denken, die Überlegung würde funktionieren, dass die ukrainischen Soldaten kämpfen und wir Geld sowie Mittel geben, und so könne man die Russen besiegen. Sie formulieren es auch so, mit dieser Direktheit, wie ich das jetzt getan habe. Und ich sage, anderthalb Jahre sind vergangen, wir haben das getan, was wir getan haben, das Ergebnis ist gleich Null, ja sogar negativ. Wir haben also Russland nicht besiegt, die russische politische Führung ist auf ihrem Posten, die russische Wirtschaft lässt dankend grüßen, es geht ihr gut. Im Vergleich dazu leiden wir unter der hohen Inflation, wir haben kein Geld mehr, um die Ukrainer zu unterstützen. Offensichtlich ist der Gegenangriff, den die Ukrainer gestartet haben, schwerfällig, oder es ist fraglich, ob wir überhaupt irgendwelche Hoffnungen daran knüpfen dürfen. Und in solchen Momenten sagt ein normaler Mensch, dass wenn wir bisher etwas gemacht haben und wir dessen Folgen sehen, dann lohnt es sich nicht, das gleiche zu tun, wenn wir andere Konsequenzen sehen möchten. Das ist der Standpunkt der anderen Schule, hierher gehören wir, die wir „Waffenstillstand“ und „Friedensverhandlungen“ sagen. Unzählige viele Menschen sind gestorben, noch mehr werden sterben, die Zerstörung ist unermesslich, der menschliche Schmerz und das Leid ist unermesslich, das dort entsteht. Deshalb muss man alle Mittel nutzen, damit es einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen gibt. Man muss Geld nicht dafür geben, damit sie den Krieg fortsetzen, sondern man muss Geld geben, damit es eine Feuerpause und Friedensverhandlungen gibt. Wenn wir also über ein Mittel verfügen, sei es ein finanzielles oder ein politisches, dann sollte man es auf die Weise benutzen, dass es uns in die Richtung des Friedens führt, doch die EU macht dies jetzt noch nicht.

Wie lange ist die EU überhaupt in der Lage, dieses Niveau der Unterstützung aufrechtzuerhalten? Denn hier kann sich ja auch ein Circulus vitiosus herausbilden. Also je intensiver die Kämpfe werden, desto mehr Unterstützung wird notwendig. Je länger sich die Kämpfe hinziehen, desto mehr muss für den Wiederaufbau aufgewendet werden.

Meiner Ansicht nach sind wir bereits an der Grenze unserer Leistungsfähigkeit angekommen. Hierum geht es auch offen oder halb verdeckt in dieser Diskussion. Es gibt kein Geld im Haushalt de EU. Wo ist das Geld hin? Wir kennen die Antwort, oder wir glauben, dass wir die Antwort kennen: Eben dort irgendwo in der Ukraine. Wo ist das Geld der Ungarn? Wo ist das Geld der Polen? Ich befürchte, in der Ukraine. Sie haben es in einem Krieg dahingegeben, der gar nicht hätte geschehen dürfen. Die europäischen Bürger haben also gute Gründe, zu rebellieren, beinahe ein jeder berichtet darüber, dass während sie durch die Preiserhöhungen, durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten gequält werden, die EU an ihrer Wettbewerbsfähigkeit verliert, es alle möglichen wirtschaftlichen Probleme gibt, gleichzeitig gewaltige Summen – und zwar unkontrolliert – aus dem Gebiet der Europäischen Union hinausströmen. Also meiner Ansicht nach haben wir schon lange kein Geld mehr dafür, worauf wir es ausgeben. Deshalb wollen sie ständig Kredite aufnehmen. Also das, was hier das Risiko darstellt, ist nicht nur, dass das vorhandene Geld für falsche Zwecke genutzt wird, sondern dass nachdem das Geld aus ist, Kredite aufgenommen werden, um dann auch dieses Geld für falsche Zwecke zu nutzen. Sie geben also nicht nur das aus, was vorhanden ist, sondern sie treiben die Mitgliedsstaaten auch in eine über einen langen Zeitraum bestehende, mit einer Zahlungspflicht von hohen Zinsen verbundenen Schuldenfalle.

