Gábor Gavra: Ich begrüße herzlich die Zuschauer des YouTube-Kanals „ÖT“. Mein Name ist Gábor Gavra, und dies ist unsere Sendung „Ring“. Bevor ich unseren heutigen Gast vorstelle, bitte ich Sie, sich auf dem YouTube-Kanal „ÖT” anzumelden. In den letzten vier Monaten waren unter anderem János Lázár, Gergely Karácsony, Balázs Orbán, Péter Márki-Zay, Klára Dobrev und zuletzt László Toroczkai zu Gast, und heute ist Viktor Orbán, der Ministerpräsident von Ungarn, unser Gast, den wir herzlich begrüßen, und natürlich erwarten wir auch Péter Magyar, den Vorsitzenden der Tisza-Partei, im Ring. Heute stellen wir beide im Ring gemeinsam mit meinem Kollegen András Hont, der bereits in einer anderen Sendung desselben Senders mit Viktor Orbán gesprochen hat, die Fragen. András hat die erste Frage. Bitte sehr!
Guten Tag!
András Hont: Guten Tag! Im Grunde geht es um Kötcse, um das, was in Kötcse gesagt wurde, und um die Situation, die sich danach ergeben hat, falls es eine solche gibt, und wir beginnen gleich am Ende, am Ende dieser Rede. Dort sagen Sie: „Von nun an soll jeder wirklich alles tun, was er kann, denn Sie kennen mich, ich bin nicht der Typ Mensch, der droht und grob ist.“ Nicht wahr?
Das bin ich nicht.
András Hont: „Aber glauben Sie mir, nichts wird vergessen, alles wird notiert und alles wird geregelt werden.“ An wen richtet sich das?
Gábor Gavra: Man sagt doch, dass der Teil vor dem „aber“ nicht interessant ist.
András Hont: Ja.
Ja, aber wenn wir einen Satz vor dem Zitat lesen, wird sofort alles klar.
András Hont: „Alles muss dem gemeinsamen Sieg untergeordnet werden.“
Genau darum geht es. Wer sich nicht unterordnet, wer nicht alles dem gemeinsamen Sieg unterordnet, den werden wir das nicht vergessen.
András Hont: Denn viele haben dies als Drohung gegenüber den Gegnern verstanden. Ich lese es eher als eine nach innen gerichtete Botschaft.
Die Schönheit der politischen Kommunikation liegt, wie in der Literatur, darin, dass es für den Zuhörer schwierig ist, zu erkennen, was der Autor wohl gemeint hat, aber der Text erklärt sich von selbst. Im Grunde geht es darum, dass jeder, der nicht alle seine Ressourcen, seine Energie, sein Verhalten und seine Handlungen dem gemeinsamen Sieg unterordnet, damit rechnen muss, dass wir das nicht vergessen werden.
András Hont: Weil es so etwas in der Fidesz gibt?
Natürlich, das gibt es in jeder Partei. Ich habe noch keine Gemeinschaft gesehen, in der sich alle zu 100 Prozent den gemeinsamen Zielen unterordnen würden.
Gábor Gavra: Aber vor den bisherigen Wahlen haben wir zumindest in der Öffentlichkeit nichts Derartiges von Ihnen gehört.
Ich habe auch noch härtere Dinge gesagt.
Gábor Gavra: Intern. In Kötcse? Weil es unter Ausschluss der Öffentlichkeit war?
Ja, ja, weil – wie soll ich sagen? – ich das nicht herausposaunen wollte, aber nachdem es jetzt offen war, nun ja…
Gábor Gavra: Péter Magyar hat diese Worte ähnlich wie Sie erklärt, dass sie nach innen gerichtet gewesen seien, weil es in der Fidesz eine rebellische oder palastrevolutionäre Situation gebe. Das ist nicht mehr vergleichbar mit dem, was Sie sagen…
Das stimmt.
Gábor Gavra: … und Sie wollten hier Ordnung schaffen. Gibt es zwischen der Palastrevolution und der demotivierten Basis oder den demotivierten Kadern – wie soll ich sagen? – eine klare Grenze?
Ja, aber ich würde nicht sagen, dass unsere Leute oder, wie Sie sagen, unsere Kader unmotiviert sind, sondern ich wollte ganz einfach sagen, dass es in jeder Kampagne eine Phase gibt, in der man noch scherzen kann, in der vielleicht noch der eine oder andere Streich erlaubt ist oder man etwas erklären kann oder es zumindest als verzeihliche Sünde gilt, aber es gibt in jedem Match, also auch im Wahlkampf, eine Phase, in der man keine Scherze mehr machen kann, weil dort jeder Fehler unkorrigierbar ist. Und jetzt sind wir in diese Phase eingetreten. Es ist also gut, wenn das jeder von Anfang an weiß, mehr wollte ich damit nicht sagen.
Gábor Gavra: 2018, und vielleicht haben das einige deshalb so verstanden, dass es nach außen oder auch nach außen gerichtet ist, 2018, genauer gesagt am 15. März, beim Friedensmarsch sagten Sie, dass Sie nach der Wahl Genugtuung erhalten würden, moralische, politische und rechtliche Genugtuung. Ist daraus etwas geworden? Oder…
Ich glaube, vielleicht ja. Das Wort „Genugtuung” klingt in der ungarischen Sprache stark, aber wenn…
Gábor Gavra: Und was war das?
… wenn wir es wie Péter Esterházy so betrachten, wie es geschrieben steht, dann ist es ein fairer Ausdruck, nicht wahr? Genugtuung bedeutet also, dass man nicht härter sein wird, als man selbst behandelt wurde, oder dass man so behandelt wird, wie man selbst behandelt hat, nicht mehr. Ich bin Jurist, ich erinnere mich, dass ich in meinem ersten Studienjahr überrascht war, als mir erklärt wurde, dass das Prinzip der Talio, „Auge um Auge”, eine Errungenschaft der Zivilisation ist. Man könnte meinen, dass das barbarisch ist, aber in Wirklichkeit ist es das nicht, denn Auge um Auge bedeutet, dass man nicht zwei Augen für ein Auge nehmen darf. In diesem Sinne ist „Genugtuung“ ein ziemlich korrekter Ausdruck, denn jeder weiß, dass man bekommt, was man gibt. Wenn es jedoch zu Rache wird, finde ich das nicht gut. Ich denke also, dass es einen Unterschied zwischen Genugtuung und Rache gibt. Das Problem mit der Rache ist, dass sie rückwärtsgerichtet ist. Man beschäftigt sich also mit etwas, das bereits geschehen ist, obwohl man eine Wahl gewonnen hat und sich eigentlich mit dem beschäftigen sollte, was vor einem liegt. Und das lenkt deinen Blick, deine Aufmerksamkeit und deine Gedanken zurück, deshalb ist es nicht besonders glücklich, die Zeit nach einem Wahlsieg mit Rache zu beginnen. Deshalb ist auch die Genugtuung, wenn es sie gab, nicht besonders in Erinnerung geblieben, wenn ich das richtig sehe. Außerdem gibt es diese chinesische Weisheit, dass…
Gábor Gavra: Hír TV wurde Lajos Simicska weggenommen oder zurückgenommen, und dort fand eine Säuberung statt.
Wir haben niemandem etwas weggenommen, das ist nicht unsere Art. Innerhalb der Rechten gibt es Interessengruppen, die dies untereinander geregelt haben, ohne dass sich die Politik damit befassen musste.
András Hont: Wenn sich die Situation so entwickelt, ist dann eine solche Umstrukturierung nach den Wahlen im April denkbar?
Nach jeder Wahl gibt es eine Umstrukturierung. Wahlen sind also wichtige Momente im Leben einer Nation oder einer Gemeinschaft. Sie sind also nicht dazu da, dass wir am nächsten Tag so tun, als wäre nichts geschehen. Nach den Wahlen muss man Bilanz ziehen, man kann Lehren daraus ziehen und daraus auch Schlussfolgerungen ziehen. Es lohnt sich also nicht, die Chance zu verpassen, die eine Wahl bietet. Das ist eine Zäsur. Und dann muss man über bestimmte Dinge Rechenschaft ablegen, man muss ehrlich miteinander reden, wer was dazu beigetragen hat, ob er das getan hat, was wir von ihm erwartet haben, nichts darf vergessen werden, man muss das zur Sprache bringen, oder man muss das untereinander klären, oder man muss einander vergeben, oder man muss sich entschuldigen, oder man muss sich trennen. So ist es also nach der Wahl. Außerdem kommt nach der ungarischen Wahl, wenn du sie gewinnst, insbesondere wenn ich die Regierung bilde, noch eine weitere Schwierigkeit hinzu, denn ich stelle die Regierung ja nicht aufgrund vergangener Verdienste zusammen, sondern versuche, sowohl die Struktur als auch die Personen so zusammenzustellen, dass sie den Anforderungen entsprechen, die nicht auf die Regierung, sondern auf das Land zukommen, also wie die nächsten vier Jahre aussehen werden und welche Regierungsstruktur dafür erforderlich ist. Wenn man sich ansieht – natürlich interessiert das die Menschen nicht, denn Politik ist Politik, aber – wie viele verschiedene Strukturen ich seit 1998 ausprobiert habe, warum die eine so und die andere so und die dritte wieder anders geworden ist, alle waren unterschiedlich. Die Zahl der Ministerien reichte von 14 bis 8, mal gab es ein Spitzenministerium, mal nicht. Das hing alles davon ab, was ich dachte, was wir gemeinsam dachten, was wir in Gesprächen darüber erörterten, welche Herausforderungen in den nächsten vier Jahren auf uns zukommen würden und wie die Regierung darauf angemessen reagieren könnte. Das zeigt auch, dass wir in einem politischen Luxus gelebt haben, wenn man diesen Ausdruck schon so häufig verwendet, denn wir haben lange Zeit in politischem Luxus gelebt, weil es keinen Koalitionszwang gibt. In einer Koalitionszwangssituation kann man nicht mit Blick auf die Zukunft seine Regierung zusammenstellen, sondern muss ein internes Spannungsfeld unter Kontrolle halten, da man nicht allein hinter dem Steuerrad steht. Und außer mir gibt es meiner Meinung nach heute in Europa auch keinen einzigen Ministerpräsidenten, der sich den Luxus leisten könnte, bei seinen Überlegungen zur nächsten Regierung ausschließlich von den Herausforderungen, vor denen das Land steht, abzuleiten, welche Regierungsstruktur und welche Führungskräfte es geben soll. Das ist meiner Meinung nach ein großer Vorteil der ungarischen Politik.
András Hont: Da wir gerade von der Regierung oder dem Regieren sprechen: Der Teil der Ankündigung von Kötcse, der tatsächlich politische Maßnahmen in Gang gesetzt hat, war die Ankündigung einer nationalen Konsultation. In diesem Zusammenhang kamen bei uns Zweifel auf, noch bevor wir über den Inhalt gesprochen hatten, denn darüber werden wir noch gesondert sprechen, Steuern, Wirtschaft und so weiter, sondern nur hinsichtlich der Rolle der Regierung.
Gábor Gavra: Ja, zumindest seit 2010 organisiert die Regierung die Nationalen Konsultationen. Davor hat der Fidesz aus der Opposition konsultiert, so wurde beispielsweise László Sólyom 2005 zum Präsidentschaftskandidaten des Fidesz.
Das stimmt.
