Tucker Carlson: Unser nächster Gast ist der bei weitem dienstälteste politische Führer in Europa. Und jemand, den ich vor ein paar Jahren zum ersten Mal interviewt habe. Er ist natürlich Viktor Orbán, der Ministerpräsident von Ungarn.
Einen schönen guten Tag!
Ich danke Ihnen, Herr Ministerpräsident. Und ich habe gerade an die Zeit zurückgedacht, als ich für ein großes börsennotiertes Nachrichtenunternehmen arbeitete und Sie zum ersten Mal interviewte. Sie sind der demokratisch gewählte Führer einer europäischen Nation, und es gab eine Kontroverse über Ihr Interview, weil Ihre Ideen als exzentrisch angesehen wurden, da sie sich auf die Mittelklasse und die Familie konzentrierten und auf den Schutz der Grenzen und den Dienst am eigenen Bürger vor anderen. Das wurde als super-radikal und gefährlich angesehen. Fühlen Sie sich Jahre später bestätigt, wenn Sie sehen, was in anderen Teilen Europas geschieht, nachdem Ihre einfachen Ideen nicht akzeptiert wurden?
Wir haben das große Interesse schon verloren, das wir früher hatten, Donald Trump hat es uns genommen, das Interesse der internationalen Politik. Wir tun in Ungarn Dinge im liberalen Gegenwind, wie z.B. den Stopp der Migration, den Schutz traditioneller Werte, den Respekt vor Religionsgemeinschaften, die Ablehnung des Green Deals, niedrige Steuern, also Dinge, die in den Köpfen der Liberalen als unorthodox gelten. In gewisser Weise waren wir also Helden. Wir waren eine Insel der Andersartigkeit im liberalen Ozean. Aber jetzt hat uns Donald Trump das leider alles genommen. Ja, jetzt sitzen wir nur noch herum und versuchen, ihm zu folgen. Das ist eine ganz neue Realität. Und es ist sehr nützlich für Ungarn, denn ich habe versucht, darüber zu scherzen, wie die letzten 15 Jahre waren, aber die Situation war ernst. Wenn einem die Vereinigten Staaten einen Stiefel auf die Brust setzen und die Europäische Union einen weiteren Stiefel auf die Brust setzt, der versucht, den Saft aus einem herauszupressen und zu beweisen, dass die eigene Regierung oder das eigene Regieren nicht funktionieren kann, dann ist es schwer dies zu überleben. Wir blicken heute mit einem glücklichen Gefühl auf diese Zeit zurück, aber sie war tatsächlich sehr hart. Jetzt ist zumindest einer der Stiefel, der amerikanische, nicht mehr auf unserer Brust, sie knien nicht mehr auf unserer Brust, so dass sich die Situation auf diese Weise ein wenig entspannt hat. Wir sehen jetzt schon, dass das Leben gut ist. Und wir wären noch glücklicher, wenn wir auch den anderen Stiefel, die Brüsseler Bürokraten loswerden könnten. Das ist unser Plan.
Ich erinnere mich, dass mir vor Jahren einer Ihrer Berater bei einem Abendessen zuflüsterte, dass die US-Regierung, das Außenministerium und Einrichtungen wie USAID gegen Sie arbeiten, indirekt Ihre Opposition finanzieren und tatsächlich versuchen, die Demokratie in Ihrem Land zu stürzen. Damals sagte ich zu mir: Das ist hart. Könnte es wahr sein? Und es hat sich als wahr herausgestellt. Ich frage mich, wann wir Außenstehenden die Details erfahren werden, wie genau das Außenministerium die Demokratie in Ungarn beenden wollte.
Erstens: Diejenigen, die Verschwörungstheorien lieben, haben ein Problem. Sie müssen neue erfinden, denn diese hat sich als wahr erwiesen. Das ist also das erste Problem.
Ein großes Problem in den Vereinigten Staaten.
Der zweite ist, dass dies alles mit Steuergeldern gemacht wurde.
Ja.
Wenn wir diese ganze Sache also nicht als politische, sondern als moralische Frage betrachten, dann geht es darum, dass die liberale Elite des Westens das Geld der Steuerzahler der Bürger der Vereinigten Staaten benutzt hat, um ihre Ideologie in der ganzen Welt zu verbreiten, und mehr als 60 Nichtregierungsorganisationen in Ungarn finanziert hat, Politiker und Medien mit Geld unterstützt hat. Es war also eine Verschwörung gegen unsere Souveränität und Unabhängigkeit. Es tut mir leid, aber Sie haben das alles getan.
Ich weiß.
Entschuldigung, aber das ist es, worüber wir hier reden, und dasselbe ist aus dem Brüsseler Haushalt passiert, was sogar noch skandalöser ist, wie ich sagen könnte, weil wir in den Brüsseler Haushalt einzahlen und unsere Feinde zu Hause mit diesem Geld finanziert werden. Was zum Teufel geht hier also vor? Das ist der liberale tiefe Staat, der globale liberale tiefe Staat. Und jetzt sehen wir, wie er funktioniert.
Dies wirft viele tiefgreifende Fragen über das Motiv auf. Warum sollte jemand tödliche Ideen wie offene Grenzen oder Transgenderismus verbreiten wollen? Was ist mit den Enkelkindern? Was ist, wenn in Zukunft niemand mehr Kinder hat? Welches Motiv könnte dahinterstecken, diese Art von Gift zu verbreiten?
Meiner Ansicht nach darf man nicht naiv sein. Ein Motiv ist immer das Geld. Die amerikanischen Demokraten dachten, sie könnten auf diese Weise die Türen für ihre Geschäfte öffnen. Wenn sie jene Regierungen ersetzen, die auf Souveränität bestehen und für sich selbst eintreten und kämpfen. Das macht es für Spekulanten schwieriger, Geschäftsmöglichkeiten zu finden – Soros, Soros ist ein ungarischer Mann. Das macht es George Soros und Spekulanten wie ihm leichter, Geld und Gewinne in Ihrer Wirtschaft zu machen. Das ist also Motiv Nummer eins. Aber zweitens dürfen wir nicht vergessen, dass die Linke immer von irgendeiner Ideologie angetrieben wird. Und sie glauben an Dinge, die wir für verrückt, peinlich und beängstigend halten, aber sie glauben an diese Dinge. Es mag schwer zu verstehen sein, aber ich bin mir sicher, dass die Führer der Linken in Europa, in Westeuropa, zutiefst davon überzeugt sind, dass das Ergebnis dieses ganzen Prozesses eine bessere und glücklichere Gesellschaft sein wird, wenn sie Migranten, vor allem muslimische, arme muslimische Menschen, ins Land holen und sie mit der traditionellen christlichen Gesellschaft vermischen und so eine Art Integration bewirken. Und genau deshalb hat George Soros seinen Plan veröffentlicht. Er selbst hat einen Plan ausgearbeitet, der vorsieht, jedes Jahr 1 Million Migranten nach Europa zu bringen. Ich habe immer gesagt, dass dies die Entscheidung der nationalen Regierung ist. Wenn also die Deutschen oder die Franzosen ein solches historisches Forschungsprojekt durchführen wollen, wie sie ihre Gesellschaft verbessern können, dann sollen sie es tun. Aber lassen Sie diejenigen, die meinen, dass das Ergebnis nicht gut sein wird, sich so entscheiden, dass sie es nicht wollen. Ungarn hat nie versucht, jemanden darüber zu belehren, wie man die Gesellschaft besser oder schlechter machen kann. Wir haben immer gesagt: Kinder, lasst uns selbst entscheiden, ob wir Migranten ins Land lassen wollen oder nicht. Das ist die alleinige Entscheidung unserer Nation. Man soll uns also nicht von Brüssel oder Washington aus aufdrängen, dass Migration eine gute Sache sei und dass diejenigen, die keine Migranten ins Land lassen, schlechte Menschen seien. Das ist inakzeptabel. Aber das war die Situation. Aber Donald Trump hat das Denken des Westens verändert. Ich denke, das ist hier die Schlüsselfrage. Präsident Donald Trump wird also auch die Geopolitik verändern, zumindest hoffe ich das. Aber er hat das politische Denken im Westen bereits stark verändert. Früher hieß es, Migration sei eine gute Sache, sich ihr zu widersetzen sei schlecht. Jetzt ist das Gegenteil der Fall. Die eigenen Interessen zu schützen ist gut, Migration und insbesondere illegale Migration ist schlecht. Und dann ist da noch der Green Deal, früher hieß es, grün sei gut, und die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zähle nicht. Jetzt ist bereits klar, dass die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Priorität hat und grüne Themen zweitrangig sind. Und Religionsgemeinschaften und Werte, in unserem Fall das Christentum. Sie sagten, das sei so eine mittelalterliche Sache. Man hat uns bei vielen Gelegenheiten verspottet und sich über uns lustig gemacht. Aber jetzt hat der Präsident gesagt, dass das respektiert werden muss. Die Gemeinschaft der Gläubigen muss respektiert werden, und das ist gut für unsere Gesellschaft. Oder die westliche Vorstellung von der Familie. Man dachte, dass die Familie aus der Mode gekommen ist und andere Formen des Zusammenlebens bevorzugt werden sollten. Jetzt ist die alte Situation wieder da, traditionelle Werte sind besser als die anderen. Und Gender, die verrückte Gender-Propaganda. Jetzt wird es bereits öffentlich ausgesprochen, dass das etwas Schlechtes ist. Und dass es gut ist, traditionelle Werte zu verteidigen. Und dann ist da noch der Krieg. Europa hat in den letzten drei Jahren im Ukraine-Russland-Krieg gesagt, Krieg ist gut, Frieden ist schlecht. Diejenigen, die für Frieden, Friedensgespräche und Kommunikation plädieren, sind also schlechte Menschen. Diejenigen, die für den Krieg plädieren, sind gute Menschen. Das hat sich jetzt also komplett geändert. Präsident Donald Trump hat bereits schon so die Mentalität der gesamten westlichen Welt verändert. An diesem Punkt sind wir jetzt, und das ist sehr gut für Ungarn.