Sie hatten bereits zu Beginn des Gesprächs erwähnt, dass es gestern einen Migrationskrieg gab, gestern Abend zwischen den Staats- und Regierungschefs der EU. Und tatsächlich besitzt einerseits dieses Plus des Regierungshaushaltes einen sich auf die Migration beziehenden Teil, bzw. hier ist eben die obligatorische Verteilungsquote, die ja, nicht wahr, die zuständigen Minister auch akzeptiert haben. Politico hat die Diskussion von gestern Abend so beschrieben, dass es einen Migrationsaufstand von ungarischer und polnischer Seite gab. Wie bewerten Sie diesen Teil der Debatte?

Es war ein Freiheitskampf, kein Aufstand. Was geschehen ist, war, dass wir früher auch bei mehreren Anlässen übereingekommen waren, dass da uns die Migration zutiefst spaltet – es gibt manche, die sie unterstützen, und es gibt jene, die das nicht tun –, deshalb würden wir jedwede Regelung nur dann annehmen, wenn wir ihr alle zustimmen, d.h. wenn es eine einstimmige Entscheidung gibt. Im Vergleich dazu haben jene, die auf der Seite der Migration stehen, mit einer schnellen, putschartigen Reihe von Aktionen den Vorschlag durch den Rat der Innenminister durchgedrückt, dass wir das Migrantenquotensystem aufstellen sollen. Die Polen und die Ungarn und noch einige andere Länder haben dagegen protestiert. Die Polen und die Ungarn haben bis zuletzt dagegen gestimmt, und einige Länder haben sich der Stimme enthalten, was man als ein weiches „Nein“ werten kann. Das ganze Verfahren ist empörend. Wozu kommen wir über irgendetwas überein, wenn wir es danach nicht einhalten? Andererseits sind auch die Entscheidungen, die sie gefällt haben, inakzeptabel für Ungarn. Jetzt kann man darüber spekulieren, warum es zu diesem plötzlichen, putschartigen Ansturm kam, mit dem sie alles umgestoßen haben, wie ein Elefant im Porzellanladen. Wir bringen das damit in Zusammenhang, dass es zu einem Wechsel an der Spitze des Soros-Imperiums gekommen ist. Der größte Unterstützer der Migration in Europa ist ja das Sorossche Imperium. Dort ist es ja zu einer Wachablösung gekommen, statt dem Großen kam der Kleine, der auch angekündigt hat, dass er viel aktiver politisieren werde als sein Vorgänger, und dessen Abdruck haben wir hier. Das ist doch keine Kinderei, über die wir reden. Sie haben Regelungen angenommen, laut denen Ungarn jährlich mindestens zehntausend Migranten, doch laut der Entscheidung der Kommission, wenn diese das möchte, dann das Mehrfache dessen aufnehmen muss. Wir sprechen also über mehr als zehntausend Migranten oder über Zehntausende von Migranten. Hinzu kommt noch, dass man uns verpflichten will, in Ungarn Migrantenghettos zu errichten. Sie haben also gesagt, Ungarn müsse mehrere zehntausend Plätze für die Aufnahme von Migranten garantieren. Daraus wird ein Ghetto, ein Flüchtlingslager, ein Migrantenghetto. Nun, dagegen kämpfe ich mit aller Kraft, mit Zähnen und Klauen, so wie man das nur machen kann, und es ist auch nicht unsere Absicht, diese Entscheidungen zu vollstrecken, das sagen wir auch ganz offen. Seit acht Jahren schlage ich diese Schlacht, das, was es bis jetzt zu verhindern und in einen relativen Zustand der Ruhe zu bringen gelungen war, dass die Kommission es aufgab, den Ungarn und den anderen Mitgliedsstaaten die verpflichtende Quote aufzuzwingen und sie einsahen, dass dies nicht gehen wird, dieser relative Ruhezustand hat sich jetzt plötzlich verändert. Sie haben einen putschartigen Schritt unternommen und Beschlüsse gefasst, die uns unser eigenes Land nehmen. Ich sage es noch einmal: Sie wollen uns zur Errichtung eines Migrantenlagers, eines Migrantenghettos für mehrere zehntausend Personen verpflichten.