Gábor Gavra: Nur ist es hier so, dass die Regierung – man muss das meiner Meinung nach auch nicht so sehr überspitzen – gegen die größte Oppositionspartei eine Konsultation organisiert, um – sagen wir es so – den einzigen ernsthaften Herausforderer des Fidesz zu diskreditieren, sicherlich mit viel öffentlichen Geldern.
So etwas darf man nicht machen. Da stimme ich zu. Die Fragen für die Konsultation müssen also so formuliert werden, dass sie korrekt sind und den geltenden Rechtsvorschriften entsprechen.
Gábor Gavra: Und wäre es nicht korrekter, wenn sich die Regierung nicht in diesen Wahlkampf einmischen würde?
Denn was Sie sagen, geht sogar über die Möglichkeiten der Gesetzgebung hinaus. Meiner Meinung nach ist es rechtlich nicht möglich, dass eine Partei, sagen wir eine Regierungspartei, eine Konsultation zu einem Vorschlag der Oppositionspartei organisiert. Man kann eine Konsultation zu der Frage organisieren, wie die Steuer gestaffelt sein soll, ob man damit einverstanden ist, dass es so oder so sein soll, aber die Juristen arbeiten bereits daran, ich sehe die Schweißperlen auf ihrer Stirn, wie man das so formulieren muss, dass es innerhalb der Grenzen des Rechts und des politischen guten Geschmacks bleibt.
András Hont: Aber es muss für den Fidesz günstig sein.
Wir arbeiten nicht gegen uns selbst.
András Hont: Aber Gábor hat in seiner Frage danach gefragt, dass Sie nicht gegen sich selbst arbeiten, aber dennoch mit öffentlichen Mitteln, organisiert von der Regierung, so dass die Wahl für den Fidesz gut ist…
Gábor Gavra: Es soll für den Fidesz gut sein und natürlich für die Tisza-Partei schlecht.
Gut, aber das ist unter dem Gesichtspunkt unvermeidlich, wenn ich in mein Auto steige und zu einer politischen Versammlung fahre. Ich setze mich in ein staatliches Auto, ein staatlicher Fahrer bringt mich dorthin, die Opposition nicht. Damit will ich sagen, dass die Situation der Opposition und der Regierungspartei auf beiden Seiten Konsequenzen hat, sowohl Vor- als auch Nachteile. Die Vorstellung, dass es eine Situation gibt, in der die Regierungspartei nur Vorteile oder nur Nachteile hat und die Opposition nur Vorteile, gibt es nicht, sondern es ist eine Situation, die so ist, wie sie ist. Als ich zum Beispiel die Opposition führte sechzehn Jahre lang die ungarische Opposition, und ich musste als Herausforderer gegen den Vorsitzenden der Regierungspartei kämpfen, gab es ein solches Ungleichgewicht. Interessant ist hier eher das Maß.
Gábor Gavra: Sie haben das übel genommen. Ich erinnere mich daran, dass…
Das gefällt einem nicht, aber es kommt auf das Maß an. Es gibt Gesetze, die die Regeln festlegen, und es gibt eine politische Kultur, die zulässt, dass dies noch akzeptabel ist, und was übertrieben ist, ist es nicht mehr. Das Maß ist meiner Meinung nach interessant.
András Hont: Übrigens gibt es Gesetze, die übrigens vor allem eine Zweidrittelmehrheit im Parlament ändern kann, wenn es notwendig ist.
Ja, aber wenn wir uns anschauen, wie sich die Regeln für den Wettbewerb der Parteien in Ungarn unter der Zweidrittelmehrheit des Fidesz verändert haben, dann kann ich natürlich nicht alle Gesetzesänderungen im Detail wiedergeben, aber insgesamt kann ich sagen, dass das fair war.
Gábor Gavra: Das ist übrigens heute mindestens mein drittes Interview zu diesem Thema. Ich habe zuvor mit András Schiffer, Dániel Deák und Gábor Horn darüber gesprochen. András, also András Schiffer sagte, dass seiner Meinung nach in der Regierungskommunikation, in der Regierungspropaganda seit 2010, ja vielleicht seit jeher es die schwerwiegendste Grenzüberschreitung aller Zeiten wäre, wenn diese Konsultation tatsächlich stattfindet. Gábor Horn bezeichnete dies sogar als Wahlbetrug, da die Regierung offensichtlich mit Geld, mit Steuergeldern, auf der Seite des Fidesz in den Wahlkampf eingreift, offensichtlich gegen die Tisza.
Nun, auch daran zeigt sich, dass großes Wissen große Probleme mit sich bringt, dass also der Verstand nicht immer zum Vorteil des Menschen ist, denn es kommt vor, dass kluge Menschen, wie Sie sie hier zitiert haben, voreilig handeln. Immer mit der Ruhe! Wenn Sie die Fragen sehen, wenn Sie die Konsultation sehen, dann lohnt es sich, solche schweren Vorwürfe zu formulieren. Bei unbekannten Fragen der nationalen Konsultation zeugt es meiner Meinung nach von einer gewissen intellektuellen Arroganz, so harte Worte zu verwenden. Ohne den Gegenstand meiner Untersuchung zu kennen, habe ich bereits ein Untersuchungsergebnis – das liegt meiner Meinung nach doch außerhalb der bürgerlichen Kultur.
András Hont: Gut, in Ordnung. Wenn wir schon bei den Anschuldigungen sind, lassen Sie uns über das hinausgehen, was derzeit die Öffentlichkeit bewegt, denn natürlich möchten wir in diesem Interview alles fragen, worüber man uns später sagen wird, dass ich es nicht gefragt habe oder wir es nicht gefragt haben.
Das ist unvermeidlich, lieber András.
András Hont: Ja. Also Hatvanpuszta. Das ist derzeit ein neuralgischer Punkt, und das war es teilweise auch schon, als wir das letzte Mal hier gesprochen haben. Aber seitdem ist viel passiert. Sie versuchen, das elegant abzutun, indem Sie sagen, dass Sie nicht wissen, was dort vor sich geht, dass Sie nicht genau wissen, worum es geht, dass es das Anwesen Ihres Vaters ist.
Das sage ich nicht, das sage ich nicht.
András Hont: Sondern was?
Dass ich nichts damit zu tun habe. Das ist nicht dasselbe.
Gábor Gavra: Als Sie hier, bei „ÖT”, ein Interview unserem Kollegen Hont gegeben haben, kam Lőrinc Mészáros, István Tiborcz und ausführlicher auch Ádám Matolcsy und dessen Bereicherung zur Sprache. Und vor einigen Wochen waren Sie bei meinem Freund Tamás Király bei Ultrahang, und Tamás sprach Hatvanpuszta an, wo Sie in Ihrer Antwort sagten, dass der Gebäudekomplex, der sich im Besitz Ihres Vaters befindet, ein imposanter Gebäudekomplex ist, das müssen wir einsehen. Ihre Gegner, Kritiker sagen, dass es sich um einen etwa sechs Milliarden teuren, schlossähnlichen Komplex handelt. Ohne jetzt Stellung zu nehmen, ob Sie die Wahrheit sagen oder Ihre Gegner in dieser Angelegenheit Recht haben, also ob Hatvanpuszta ein halbfertiger Bauernhof ist, der Ihrem Vater gehört, oder eine sechs Milliarden teure, schlossähnliche Investition; wäre es nicht einfacher, dies der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und zu zeigen, was sich dort befindet?
Was mir gehört, zeige ich gerne. In Felcsút sind oft Journalisten, manchmal auch vor meinem Haus in Buda. Natürlich ist mein Leben ein offenes Buch, ich habe auch eine Vermögenssteuererklärung abgegeben, aber was mir nicht gehört, was mich nichts angeht, wofür ich nicht verantwortlich bin, das zeige ich nicht, weil es mir nicht gehört. Ich habe ganz einfach nichts damit zu tun, wie ich bereits gesagt habe.
András Hont: Sie sprachen in Kötcse…
Wenn Sie mit Ihrer Frage sagen wollen, dass das Ganze unangenehm ist, dann ist es für mich nicht unangenehm.
András Hont: Sie sprachen in Kötcse…
Ich möchte sagen, dass das nicht der Fall ist, weil meine Toleranzgrenze und meine Maßstäbe wahrscheinlich anders liegen als Ihre. Also, diese Schikaniererei mit Hatvanpuszta, die meiner Meinung nach im Grunde genommen politischer Propaganda dient, ist nichts im Vergleich zu dem, was ich schon mehrfach durchgemacht habe. Entschuldigung, das ist ein leichter Nachmittagstee.
András Hont: Was ich jetzt fragen werde, wird nicht mehr ganz so leicht sein…
Entschuldigung, im Jahr Zweitsausendzehnundirgendwas, ich weiß nicht mehr, vor welcher Wahlkampagne, das ist vor jeder Wahl so, war ich in Sträflingskleidung im ganzen Land plakatiert, ich saß hinter Gittern. Im Vergleich dazu ist die Frage, ob mein Vater einen Bauernhof hat und wie dieser aussieht, ein Nachmittagstee.
Gábor Gavra: Das war damals von Jobbik…
Ich weiß nicht mehr, wer es war, ich erinnere mich nur, dass ich mit meinen Kindern dort war und sie fragten, warum ich ausplakatiert worden bin. Na ja, egal. Also – wie soll ich sagen? – diese ganze Sache, die Ihnen wie etwas Großes erscheint, ist für mich ein ganz normaler Teil meines Alltags.
András Hont: Glauben Sie mir, auch in unserem Leben gibt es alltägliche Dinge, die andere nicht gerne übernehmen würden.
Aber dieses Match gewinne ich.
András Hont: Da haben Sie wahrscheinlich Recht. Allerdings haben Sie in Kötcse mehrmals Ihre Frau erwähnt, denn vor dem Tag in Kötcse war Ihr Hochzeitstag.
Ich habe sie zweimal erwähnt, ja.
András Hont: Und in Bezug auf Hatvanpuszta wird oft Ihre Frau, Anikó Lévai, ins Spiel gebracht. Stimmt es, dass sie dort Entscheidungen trifft, dass sie irgendeinen Einfluss hat, oder ist das nicht der Fall?
Wenn mein Vater sie um etwas bittet, hilft sie ihm natürlich, aber ansonsten – ich sage es noch einmal – ist dies ein landwirtschaftlicher Betrieb, das war es schon immer, er wurde um 1823 oder 1825 gegründet, vor zweihundert Jahren, und ist bis heute ein landwirtschaftlicher Betrieb geblieben. Ich würde mich freuen, wenn er endlich fertiggestellt würde. Ich hoffe, dass dies in diesem Jahr geschieht, dass mein Vater es endlich in Betrieb nehmen und mit der Bewirtschaftung beginnen kann, und ich hoffe, dass er dort erfolgreich wirtschaften wird.
Gábor Gavra: Es gab noch eine weitere gefährlich anmutende Szene im Zusammenhang mit Hatvanpuszta, eine Verfolgungsjagd mit dem Auto, die sich laut Ákos Hadházy zwischen ihm und den Sicherheitskräften von Hatvanpuszta abgespielt hat. Und natürlich werden Sie auch dazu sagen, dass Sie nichts damit zu tun haben…
Bingo!