Nun, das ist sicherlich eine Rechtfertigung für Sie. Lassen Sie mich auf etwas zurückkommen, das Sie gerade gesagt haben: Soros und die NROs, die mit ihm zusammenarbeiten, die Bewegung, die er vertritt, haben diese Dinge vorangetrieben, weil sie wirklich daran glauben. Aber sie haben nicht versucht, diese Dinge irgendeiner Nation außerhalb des Westens aufzuzwingen. Niemand versucht, China dazu zu bringen, 1 Million Menschen pro Jahr aufzunehmen, oder 10 Millionen Menschen pro Jahr, angesichts seiner Größe. Oder man kann über Indien, Korea, Japan, die Philippinen oder irgendein anderes Land sprechen. Nur in westlichen Ländern. Warum glauben Sie, dass nur westliche Länder eine unbeschränkte Zuwanderung brauchen?
Die Beantwortung dieser Frage erfordert eine tiefere Kenntnis der Geistesgeschichte des europäischen politischen Denkens. Aber es hat immer eine starke linke, liberale Gemeinschaft gegeben, die nicht stolz auf ihr Abendland war, die ihre eigene Zivilisation als etwas Schlechtes ansah. Und ihre Absicht war nicht, sie stärker zu machen oder ihre Stärke zu erhalten, sondern sie zu zerstören, das heißt, sie durch Zerstörung zu vervollkommnen. Dies ist eine sehr verbreitete Idee in ihren Kreisen, die Auslöschung der Vergangenheit. Das war schon immer die Idee der Kommunisten. Sie mögen also den Westen nicht, sie mögen die Nation nicht. Manchmal schämen sie sich schon, einer Nation anzugehören, weil sie denken, dass die Nation etwas Schlechtes ist. Wenn man die Nation für gut hält und stolz auf seine eigene Nation ist, wenn man etwas tun will, damit sie wettbewerbsfähiger und besser als andere ist, wird man sofort als schrecklicher Faschist, als Rechtsextremist bezeichnet. Das ist ihr Ansatz. Das ist die Tradition der europäischen Linken. Und in den letzten Jahren ist sie im alltäglichen politischen Diskurs brutal präsent gewesen. Ich bin also ein Faschist, ich sitze hier und bin ein schlechter Mensch, ein mittelalterlicher, feudalistischer, christlicher Radikaler, der für den Frieden eintritt, was sich von den Ansichten der anderen unterscheidet. Das ist alles absurd.
Das geht schon seit 80 Jahren so, seit dem Ende des letzten großen Krieges, vor allem was die Migration betrifft. Und ich denke, wir können in mancher Hinsicht ein Urteil fällen. Wie hat es sich für die großen Nationen Europas, Großbritannien, Deutschland oder Frankreich, ausgewirkt? Können wir zurückblicken und sagen, dass das Experiment erfolgreich war?
Sie meinen…?
Die Migration. Die ungehinderte Migration.
Nun, heutzutage leben wir in einer liberalen Diktatur, aber politisch nennt man das immer noch Demokratie. Die öffentliche Meinung zählt. Und meiner Ansicht nach haben wir ein Demokratieproblem wegen der Migration. Es ist also nicht nur ein Migrationsproblem, sondern auch ein Demokratieproblem, denn wenn man eine Elite hat, die sich weigert, den klaren öffentlichen Willen der Wählerschaft zu akzeptieren, und stattdessen versucht, den Menschen ihre eigenen verrückten Ideen aufzuzwingen, dann wirft das ein Demokratieproblem auf. Wir sind jetzt hier, weil es einen starken Wandel im Denken der westlichen Gesellschaften gibt. Früher, zu Beginn der Massenmigration – ich spreche von 2015-2016 – unterstützte die Hälfte, vielleicht sogar mehr als die Hälfte der Gesellschaften die Migration, unterstützte Menschen, die als Flüchtlinge betrachtet wurden. Dann wurde langsam aber sicher klar, dass diese Menschen im Grunde keine Flüchtlinge waren. Diese Menschen wandern aus ihren Ländern aus, einige von ihnen sind Flüchtlinge, aber die meisten von ihnen wollen im Grunde nur ein besseres Leben. Und sie werden von Menschenschmugglern angeworben. Dies ist ein internationaler Schwarzmarkt, ein schrecklicher Markt. Und der Terrorismus, der in irgendeiner Weise mit diesen Veränderungen zusammenhängt, kommt jetzt zum Vorschein. Vorher war er nicht vorhanden. Der Terrorismus war nicht Teil des westlichen Lebens. Ich erinnere mich, dass das letzte Mal, als so etwas passierte, das in den siebziger Jahren war, irgendeine verrückte kommunistische, marxistische Gruppe in Deutschland. Aber danach war der Terrorismus nicht mehr Teil des westlichen Lebens. Gewalt im öffentlichen Leben ist nicht unsere Sache. Aber jetzt ist der Terrorismus hier bei uns, die öffentliche Ordnung ist im Zusammenbruch begriffen und die Gesellschaft ist gegen die Politik der Massenmigration. Die Wahrnehmung der Willkommenskultur, wie Angela Merkel sie nannte, ist nunmehr also völlig negativ. Und das Problem ist, dass die Elite so sehr auf diese Ideologie eingeschworen war, dass es jetzt schwierig ist, ihre Position zu ändern. Und das schafft ein Demokratieproblem. Wie wir bald in Deutschland sehen werden, dort finden in zwei Wochen Wahlen statt. Und Sie haben wahrscheinlich gehört, dass es im deutschen Parlament eine überraschende Debatte darüber gab, ob die Regeln für die Migration geändert werden sollen oder nicht. Die Menschen, 70 Prozent der Menschen sprachen sich dafür aus, aber sie haben trotzdem dagegen gestimmt. Das ist also ein Demokratieproblem. Nicht nur ein Migrationsproblem, nicht nur ein Führungsproblem. Die gesamte Struktur, das gesamte System ist im Moment unter Druck.
Die Bedeutung des Wortes Demokratie hat sich geändert. Auch in den Vereinigten Staaten hat sich die Bedeutung des Wortes geändert, es bedeutet, Demokratie ist das, was die Regierenden wollen. Aber Sie beziehen sich auf die traditionelle Bedeutung, die den Willen der Mehrheit meint?
