Csaba Joó: Herr Ministerpräsident, Ihr Treffen mit Präsident Macron ist vor wenigen Minuten zu Ende gegangen. Worum ging es dabei? Wie war die Atmosphäre während des Gesprächs?
Dies ist die dritte Station unserer europäischen Gesprächsreihe. Wir haben mit Berlin begonnen, wir haben mit Rom weitergemacht und jetzt haben wir in Paris verhandelt. Ungarn hat den anstehenden EU-Vorsitz inne, und so hatten wir zwei Themen: die bilateralen französisch-ungarischen Beziehungen bzw. das nächste halbe Jahr der EU. Wir haben uns die Entwicklung der französisch-ungarischen Beziehungen mit Freude quittiert und sind darin verblieben, dass wir diese weiter stärken werden. Gegenwärtig verdienen 45-50 Tausend ungarische Familien ihr Brot in Unternehmen, die sich in französischem Besitz befinden und in Ungarn tätig sind. Und unser Handelsumsatz hat sich in zehn Jahren verdoppelt, und jetzt, da es uns gelungen ist, den Flughafen zurückzukaufen, ist eines der größten französischen Unternehmen auch unser professioneller und geschäftlicher Partner in dieser Angelegenheit, und ich habe gestern mit ihnen gesprochen, aber heute haben wir mit dem Präsidenten bekräftigt, dass dies nicht nur eine Investition und ein Investment ist, sondern auch ein großes Entwicklungsprogramm, das sowohl für Frankreich als auch für Ungarn wichtig ist. Dann haben wir über europäische Angelegenheiten gesprochen. Die Franzosen führen die Europäische Nuklearkoalition, die Gruppe jener Länder, die der Meinung sind, dass wir ohne Kernenergie keine saubere Energie und keine saubere Wirtschaft haben können. Ungarn war von Anfang an Mitglied, Gründungsmitglied, dieser Koalition. Hier haben wir die Schritte der Zusammenarbeit geklärt. Französische Unternehmen sind mit großer Energie am Bau des Kraftwerks in Paks beteiligt. Wir haben vereinbart, die Zusammenarbeit in der Verteidigungsindustrie zu erweitern. Es gibt bereits jetzt schon französische Investitionen in der Rüstungsindustrie in Ungarn. Wir sind auf der Suche nach neuen Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Und was am wichtigsten ist, es ist mir gelungen, mit dem französischen Präsidenten zu vereinbaren, dass er das Programm der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft unterstützt, in dessen Mittelpunkt die Stärkung der europäischen Wirtschaft steht. Wir haben also nach Berlin und Rom auch von Paris die Vereinbarung bekommen, wir haben auch hier eine Vereinbarung geschlossen, und wir haben die Zustimmung erhalten, dass es in den nächsten sechs Monaten in Europa unter der ungarischen Präsidentschaft um die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft gehen soll.
Die Erweiterung um den Westbalkan war für Ungarn immer wichtig. Unterstützen Sie uns dabei? Kann es in diesem Bereich in den nächsten sechs Monaten einen Fortschritt geben?
Die Frage der Erweiterung des westlichen Balkans ist in diesen Breiten eine heiße Kartoffel. Jeder wirft sie aus einer Hand in die andere. Wir Ungarn denken nicht so darüber. Seit fünfzehn Jahren warten die Länder des westlichen Balkans darauf, der EU beizutreten. Das ist falsch, schlecht, vielleicht sogar erniedrigend. So kann man unabhängige Länder nicht behandeln. Früher oder später muss Hü oder Hott, dieses oder jenes, aber irgendetwas muss gesagt werden. Der ungarische Ratsvorsitz wird sich bemühen zu erreichen, dass wir es endlich aussprechen sollen, ob wir sie wollen oder nicht, und soweit ich das sehe, sind jene Länder in einer überwältigenden Mehrheit, die die Länder des West-Balkans, einschließlich Serbien, so bald wie möglich innerhalb der Zäune der Europäischen Union sehen wollen, d.h. sie wollen, dass auch diese Region Teil der Europäischen Union wird. Ungarn wird sich im kommenden Zeitraum dafür einsetzen.
Herr Präsident Macron ist einer der lautstärksten Befürworter der Ukraine. Wurde die Frage des Krieges zur Sprache gebracht?
Natürlich haben wir auch darüber gesprochen. Die Meinungen gehen hier weit auseinander. Ich habe dem Präsidenten gegenüber deutlich gemacht, dass Ungarn sich weder mit der Ukraine noch mit Russland beschäftigt, Ungarn beschäftigt sich mit dem Frieden. Ungarn ist nicht gegen das eine oder das andere Land, sondern gegen den Krieg, wir wollen den Krieg beenden, also ist das wichtigste Ziel für uns, dass es so schnell wie möglich einen Waffenstillstand gibt und nicht noch mehr Menschen sterben.
Vor einigen Wochen war der chinesische Präsident Xi Jinping in Europa, und er war auch hier in Paris und in Budapest. Hier in Paris wurde er von der Presse äußerst positiv empfangen, während es bei uns ja schon ein Problem gab, dass wir ihn empfangen haben. Kam das zur Sprache?
Das kam nicht zur Sprache. Die chinesisch-ungarischen Beziehungen sind in der Europäischen Union allgemein bekannt. Jeder weiß, dass Ungarn seit jeher ausgewogene und gute Beziehungen zu China unterhält. China hat Ungarn auch auf eine sehr hohe Stufe der Zusammenarbeit gestellt. Sie wissen, dass China sich an der Modernisierung der ungarischen Wirtschaft beteiligt, und sie wissen, dass China uns angeboten hat, uns an der Modernisierung der chinesischen Wirtschaft zu beteiligen, und dass dies eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit bedeutet, gegen die die Europäer nichts einzuwenden haben und auch nichts haben können.
Es gab mehrere Presseartikel, und Sie selbst haben sich dazu geäußert, dass eine Reihe von Geheimverhandlungen darüber geführt werden, wie europäische Posten auf Parteibasis vergeben werden könnten. Haben Sie darüber gesprochen?
Das ist geschehen. Ich habe also meine Meinung geäußert, dass Ungarn – vielleicht wegen seiner Größe und seiner Traditionen – immer dafür war, alle in die europäischen Entscheidungen einzubeziehen. Es ist nicht gut, wenn die wichtigsten Ämter für die nächsten fünf Jahre und das entsprechende Programm von denen, die sich selbst dazu ernannt haben, parteipolitisch vergeben werden. Das ist niemals gut, wenn es in der Europäischen Union eine Regierungspartei und eine Opposition gibt, wenn es eine Mehrheit und eine Minderheit gibt, alle müssen beteiligt werden. Dieser Schritt ist aber vielmehr in der Europäischen Union die Koalition der den Krieg und die Migration befürwortenden Parteien geworden, die abzulehnen die Pflicht Ungarns ist.