…aber okay, nur deshalb nicht, also finden Sie es nicht gefährlich, dass die Sicherheitsleute des Grundstücks, das Ihrem Vater gehört, in eine Situation geraten, die ihre eigene körperliche Unversehrtheit und die des gewählten Abgeordneten gefährdet, und ich glaube, dass ich hier nicht weiter gegangen bin als…
Ich denke, Ákos Hadházy ist mir zu Dank verpflichtet, denn er lebt von mir, ich versorge ihn. Wenn ich nicht wäre, hätte er keine politische Karriere. Er lebt seit vielen, vielen Jahren davon, dass er versucht, mich in allen möglichen Dingen zu überführen. Davon lebt er, dadurch hat er seine Öffentlichkeit, das schafft ihm Möglichkeiten, bis hin zu dem Punkt, dass er sich einfach auf fremdes Eigentum begibt – in diesem Fall auf das Eigentum meines Vaters –, was nicht gerade die lobenswerteste Gewohnheit ist. Demgegenüber kann ich nichts hinzufügen, außer dass Ákos Hadházy mir dankbar sein kann, dass ich ihm eine Chance gebe, …
András Hont: Ja, sogar so sehr, dass die Beziehung …
…als Politiker am Leben zu bleiben, denn wenn plötzlich jemand sagen müsste, was dieser Mensch denn nun eigentlich geleistet oder getan hat, dann könnten wir außer seiner erfolglosen Schnüffelei nach mir nicht viel anderes in Erinnerung rufen.
András Hont: Die Beziehung ist übrigens schon älter, ich meine die Beziehung zwischen Ákos Hadházy und Ihnen.
Ich glaube, er war Fidesz-Mitglied, oder?
András Hont: Das ist richtig. Seit 2006 war er Mitglied im Stadtrat in Szekszárd, jetzt ist er einer Ihrer Hauptverfolger, und der Vorsitzende der aussichtsreichsten Oppositionspartei hat Ihnen vor zwei Jahren in Tusnádfürdő noch in der ersten Reihe applaudiert.
Überall, wo ich auftrat, um genau zu sein.
András Hont: Ja, der Haupt…
Ich habe einige großartige Zitate aus dieser Zeit, wie gut wir regieren, also Sätze vom derzeitigen Vorsitzenden der Tisza-Partei.
András Hont: Meinen Sie, was er Ihnen persönlich gesagt hat?
Nein, was er öffentlich gesagt hat, dass „den jungen Menschen ging es noch nie so gut…”
András Hont: Ich weiß, das habe ich auch einmal zitiert, es erschien in der Magyar Nemzet, in einem Interview mit ihm. Und zuerst habe ich es ohne jegliche Einschränkung veröffentlicht, also habe ich nicht gesagt, wer es gesagt hat, die Kommentatoren haben mich in die Luft gejagt, dann habe ich mitgeteilt, dass es sich um den Mann handelt, den sie vor einer Woche gewählt haben. Egal, ja, so war es, aber ich dachte, dass etwas…
Aber der Fidesz ist ein großer Brutkasten. Wenn wir uns jetzt aus der Dimension des täglichen Gedrängels herausnehmen, sprechen wir doch immer noch von einer fantastischen Erfolgsgeschichte, oder? Es geht doch darum, dass sich einige Jahre vor dem Systemwechsel, Mitte der 80er Jahre, junge Leute sich zusammengetan haben, andere junge Leute begeistert haben und gesagt haben, dass es jetzt hier eine andere Zukunft geben wird als die, die für uns geplant war, wir werden das, was wir Kommunismus nennen, abschaffen, die Russen werden nach Hause gehen oder wir werden sie nach Hause schicken, die Sowjetunion ist am Ende und es wird eine andere Welt geben. Und darin müssen auch wir einen Platz haben, eine Chance, kommt, lasst es uns tun, und wir haben viele Menschen dazu aufgerufen. Und von da an, sagen wir mal, 1988, als der Fidesz gegründet wurde, bis heute haben Tausende von Menschen die Möglichkeit erhalten, etwas für ihre Gemeinschaft zu tun, wenn sie eine kleine Karriere aufbauen wollten, konnten sie das vielleicht sogar tun, daher denke ich, dass der Fidesz eine fantastische Erfolgsgeschichte ist. Manchmal haben uns Leute verlassen, natürlich denken sie, dass wir sie verlassen haben, und haben ihre politische Karriere woanders fortgesetzt, Gábor Fodor war Minister in der MSZP-SZDSZ-Regierung, um gleich das erste Beispiel zu nennen, also ist der Fidesz ein großer Brutkasten. Und ich denke, wenn man davon einmal abgesehen von den Problemen des Verrats und der Untreue, wenn man das einmal beiseitelässt und es nur als gesellschaftliches Phänomen betrachtet, dann ist es eine große Sache, dass es über dreißig Jahre lang eine Organisation gab, die kontinuierlich junge Menschen in das öffentliche Leben gebracht hat. Meiner Meinung nach ist es egal, dass wir jetzt einigen ehemaligen Fidesz-Anhängern gegenüberstehen, denn der Prozess, von dem ich spreche, ist meiner Meinung nach ein großer Prozess. Ich dachte, dass Momentum dies wiederholen würde. Als Momentum gegründet wurde, dachte ich zunächst, dass dies eine Chance sei, dass diese Jungs das auch tun würden…
Gábor Gavra: Gábor Török sah in András Fekete-Győr den jungen Viktor Orbán.
Ja, dass dort… Das kann ich persönlich jetzt nicht beurteilen, aber dass…
Gábor Gavra: Er hat es gesehen.
… aber dass eine historische Ära vielleicht zu Ende ist, dass die jungen Leute kommen und dass Momentum sie vielleicht in das öffentliche Leben einbringen wird, und das ist gut so, dann werden wir miteinander diskutieren, was zu diskutieren ist. Aber dann ist diese Chance vertan worden. Und seitdem ist so etwas nicht mehr gekommen. Fidesz ist also der letzte große echte Impulsgeber, der die Dinge in Gang bringt.
Gábor Gavra: Ich denke, wir sollten das Thema Hatvanpuszta abschließen, aber es gibt eine neue Entwicklung. Am Tag unserer Aufnahme, am frühen Abend, am späten Nachmittag, und die Zuschauer können dieses Interview am Mittwochmorgen sehen. Am Tag unserer Aufnahme gab es die Nachricht, dass Ákos Hadházy, den Sie beide und auch ich erwähnt haben, wegen zweier seiner Meinung nach zerstörter denkmalgeschützter Ställe Anzeige in der Hatvanpuszta-Affäre erstattet. Sind Sie sich ganz sicher, Herr Ministerpräsident, dass der Bau in Hatvanpuszta in jeder Hinsicht gesetzeskonform erfolgte?
Das kann nur derjenige beantworten, der dafür verantwortlich ist. Wenn ich darauf antworten würde, würde ich damit zugeben, dass ich die Details kenne. Aber ich wiederhole noch einmal: Abgesehen davon, dass ich Ákos Hadházy durch meine Existenz unterstütze, habe ich mit dieser ganzen Angelegenheit nichts zu tun.
András Hont: Gut, dann lassen Sie uns etwas weiter gefasst sprechen und uns nicht auf Hatvanpuszta beschränken, denn hier haben in den letzten fünfzehn Jahren doch sehr viele Menschen ein beträchtliches Immobilienvermögen erworben.
Und auch andere Arten von Vermögen.
András Hont: Und auch andere. Auch hier entfaltet sich eine Reihe von Monologen, die ich nicht als politischen Dialog bezeichnen würde. Unser bereits erwähnte Freund András Schiffer sagte, wenn schon einmal das NER, das System der nationalen Zusammenarbeit, 2010 mit der Einführung von Sondersteuern begonnen habe, dann…
So hat es nicht begonnen, aber so hat es weitergemacht. Ja? Obwohl wir tatsächlich zu Beginn eine Bankensteuer eingeführt haben, ja.
András Hont: Ja. Und die…
Aber das kam später. Handel, Energie…
András Hont: Nein, die Sondersteuer für Massenkommunikationsunternehmen wurde im Herbst 2010 eingeführt.
Na gut! Aber…
Gábor Gavra: Es gab Abfindungen…
Die Auswüchse kamen später, also – wie soll ich sagen? – die Ausweitung auf die allgemeine Politik oder die Einführung von Sondersteuern als gängige Praxis kam eher später, aber es gab sie tatsächlich.
András Hont: Aber András sagt, man könnte den bitteren politischen Stachel dieser Frage herausziehen, wenn man neutral, ohne Abrechnung, eine sektorale Sondersteuer für diejenigen einführen würde, die spektakulär reich geworden sind, wobei er ausdrücklich von Immobilienvermögen sprach. Dies passt insofern zu unserem Thema, als das ungarische Steuersystem ein besonders wichtiger Bestandteil der Rede in Kötcse war, in der es darum ging, was die ungarische Besteuerung, die Steuerarten von denen in Westeuropa und der EU im Allgemeinen unterscheidet, und wenn wir die kleinen Anzeichen richtig deuten, wie die milliardenschwere nationale Konsultation, wird dies ein zentrales Element in der kommenden Zeit sein.
Lassen Sie uns mit den vielen Milliarden nicht voreilig sein, warten wir ab, wie viel es kosten wird, wir wissen es nicht, András.
András Hont: Gut, okay, in Ordnung. Wir wissen nicht, wie viel…
Gábor Gavra: Wenn es kostenlos ist, also für die Steuerzahler, dann werden wir das korrigieren.
Die Steuerzahler werden sicher so viele Informationen erhalten, wie es ihnen Geld kostet, das kann ich garantieren.
András Hont: Ich verstehe.
Gábor Gavra: Okay.
Ich meine, durch die Konsultation.
András Hont: Zurück zur sektoralen Sondersteuer. Wäre das ein gangbarer Weg oder nicht?
Ich bin kein Befürworter von irgendwelchen Steuererhöhungen, das ist also mein Ausgangspunkt. Aber das ist eine andere Frage als das, was uns in den letzten 35 Jahren widerfahren ist, denn schließlich sprechen wir darüber, dass es eine…
András Hont: Ich habe nur 15 erwähnt, aber wir können das auch auf 35 ausweiten.
Ja, aber wenn man sich in Wirklichkeit beispielsweise eine seriöse Wirtschaftsanalyse ansieht und untersucht, woher die heute in Ungarn existierenden Kapitalgruppen stammen, was ihre Entstehungsgeschichte ist, und versucht, dies mit politischen Kursen in Verbindung zu bringen, dann wird man ein Verhältnis von fifty-fifty feststellen. Das ist meine Meinung.