Ja, aber gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass Demokratie ein Wort ist, das wir oft, vielleicht zu oft, benutzen, ohne genau zu verstehen, was es bedeutet. Es gibt viele Theorien, wie Sie sicher wissen, aber die wichtigste ist der griechische Ursprung der Bedeutung von Demokratie. Demokratie bedeutet demnach zwei Dinge gleichzeitig: die Beteiligung des Volkes, aber die Beteiligung des Volkes muss zu einer guten Regierungsführung führen. Wenn die Beteiligung des Volkes, die öffentliche Meinung, nicht zu einer guten Regierungsführung führt, führt dies zu Anarchie, nicht zu Demokratie. Demokratie ist also die Beteiligung des Volkes an den wichtigsten Entscheidungen durch die Ausübung seines Wahlrechts, und das Ergebnis ist eine gute Regierung. Wenn eines dieser beiden Elemente fehlt, ist es keine Demokratie. Und die Richtung, in die wir uns derzeit in Europa bewegen, ist, dass die Menschen zwar die Möglichkeit haben zu wählen, aber keine Chance auf eine gute Regierung haben. Westeuropa bewegt sich also auf ein anarchisches öffentliches Leben zu.
Betrachten wir Deutschland im Besonderen aus der Perspektive eines Außenstehenden. Sie sind ein europäischer Führer, aber aus amerikanischer Sicht ist Deutschland der dominierende wirtschaftliche Akteur des Kontinents und …
Ein Riese.
…so sieht es aus unserer Sicht aus. Wie ist die Lage der deutschen Wirtschaft derzeit? Wie würden Sie sie beschreiben?
Die deutsche Wirtschaft ist Teil der europäischen Beziehungen, weil wir einen einheitlichen gemeinsamen Markt haben, und der einheitliche gemeinsame Markt ist in Schwierigkeiten. Ich bin seit mehr als 30 Jahren in der Politik, in der internationalen Politik, und ich erinnere mich, dass die Europäische Union vor 30 Jahren die größte Wirtschaft der Welt war. Jetzt steht sie an dritter Stelle. Und wenn man sich die fünf größten Volkswirtschaften der Welt ansieht, sind keine Europäer dabei. Man kann also nicht von einer wirtschaftlichen Erfolgsgeschichte der Europäischen Union sprechen. Und der Erfolg der Europäischen Union ist immer sehr stark vom Erfolg der deutschen Wirtschaft abhängig. Im Moment leiden die Deutschen und wir leiden auch. Der Grund dafür ist sehr einfach. Die deutsche Wirtschaft und die europäische Wirtschaft hatten ein gut funktionierendes Strukturmodell. Es war eine Kombination aus billiger russischer Energie und fortschrittlicher europäischer Technologie, die uns wettbewerbsfähig machte. Aber jetzt, nach dem Ausbruch des Krieges, haben wir uns von der billigen Energie abgeschnitten, und es gibt keine neue Strategie, wie wir uns wettbewerbsfähig machen könnten. Wir haben also eine Strategie aus der Vergangenheit, die nicht mehr gültig ist, aber wir haben keine neue Strategie. Es gibt nichts, was die alte Strategie ersetzen könnte. Das Problem ist nun, dass wir keinen Kompass haben, der uns sagt, wohin wir gehen sollen. Wir erledigen also unsere täglichen Aufgaben, aber wir haben keine wirkliche Strategie. Was ist die Zukunft der europäischen Wirtschaft? Auf diese Frage gibt es keine Antwort. Deshalb sind China und die Vereinigten Staaten – weil Präsident Trump zurück ist – offensichtlich in einer viel besseren Position als wir. Mangelnde Führung, mangelnde Vorstellungen, mangelnde Visionen. Das ist der Grund, warum wir leiden.
Nun, die Regierung Biden hat Deutschland ein grünes Abkommen aufgezwungen, indem sie Nord Stream gesprengt hat. In vielerlei Hinsicht verstehe ich die ganze Sache also nicht. Der größte Akteur der NATO verübt einen Terroranschlag, einen industriellen Terroranschlag auf den zweitgrößten Akteur der NATO. Wie kann die NATO überhaupt noch existieren? Und warum sagt niemand etwas dazu?
Ungarn ist ein kleines Land, wissen Sie, zehn Millionen Menschen. Die Elefanten, nun ja, das ist ein anderes Spiel, das ist eine andere Liga, so ist die Sache möglich. Wenn das Gleiche mit Ungarn passiert wäre, hätte es einen Aufschrei gegeben, keine Frage. Aber wissen Sie, das ist Deutschland.
Lassen Sie uns ein wenig spekulieren! Ich weiß, dass es nicht Ihr Land ist, und ich bin sicher, dass Ungarn auch dann noch existieren wird, so wie es das seit tausend Jahren tut, wenn ganz Europa in der Dämmerung verschwunden sein wird. Aber warum glauben Sie, dass diese Situation auch heute noch möglich ist? Für mich als Außenstehenden scheint Nord Stream ein Eckpfeiler in der Geschichte Europas zu sein. Es scheint eine große Angelegenheit zu sein.
Ich stimme mit Ihnen überein.
Und es handelte sich offensichtlich um den größten vom Menschen verursachten Zwischenfall von Treibhausgasausstoß in der Geschichte der Zivilisation, aber niemand erwähnte das auch nur. Warum wird darüber nicht gesprochen? Das verstehe ich wirklich nicht. Und jedes Mal, wenn ich es anspreche, sind die Leute verlegen und wollen nicht antworten.
Ich denke, der Hauptgrund dafür ist, dass es in den letzten Jahrzehnten eine starke Allianz zwischen der liberalen Elite in den USA und der liberalen Elite in Europa gegeben hat. Und sie waren sich immer einig darüber, was ein Thema ist und was nicht. Wenn sie entschieden haben, dass etwas kein Thema ist, war es auch kein Thema. Und auch die Deutschen waren Teil dieses transatlantischen liberalen Bündnisses. Es ist ihnen gelungen, jede Stimme zum Schweigen zu bringen, die versucht hat, dieses Thema anzusprechen, das ein sehr ernstes Thema ist. Aber es ist nicht das einzige. Ich erinnere mich an einige andere Skandale vom Anfang des letzten Jahrzehnts. Es stellte sich heraus, dass die demokratische US-Regierung die deutsche Bundeskanzlerin abgehört hatte. Und wir haben das auf der Tagung des Europäischen Rates diskutiert. Sarkozy, der damals Präsident von Frankreich war, sagte: „Das ist ein Skandal! Wir müssen etwas tun.” Und die Deutschen sagten: „Nein, nein, nein, nein, nein. Die transatlantische Einheit ist das Wichtigste. Das ist nicht der richtige Weg, mit dieser Frage umzugehen.” Es handelt sich also um eine Allianz zwischen den amerikanischen und europäischen transatlantischen Eliten.
Ich glaube nicht, dass es für die Europäische Union wirklich nützlich war.
Das haben Sie gesagt, nicht ich. Wenn ein Land nicht bereit ist, für sich selbst einzustehen und für seine eigenen Interessen zu kämpfen, hat es keine Hilfe von außen verdient.
Ich stimme Ihnen voll und ganz zu. Aber es gibt da noch einen anderen Gedanken, und ich würde gerne Ihre Meinung dazu erfahren. Ich denke, dass das Schicksal Europas, sein wirtschaftliches Wohlergehen und seine Sicherheit, für die Vereinigten Staaten von Bedeutung sind, denn beide sind untrennbar miteinander verbunden, sie bilden im Grunde genommen einen Block, nämlich den Westen. Wenn Europa also schrumpft, sehe ich nicht wirklich, wie das den Vereinigten Staaten zum Vorteil gereichen kann.