Sie haben ja zu Beginn der Woche in Pressburg auf dem V4-Gipfeltreffen dahingehend formuliert, dass es eine Lösung für die Migration gibt, nur will die EU diese nicht verwirklichen. Und Sie, und im Übrigen jetzt auch der polnische Ministerpräsident haben jetzt einen Vorschlag, der auf einen strengeren Grenzschutz drängt, der besagt, man solle bereits außerhalb der Grenzen der EU z.B. die Asylanträge der Migranten prüfen. Und es ist interessant, dass des bereits 2010 eine Politikerin gab, die sagte, Multikulti sei gescheitert, und Angela Merkel war diese Politikerin, die dann später ja einen jeden aufgenommen hat. Warum also zeigt Ihrer Ansicht nach die Europäische Union keine Affinität dafür, um – sagen wir – ihre Grenzen strenger zu schützen?

Das hat zahlreiche Ursachen. Unterschiedliche Länder besitzen unterschiedliche Ursachen. Es gibt solche, die die Gastarbeiterregelung mit der Migration vermischen, sie hoffen, hier an qualifizierte, erwachsene Arbeitskräfte zu kommen. Ich sage ihnen immer, dass ich die Horden durch Ungarn hindurchwandern gesehen habe. Also aus diesen gehen für die deutsche Industrie keine fleißigen Arbeiterhände hervor, das missverstehen sie also. Mancherorts gibt es einen ideologischen Druck und sie denken, das würde die gute Welt werden, wenn es keine Grenzen mehr gibt, und ein jeder sich frei bewegen kann. Und ihnen pflege ich zu sagen: „Aber, Mensch, sie jagen Eure Bürger in Luft, nacheinander gibt es Terrortaten, die öffentliche Sicherheit sinkt, es gibt in einzelnen westlichen Großstädten Zustände, dass es riskant ist, diese zu betreten.“ Doch trotzdem gibt es einen riesigen Druck. Hinter dem Ganzen findet man das Sorossche NGO-Netz, das einen großen Einfluss auf die Medien ausübt und über die Medien auf die Politiker. Die Lösung ist ganz einfach. Ungarn hat das auch vorgemacht. Im vergangenen Jahr mussten wir insgesamt 45 Asylanträge bearbeiten. Man hat auch nicht mehr eingereicht. Jetzt glaube ich auch nicht, dass von diesen allen es gelang, die Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, und selbst wenn jemand sie erhalten hat, glaube ich auch nicht, dass er bei uns wäre, sondern er ist längst in Österreich und Deutschland. Wir haben also ein Vorbild gezeigt. Wir reden also nicht nur darüber, was wir nicht möchten, Ungarn hat, indem es viele Opfer auf sich nahm – Zaun, Grenzschutz, ständige Bewachung und Patrouillen an der Grenze –, wir haben in den vergangenen acht Jahren etwa 2 Milliarden Euro ausgegeben, das ist auch unter Brüdern eine Summe von etwa 800 Milliarden Forint, diese hätten wir auch für anderes ausgeben können, zur Unterstützung der Familien, für die Renten oder die öffentliche Sicherheit, doch wir haben sie für den Grenzschutz ausgeben müssen, aber wir haben ein System aufgebaut, das auch im europäischen Maßstab zu verwirklichen wäre. Das Wesentliche dessen ist, dass wenn jemand nach Ungarn kommen will, und er ein Migrant ist, dann muss er in diesem Fall seinen Antrag irgendeiner Botschaft zukommen lassen. Und solange wir über diesen nicht entschieden haben, wir nicht ja oder nein, hü oder hott sagen, so lange darf er das Territorium Ungarns nicht betreten. Das ist ganz einfach! Das nenn man „Außen-Hotspot“. Man muss also nicht in Europa Flüchtlingslager errichten, man muss die Migranten außerhalb Europas halten, über ihre Anträge muss auf die Weise entschieden werden, dass sie sich dabei nicht innerhalb der EU aufhalten dürfen, und wer die Erlaubnis erhält und es ein Land gibt, das ihn aufnimmt, dann kann er kommen, wenn es kein Land gibt, dann darf er nicht kommen. Nur Wille wäre dazu nötig; wir, Ungarn, haben dieses Modell umgesetzt. Und wir haben daneben noch eine andere Sache hingestellt, auch da haben wir viel Geld ausgegeben, wenn wir sagen, nicht das Übel muss hierher nach Europa gebracht werden, sondern man muss die Hilfe dorthin bringen, wo das Übel herrscht. Ungarn hat großzügige, starke wirtschaftliche Hilfsaktionen in Richtung vieler Länder gestartet, auch nach Afrika, dahin, woher sie im Übrigen kommen. Wir versuchen in der Sahel-Zone einen ständigen politischen Einfluss zu gewinnen, wir versuchen den dortigen Staaten zu helfen, damit die Menschen von dort aus nicht losgehen, denn von dort aus ist der größte Druck zu erwarten, es sollen nicht Migranten zu Zehn- und Hundertmillionen in die Richtung Europas, des europäischen Kontinents losgehen, denn dann wird es schwer – wenn es überhaupt möglich sein sollte –, sie aufzuhalten. Wir sind also in den Gebieten, in den Ländern aktiv, aus denen die Menschen weggehen wollen, weil sie tatsächlich ein viel schlechteres Leben haben, als wenn sie in Europa leben würden.