Gábor Gavra: Also die Hälfte ist Fidesz-nah oder regierungsnah oder…
Nein, nein, sondern woher sie kommen, aus welcher Zeit. Denn wir sprechen hier von 35 Jahren. Wir sprechen jetzt davon, dass es hier ein Ungarn mit einer verstaatlichten Wirtschaft gab. Natürlich konnten bestimmte Führungskräfte und Personen in privilegierten Positionen durch irgendwelche Tricks etwas mehr Privatbesitz haben, aber es war keine auf Privatbesitz basierende Gesellschaft. Und von hier aus sind wir zu einer Marktwirtschaft übergegangen, zu einer auf Privatbesitz basierenden Wirtschaft, und die Wirtschaft begann zu funktionieren, nicht auf staatlich organisierte Weise, deren Ergebnisse wir jetzt sehen. Es gibt Ärmere, es gibt eine Mittelschicht, es gibt Reiche, es gibt Kapitalvermögen, es gibt Unternehmen, es gibt Privatpersonen, die über wichtige wirtschaftliche Entscheidungen disponieren, die Fabriken gründen oder schließen und so weiter. Es ist also eine andere Welt entstanden. Nun gibt es diejenigen, die darauf nervös reagieren, und diejenigen, die sagen: Aber schließlich wollten wir doch, dass so etwas entsteht, oder? Nun gibt es darin etwas, das wir nicht mögen, und natürlich gefällt es uns nicht, dass es darin Unregelmäßigkeiten gibt, das kann ich vielleicht auch zugeben, aber dass dies ausschließlich etwas mit der Rechten oder unserer Regierungsführung zu tun hat, kann ich nicht akzeptieren, denn diese ganzen 35 Jahre sind ein zusammenhängender Prozess. Ich möchte jetzt keine Kapitalgruppen und Familien mit linksgerichteten Verbindungen oder solche, die in einer linksgerichteten Periode groß geworden sind, nennen, denn davon lebt Herr Hadházy, nicht ich, aber das liegt hier vor uns. Die Frage ist, wie wir dazu stehen, ob wir eine Art Vermögenssteuer oder -abgabe oder was auch immer einführen wollen, als Folge dessen, was wir sehen. Ich würde uns davor warnen.
Gábor Gavra: Die Frage ist ja doch, und darauf bezieht sich beispielsweise der Fidesz, wenn Sie und Lajos Simicska sich gestritten oder uneinig waren und…
Davon weiß ich nichts. Ja?
Gábor Gavra: Zwei…
Ich habe mich mit niemandem zerstritten.
András Hont: Sie haben wörtlich über Lajos Simicska gesagt, dass es bedauerlich ist, dass ein Mensch so tief sinken kann?
Ja, aber…
András Hont: Das würde ich aber doch nicht als Lob bezeichnen.
Ja, aber es ist ein Streit, wenn man dabei ist. Nicht wahr? Ich habe mich in meinem ganzen Leben nur mit sehr wenigen Menschen gestritten, weil ich meistens lieber aufstehe und gehe. Warum sollte ich jetzt Ärger suchen? Mit mir zu streiten ist nicht einfach, das möchte ich nur sagen.
Gábor Gavra: Politiker bezeichnen das, glaube ich, als Juristerei, also dass dies kein Streit ist, sondern etwas anderes, was zwischen Ihnen und Lajos Simicska passiert ist.
Trennung. Nennen wir es Trennung.
Gábor Gavra: Trennung.
András Hont: Haben Sie seitdem nicht mehr miteinander gesprochen?
Entfremdung. Wir sprechen hier über eine Sache aus der Schulzeit.
Gábor Gavra: Ja, und zwar aus der Zeit der Mittelschule.
Natürlich, denn wir gingen in Székesfehérvár auf das Gymnasium. Wir waren zwar keine Klassenkameraden, denn Lajos war vielleicht zwei Klassen über mir, und er war in der D-Klasse, ich in der B-Klasse. Die B-Klasse war die Englischklasse, die D-Klasse war die allgemeine Klasse, so könnte man es vielleicht ausdrücken. Aber wir gingen zusammen zu den Vidi-Spielen, und ich habe sehr viel von Lajos gelernt, ja, es gab sogar eine Zeit, in der wir uns gemeinsam auf die Aufnahmeprüfung für die Universität vorbereitet haben. Er hatte gerade irgendeinen Motorradunfall gehabt, und ich habe ihn regelmäßig besucht, und wir haben die für die Aufnahmeprüfung an der juristischen Fakultät erforderlichen historischen Themen durchgenommen. Es handelt sich also wirklich um eine alte, große Sache aus meiner Schulzeit, die ich nicht zerstören oder leugnen oder umgestalten möchte, egal, was danach passiert ist, ich möchte das nicht umschreiben, denn es war eine sehr schöne Zeit in meinem Leben, nicht wegen Lajos, sondern ganz allgemein, denn mit 18 Jahren sammelt man viele schöne Dinge. Dann entwickelte sich alles so, wie es sich entwickelt hat. Lajos war meiner Meinung nach ein sehr erfolgreicher Unternehmer und Kapitalbesitzer in der Zeit, über die wir jetzt sprechen, in den letzten dreißig und einigen Jahren…
András Hont: Das ist der abschweifende Teil des Gesprächs, was natürlich ist, denn so ist ein Gespräch nun einmal, aber Lajos Simicska…
Wir können nicht in Habachtstellung stehen.
András Hont: Nein, das stimmt. Und Lajos Simicska kam quasi zufällig zur Sprache. Aber da er nun einmal zur Sprache gekommen ist, frage ich Sie: Haben Sie seitdem nicht mehr miteinander gesprochen?
Nein. Aber es gab, wo es da…
Gábor Gavra: Okay. Nun, als es zu dieser Trennung kam…
Gut, ich will nur sagen, dass wir natürlich alles nur schlimmer machen würden, oder? Das meiste davon ist eine gute Geschichte.
Gábor Gavra: Sie reden nicht miteinander, fertig.
Wenn wir anfangen würden zu reden, wäre das Ganze schlecht. Man muss das Ganze in diesem Fall sein lassen.
Gábor Gavra: Gut, ich sage mal so, ich denke, wir können über die Tatsache hinweg zur Tagesordnung übergehen, dass Viktor Orbán und Lajos Simicska seit 2015 nicht mehr miteinander gesprochen haben, aber zwischen 2015 und 2018, als Lajos Simicska sich sozusagen hinter die Jobbik in der ungarischen Politik gestellt und sich gegen Sie gestellt hat, waren Sie sehr empfindlich darauf, dass die Jobbik sozusagen ein Handlanger von Lajos Simicska ist. In diesem Zusammenhang stellt sich doch die Frage, und wir haben übrigens auch mit András Schiffer darüber gesprochen, der als Linker natürlich doppelt empfindlich darauf reagiert, was die richtige Distanz zwischen Politikern und Großkapitalisten ist.
Das ist eine wichtige Frage.
Gábor Gavra: Ich halte das auch für eine wichtige Frage. Am Abend unserer Aufzeichnung findet ja noch – wenn die lieben Zuschauer dies sehen, fand – das Spiel zwischen Ungarn und Portugal statt. Aber letzte Woche sind Sie mit dem Privatflugzeug von Sándor Csányis Firma zum Spiel Irland gegen Ungarn geflogen.
Auf Einladung des Präsidenten des ungarischen Fußballverbands (MLSZ) bin ich mit dem Flugzeug des MLSZ-Präsidenten und in seiner Begleitung gereist, wie ich es immer tue.
Gábor Gavra: Ja, auch das Informationszentrum der Regierung hat gesagt, dass dies den Gepflogenheiten entspricht.
Im ungarischen Parlament gab es eine große Debatte darüber, ob es richtig ist, wenn der Ministerpräsident so etwas tut, oder nicht. Dies wurde von einem Ausschuss ausdiskutiert…
Gábor Gavra: Genau das würden wir auch zur Sprache bringen.
Ja. Aber der Ausschuss hat entschieden, dass das in Ordnung ist. Ich handle also mit Zustimmung des ungarischen Parlaments.
Gábor Gavra: Wenn der Präsident des MLSZ, Herr Csányi, der gleichzeitig einer der reichsten Ungarn ist, zu einem Spiel einlädt…
Ja?
Gábor Gavra: Mehr noch, er lädt den Ministerpräsidenten ein.
András Hont: Einen von beiden.
Gábor Gavra: Das bedeutet also, dass entweder Herr Präsident Csányi dafür bezahlt oder der Ministerpräsident sich daran beteiligt?
Meine Reise wird in diesem Fall vom ungarischen Staat bezahlt, weil ich auf Einladung des MLSZ reise, und dann bezahlt die ungarische Regierung dies – glaube ich – an den MLSZ. So läuft das. Das ist so, weil das Parlament dies als wichtige Angelegenheit diskutiert und einen Beschluss gefasst hat, wie solche Situationen zu behandeln sind, und daraus ergibt sich das. Es ist also so, weil ich mich an das halte, was das Parlament beschlossen hat.
Gábor Gavra: Diese Distanz…
Aber die Wahrheit ist, dass ich etwas bezahlt habe, weil ich zuletzt beim Ulti-Spielen verloren habe. Normalerweise gibt es Ulti, und auf dem Heimweg habe ich verloren.
Gábor Gavra: Gut, aber diese Distanz zwischen dem ungarischen Ministerpräsidenten und einem der reichsten Ungarn, der übrigens auch Präsident des ungarischen Fußballverbands ist, ist in diesem Fall eine Sache, ob sie den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, aber entspricht sie auch dem persönlichen Geschmack von Viktor Orbán, der sich selbst als Plebejer bezeichnet?
Natürlich. Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Der Ministerpräsident jedes Landes kennt persönlich alle reichen Menschen in seinem Land. Es mag eine Grenze geben, oberhalb derer dies nicht mehr möglich ist, beispielsweise kann der Präsident der Vereinigten Staaten vielleicht nicht alle reichen Amerikaner kennen, aber er würde es gerne – ganz offensichtlich. Wenn es also um die Distanz geht, bedeutet das nicht, dass wir uns nicht kennen, dass wir so tun, als würden wir uns nicht kennen, dass wir nicht zusammen Ulti gespielt haben, dass wir nicht zusammen Spiele angesehen haben, dass wir nicht in einem Dorf aufgewachsen sind, dass wir nicht zusammen zur Schule gegangen sind. Wer das behaupten will, ist ein Idiot. Das Leben hat eine natürliche Ordnung. Ich kenne alle großen ungarischen, ich glaube, ich kenne sogar alle großen ungarischen Kapitalbesitzer, ich weiß, wer sie sind.
Gábor Gavra: Ich auch.
Ich habe eine persönliche Beziehung zu ihnen. Aber das ist eine Sache. Worüber wir sprechen, ist, dass Kapital und Großkapitalisten, wenn sie Geschäfte machen, auf ihren eigenen Vorteil achten. Deshalb sind sie Geschäftsleute. Wenn ich Wirtschaftspolitik mache, achte ich darauf, wie dem öffentlichen Interesse, dem Gemeinwohl und den Interessen aller Ungarn am besten gedient werden kann. Sie beschäftigen sich mit Geschäften, ich mit Wirtschaftspolitik. Und ich beschäftige mich nie mit Geschäften. Ich bin nicht bereit, mit irgendjemandem über Dinge zu verhandeln, bei denen es darum geht, wie man hier aus etwas Geld machen kann. Man kann mit mir über Steuern, Wirtschaftspolitik und Entwicklungen sprechen, das ist eine wirtschaftspolitische Frage, aber mit mir kann man keine Geschäfte machen, das ist noch niemandem gelungen und wird auch niemandem gelingen.
András Hont: Nun, jetzt wurde etwas im Ulti gewonnen.
Und ich habe jetzt verloren.
Gábor Gavra: Und wie sicher ist die Unabhängigkeit politischer Entscheidungen, sagen wir mal, von den Großkapitalisten, die sich häufig in Ihrem Umfeld aufhalten?
Schauen wir uns einen konkreten Fall an. Wenn Sie sich die Geschichte der OTP ansehen, werden Sie feststellen, dass ich viele Entscheidungen getroffen habe, dass viele Regierungsbeschlüsse gefasst wurden, die ich selbst unterstützt habe und die den ungarischen Banken geholfen haben. Aber ich habe auch Entscheidungen getroffen, die ihnen nicht geholfen haben, weil ich sie skalpiert oder besteuert habe.