Ich denke, dass die derzeitige US-Regierung eine ganz besondere Herangehensweise an die übrigen Volkswirtschaften der Welt hat, und diese Herangehensweise basiert auf Fakten und Zahlen und konzentriert sich auf die Handelsbilanzen. Ich glaube, die neue Regierung in Ihrem Land sieht die Welt in einem Dreieck: Europa, China und die Vereinigten Staaten. Und wenn man sich die Zahlen ansieht, hat Europa eine positive Handelsbilanz von 200 Milliarden gegenüber den Vereinigten Staaten. Wir verlieren den gleichen Betrag an China. Europas Saldo ist also praktisch gleich Null. Die Europäische Union hat einen Handelsüberschuss von 200 Milliarden Euro gegenüber den Vereinigten Staaten, und Sie verlieren 300 Milliarden Euro gegenüber China. Das bedeutet, dass die Bilanz Europas gleich Null ist, die Chinas plus 500 Milliarden und die der USA minus 500 Milliarden. Und wie Ihr Präsident sagte, ist das nicht gut, das ist schlecht. Es muss also etwas getan werden, und er wird es auch tun. Die neue Regierung denkt wahrscheinlich nicht in geopolitischen Begriffen über die Wirtschaft nach, sondern eher in Form von Zahlen, in Form von Fakten. Und sie wollen etwas tun, um die Handelsbilanz zu verbessern. Das ist eine Herausforderung für Europa, das ist eine ernste Sache. Hier geht es nicht um Freundschaft, hier geht es nicht darum, dass wir uns lieben, dass wir Waffenbrüder sind. Das ist alles sehr schön, aber hier geht es um Geld. Wir müssen also eine Lösung finden, wir müssen eine Einigung mit den Vereinigten Staaten erzielen. Wenn die Europäer nur weiter abwarten, ist das keine gute Strategie. Wir müssen eine Strategie entwickeln und den Vereinigten Staaten einen Vorschlag unterbreiten, wie wir diese unausgewogenen Handelsbeziehungen ändern können. Andernfalls werden die Zölle kommen und wir werden darunter leiden. Wir werden nicht stark genug sein, um unsere Interessen zu verteidigen, wenn wir warten und Wochen und Monate vergeuden. Das Problem ist jedoch, dass Europa derzeit von Bürokraten geführt wird. Wissen Sie, wir haben da die Europäische Kommission. Wissen Sie, was das ist? Die Kommission ist ein bürokratisches Organ, dessen ursprüngliche Aufgabe es ist, die Verträge zu überwachen. Sie soll also für faire Regeln im einheitlichen Binnenmarkt sorgen. Aber inzwischen ist die Zahl der Bürokraten auf über 300.000 angewachsen, und sie haben den eigentlichen Führern Europas, den Ministerpräsidenten, die Führung entzogen. Also will eine andere Kommission die Europäische Union leiten, aber dies sind Bürokraten. Wir haben ein Führungsprogramm, denn Bürokraten können nichts politisch führen. Wenn alles gut läuft, sind Bürokraten nicht so schädlich, weil die Dinge gut laufen. Aber wenn es Probleme gibt und Entscheidungen getroffen werden müssen, z. B. wenn wir den Vereinigten Staaten ein Angebot machen müssen, werden Bürokraten das nicht tun, weil sie Bürokraten sind. Die Bürokraten sind daran interessiert, den Status quo aufrechtzuerhalten, und nicht daran, die politische Führung der Gemeinschaft zu übernehmen. Das ist also ein weiteres Problem innerhalb der Europäischen Union, aber ich möchte nicht zu viel über andere Länder reden, denn meine Aufgabe ist es, die Souveränität meines eigenen Landes zu bewahren und eine gute Zukunft für uns zu sichern. Ich arbeite daran, einen Weg zu finden, um gute Beziehungen zu den Vereinigten Staaten zu haben und so viele, so große Wirtschaftsabkommen wie möglich zu schließen. Daran arbeiten wir im Moment, wir versuchen, eine Wirtschaftspolitik zu entwickeln, die Ungarn erfolgreich macht – auch wenn die Europäische Union existiert und auch wenn sie nicht existiert. Das Problem ist, wie wir klug vorgehen können. Wir haben maximal drei oder vier Jahre Zeit, und wenn wir nicht zu einer dramatisch anderen Strategie übergehen, wird die Europäische Union auseinanderfallen.
Es gibt eine berühmte Studie, die in Westeuropa veröffentlicht wurde, den Draghi-Bericht. Draghi war früher Präsident der Europäischen Zentralbank und Ministerpräsident von Italien, und er hat einen Bericht erstellt. Dieser Bericht ist sehr klar. Wenn wir nicht innerhalb von drei Jahren etwas tun, um die Energiepreise zu senken und die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf die Schaffung eines Kapitalmarktes auf EU-Ebene, dann wird die Wirtschaft der Europäischen Union am Ende sein. Gegenwärtig zahlen wir drei- bis viermal so viel für Strom wie die Vereinigten Staaten und fünf- bis sechsmal so viel für Gas wie Sie in den Vereinigten Staaten. Wie könnten unsere Unternehmen so wettbewerbsfähig sein? Das ist unmöglich. Und dann haben Sie eine Agenda – und Herr Präsident Donald Trump wird sie noch stärker vorantreiben –, in der es darum geht, Kapital aus der ganzen Welt in die Vereinigten Staaten zu locken. Das Kapital wandert also von Europa in die Vereinigten Staaten und andere Länder ab. Wir müssen etwas tun, um das Kapital innerhalb der Europäischen Union zu halten, aber auch dafür haben wir keine Strategie. Die Europäische Union befindet sich also an einem Wendepunkt.
Aber sie haben der globalen Erwärmung ein Ende gesetzt. Fühlen Sie sich deshalb jetzt gut?
Ungarn hat ein gutes Klima. Aber die globale Verantwortung muss ernst genommen werden. Aber das Problem ist nicht eine globale Klimafrage. Das Problem ist, dass man ein globales Problem wie das Klimaproblem nicht gegen die Wirtschaft lösen kann, wenn man es lösen will. Wenn man die Wirtschaft nicht davon überzeugen kann, dass sie Teil des gesamten Prozesses sein kann, wenn man sie nicht in diese politische Frage einbezieht, wenn man in Begriffen einer ideologiegetriebenen politischen Bewegung, einer grünen Bewegung, denkt, dann ist die ganze Sache hoffnungslos. Es wird nicht gelingen. Schauen Sie sich das Grüne Abkommen an! Das Grüne Abkommen ist genau das: Es ist nichts anderes als ein Selbstmordversuch der Europäischen Union. Niemand hat man mit einbezogen. Wir setzen es um und bringen dabei unsere Industrie um. Wenn Sie also eine gute grüne Politik wollen, brauchen Sie die Zusammenarbeit der Wirtschaftsführer und eine gemeinsame Strategie. Das ist die einzig mögliche Lösung. Andernfalls werden wir dort enden, wo wir jetzt sind.
Es scheint also, dass beide Strukturen für Europa – die NATO und die EU – veraltet sind oder zumindest nicht mehr so funktionieren, wie sie sollten. Ich denke, das können wir sagen.
Und das Problem ist, dass die europäischen Institutionen das nicht ändern können, sie können keine Führung übernehmen, denn das sind die seltsamen Gebilde der Europäischen Union. Führung wird es nur geben, wenn die französische und die deutsche Regierung stark und stabil sind, eine Vision haben und die Führung übernehmen. Das ist im Moment nicht der Fall.
Warum denken Sie also nicht über eine andere Struktur nach, zum Beispiel ein Bündnis von Ländern, die eine gemeinsame Vision, eine ähnliche Weltsicht und eine ähnliche Wirtschaft haben, zum Beispiel die Schweiz und Mittel- und Osteuropa? Und dann könnten zum Beispiel Frankreich und Großbritannien von den Früchten ihrer gemeinsamen Entscheidungen profitieren.
Wir haben eine Strategie. Ungarn – das ist meine Aufgabe – hat eine Strategie, und die Führer Mitteleuropas haben ihre eigene Strategie. Unsere Hauptkritik an der Europäischen Union besteht derzeit darin, dass sie sich mit jedem, der ein wichtiger Partner für ihre Wirtschaft sein könnte, im Krieg befindet. Wir führen einen ideologischen Krieg gegen Präsident Donald Trump. Wir führen einen Krieg gegen China in Handelsfragen. Wir haben einen Zollkrieg gegen China eröffnet. Und dann haben wir einen Energiekrieg mit Russland begonnen. Warum ist das gut für uns? In Mitteleuropa haben wir genau das Gegenteil dessen getan. Wir haben ein gutes Verhältnis zur neuen republikanischen Führung aufgebaut. 44 % der gesamten chinesischen Investitionen in Europa kamen letztes Jahr nach Ungarn, und wir haben auch eine gute Kommunikation und Zusammenarbeit mit den Russen. Das Schlüsselwort ist also Konnektivität, nicht Blockade. Die Europäische Union versucht, einen Block zu bilden, anstatt eine Strategie zu verfolgen, die auf Konnektivität und Geschäften auf der Grundlage des gesunden Menschenverstands mit jedem basiert, der ein gutes Angebot für die Europäische Union hat. Mitteleuropa tut genau das, wovon ich spreche. Die Slowaken tun es, die Ungarn tun es, die Serben tun es.