Reden wir auch über ausgesprochen ungarische Themen, wirtschaftspolitische Themen. Eine der schädlichsten Auswirkungen der Sanktionen und des Krieges ist im wirtschaftlichen Sinn die hohe Inflation. In den vergangenen zwei Wochen ist die Entscheidung getroffen, dass die Regierung ab dem 1. August die Preisstopps beendet. Demnach rechnen Sie mit einem größeren Rückgang der Inflation als bisher, denn der Krieg ist ja noch nicht zu Ende gegangen und vorerst sind auch noch die Sanktionen gültig.

Schauen Sie, der Krieg und die – meiner Ansicht nach verfehlte – Antwort auf den Krieg, die Sanktionen haben die Energiepreise erhöht. Es gibt Länder, die das weniger schwerwiegend, und es gibt andere, die das auf einschneidende Weise betrifft. Wir gehören letzteren Klub an, da Ungarn den Großteil der Energie noch aus dem Ausland einführt. Zwar hilft Paks, wenn dann Paks 2 aufgebaut sein wird, dann wird das noch mehr helfen, und meiner Ansicht nach haben wir einen fantastischen Fortschritt in der Nutzung der Sonnenenergie erreicht. Wir sind vielleicht – ich versuche das jetzt mit der nötigen Bescheidenheit zu sagen, wir sind vielleicht – in dieser Hinsicht das erfolgreichste Land in Europa. Doch ist das auch eine Unabhängigkeitsfrage, denn vorerst gehört die Sonne noch niemandem, d.h. sie gehört allen, man kann also die Sonnenenergie als eine eigene Energiequelle betrachten. Und wir werden das in den folgenden Jahren fortsetzen und wir werden an den Punkt gelangen, dass Ungarn kein ausgeliefertes Land sein wird. Doch jetzt sind wir noch nicht da, deshalb hat der Anstieg der Energiepreise sofort in die ungarische Wirtschaft eingeschlagen und in sie hineingeschnitten und die Preise hochgetrieben. Jetzt kämpfen wir von dem ersten Augenblick an gegen die Inflation und den Preisanstieg. Es gibt Stimmen, die sagen, man muss es zulassen, dass sich alles von selbst gestaltet, doch arbeite ich nicht mit solchen Menschen zusammen, das werde ich auch nicht tun, diese Annäherung ist inakzeptabel. Was wir tun müssen, ist, die Inflation zu brechen. Wir müssen also aktiv auftreten und den Menschen helfen, Entscheidungen zu treffen, die die Inflation niederdrücken, sie brechen. Jetzt haben wir bereits früher mehrere solcher Entscheidungen getroffen, z.B. ist die Senkung der Nebenkosten eines der effektivsten Instrumente. Und damit es klar ist, damit es für die Menschen berechenbar ist, was folgen wird, habe ich mich dazu verpflichtet, dass die Inflation bis zum Ende des Jahres einstellig sein wird, wir werden sie auf dieses Maß niederdrücken oder sie