András Hont: Sie haben auch in Kötcse die Transaktionssteuer erwähnt.
Das ist richtig. Zum Beispiel die Bankensteuer. Sie denken jetzt vielleicht, dass Sándor Csányi wegen der Bankensteuer nicht gerade vor Freude in die Luft springt. Oder wenn wir uns den Jahresbericht der OTP ansehen, von dem er mir immer sagt: „Lieber Viktor, wenn du dir das ansiehst, dann siehst du, dass diese Bank ihre Gewinne im Ausland erzielt, weil du uns hierzulande mit Steuern überziehst.“ Aber trotzdem muss man die Bankensteuer zahlen, auch wenn ich mit ihm in einem Raum sitze. Deshalb sage ich, dass man mit mir über Wirtschaftspolitik sprechen kann, aber noch niemand hat mit mir Geschäfte gemacht und wird es auch nie tun, weil ich sehr empfindlich bin, was die Unabhängigkeit, horribile dictu, die Integrität angeht, die übrigens das Wesentliche dieser Regierung ausmacht.
András Hont: Gut.
Wir sind unbestechlich, wir sind unerschütterlich, manchmal vielleicht sogar stur, wenn es um bestimmte Dinge geht, egal, wie viel Geld gerade im Raum ist oder wer hier sitzt und wer dort sitzt, wir werden nicht nachgeben. Die Wirtschaftspolitik muss insgesamt den Interessen der ungarischen Gemeinschaft dienen, und dabei gibt es keine Ausnahmen oder Vorzüge auf der Grundlage persönlicher Selektion. Das gilt für alle.
András Hont: Ich würde viel lieber über Steuern sprechen…
Das ist eine sehr wichtige Frage, wir sind davon ausgegangen, wie wir dazu stehen…
Gábor Gavra: Wie kann die Unabhängigkeit der Politik gewährleistet werden?
Und überhaupt, dass es jetzt so große Vermögen gibt, darüber haben wir angefangen zu sprechen. Und es gibt große Vermögen, und in einem System des Privateigentums gibt es die immer. Meiner Meinung nach kann die persönliche Unabhängigkeit und Integrität der Politik und des Ministerpräsidenten, die meiner Meinung nach eine Voraussetzung für die Unabhängigkeit und Integrität des Landes ist, nur so gewährleistet werden, wie ich es tue.
András Hont: Ich verstehe. Ich wollte meine eigene Frage mit einer Erklärung beginnen, dass ich viel lieber über strukturelle Fragen sprechen würde…
Gábor Gavra: Schließlich haben wir damit auch angefangen.
András Hont: … selbst über die Situation der Ungarn, aber nein, es kommen einfach Geschichten aus mehr als 20 Jahren mit einem solchen Satz hervor, dass ich verstehe, dass man dann nicht über Geschäfte sprechen kann, aber wie soll man dann den Satz „nicht wir sollten am meisten gewinnen” interpretieren? Das ist doch die Tokajer-Affäre von vor etwa zwanzig Jahren…
Wissen Sie, das bezieht sich auf das Dilemma, dass, wenn der Ministerpräsident irgendeinen Besitz hat, sagen wir, landwirtschaftlichen Besitz oder Teilbesitz, dann hat er Anspruch auf bestimmte landwirtschaftliche Subventionen. Landbasierte Subventionen. Nicht nur er, sondern alle. Und dann muss man natürlich darauf achten, dass nicht versehentlich etwas passiert, dass er zwar rechtmäßig die meisten Subventionen erhalten könnte, aber wenn es am Ende so kommt, wird niemand glauben, dass dies nicht deshalb geschehen ist, weil Sie der Ministerpräsident sind. Darauf muss man achten. Aber am besten ist es natürlich, wenn man so etwas nicht hat, und ich habe damit auch aufgehört.
András Hont: Herr Ministerpräsident, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass Ihnen das ohnehin auch jetzt niemand glaubt. Mich kann man vielleicht noch hier am Tisch überzeugen…
Ich möchte niemanden überzeugen, denn die Integrität eines Menschen hängt nicht davon ab, ob man ihm glaubt, was er sagt. Natürlich würde ich mich freuen, wenn man mir glauben würde, aber in einer Demokratie ist es unmöglich, dass alle glauben, was der Ministerpräsident sagt, und je mehr wir uns Fragen nähern, die das Privatleben betreffen, desto weniger werden mir glauben. In Ungarn gibt es eine bestimmte Vorstellung davon, wie Politik aussieht, wie Korruption aussieht, wie Tricksereien gemacht werden, es gibt eine bestimmte Denkweise. Das kann ich nicht ändern, aber ich bin auch nicht bereit, mich daran anzupassen. Ich habe eine klare, prinzipielle Haltung, ich verhalte mich entsprechend und handle danach. Früher dachte man, die Erde sei flach. Also, mein Gott! Wie soll ich sagen? Bestimmte Dinge kann man nicht davon abhängig machen, ob die Menschen sie glauben oder nicht. Es ist so, wie es ist. Es ist so, wie ich es sage. Auch wenn sie es nicht glauben, ist es so. Auch wenn Du es nicht glaubst, András, oder Sie es nicht glauben, ist es trotzdem so. Das nenne ich Integrität.
András Hont: In Bezug auf die flache Erde [ung. „laposföld”] fiel mir auch die Unterstützung der Laposa-Ländereien ein, aber darauf werde ich jetzt nicht eingehen. Das war unsere Rubrik für schreckliche Wortspiele.
Gábor Gavra: Wir können mit den Themen rund um die Einkommensteuer weitermachen.
András Hont: Ja, das können wir.
Gábor Gavra: …und wir können mit der Vollstreckungsmafia weitermachen.
András Hont: Ich möchte über Steuern sprechen.
Das sind wichtige Fragen. Wir hören auf, darüber zu sprechen, ob die ungarische Gesellschaft weiß und wie sie zu der Frage steht, dass sie letztendlich aus dem Zustand, dass „niemand etwas hat” oder „nur persönliches Eigentum hat” dazu übergegangen ist, das sie ihr Leben in einer modernen…
András Hont: Wir können weiter darüber sprechen, nur…
… auf Privateigentum basierenden Wirtschaft leben muss, in der ein Teil des Erfolgs in Geld gemessen wird, es gibt Reiche, es gibt Ärmere, es gibt eine Mittelschicht, wie steht man dazu? Meiner Meinung nach ist es eine Schlüsselfrage, was man als gerecht empfindet, was geht und was nicht geht. Meiner Meinung nach sind das vielleicht keine Fragen für Politiker, sondern für Philosophen und Analysten…
Gábor Gavra: Das hat auch eine praktische Seite. Kommen wir also dazu, denn ich halte es für einen wesentlichen Aspekt, dass der Staat diejenigen Bürger, die sich selbst in dieser Situation sehen, sich beispielsweise nach dem Systemwechsel, aber auch vor 2010 oder nach 2010 den Marktbedingungen oder sogar bestimmten Missbräuchen ausgeliefert fühlten, wie gut er sie schützen kann. Ich schlage nun vor, dass wir uns ein wenig mit den Vollstreckern befassen.
András Hont: Das wollte ich auch gerade sagen.
Mit den Vollstreckern?
András Hont: Mit den Vollstreckern.
Gábor Gavra: Denn wenn ich mich recht erinnere, war László Toroczkai, der Vorsitzende der Mi Hazánk-Bewegung, hier in diesem Studio, und er behauptet, dass die Tonaufnahmen, die Mi Hazánk zugespielt wurden und von denen ein Teil bereits veröffentlicht wurde, beweisen, dass nicht György Schadl und auch nicht einmal Pál Völner die Schlüsselfiguren der bereits angeklagten Vollstreckungsmafia waren, sondern ein Minister, den er noch nicht namentlich genannt hat. Haben Sie davon Kenntnis, sei es von Mi Hazánk oder von anderer Stelle…
Entschuldigung! Herr Toroczkai ist ein Abgeordneter und meiner Meinung nach ein mutiger Mann, also raus mit der Sprache! Was soll dieses Geheimnisvolle, dieses Herumdrucksen? Sagen Sie uns, um wen es sich handelt! Wir hören!
András Hont: Wir wissen es nicht.
Ich auch nicht.
András Hont: Also umsonst…
Gábor Gavra: Ich habe ihn auch gefragt.
Und was hat er gesagt?
Gábor Gavra: Er sagte, dass sie es veröffentlichen werden, aber er kann es noch nicht verraten.
András Hont: Aber ansonsten ist es wieder einmal ein Thema, das die Gemüter erhitzt. Wenn wir schon von Vermögen sprechen und davon, wie die Gesellschaft dazu steht…
Gábor Gavra: Zumindest zum zweiten Mal erhitzt es sie.
András Hont: Ja, aber wie steht die Gesellschaft dazu? Dass ein bestimmtes Vermögen, nicht einmal die Existenz des Vermögens, sondern die Tatsache, dass dies ein Leben über den Gesetzen sichern kann, ist eine alltägliche Erfahrung. Und die Vollstrecker…
Nein, nein, gehen wir nicht weiter und akzeptieren wir das nicht! Wir dürfen uns also auf keinen Fall damit abfinden, mit den Schultern zu zucken und zu sagen, dass man, wenn man Vermögen hat, über den Gesetzen steht. Das können wir nicht akzeptieren! Das ist unmöglich! In einer solchen Welt kann man nicht leben. Man kann in einer Welt leben, in der man mit guter Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass der eigene Erfolg im Wesentlichen von der eigenen Leistung abhängt. Und wenn das nicht der Fall ist, weil andere über den Gesetzen stehen, dann wird man sich in diesem Land nicht wohlfühlen. Also akzeptieren wir das nicht, wenn es so ist, dann sollen wir dagegen vorgehen, nehmen wir das nicht einfach mit so einem kommunistischen Schulterzucken oder einem Schulterzucken à la Gyula Horn hin, wie „Na und?”. Das sollten wir nicht tun! Wenn wir das als Problem empfinden, dann sollen wir es lösen.
András Hont: In Ordnung. Aber im Falle der Vollstreckungsbeamten ist genau das der Grund für die Nervosität und den Ärger.
Das denke ich nicht.
András Hont: … dass ich aus meiner Wohnung zwangsgeräumt werde, wenn ich nicht zahlen kann, dass mir mein Auto weggenommen wird, und ich sehe…
Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass ich die Details der täglichen Praxis der Vollstreckung kenne, ganz und gar nicht, aber ich weiß, dass es darüber ernsthafte Debatten gibt, und diese Debatten werden in Form der Frage vor das Parlament gebracht, ob das Vollstreckungssystem auf privater Basis oder staatlich funktionieren soll. Es gab das eine, jetzt gibt es das andere. Meiner Meinung nach ist das eine gute Debatte, eine sinnvolle Debatte.
Gábor Gavra: Zum Beispiel gab es eine solche Debatte auch schon zwischen Ihnen und László Toroczkai.