Es gibt ein berühmtes erstes Foto von Ihnen aus dem Jahr 1989, als Sie von den durch die Russen unterstützten Sicherheitskräften verhaftet wurden. Damals waren Sie als Student einer der Anführer der Protestbewegung gegen die russische Besetzung Ihres Landes in Osteuropa. In diesem Zusammenhang habe ich in den letzten drei Jahren nur gehört, dass Sie – laut unserer Presse – eine Marionette Putins sind. Was ist Ihre Antwort darauf? Sind Sie wirklich eine Marionette Putins?
Es ist lächerlich, dass es für mich immer ein Dilemma ist, ob ich auf diese Anschuldigungen überhaupt reagieren soll oder nicht. Aber okay, um es ernsthaft zu sagen: Ich bin nicht auf der Seite von Putin, ich bin auf der Seite Ungarns, denn es ist meine Aufgabe, meinem Land zu dienen. Das ist die erste Sache. Die zweite Sache ist, dass wir gemeinsame Erinnerungen mit den Russen haben. Das sind keine Flitterwochenerinnerungen. Nur für das Publikum möchte ich sagen, dass Ungarn unter der Dominanz von drei Großmächten lebt. Die eine ist Deutschland, also Berlin, und dann sind da noch Moskau und Istanbul. Wir leben in der Mitte davon. Jede dieser Mächte hat unser Land mindestens einmal besetzt. Die Russen sogar dreimal. Das ist also die Auswahl, die man hat, wenn man in diesem speziellen Teil der Europäischen Union lebt.
Das kann sicher ein toller Spaß sein.
Deshalb habe ich, als ich 2010 wieder an die Macht kam und eine Vereinbarung mit dem russischen Präsidenten Putin traf, beschlossen, die Geschichte zwischen den beiden Nationen den Historikern zu überlassen. Wir müssen eine vernünftige Zusammenarbeit entwickeln und das Beste aus unserer Beziehung in wirtschaftlicher Hinsicht machen. Genau das haben wir getan, und es hat funktioniert. Das war gut so. Die Russen haben immer ihr Wort gehalten. Wenn wir etwas mit Putin vereinbart haben, haben sie ihr Wort gehalten, und wir haben unser Wort gehalten. Meine Haltung gegenüber den Russen ist deshalb nicht so negativ und verrückt wie die vieler westlicher Politiker. Und mein Standpunkt zum ukrainisch-russischen Krieg war immer: Wir dürfen nicht vergessen, dass es in diesem Krieg nicht um die Ukraine geht. Wir dürfen nicht in diesen Fehler verfallen. Der strategische Grund für diesen Krieg ist die NATO-Erweiterung. Die Frage ist also, ob wir die NATO erweitern wollen oder nicht. Wenn wir die NATO erweitern wollen, werden die Russen das niemals akzeptieren. Ob es uns gefällt oder nicht, sie werden nicht zulassen, dass wir auch nur einen Schritt näher an ihre Grenzen herankommen. Das ist also das Hauptproblem, die NATO-Erweiterung. Als der Krieg ausbrach, weil Russland die Ukraine angriff, um ihren Beitritt zur NATO zu verhindern, und einen Teil ihres Territoriums besetzte, sagte ich zu meinen Kollegen, dass wir diesen ganzen Konflikt so weit wie möglich isolieren müssen. Andernfalls wird sich der Konflikt beschleunigen, er wird immer mehr Geld verschlingen, es wird immer mehr Verwundete geben und immer mehr Tote. Jetzt leiden Hunderttausende von Witwen und Witwern, und wenn zwei slawische Nationen gegeneinander Krieg führen, ist das eine ernste Angelegenheit, denn es sind beides militante Völker. Was hier geschieht, ist also eine Tragödie. Es ist sehr brutal. Es ist nicht nur ein geopolitisches Spiel, es ist eine menschliche Tragödie. Deshalb habe ich gesagt: Isolieren und das Töten stoppen. Aber im Moment besteht die westliche Strategie darin, das Töten so lange wie möglich fortzusetzen. Das ist es, was sie tun. Leider bin ich also allein geblieben. Wir haben abgestimmt, und ich war der Einzige, der dagegen war, dass sich die Europäische Union in den Krieg einmischt. Später schlossen sich dann die Slowaken und der Vatikan an. Also der Vatikan, die Slowakei und Ungarn und jetzt Präsident Donald Trump. Das ist ein neues Kapitel in der Geschichte, denn Ihr Präsident verfolgt genau den gleichen Weg, den wir damals vorgeschlagen haben, nämlich Ungarn vor drei Jahren. Das ist also auch eine gute Nachricht.
Weniger als ein Jahr nach Ausbruch des Krieges gab es einen großen Versuch, den Konflikt zu beenden, der jedoch von der Regierung Biden mit Hilfe des ehemaligen britischen Premierministers Boris Johnson blockiert wurde. Warum, glauben Sie, wollte die Biden-Regierung den Krieg fortsetzen? Und hier geht es nicht nur um Johnson, sondern um das Vereinigte Königreich im Allgemeinen. Die gesamte politische Führung des Landes war fanatisch, ist immer noch fanatisch…
Noch immer.
Warum ist das so? Wir dürfen nicht vergessen, dass sie historisch gesehen keine Feinde sind. Sie haben im letzten großen Krieg auf derselben Seite gekämpft. Sie wurden nie von Russland besetzt. Warum will Großbritannien den Tod der Ukrainer so sehr? Ich kann das nicht verstehen.
Ist es meine Aufgabe, darauf zu antworten?
Ja.
Ich glaube nicht.
Sie sind der dienstälteste führende Politiker in Europa. Ich dachte, darüber… Nein, das gibt es nicht.
Ja, wenn ich meine Jahre als Rentner zubringe, werde ich dann diese Frage beantworten. Bis dahin sollten wir versuchen, das Heute irgendwie zu überleben.
In Ordnung. Für diejenigen, die nicht auf die Karte geschaut haben, sollte ich erwähnen, dass Sie nicht weit von den Kämpfen entfernt sind. Könnten Sie denjenigen von uns, die nicht auf diesem Kontinent leben, sagen, welche Auswirkungen dieser Krieg auf Europa hat? Worin bestehen Ihrer Meinung nach diese Auswirkungen?
Beginnen wir mit einem sehr engen ungarischen Ansatz! Wir verlieren jedes Jahr etwa sieben Milliarden Euro durch Sanktionen und Krieg. Ungarn ist ein kleines Land. Können Sie sich das vorstellen?
Nur Ungarn?