dorthin niederdrücken. Ich erinnere mich, wie mich, als ich vor einigen Monaten diese öffentliche Verpflichtung angekündigt habe, die Ökonomen ausgelacht und auch die linken Politiker gesagt haben, dies sei unmöglich. Doch die Regierung hat nicht aufgegeben und wir haben nacheinander jene Entscheidungen gefällt, die die Inflation niederziehen. Und wir kommen voran, nicht so schnell, wie ich mir das wünschen würde, denn es wäre gut, wenn wir das Ganze schon hinter uns hätten, aber schon jetzt kann man spüren, dass jene Maßnahmen, die wir getroffen haben, die Inflation nach unten drücken, sie brechen, und es bestehen gute Chancen dafür, dass zur Mitte des Jahres, zum Beginn der zweiten Jahreshälfte, im Juli-August eintritt, dass der Anstieg der Löhne schneller sein wird, als der Anstieg der Preise. Wir haben sehr schwierige sechs-sieben Monate hinter uns, denn in der ersten Jahreshälfte sind die Löhne weniger angestiegen als die Preise. Doch jetzt, da die Löhne ansteigen und wir die Preise nach unten ziehen, wird sich dies drehen, und in der zweiten Hälfte des Jahres werden die Löhne schneller wachsen als die Preise, und die Preise werden wir auch weiter nach unten ziehen. Und bis zum Ende des Jahres werden wir dahin gelangen, dass bezogen auf das ganze Jahr die Menschen keinen Verlust erleiden. Wir werden sehen, ob dies gelingt. Es wäre ein gewaltiges Bravourstück, denn in den meisten europäischen Ländern ist dies nicht gelungen, es gibt kaum jemanden, dem das gelingt. Und im nächsten Jahr würde ich mir schon wünschen, dass als Ergebnis der Maßnahmen die Wirtschaft ihren Aufstieg beginnen würde und auch die Situation der Familien eine viel leichtere wäre als jetzt. Ein wichtiges Instrument auf dem Weg zum Erfolg ist ja die obligatorische Durchführung von Sonderangeboten, die wir uns ausgedacht haben. Deutlich sichtbar hat dies auch schon begonnen, die Händler sind gezwungen, sie durchzuführen, der Preis einzelner Produkte nimmt radikal ab. Jetzt haben wir vorgeschrieben, dass die früher vom Preisstopp betroffenen Produkte unter die Produkte und Preise der Sonderangebote aufgenommen werden müssen. Wir haben die Verpflichtung angehoben, einen wie großen Nachlass man im Fall von jeweils welcher Produktgruppe gewähren muss. Und ich glaube, das wird dem Kampf gegen die Inflation einen neuen Anstoß geben und wir werden jenes Ziel doch erreichen, das wir uns gesteckt haben, und ich hoffe, die Familien werden, nachdem sie diese schwierigen sieben-acht Monate überstanden haben, endlich wieder eine Verbesserung ihrer Lage verspüren.