Ja, aber das ist eine sinnvolle Debatte, die man ansprechen und diskutieren kann. Ich will nicht sagen, dass unbedingt das die gute Lösung ist, wie es jetzt ist, ich will nur sagen, dass wir vernünftig darüber reden sollten, und wenn es einen Vorschlag gibt, etwas daran zu ändern, dann sollten wir es ändern. Aber grundsätzlich gibt es hier natürlich auch geschäftliche Auseinandersetzungen, denn es handelt sich um ein Geschäft, die Vollstreckung ist eine wirtschaftliche Tätigkeit, die auf jeden Fall Gewinne abwirft, und da der Staat die Befugnis erteilt – nicht wahr? –, kann nicht jeder Vollstrecker werden, es gibt eine bestimmte Regelordnung…
Gábor Gavra: Nun, er…
…man erhält die Qualifikation, und deshalb ist es eine Geschäftsmöglichkeit. Wer diese Qualifikation erhalten hat, ist in diesem Geschäft dabei, wer sie nicht erhalten hat, ist nicht dabei. Diese Debatten, die geführt werden, sind also sehr oft auch Debatten, die von persönlichen finanziellen Interessen motiviert sind. Ich möchte gerade sagen, dass dies kein Grund ist, dies nicht als eine sinnvolle und ernsthafte Debatte zu betrachten. Diese kann geführt werden. Ich lege mich weder für die eine noch für die andere Lösung fest, welche davon…
Gábor Gavra: Das ist interessant. Aus zwei Gründen. Zum einen, wenn – nehmen wir einmal an – es in dieser Angelegenheit keinen höherrangigen Regierungsvertreter als Pál Völner gibt…
Und auch dort warten wir noch auf das Urteil des Gerichts, denn das liegt auch noch nicht vor.
Gábor Gavra: Ja, wir warten auf das Urteil des Gerichts.
András Hont: Vertrauen Sie übrigens auf seine Unschuld?
Ich bin – wie soll ich sagen? – blind in dieser Angelegenheit. Ich habe nur das gesehen, was aus den politischen Debatten ersichtlich war. Auch ich warte auf das Urteil des Gerichts.
Gábor Gavra: Okay.
Ich werde das Urteil des Gerichts natürlich akzeptieren.
Gábor Gavra: Auch wenn Pál Völner für schuldig befunden wird?
Was soll ich denn jetzt tun?
Gábor Gavra: Okay. Also, zum einen ist es so, dass diese Angelegenheit zumindest so weit gekommen ist, dass die Staatsanwaltschaft in dieser Sache Ihren ehemaligen, genauer gesagt den ehemaligen Staatssekretär des Justizministeriums, angeklagt hat. Das ist der eine Teil.
Und dazu noch meinen ehemaligen Mitbewohner aus der Zeit im Studentenwohnheim.
Gábor Gavra: Genau!
Das verdoppelt also den Schmerz.
Gábor Gavra: Genau!
Die Angelegenheit ist nicht nur politischer Natur, sondern auch persönlicher.
Gábor Gavra: Und zweitens: Hat sich Ihre Haltung in Bezug auf die gemeinnützige oder gewerbliche Durchführung der Vollstreckungen in irgendeiner Weise verändert?
Das steht nicht fest. Ich betrachte das als eine praktische Frage. Grundsätzlich würde ich es zulassen, dass Fachleute Vorschläge auf den Tisch legen, und wir würden dann aus diesen Vorschlägen die beste Lösung auswählen, die sich aus den Erfahrungen ergibt. Es kann so oder so sein. Ich bin weder für das eine noch für das andere. Weder für die Non-Profit-Variante noch für die Profit-Variante.
Gábor Gavra: Es geht hier ja um staatliche Genehmigungen und darum, dass der Staat die Vollstrecker auswählt, nicht wahr? Genau das ist es, zumindest wenn die Staatsanwaltschaft das richtig rekonstruiert hat, dann war genau das der Grund dafür, dass hier…
Ja, aber es gibt noch viele andere Berufe, wissen Sie? Das ist also ein bestehendes…
Gábor Gavra: Eine Reihe von Straftaten…
Ja, das ist ein reales Problem, es gibt wirtschaftliche Aktivitäten, für deren Ausübung eine staatliche Genehmigung erforderlich ist. Und da besteht die Gefahr, die Sie auch ansprechen, die Gefahr, dass Einfluss missbraucht wird. Bei Notaren beispielsweise erteilt ebenfalls der Staat die Betriebsgenehmigung, oder bei bestimmten geschäftlichen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Rüstungsindustrie ist dies ebenfalls der Fall. Das ist also eine natürliche Begleiterscheinung der Existenz eines modernen Staates. Es braucht klare Regeln, es braucht Transparenz, und wenn jemand die Grenzen des Gesetzes überschreitet, muss sofort eine Schlussfolgerung gezogen und eine Strafe verhängt werden. Geben wir diese Erwartung nicht auf, zucken wir nicht mit den Schultern und sagen wir nicht, dass es sowieso nie so kommen wird. Wir wollen, dass es so ist, und wir müssen danach streben. Und mich als Ministerpräsidenten soll man zur Verantwortung ziehen, wenn es nicht so ist, das heißt, ich persönlich beteilige mich nicht daran, aber wenn so etwas hinter meinem Rücken geschieht, dann muss die politische Verantwortung auf die Regierung und den Ministerpräsidenten verteilt werden. Das ist die richtige Reihenfolge der Dinge.
András Hont: Viele versuchen das zu tun.
Wir haben gerade darüber gesprochen, dass bestimmte Personen über dem Gesetz stehen, aber gerade jetzt steht ein ehemaliger Heimkollege von mir, der sogar Staatssekretär in meiner Regierung war, vor Gericht. Er stand wohl nicht so sehr über dem Gesetz, wie ich sehe.
András Hont: Das bestätigt dies zwar, aber wir warten wirklich das Gerichtsurteil ab und sehen, wie die ganze Sache ausgeht.
Gábor Gavra: Wir warten natürlich auch ab, ob Mi Hazánk vielleicht mit neuen Namen aufwartet, dann könnte es sein, dass…
András Hont: Das Problem ist, dass ich hier gesprungen bin, aber ich kann es nicht umgehen. Vor zwei oder drei Interviews kam Judit Varga zur Sprache, wo Sie sagten, dass sie eine Person mit den Fähigkeiten einer Ministerpräsidentin war. Dann sagten Sie auch, dass Judit Varga heute Ministerpräsidentin wäre, wenn Sie ihr Ehemann gewesen wären. Oder Ihre Ehefrau oder Ihr Ehemann? Ihr Ehemann. Ja, ihr Ehemann, dann wäre Judit Varga…
In der modernen Welt ist das schon ganz durcheinander. Ja?
András Hont: Ja, ja, denn das ganze Problem mit den Fußballerfrauen…
Ja, ja.
András Hont: … stört das Bild. Judit Varga wäre schon Ministerpräsidentin. Ich möchte wirklich nicht scheitern, vor allem nicht in einer so unangenehmen Angelegenheit, also möchte ich ihr damit nicht wehtun, aber es spricht nicht gerade für ihre Fähigkeiten, dass es zwei Fälle gibt, in denen in ihrem Ministerium etwas passiert ist, von dem sie nichts wusste. In der einen, der Pegasus-Affäre, sagt sie, dass sie von der Unterschrift nicht weiß, von wem sie war und was unterschrieben worden ist. In der anderen, im Fall des Ministeriums, geht es um Vollstreckungsangelegenheiten, in denen demnach …
Der Pegasus-Fall ist etwas ganz anderes. Der Pegasus-Fall ist ein rechtlich genau geregelter Fall, in dem meiner Meinung nach die Justizministerin selbst keinerlei Verantwortung trägt. Die Geschäftsordnung der Regierung legt fest, welche Genehmigungen für geheimdienstliche Aktivitäten erforderlich sind, welche Regierungsstelle diese erteilt und welche Personen sie erteilen, das ist genau festgelegt. Und das ihre Verantwortung, nicht die ihrer Vorgesetzten, und dort war nicht die Ministerin benannt, sondern der Stellvertreter hat dieses Recht immer ausgeübt, auch jetzt, ich glaube, dass das auch jetzt noch so ist. Daher denke ich, dass Judit dort keine Schuld trifft. Bei den Ausführenden gab es eine Aufgabenteilung, daher muss allein der Staatssekretär die Verantwortung tragen. Was Judits Leistung angeht, so kann man wie bei uns allen kritische Anmerkungen machen, denn niemand ist perfekt, und Politik ist eine sehr schwierige Arbeit. Aber insgesamt bleibe ich bei dem, was ich gesagt habe, dass es geborene und gelernte Fußballer gibt, um bei diesem Beispiel zu bleiben. Und in der Politik ist es genauso. Es gibt geborene Politiker und es gibt solche, die es lernen und dann im Übrigen gut werden. Aber wenn man ihre Bewegungen auf dem Spielfeld sieht, erkennt man, dass der eine das Spiel gelernt hat und der andere dafür geboren ist. Und Judit ist eine Persönlichkeit und eine Frau mit solchen Fähigkeiten, dass man sieht, dass sie dafür geboren ist. Sie hatte schon immer eine gottgegebene Begabung.
András Hont: Gut, aber es ist dennoch interessant, diese Frage der Vollstreckung aus dieser Perspektive, denn die Ereignisse verdichten sich auf pikante Weise, die Personen verdichten sich auch.
Das Justizministerium – das wir übrigens unterschätzen – bekommt nicht genug Aufmerksamkeit. Dort ist es sehr wichtig…
Gábor Gavra: Nun, in der Zeit von Judit Varga…
András Hont: Das kann man nicht sagen, aber wir haben schon…
Dort ist es sehr, sehr schwierig, ernsthafte Arbeit…
András Hont: Herr Ministerpräsident…
Wir sprechen jetzt nicht über die Arbeit der Justiz, sondern über die damit verbundenen rechtlichen Fragen, aber dort gibt es eine sehr ernste Aufgabe, insbesondere im Rahmen des Rechtsstaatlichkeitsverfahrens der Europäischen Union, die eine sehr ernsthafte intellektuelle Vorbereitung erfordert. Dort muss das ungarische Rechtssystem und die Verfassungsmäßigkeit in mehreren Sprachen, in einem sehr schwierigen Umfeld und gegenüber Feinden verteidigt werden. Ich habe nur sehr wenige Menschen gesehen, die dies mit derselben Effizienz und Eleganz getan haben wie die Ministerin.
Gábor Gavra: Wenn Sie sagen, dass Judit Varga ein geborenes Talent, ein geborenes politisches Talent ist, dann ist das in Ordnung, Sie kennen sie natürlich. Aber Sie halten sie für eine erfolgreiche Justizministerin, obwohl…
Sie ist nicht erfolgreich. Wenn sie erfolgreich gewesen wäre, wäre sie noch im Amt. Das ist das Tragische an der Situation, nicht wahr? Dass jemand talentiert ist und dennoch nicht erfolgreich.
Gábor Gavra: Ja, aber hier war es die Begnadigungsfrage, wegen der sie nicht aus dem Ministerium, sondern aus der Politik ausgeschieden ist und schließlich nicht die Spitzenkandidatin des Fidesz für die Europawahlen 2024 wurde, aber die beiden Fälle, die Kollege Hont erwähnt hat, unabhängig davon, wer konkret innerhalb des Ministeriums für die Pegasus-Angelegenheit zuständig war…
Aber das war eine reguläre Angelegenheit, es gab dort keinerlei Unregelmäßigkeiten.
András Hont: Ja, nur wurden hier solche Sätze gesagt…
Es gibt nichts zu beanstanden.