Nur Ungarn, nur Ungarn. Insgesamt – wir kennen die genauen Zahlen nicht – hat Europa also bisher fast 200 Milliarden Euro für den Krieg ausgegeben, das ist der Betrag, der aus der europäischen Wirtschaft abgeflossen ist. Das ist der Betrag, über den wir hier sprechen. Das ist die erste Sache, die zweite Sache ist, dass wir uns von der russischen Wirtschaft abgekoppelt haben, einschließlich der Energie, was langfristige Auswirkungen hat, und wie ich schon sagte, haben wir keine funktionierende Wirtschaftsstrategie für die europäische Wirtschaft. Der dritte Punkt sind die Migranten. Das heißt, es handelt sich nicht um Migranten, sondern um echte Flüchtlinge. Also Ukrainer, die ihr Land verlassen haben. Niemand weiß genau, wie viele, aber es sind mehrere zehn Millionen. Wir sprechen also von einem Land, in dem ein Fünftel, ein Viertel seines Territoriums von den Russen besetzt worden ist. Seine Industrie ist völlig zerstört, und die Menschen sind auf der Flucht. Das ist eine echte Tragödie. Und wenn Präsident Trump keine Lösung findet, könnte dieser Krieg leicht das Afghanistan der Europäischen Union werden, ein Krieg, der nie enden wird, ein Konflikt, aus dem es keinen Ausweg gibt, der alle Energie, Menschenleben, Geld, alles verschlingt und den Rahmen des normalen Lebens in der Europäischen Union zerstört. Wir sind also in ernster Gefahr. Das Problem – das ist keine Herausforderung für mich, sondern für Präsident Trump – ist, wie der US-Präsident die Russen überzeugen kann, den Krieg zu beenden, wobei die Russen grundlegend eher zu siegen scheinen. Das ist die große Frage. Glücklicherweise ist es auch hier nicht meine Aufgabe, diese Frage zu beantworten, aber ich bin davon überzeugt, dass es nie eine Lösung geben wird, wenn wir nach einer Lösung suchen, die nur für den Krieg zwischen Russland und der Ukraine gilt. Wir brauchen hier also einen größeren Korb, einen, der die Wiedereingliederung Russlands in die internationale Sicherheitsordnung einschließt, einen, der die Wiedereingliederung Russlands in das europäische Sicherheitssystem einschließt, einen, der die wirtschaftliche Zusammenarbeit einschließt, einen, der im Grunde die Energiefrage einschließt, und einen, der die Ukraine einschließt. Wenn wir an einen größeren Korb wie diesen denken, dann könnte es eine Chance auf eine Einigung geben. Wenn wir uns nur auf die Ukraine und Russland konzentrieren, dann wird es für den Präsidenten der Vereinigten Staaten eine echte intellektuelle und politische Herausforderung sein. Aber das ist nicht meine Aufgabe.
Aus amerikanischer Sicht ist es der Biden-Administration gelungen, Russland in eine enge Zusammenarbeit mit China zu drängen, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch. Und das ist aus unserer Sicht schrecklich. Aber um auf das Thema zurückzukommen: Seit drei Jahren hören wir die anklagendste, skandalöseste, kompromissloseste Rhetorik über Russland, zu der auch gehört, dass Putin tagtäglich mit Hitler verglichen wird, und Sie kämpfen dagegen an. Ist es möglich, dagegen anzukämpfen, nachdem diese speziellen Worte gesagt wurden?
Nein. Es gibt kein Zurück mehr. Ich denke, wir sind unterschiedliche Nationen. Es steht mir nicht zu, Russland zu charakterisieren, aber Russland ist grundsätzlich ein Militärland. Was ist für Sie oder für mich das erste Wort, das Ihnen in den Sinn kommt, wenn Sie an Demokratie denken? Die Freiheit steht im Mittelpunkt unserer Gedanken, nicht wahr?
Natürlich.
Dies ist in Russland jedoch nicht der Fall. Für Russland steht die nationale Sicherheit an erster Stelle. Und erst dann die Demokratie und andere wichtige Themen. Aber das steht an erster Stelle, denn das Land ist zu groß, um es zusammenzuhalten. Dies ist die wichtigste historische Herausforderung und Mission für die Führer des Landes. Die Denkweise ist also eine andere. Wir haben es mit dieser Art von Land zu tun, und dann beleidigen wir sie politisch, wir versuchen, sie politisch zu isolieren, wir versuchen, sie wirtschaftlich zu vernichten, wir unterstützen ihren Feind auf jede erdenkliche Weise, und dann sagen wir ernsthaft zu ihnen: Kommt zurück und arbeitet mit uns zusammen? Das klappt nicht. Wir haben also einen historischen Fehler begangen, der für mindestens hundert Jahre entscheidend sein wird und der die Voraussetzungen für die chinesisch-russische Zusammenarbeit für hundert Jahre geschaffen hat. Wir müssen also das Entstehen eines solchen Blocks sehen. Russland wird wahrscheinlich in vielen Fragen mit uns übereinkommen, aber es wird niemals die Art von Hintergrund aufgeben, die China darstellt. Wenn wir an der Stelle von Wladimir Putin wären, würden wir wohl dasselbe tun. Wir würden diese Art von Hintergrund, der sehr wohl real ist, niemals aufgeben. Können Sie sich vorstellen, dass China, wenn es diese Beziehungen zu Russland nicht hätte, diese Gelegenheit nutzen würde, um den Westen anzugreifen und die Russen aus dem Osten zu vertreiben? Aber das haben die Chinesen nicht getan. Sie haben gesagt: Wir akzeptieren diese westliche Art der Annäherung an den Krieg nicht. Es handelt sich also um eine historische Angelegenheit, nicht nur um den Krieg des Jahrzehnts. Er wird für lange, lange Jahrzehnte Auswirkungen haben, und wir werden damit zusammenleben müssen. Auch unsere Kinder werden damit leben müssen. Aber Russland wird niemals zu dem Westen zurückkehren, niemals. Es tut mir leid, dies sagen zu müssen, ich freue mich darüber nicht, denn Russland ist Ungarn zu nahe.
Und was die Ukraine betrifft. Was ist das grundlegende Problem? Die Russen haben sich sehr schwergetan, die Tatsache zu akzeptieren, dass die mitteleuropäischen Länder, darunter auch meine Heimat, Ungarn, Mitglied der NATO geworden sind. Sie haben das immer kritisiert und gesagt, das sei unanständig, weil es nicht das sei, was man ihnen versprochen habe. Niemand weiß, ob es tatsächlich passiert ist oder nicht, aber man hat ihnen angeblich versprochen, dass die ehemals sowjetischen Gebiete nicht der NATO beitreten würden. Dann traten wir bei, was für uns gut war, und die Russen begannen, sich mit dieser Idee zu arrangieren. In diesem Konzept war die Ukraine die Pufferzone zwischen der NATO und Russland. Als wir dann begannen, die Ukraine mehr und mehr militärisch einzubinden, ihre Armee auszubauen und auf diplomatischer Ebene über eine mögliche Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO zu sprechen, verwandelten wir diese Pufferzone in eine Kriegszone. Es handelt sich also nicht mehr um eine Pufferzone. Das ist hier das Problem. Wie stellen wir uns das Gebiet zwischen der NATO und Russland vor, wie nennen wir es und wie verwalten wir es, welche Art von Zukunft bieten wir den Menschen, die in diesem Gebiet leben. Das sind also die wirklich großen und schwierigen Herausforderungen, die vor uns liegen. Als wir uns in den Krieg stürzten, habe ich den Menschen im Westen immer gesagt, dass wir diesen Krieg nicht als unseren eigenen Krieg betrachten sollten. Dies ist nicht der Krieg des Westens. Es ist ein Krieg zweier slawischer Völker, ein brutaler Krieg von Brüdern. Russen und Ukrainer, wir sollten sie isolieren, wir sollten ihnen helfen, aber wir sollten ihn nicht als unseren Krieg bezeichnen. Aber genau das haben sie getan.
Ja, ich weiß.
Präsident Biden kam nach Warschau und sagte, dass Putin verlieren muss. Aber das bedeutet doch, dass wir uns im Krieg befinden. Warum haben wir das getan? Niemand kennt die Antwort auf diese Frage. Es war eine sehr schlecht durchdachte Idee. Sie dachten wahrscheinlich, sie könnten Russland schwächen. Ich war mir vom ersten Moment an sicher, dass ein Krieg Russland nur stärker machen würde als es vor dem Krieg war. Das ist es, worum es in unserer Geschichte geht. Der Erste Weltkrieg, der Zweite Weltkrieg. Wenn sie den Krieg beginnen, sind sie schwächer. Sie werden stärker, je länger der Krieg weitergeht. Das ist die Lektion der ungarischen Geschichte.
Sie waren die erste Person, die ich zu diesem Thema befragt habe, und da ich in den Vereinigten Staaten lebe, wo ein solches Nachrichtenvakuum wie in Nordkorea an Nachrichten herrscht, war ich ziemlich schockiert, als ich Sie im Sommer 2022 fragte, wer Ihrer Meinung nach diesen Krieg gewinnen würde, und Sie lachten und sagten: Haben Sie sich mal die Bevölkerungszahlen angeschaut? Russland hat 100 Millionen mehr Bürger. Und dann habe ich mich gefragt, warum ich das noch nie von jemandem gehört habe? In allem, was Sie vor zweieinhalb Jahren gesagt haben, haben Sie schließlich Recht behalten.