Es gibt auch einen Aktionsplan zum Schutz der Wirtschaft, den die Regierung angekündigt hat, der auch Elemente besitzt, die die Unternehmen und Familien betreffen. Was ist über die Inflation hinaus jenes zu lösende Problem, das wichtigste zu lösende Problem, mit dem dieser Aktionsplan umgehen muss, denn man muss ja doch auf das Wirtschaftswachstum achten und man muss auch auf die Erhaltung der Arbeitsplätze achten.

Worauf man am meisten achten muss, ist, dass wir die Arbeitsplätze schützen. Wenn es Arbeit gibt, gibt es alles. In Ungarn haben wir ja eine auf Arbeit basierende Wirtschaft aufgebaut. Deshalb lag vor zehn oder zwölf Jahren die Arbeitslosigkeit irgendwo bei 10-12 Prozent, und jetzt kann man praktisch keine Arbeitskräfte finden. Also ist der Schutz der Arbeitsplätze der Schlüssel für alles. Wenn die Menschen arbeiten, dann wird es eine Lösung für alle Probleme geben. Dann halten sie eine Möglichkeit in den Händen, um ihr eigenes Leben zu beherrschen. Deshalb ist dies am wichtigsten. Am zweitwichtigsten ist, dass wir jene nicht vergessen, die nicht mehr arbeiten. Das sind die Rentner. Man muss also den Wert der Renten schützen. Nicht zufällig muss man, wenn Zustände einer hohen Inflation entstehen, so wie das in Ungarn geschah, die Renten um mindestens soviel anheben, wie es das Maß der Inflation war. Ja die dreizehnte Monatsrente, über die alle sagten, mag sein, dass wir sie vor den Wahlen eingeführt haben, doch werde man sie sowieso nicht behalten können, wir kämpfen dafür, dass auch die dreizehnte Monatsrente bleibt, ja sie sogar um das Maß der Inflation auch kontinuierlich steigen soll. Also müssen neben den Arbeitsplätzen auch die Rentner und das Maß der Rente geschützt werden. Die dritte Sache ist die Bewahrung der Höhe der Unterstützungen für die Familien. Hier musste man sich alle möglichen Änderungen einfallen lassen, denn es hatte sich herausgestellt, manche Dinge funktionieren, andere nicht. Sagen wir aus dem Bereich der Schaffung von Eigenheimen funktionierte jener der Unterstützung zur Schaffung von Eigenheimen auf dem Dorf hervorragend, doch das Interesse in der Stadt ließ nach, stürzte ab, also mussten wir dort irgendeine neue Sache statt der alten Form der Unterstützung ausdenken. Und auch bei den Babykrediten möchten wir, dass Personen unter dreißig Jahren auch auf das Versprechen hin, es werde ein Kind geben, die Unterstützung erhielten, doch jene über dreißig Jahren würden nur noch dann die Unterstützung erhalten, wenn sie eine Bestätigung vorlegen, dass sie tatsächlich ein Kind erwarten, doch dann bekommen auch sie die Unterstützung. Hinzu kommt noch, dass wir sowohl im Fall der Unterstützung der Schaffung von Eigenheimen auf dem Dorf und der Babykredite die Summe der Unterstützung in einem Zeitraum anheben, in dem ein jeder sieht, unter welchen Schwierigkeiten die gesamte europäische Wirtschaft leidet. Also natürlich peinigt uns dieses Jahr, doch am Ende des Jahres werden wir stärker aus ihm herauskommen, als wir in es hineingegangen waren.

Über das Gipfeltreffen der Europäischen Union, die Unterstützung der Ukraine, die Migration und auch über wirtschaftliche Fragen befragte ich in der vergangenen halben Stunde Ministerpräsident Viktor Orbán in der Brüsseler Zentrale der öffentlich-rechtlichen Medien.

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