Guten Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich danke Ihnen, dass ich hier sein darf. Ich wollte nicht während des Wahlkampfes kommen, das hätte den Anschein erweckt, als würden wir uns in die Entscheidung der georgischen Menschen einmischen, wir haben lieber die Wahlergebnisse abgewartet und dann konnte ich hier zu Ihnen nach Tiflis kommen. Ich danke Ihnen sehr für die Einladung.
Die beiden Völker haben ein gegenseitig positives Bild voneinander. Wir wissen gar nicht, was der Grund dafür ist, vielleicht ist die Geschichte die Ursache dafür. Sie sind ein freiheitskämpfendes Volk, wir sind es auch, wir sind von Großmächten umgeben, Sie sind es auch, wir haben immer für Souveränität und Freiheit kämpfen müssen. Wahrscheinlich ist es diese historische Tatsache, die zu dem positiven Vorurteil geführt hat, mit dem die beiden Völker heute aufeinander blicken. Deshalb ist es immer eine Freude und ein Vergnügen, hier bei Ihnen zu sein. Ich beglückwünsche den Premierminister zu seinem Wahlsieg. Wenn ich mir die Debatte um die Wahl anschaue, wenn ich die Einschätzungen der internationalen Organisationen lese, dann stelle ich fest, dass niemand es wagt, in Frage zu stellen, dass diese Wahl eine freie und demokratische Wahl war. Bei aller Kritik wagt es niemand, so weit zu gehen. Und das zu Recht, denn auch wir, Ungarn, haben Beobachter geschickt, wir waren hier, wir haben mit eigenen Augen gesehen, was passiert ist. Bevor ich hierherkam, habe ich auch die Berichte der ungarischen Beobachter studiert, die eindeutig positiv waren und von einer freien und demokratischen Wahl berichteten. Herzlichen Glückwunsch an den Herrn Premierminister!
Ungarn ist ein Nachbarland der Ukraine. Wenn es heute ein Land in Europa gibt, das weiß, wie der Krieg ist, dann ist es Ungarn, denn er ist dort in unserer Nachbarschaft. Wir wissen also, was Krieg bedeutet, weil er in unserer Nachbarschaft stattfindet, und wir wissen, wie wichtig der Frieden ist. Ungarn ist ein auf der Seite des Friedens stehendes Land in Europa, und wir wissen ihre Bestrebungen zu schätzen, dass Sie ebenfalls auf der Seite des Friedens stehen. Niemand will sein eigenes Land zerstören und in einen sinnlosen Krieg hineinziehen, deshalb verstehen wir die Entscheidung der georgischen Menschen, die für den Frieden gestimmt haben, und auch bei uns ist die Situation so.
Ich möchte auch deutlich machen, dass die georgischen Menschen hier eine pro-europäische Entscheidung getroffen haben. Ich sehe, dass sich sowohl die Opposition als auch die Regierungspartei für die Integration in die Europäische Union einsetzen. Ja, in der Tat sind Sie vielleicht das einzige Land der Welt mit einer Verfassung, die besagt, dass alle Regierungen eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union anstreben müssen. Unter diesen Umständen das Engagement der georgischen Regierung für Europa in Frage zu stellen, ist höchst amüsant. Und ich beglückwünsche Sie dazu, dass Sie es nicht zulassen, dass Ihr Land zu einer zweiten Ukraine wird, während Sie eine pro-europäische Politik verfolgen. Wir schätzen das Engagement des Herrn Premierministers hoch, von dem ich mich jetzt auch persönlich überzeugen konnte, damit Georgien bis zum Ende des Jahrzehnts als das bestvorbereitete Kandidatenland der Europäischen Union beitreten kann. Wir werden dieses Ziel mit aller Kraft unterstützen. Wir haben bereits schon bisher ungarische Experten nach Tiflis entsandt und freuen uns, Experten aus Ihrem Land zu einem Schulungsprogramm in Ungarn begrüßen zu dürfen.
Wir haben vereinbart, unsere Zusammenarbeit in strategischen Bereichen auszubauen. Vor kurzem haben wir uns auf den Investitionsschutz geeinigt. Wir freuen uns, dass die ungarische Fluggesellschaft eine wichtige Rolle in Ihrer Wirtschaft spielt. Wir freuen uns auch darauf, uns an Ihrer Wirtschaft auch in den Bereichen Infrastrukturentwicklung, Tourismus und Wasserwirtschaft zu beteiligen. Es ist eine große Ehre für uns, mit Georgien an dem größten Projekt der Europäischen Union arbeiten zu dürfen. Wir haben einen riesigen, großen, gemeinsamen europäischen Plan, um den im Kaukasus erzeugten grünen Strom nach Europa, in das Gebiet der Europäischen Union zu bringen. Dies ist ein riesiges europäisches Projekt. Ich danke dem Herrn Premierminister dafür, dass seine Regierung sehr aktiv an der Umsetzung dieses Projekts arbeitet. Hier arbeiten Aserbaidschan, Georgien, Rumänien und Ungarn zusammen. Wir haben ein gemeinsames Joint Venture zwischen den vier Ländern gegründet, was ein entscheidender Schritt ist, so dass ich hoffe, dass wir Ihnen später über eines der erfolgreichsten Projekte in der Europäischen Union berichten können.
Und abschließend möchte ich noch erwähnen, dass Ungarn jedes Jahr 80 georgischen Universitätsstudenten ungarische Staatsstipendien gewährt, und wir freuen uns, dass es ein Vielfaches an Bewerbungen gibt und dass jedes Jahr 80 georgische junge Menschen zum Studium nach Ungarn kommen.
Abschließend möchte ich als Ministerpräsident, der schon so viele Debatten und Kämpfe erlebt hat, etwas zu den Diskussionen sagen, die uns in den nächsten Tagen erwarten, und dass sie entsprechend ihrer Bedeutung behandelt werden müssen. Obwohl das Ergebnis der Wahl eindeutig ist, die Wahl selbst frei und demokratisch war, wird es in Europa trotzdem Debatten über Ihre Wahl geben. Diesen sollten Sie nicht zu viel Bedeutung beimessen, das sind ganz normale Debatten. Das ist genau die Art von Debatte, die wir in Brüssel führen. Wenn die konservativen Parteien in Europa gewinnen, haben wir die gleichen Debatten, denn die europäische Politik hat ein Handbuch, ein politisches Handbuch, einen Leitfaden, den man kennen sollte: Wenn die liberalen Parteien gewinnen, gibt es Demokratie, wenn die Konservativen gewinnen, gibt es keine Demokratie. Diese Debatten gibt es immer wieder, egal ob es sich um eine Wahl in Ungarn oder in irgendeinem anderen Mitgliedstaat innerhalb der Grenzen der Europäischen Union handelt. Hätten die Liberalen hier in Georgien gewonnen, würde es heute überall in Westeuropa heißen: Ihre Demokratie ist in Höchstform. Da jedoch die Konservativen dieselbe Wahl gewonnen haben, ist zu erwarten, dass die Debatten, die immer auf Wahlen in Ungarn oder in anderen Ländern folgen, in der internationalen Presse ihren Niederschlag finden werden. Das sollte man nicht ernst nehmen, liebe georgische Freunde! Herzlichen Glückwunsch zu den Wahlergebnissen!
Ich wünsche Ihrer Regierung, Ihrem Land und Ihrem Volk viel Erfolg für die kommenden Jahre! Sie können auch in Zukunft auf Ungarn und unsere strategische Partnerschaft zählen.