Ich bin darüber nicht glücklich.
Nein, ich weiß. Aber ich will damit sagen, dass auch westliche Entscheidungsträger in Wikipedia nachschauen können. Wie konnten sie das nicht wissen?
Ich denke, dafür gibt es zwei Gründe. Der eine ist, dass sie den Zweiten Weltkrieg so interpretieren, dass Russland die Deutschen nur besiegen konnte, weil es von den Amerikanern und Briten unterstützt wurde. Der zweite…
Lassen Sie mich Sie kurz unterbrechen. Sie glauben nicht, dass das wahr ist?
Ich denke, das war bis zu einem gewissen Grad der Fall. Eine Menge Unterstützung kam von den Vereinigten Staaten, insbesondere nach Russland, und vor allem in Form von Waffen. Ich würde nicht sagen, dass dies eine Voraussetzung war. Man sollte auch den Heldenmut der Russen bei der Verteidigung ihres Landes nicht unterschätzen, auch nicht gegenüber den Ungarn, denn wir haben auf der anderen Seite gekämpft. Es stimmt, dass das Bündnis mit dem Westen eine Rolle dabei spielte, dass Russland die deutschen Angriffe überleben konnte, aber die Bedeutung dieser Tatsache wird von der westlichen Geschichtsschreibung wahrscheinlich etwas übertrieben. Zweitens darf man nicht vergessen, dass in den 1990er Jahren… Ich war gerade Ministerpräsident, als Präsident Putin 1999 an die Macht kam, das war meine erste Amtszeit als Ministerpräsident. Und ich erinnere mich noch daran, wie die Situation in den neunziger Jahren war. In den neunziger Jahren gab es den Washingtoner Konsens, die Theorie der Neuordnung der Weltwirtschaft: Privatisierung, Wettbewerbsfähigkeit und so weiter. Die globalen Kapitalisten begannen in Russland zu investieren und dachten, sie hätten nun den Schlüssel gefunden, um die russische Wirtschaft, die riesigen russischen Territorien, Rohstoffe und Energieressourcen in die Weltwirtschaft einzubinden. Das war in den 1990er Jahren, und sie haben dies auch getan. Sie machten das große Geld. So auch George Soros, den man immer im Auge behalten sollte, wenn man verstehen will, was passiert. Aber die Russen waren darüber überhaupt nicht glücklich. Dann kam die Wende. Präsident Putin kam an die Macht und sagte: „Diese Integration in die Weltwirtschaft ist nicht in Russlands Interesse”, und vieles wurde gestoppt. Viele amerikanische und europäische Investoren haben daran verloren. Und ich glaube, dass derselbe Mann ihnen den Zugang zu den Profitquellen versperrt hat, so dass in ihrem Denken so ein Element persönlicher Rache steckt. Da bin ich mir sicher, aber es tut mir leid, ich habe wahrscheinlich schon zu viel darüber gesprochen.
Dies ist eine sehr diplomatische Darstellung der Ereignisse aus unserer Sicht. Es sah eher nach einer Ausplünderung durch westliche Unternehmen aus, die zu der mit Abstand niedrigsten Lebenserwartung in ganz Europa führte. Und seit Putin an der Macht ist, steigt die Lebenserwartung bei der Geburt, was meiner Meinung nach ein ziemlich gutes Maß für die Gesundheit eines Landes ist. Gleichzeitig gibt es großen Unmut darüber, dass er nicht zugelassen hat, dass ausländische Interessen sein Land dominieren.
Die Russen hatten ihre eigene Vorstellung davon, wie sie sich in die Weltwirtschaft einbringen wollten. Und diese Vorstellung unterschied sich natürlich von den amerikanischen und europäischen Vorstellungen. Ungarn ist auch ein Teil davon. Als wir diese neue Strategie der Russen erkannten, gingen auch ungarische Unternehmen nach Russland, um Geschäfte zu machen, und ich bin sicher, dass auch Unternehmen aus den Emiraten, saudische Unternehmen und andere nach Russland gingen. Sie haben also ein Land, und sie wollen sich nicht isolieren. Sie wollen auf der Grundlage der russischen Interessen in die Weltwirtschaft einbezogen werden, nicht auf der Grundlage des Washingtoner Konsenses oder eines anderen Prinzips. Es ist ihr Land, ob es ihnen gefällt oder nicht, es ist ihr Land. Sie entscheiden, und wir müssen uns dem anpassen, nicht sie zwingen, sich zu ändern. Das ist nicht unsere Aufgabe. Zumindest ist das der ungarische Ansatz, wahrscheinlich nicht der amerikanische, aber sicherlich der mitteleuropäische. Sie sind zu nahe. Vergessen Sie nicht, dass sie zu nahe sind.
Ich weiß, dass Sie das nicht vergessen werden. Wie beurteilen Sie Selenskyj als Führer der Ukraine?
Zunächst einmal, auch wenn ich eine Reihe von Kritikpunkten habe, spielt das keine Rolle. Wenn wir die Geschehnisse in der Ukraine in den letzten Jahren aus der richtigen Perspektive betrachten, sehen wir, dass sie sich entschieden haben, in den Krieg zu ziehen, um ihr eigenes Territorium zu verteidigen, um ihr Recht zu verteidigen, der NATO beizutreten und zur westlichen Architektur, der westlichen Sicherheits- und Wirtschaftsarchitektur, zu gehören. Sie haben beschlossen, für all das zu kämpfen, sie haben dafür Hunderttausende von Menschenleben geopfert und sie kämpfen heldenhaft. Ich bin sehr vorsichtig mit kritischen Kommentaren über den ukrainischen Präsidenten, denn sie haben eine historische Tat vollbracht, indem sie einer Großmacht wie Russland so lange widerstanden haben. Unabhängig von den politischen Fehlern, die sie gemacht haben, sind der Kampf an sich und die Opfer, die sie gebracht haben, wirklich heldenhaft. Das ist die erste Sache.
Die zweite ist, dass sie meiner Ansicht nach die wahren Absichten des Westens missverstanden haben. Sie dachten, dass der Westen sie bis zum Ende aller Zeiten unterstützen würde. Und deshalb war ihre Haltung nicht gerade so, wie man das erwarten würde, denn wenn man in Schwierigkeiten ist, braucht man Hilfe und bittet jemanden um Hilfe. Die Art und Weise, wie sie in dieser Situation mit uns reden, ist nicht angemessen. Aber meinten, dass sie das tun konnten, weil der Westen bis ans Ende der Zeit hinter ihnen stehen würde. Wenn man sich die Geschichte der westlichen Politik ansieht, ist das ein Missverständnis. Das ist nicht gerade das, was der Westen in den letzten Jahren getan hat.
Nein.
Nein. Ich war mir also sicher, dass man sie früher oder später allein lassen würde und ihnen sagt: „Jungs, der Krieg ist vorbei, die finanzielle Unterstützung ist vorbei, die militärische Unterstützung ist vorbei. Lasst uns ein Abkommen treffen! Trotz der enormen Verluste, die ihr erlitten habt, ist dies der richtige Zeitpunkt. Wir wollen nicht den Ausbruch des Dritten Weltkriegs riskieren. Wir wollen keinen direkten militärischen Konflikt mit Russland riskieren.” Mein Herz schlägt also für die Ukrainer, aber ihre Haltung in dieser ganzen Frage bringt sie in sehr große Schwierigkeiten.
Westliche Waffen im Wert von mehreren Milliarden Dollar sind in die Ukraine geflossen. Viele davon wurden an andere Länder verkauft. Das ist eine Tatsache. Ich weiß nicht, ob Sie sich Gedanken über die möglichen Auswirkungen auf Ihre Sicherheit machen. Es ist also immer gefährlich, wenn sich irgendwo eine Menge Waffen ansammeln. Gibt es überhaupt jemanden, der das verfolgt, wo diese fortschrittlichen Waffen landen?
Lassen Sie mich noch einmal sehr vorsichtig sein. Jeder denkt jetzt, dass wir ein Problem namens Russland haben, und das stimmt auch. Aber bald werden wir ein anderes Problem namens Ukraine haben.