András Hont: … wie, „dass wir nicht wussten, was wir unterschrieben haben”, und dass sie keine Kenntnis davon hatte, obwohl sie davon Kenntnis haben musste, aber bleiben wir noch einen Moment bei den Vollstreckungsbeamten, denn die Geschichte ist wirklich pikant, denn hier geht es nicht nur darum, was sie als Justizministerin weiß und wie die Zuständigkeiten verteilt sind. Ich habe jedoch das Gesetz gelesen, das die gerichtlichen Vollstreckungsbeamten benennt. Dort gibt es eine Vorqualifikation, bei der auch seitens der Justizbehörde jemand delegiert wird, entweder der Präsident oder der Vizepräsident.
Und dort gibt es auch eine Punktwertung.
András Hont: Ja, und wer war damals die Vizepräsidentin? Die Schwiegermutter der Justizministerin,
Ah!
András Hont: …die ja die Mutter von dem ist, der …
Wir sprechen über die Mutter von Péter Magyar.
András Hont: Ja, genau.
Ich kenne sie nicht, ich weiß nicht, wie gut sie als Juristin ist…
András Hont: Aber nein, nein, das ist nur, weil das Ganze ein paar Zimmer neben mir stattfindet, und das ist für mich ziemlich seltsam.
Wenn man wie ich in der staatlichen Verwaltung tätig ist, überrascht einen das nicht sonderlich. Es gibt einen Prüfungsausschuss, es gibt eine Bewertung, dann gibt es einen Staatssekretär, der das bestätigen und unterschreiben muss. Meiner Meinung nach hat Judit hier – so empfinde ich es – keine Verantwortung.
András Hont: Aber dann rennt ihr Mann auf die Straße …
Das ist Pech.
András Hont: … dass das Ganze jetzt schon unerträglich ist.
Ja, aber es ist Pech, dass ein Mensch so jemanden zum Mann genommen, ihn geheiratet hat. Nun, jetzt …
András Hont: Was für ein Mensch?
Dass ein Mensch so heiratet. Nun, das ist Pech. Das ist ihr Pech.
András Hont: Ja, Pech! Ich wollte nicht über ihre Ehe diskutieren, sondern über diese seltsame Situation, egal, vielleicht verbinde ich damit alle möglichen Theorien, das ist ein häufiger Fehler von mir.
Ich denke schon, das ist übertrieben. Wir haben es mit liberaler Übertreibung in Budapest zu tun.
András Hont: Vielen Dank. Gut.
Gábor Gavra: András, wir haben noch ein Thema, nämlich die EU und den „dreckigen Fidesz”.
András Hont: Nein, ich möchte noch ein wenig beim Thema Steuern bleiben, denn es ist, als hätte dieses Land ein republikanisches goldenes Zeitalter erreicht.
Aber!
András Hont: Ich habe den ungarischen Ministerpräsident noch nicht damit prahlen gesehen, dass wir nur drei Monate Arbeitslosengeld haben. Damit, dass das rechtliche Umfeld für Arbeitgeber am flexibelsten ist, also die Arbeitnehmer wenig schützt. So etwas sagen normalerweise Republikaner in Amerika. Und so kommt es, dass dies vermutlich zu einem zentralen Thema des Wahlkampfs wird, dass progressive Besteuerung zu einem Schimpfwort wird.
Das ist richtig. Es ist auch ein Schimpfwort.
András Hont: Wir sprechen hier über das Steuersystem, das im Übrigen von der überwiegenden Mehrheit der Länder angewendet wird.
Ja, aber viele Länder machen vieles nicht richtig. Meiner Meinung nach ist beispielsweise die Flat Tax viel besser als die progressive Steuer, und die vor uns liegenden Beispiele bestätigen dies. Bei der Arbeitslosenhilfe wäre ich vorsichtig, denn es ist sehr wichtig, dass es nicht so ist, dass man, wenn die Arbeitslosenhilfe ausläuft, und du kannst sehen, wo du bleibst, und dass du unter die Brücke ziehen musst, sondern dass man sich an die Gemeinde wenden kann, um eine öffentliche Arbeit zu beantragen, die man dann auch bekommt, meist eine angemessene öffentliche Arbeit, und dass wir auch Schulungen anbieten, damit man aus der öffentlichen Arbeit zurück in den Arbeitsmarkt oder in normale Lebensverhältnisse zurückfinden kann. Wir lassen die Menschen also nicht im Stich, wenn nach drei Monaten die Arbeitslosenhilfe ausläuft, sondern wir wollen ihnen helfen, nicht arbeitslos zu bleiben, sondern zurückzukommen und wieder arbeiten zu können. Ich denke, das mag republikanisch sein, aber ich würde es auch als plebejisch bezeichnen. Ich glaube daran, dass es gut ist, wenn die Menschen arbeiten können und wollen und die Bezahlung erhalten, die ihnen zusteht. Ich weiß nicht, ob das republikanisch ist, aber plebejisch ist es auf jeden Fall.
András Hont: Ein Teil meiner Frage, den ich aus Ihrer Rede zitiert habe, betraf die Arbeitslosenhilfe, aber zuvor haben Sie selbst die Pauschalsteuer erwähnt, dann die Vorschriften für Arbeitgeber und so weiter. Die Tisza…
Da ist diese Regel, entschuldigen Sie, lassen Sie uns darüber sprechen, es geht um die Flexibilität der Arbeitsvorschriften oder des Arbeitsrechts. Ich sehe, dass es sehr viele Länder gibt, in denen angeblich zum Schutz der Arbeitnehmerinteressen so strenge Vorschriften gelten, dass Menschen, die mehr arbeiten wollen, daran gehindert werden, mehr zu arbeiten. Natürlich muss man eine Grenze ziehen, denn es ist nicht gut, wenn sich die Menschen zu Tode arbeiten, aber es ist auch nicht gut, wenn wir ihnen vorschreiben, wie sie arbeiten sollen, unter welchen Bedingungen und nach welchem Abrechnungssystem. Das werden sie dann mit ihren Arbeitgebern besprechen und herausfinden, was für sie am besten ist. Das gilt so lange, wie es mehr Arbeitsplätze als Arbeitskräfte gibt. Und in Ungarn sind wir immer noch in einer Situation, in der Unternehmer, wenn man mit ihnen spricht, eher davon berichten, dass sie nicht genügend Arbeitskräfte finden, die sie benötigen. Unter diesen Umständen sollte man die Menschen lieber arbeiten lassen und sie dazu ermutigen. Sie sind nicht von der Angst vor Arbeitslosigkeit bedroht. Arbeitslosigkeit macht die Menschen, die Arbeitnehmer, gegenüber dem Arbeitgeber schutzlos, aber heute sucht man mit Lasso und Seil nach Menschen, die man einstellen kann. Ich habe also das Gefühl, dass die ungarischen Arbeitnehmer, die ungarischen Arbeitnehmer in der Regel, von Ausnahmen sprechen wir jetzt nicht, in der Regel nicht nur nicht in einer hilflosen Lage sind, sondern sogar Unterstützung erhalten, sowohl rechtliche als auch finanzielle Unterstützung von der Regierung, damit sie arbeiten. Wir erhöhen ständig den Mindestlohn, damit sie nicht weniger als einen bestimmten Betrag verdienen können. Und ich könnte noch viele weitere Beispiele nennen. Ich finde das also in Ordnung.
Gábor Gavra: Wir hören derzeit ständig von Ihnen, von Ihren Gegnern und auch von Kommentatoren des öffentlichen Lebens, dass es sehr schade ist, dass es in Ungarn keine normalen sachpolitischen Debatten gibt, zum Beispiel über Steuerpolitik. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass es mich sehr stört, wenn beispielsweise die mit dem Fidesz verbundenen Influencer, Megafon und Umgebung, sich auf einen Satz von Mária Zita Petschnig stürzen, über den wir letzte Woche mit meinem Kollegen Hont in der zu Recht beliebten Fernsehsendung ÖT festgestellt haben, dass es sich um eine Selbstverständlichkeit handelt. Also, dass Mária Zita Petschnig das gesagt hat, und ich verstehe, dass sie Reformökonomin und Finanzforscherin ist, und Ihnen, wie soll ich sagen, zumindest…
András Hont: Um es mit einem Orbánschen Satz zu sagen: Für liberale Ökonomen ist es gut, wenn Blut fließt. Nicht wahr? So etwas in der Art war es. Ihre Beziehung zu ihr und zu László Kéri war widersprüchlich und langwierig, aber wenn Mária Zita Petschnig sagt, dass jeder, der eine Mehrwertsteuersenkung fordert, auch eine Steuererhöhung fordern muss, stürzt sich Megafon auf diesen Satz, um sie zu zerfleischen, natürlich nicht physisch, und die Tisza-Partei schüttelt das einfach ab, als hätte sie nichts damit zu tun. Meiner Meinung nach kann man deshalb keine normalen fachpolitischen Debatten führen, weil Sie und Ihre Gegner sich so verhalten.
Ja, aber ich glaube, dass es in dieser Frage gar keine fachpolitische Debatte gibt…
András Hont: Sondern?
… sondern es geht um die Frage der Glaubwürdigkeit. Die Frage, ob es eine progressive Steuer oder eine Pauschalsteuer geben soll, ist natürlich auch eine gute Frage. Darüber kann man fachlich diskutieren…
Gábor Gavra: Das Ganze über Mária Petschnig als Fachpolitik…
Ich komme gleich auch auf Zita zurück. Man kann also eine solche sterile fachpolitische Debatte führen, aber heute geht es nicht darum, sondern darum, dass die Oppositionspartei sagt: Ich sage nicht, was ich will, denn wenn ich sagen würde, was ich denke und was ich vorhabe, würde ich die Wahlen verlieren. Das ist keine steuerpolitische Debatte, das ist, um es vorsichtig auszudrücken, schlicht und einfach Betrug. Oder wir können jetzt nicht sagen, was wir tun wollen, aber nach der Wahl ist alles möglich. Darum geht es heute in der Debatte, nicht um Steuern…
András Hont: Ich verstehe, dass der Satz, dass…
Sätze.
András Hont: … ja, aber dieser Satz ist nicht so brutal, dass ein kleiner Sieg eine kleine Veränderung und ein großer Sieg eine große Veränderung bedeutet, aber auch dieser Satz hat nicht die ganze Wahrheit offenbart.
Es ist ein sehr einfacher und verständlicher Satz, der keinen Betrug enthielt, und es kam so, wie ich es gesagt habe. Aber hier geht es um Betrug. Und dann sehen wir, dass die versammelten Menschen am Tisza darüber abstimmen, dass dann 80-90 Prozent für die progressive Steuer sind, und am nächsten Tag leugnen sie es. Es geht hier also nicht um eine steuerpolitische Debatte, sondern um Glaubwürdigkeit. Um politische Verlässlichkeit.
Gábor Gavra: Herr Ministerpräsident, als Sie 2010 noch nach dem alten Wahlsystem, dem Zwei-Wahlgänge-Wahlsystem, eine Zweidrittelmehrheit erhielten, haben Sie mit keinem Wort erwähnt, dass Sie ohne Volksabstimmung und zudem einseitig eine neue Verfassung, ein neues Wahlsystem und eine Menge anderer Dinge einführen würden. Ich glaube nicht, dass in dieser Angelegenheit die Tisza-Partei Ihnen die Schuld geben kann, also…
Nicht uns, sondern allen Ungarn, natürlich muss man ihnen das vorwerfen. Wie ist das denn möglich…
Gábor Gavra: Man hat es auch Ihnen nicht vorgeworfen.