Das glaube ich in der Tat. Vor zwei Tagen hielt Pete Hegseth, der neue US-Verteidigungsminister, eine Rede, in der er zu Beginn klarstellte, dass die Ukraine nicht der NATO beitreten werde. Das war also der Grundgedanke. Diese Frage war der Auslöser für den Krieg. Es war die Grundlage für die russische Forderung. Ich denke, selbst denjenigen, die Russland nicht wirklich mögen, ist klar, warum die Russen dies fordern. Jetzt, da die Vereinigten Staaten es ausgesprochen haben, ist das die Grundlage für den Frieden? Was ist sonst noch für den Frieden nötig?
Sie leben in den Vereinigten Staaten und können sich wahrscheinlich nur schwer vorstellen, welche Macht die liberale Diktatur des öffentlichen Lebens besitzt, unter der wir hier in Europa leben. Der Druck der liberalen öffentlichen Meinung auf die Staats- und Regierungschefs war in den letzten drei Jahren so stark, dass alle europäischen Staats- und Regierungschefs denselben Weg einschlagen. Stellen Sie sich vor, ein führender Politiker einer großen europäischen Nation sagt, dass wir die Ukraine um jeden Preis unterstützen müssen. Wir müssen das aus moralischen Gründen tun. Daran können wir nichts ändern. Und sie müssen der NATO beitreten, argumentieren wir. Und in der nächsten Woche gibt es dann Veränderungen in der Welt, so dass unsere alte, moralisch begründete Position überholt ist und wir die Richtung ändern müssen. Aber es ist schwer vorstellbar, dass sich mit der derzeitigen Führung auch nur irgendetwas ändert. Ich will hier keine Witze darüber machen, aber jetzt mit der Entscheidung der USA ist es wirklich an der Zeit, nüchtern zu werden, aber sie denken immer noch an die nächste Runde. Es wird also Zeit brauchen, bis die Herde ihre Richtung ändert. Gerade heute haben die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten europäischen Länder eine Erklärung abgegeben, in der sie erklärten, dass sie unabhängig davon, was die Amerikaner sagen, weitermachen werden wie bisher. Das war heute Morgen.
Wir müssen also Frankreich angreifen? Ist es das, was Sie sagen? Entschuldigung, das war nur ein Scherz. Niemand will Frankreich im Moment haben.
Vielleicht ein anderes…
Entschuldigung, Entschuldigung, auf einem anderen Forum später. Aber wenn wir optimistisch sein wollen, glauben Sie, dass die Trump-Administration… Der Präsident hat bei mehreren Gelegenheiten gesagt, dass dies ein Ende haben muss. Halten Sie es für möglich, den Krieg langfristig innerhalb von sechs Monaten zu beenden? Halten Sie das für realistisch?
Ja, auf jeden Fall. Sogar noch früher.
Wirklich?
Ja. Starke Menschen schaffen Frieden, schwache Menschen Krieg. So einfach ist das. Jetzt haben wir starke Führer.
Eine letzte Frage, und bevor ich mich von Ihnen verabschiede, möchte ich sagen – und ich schmeichele gern –, dass es einen Grund gibt, warum Sie der am längsten amtierende Regierungschef in Europa sind. Trotz aller Kritik, die Sie erhalten haben, ist die Geschichte…
Vergessen Sie nicht, dass ich auch einen anderen Rekord halte, der noch wichtiger ist. Ich war auch der am längsten amtierende Oppositionsführer in Europa, 16 Jahre lang. Ich sage das nur, weil man mir vorwirft, kein Demokrat zu sein. Vergessen Sie das nicht! Okay, 19 Jahre an der Regierung sind etwas. Aber 16 Jahre in der Opposition sind auch eine Leistung. Und wenn ich die Zeit davor dazuzähle, ist es sogar noch mehr. Also halte ich auch diesen Rekord. Ich kenne beide Seiten der Demokratie, die Sonnenseite und die Schattenseite. Ich habe die Politik nie verlassen, auch nicht, als ich die Wahl verloren habe. Ich bin also eine politische Tierart, die eine demokratische politische Maschine betreibt.
Was hat Ihnen mehr Spaß gemacht? Seien Sie ehrlich!
Als ich in der Opposition war, hatte ich mehr Zeit für den Fußball. Was eine sehr wichtige Frage ist.
Was denken Sie, was die europäischen Bürger wirklich denken? Sie haben einige Male erwähnt, dass das Verhalten der Führer einiger westlicher Nationen die Demokratie selbst in Frage stellt. Gibt es einen genauen Überblick darüber, was die Europäer, die Spanier, die Franzosen, die Portugiesen, die Briten, wirklich über den Krieg in der Ukraine denken?
Wir haben eine solche Umfrage. Wir führen solche Umfragen durch, daher kenne ich die Situation in allen europäischen Ländern, und ich kann Ihnen sagen, dass sich die Mehrheit in Richtung Frieden bewegt hat, so dass das Friedenslager jetzt in der Mehrheit ist. Das Friedenslager ist in der öffentlichen Meinung in Europa in der Mehrheit. Es gibt ein oder zwei Ausnahmen, aber alle anderen bewegen sich in dieselbe Richtung, mehr und mehr in Richtung Frieden. Aber es gibt noch eine andere Meinung, die noch wichtiger ist. Ich will nicht vom Thema ablenken, aber jedes Jahr fragen wir die Menschen in Europa: Was denken sie über die Zukunft ihrer Kinder? Wird das Leben ihrer Kinder besser oder schlechter sein als ihr eigenes? Und in allen westlichen Ländern sagen die Menschen: schlechter. Und in allen mitteleuropäischen Ländern sagen sie: besser. Es besteht also hierbei ein echter Unterschied innerhalb des Kontinents zwischen den west- und mitteleuropäischen Ländern. Wir glauben also immer noch – in den von der Sowjetunion besetzten Ländern, in denen eine kommunistische Diktatur herrschte –, dass wir für unsere Kinder eine bessere Zukunft schaffen können als für uns selbst. Aber die Westler denkt das Gegenteil davon. Das ist also ein weiterer sehr interessanter Unterschied innerhalb des gemeinsamen europäischen Marktes und der Europäischen Union.
Liegt es daran, dass ihre Lebenskraft unbeeinträchtigt geblieben ist?
Ja, das ist auch ein interessanter Ansatz. Aber die andere Sache ist, dass wir für das, was wir haben, kämpfen mussten. Wir haben für alles gekämpft. Für die Demokratie, für die Freiheit. Die Generationen, die jetzt im westlichen Teil Europas an der Macht sind, sind in die Demokratie und die Freiheit hineingeboren worden. Ich habe 26 Jahre meines Lebens unter einer kommunistischen Diktatur verbracht. Ich habe Freiheit und Demokratie nicht geerbt. Wir haben für diese Dinge gekämpft. Wir haben sie erreicht, wir haben für sie gekämpft. Wir sind daher der festen Überzeugung, dass wir nicht vergeblich gekämpft haben. Es war sinnvoll, und wir konnten unsere Länder in Mitteleuropa nach 45 Jahren sowjetischer Besatzung und kommunistischer Diktatur aufbauen, und unsere Kinder werden die Früchte ernten. Demokratie und Freiheit sind also eine ernste Sache in Ost- und Mitteleuropa. Sie sind Teil unseres Lebens. Sie sind Teil unserer Herzen. Sie sind die Essenz unseres Lebens. Die Investorengesellschaften haben all diese Dinge geerbt, sie sind für sie gegeben. Die Mittelschicht und auch das gute Leben. Wenn Sie sich also die Europäische Union und Europa ansehen, sollten Sie nicht denken, dass das Leben überall gleich ist. Es gibt Unterschiede, und zwar nicht nur auf nationaler, sondern auch auf historischer Basis. Ich weiß nicht, wie die Zukunft Westeuropas aussieht, aber ich bin überzeugt, dass auf Mittel- und Osteuropa, auf Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei, Ungarn und Serbien eine leuchtende Zukunft wartet. Dessen bin ich mir sicher.
Ich auch. Herr Ministerpräsident, ich danke Ihnen.
Ich danke Ihnen.
Es war wunderbar. Ich danke Ihnen.
Ich danke Ihnen.