Wie kann man in einer Demokratie sagen, den Menschen direkt ins Gesicht sagen: „Ich sage Ihnen nicht, was wir vorhaben, denn wenn ich es Ihnen sage, verlieren wir die Wahl.“ Aber wie soll ich dann wählen? Wofür soll ich stimmen? Man kann nicht sagen, dass jetzt noch…
András Hont: Warum, wollen Sie denn im Übrigen für die Tisza stimmen?
Ich spreche jetzt im Namen eines Bürgers. Ich kann nicht sagen, was wir vorhaben, aber nach der Wahl ist alles möglich. Wie? Es ist ein Wunder, dass der Himmel nicht einstürzt.
Gábor Gavra: Aber ist es nicht so, dass Péter Magyar bei Ihnen gesehen hat, dass es erfolgreich ist, vor einer Wahl nicht zu sagen, was man vorhat, nur dass sein Vizepräsident so amateurhaft ist, dass er sogar so Dinge darüber verrät?
Ich weiß nicht, ob der Vizepräsident amateurhaft ist oder nicht, aber man kann einfach nicht so mit Menschen umgehen.
Gábor Gavra: Aber haben Sie das nicht getan?
Nein, wie denn? Machen Sie keine Witze!
Gábor Gavra: Sie haben gesagt, dass die Verfassung…
Ich habe in keiner Angelegenheit jemals etwas verheimlicht und habe die Menschen nicht belogen.
András Hont: Sie haben jedoch auf einem Botschaftsempfang gesagt, dass man nicht darauf achten soll, was Sie sagen, sondern darauf, was Sie tun.
Nun, nicht wahr? Das habe ich der armen Amerikanerin erklärt, weil sie kein Ungarisch spricht. Sie sagte mir, es handelt sich um ein Gespräch mit einer amerikanischen Dame, und dass sie nicht verstehe – dies ist ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen –, dass sie nicht verstehe, was das bedeute. Ich sagte ihr, sie solle nicht darauf achten, was es bedeutet, denn sie werde es nicht verstehen. Schauen Sie sich an, was ich gemacht habe, dann verstehen Sie, was in Ungarn passiert. Das ist das Gespräch mit der Botschafterin. Ich finde, man kann das den Wählern nicht antun, ihnen zu sagen, dass ich ihnen nicht verrate, was ich vorhabe, denn wenn ich es ihnen verraten würde, würden sie mich nicht wählen. Wie bitte? Wir stehen vor einem zivilisatorischen Problem, nicht vor einem demokratischen Problem.
Gábor Gavra: Entschuldigung, aber unter Ihnen, ich spreche natürlich von den damaligen Führern des Fidesz, gab es offensichtlich niemanden, der vor der Kamera gesagt hätte, dass ich nicht darüber sprechen darf, was wir vorhaben, weil…
Weil wir nichts vorbereitet hatten, was wir hätten geheim halten müssen.
András Hont: Die Einschränkung der Befugnisse des Verfassungsgerichts gehörte nicht dazu, obwohl Sie sagten, dass das Verfassungsgericht entscheidend ist…
Ja, lassen Sie uns das einmal der Reihe nach durchgehen! Nein, das darf nicht an mir hängen bleiben. Ja?
András Hont: Damals, noch vor 2010, als das Verfassungsgericht entschied und übrigens den Antrag des Fidesz auf ein Referendum ablehnte, sagten Sie, dass es in der ungarischen Politik ein ehernes Gesetz gebe, dass das Verfassungsgericht entscheidet. Als sie dann an die Regierung kamen, haben wir schließlich die eherne Zeit hinter uns gelassen, weil sie die Möglichkeit von Verfassungsgerichtsentscheidungen zu Finanzfragen abgeschafft haben.
Nein, nein! Wir haben sie eingeschränkt. Wir haben sie nicht abgeschafft. Wir haben gesagt, dass das Verfassungsgericht so lange nicht über Finanzfragen entscheiden darf, bis die Staatsverschuldung unter ein bestimmtes Niveau gesunken ist. Aber sie wird das erreichen, wir werden sie senken, und dann kann es wieder entscheiden.
András Hont: Apropos, wie ist der Zustand der ungarischen Wirtschaft? Da wir hier über Steuern sprechen, würde ich an ihrer Stelle sagen – ich möchte der Fidesz-Kampagne keine Ratschläge geben…
Bitte sehr! Gerne nehmen wir sie an.
András Hont: Richtig, denn wenn jemand Steuersenkungen verspricht, muss man dann sagen, dass die ungarische Wirtschaft demnach doch nicht kurz vor dem Zusammenbruch steht?
Natürlich, aber das ist Unsinn…
András Hont: Aber nein, nein, nein, nein, das weiß ich nicht, ich würde nur sagen, wenn ich an der Regierung wäre und jemand mit Plänen zur Steuersenkung käme…
Ich könnte genau das sagen, aber eine substanzlose Debatte über den Zustand der Wirtschaft macht keinen Sinn.
András Hont: Wie sieht eine substanzielle Debatte über die Wirtschaft aus?
Wenn sie Fakten enthält, dann ist sie substanziell. Aber derzeit finden keine solchen Debatten statt, sondern Glaubensdebatten. Wer mit der Opposition sympathisiert, glaubt, dass die ungarische Wirtschaft kurz vor dem Zusammenbruch steht, wer mit der Regierung sympathisiert, sagt, dass die ungarische Wirtschaft auf soliden Beinen steht. Und hier wurde noch kein einziger Fakt genannt, deshalb ist die Debatte substanzlos. Vor der Wahlkampagne kann man nicht viel anderes erwarten.
András Hont: Aber Sie haben zu Beginn des Jahres auch gesagt, dass es einen fliegenden Start geben wird, und seitdem ist der Teil der Öffentlichkeit, den Sie als erstes erwähnt haben, also der, der mit der Opposition sympathisiert,
Ist es nicht so gekommen? Entschuldigung, ist es nicht so gekommen?
András Hont: Also! Nun…
Entschuldigung, was ist passiert? Wir haben einen Wirtschaftsaktionsplan für dieses Jahr angekündigt, der auf der Annahme beruhte, dass die Sanktionen und der Krieg die ungarische Wirtschaft nun nicht mehr blockieren würden, da der amerikanische Präsident sein Amt angetreten hat. Es stellte sich heraus, dass dies nicht der Fall ist, dass der Krieg immer noch andauert, und deshalb musste ich dieses Finanzjahr umplanen.
Gábor Gavra: Sie haben sich also geirrt und waren zu optimistisch.
Entschuldigung! Aber ich tue alles, entschuldigen Sie, wieder die Zuverlässigkeit. Aber wir werden alles tun, ich werde alles tun, was ich versprochen habe. Ich musste es nur um ein halbes Jahr verschieben. Deshalb ist der fliegende Start wirklich nicht… Wie ich schon sagte, die Startbahn war lang, und 10 Millionen Menschen sitzen im Flugzeug, da ist es schwer, abzuheben. Aber es stimmt, dass nicht ab Januar, sondern ab dem 1. Juli alles, was wir uns vorgenommen haben, die Renten, die Steuersenkungen, die Unterstützung für Familien, alles umgesetzt wurde oder umgesetzt wird.
András Hont: Und wie werden Ihrer Meinung nach die Wachstumszahlen für das dritte Quartal aussehen?
Ich weiß es nicht, vielleicht kann Márton Nagy das sagen, wenn es überhaupt jemanden gibt, der in der aktuellen europäischen Wirtschaftslage Prognosen wagen würde, denn Prognosen sind ein äußerst riskantes Unterfangen. Ich kann nur sagen, dass alle Maßnahmen, die ich angekündigt habe und die wir teilweise bereits umgesetzt haben und noch umsetzen werden, wirtschaftspolitisch abgesichert sind. Selbst wenn das Wirtschaftswachstum nicht mehr als 1 Prozent betragen würde, könnten wir diese Maßnahmen dennoch umsetzen.
András Hont: Sie haben mir gegenüber, entschuldigen Sie, im April erwähnt, dass Sie große Hoffnungen in die Präsidentschaft von Donald Trump setzen, insbesondere aus ungarischer Sicht, und dass Sie für den Herbst Vereinbarungen mit den Vereinigten Staaten versprochen haben.
Einiges davon ist bereits geschehen, anderes liegt noch vor uns, um es optimistisch auszudrücken. Die politisch motivierten Sanktionen wurden ja aufgehoben, und während es in der gesamten internationalen Wirtschaft darum geht, dass die Amerikaner ihr Kapital, ihr eigenes, nach Hause holen wollen und sogar die anderen dazu bewegen wollen, bei ihnen zu investieren und nicht zu Hause, siehe den Fall der europäischen Unternehmen, während seit dem Amtsantritt von Herrn Präsident Trump fünf oder sechs bedeutende, technologisch fortschrittliche amerikanische Investitionen in Ungarn getätigt wurden. Wir haben also eine Zusammenarbeit mit den Amerikanern, die dazu führt, dass die Amerikaner ihr Kapital nicht aus Ungarn abziehen, sondern hierherbringen. Deshalb bringt der Sieg von Herrn Präsident Trump wirtschaftliche Vorteile für die ungarischen Menschen, denn es kommen Investitionen aus Amerika, qualifizierte Investitionen auf hohem technologischen Niveau, und das ist gut.
Gábor Gavra: Sie haben gerade von einer körperlosen Debatte gesprochen und gesagt, dass diejenigen, die mit der Regierung sympathisieren, die ungarische Wirtschaft auf stabilen Beinen sehen, während diejenigen, die mit der Opposition sympathisieren, beispielsweise mit der Tisza-Partei, einen Zusammenbruch erwarten…
Ich gebe zu, dass ich mit der Regierung sympathisiere.
Gábor Gavra: Nun, ich weiß nicht, mit wem Mihály Varga, der Präsident der Nationalbank, sympathisiert, aber ich nehme an, dass…
Mit Karcag. Mit dem Sportclub Karcag SE.
Gábor Gavra: Ja, aber er sagt doch, wir sollten den Tatsachen ins Auge sehen: In sieben der letzten zwölf Quartale ist das BIP gesunken, ähnlich wie in der Zeit nach dem Systemwechsel während der Krise 2007-2008. Nun, es ist zweifellos kein Zusammenbruch, aber dennoch keine gute…
Natürlich! Aber deshalb sage ich, was ich gerade gesagt habe, dass trotz allem die GYED und die GYES steuerfrei geworden sind. Wir haben die Steuervergünstigung für Kinder bereits um 50 Prozent erhöht. Mütter mit drei Kindern zahlen ab dem 1. Oktober bis zu ihrem Lebensende keine Einkommenssteuer mehr. Wir haben einen staatlich geförderten Wohnungskredit mit einem Zinssatz von 3 Prozent aufgelegt. Das sind großartige Dinge. Dass wir diese Programme in einer so schwierigen Situation, wie Sie sie hier beschrieben haben, umsetzen können, ist meiner Meinung nach zunächst einmal eine schöne wirtschaftliche Meisterleistung des Wirtschaftsministers, lassen Sie uns das einmal in Klammern setzen, und es zeigt, dass dieses Land Potenzial hat. In diesem Land, in dem das Wachstum tatsächlich so ist, wie Sie sagen, und wie Sie den Präsidenten der Zentralbank zitiert haben, ist es auch in einer solchen Situation in der Lage, diese Dinge zu tun. Was für eine Lebenskraft steckt in diesem Land! Ich habe gesagt, dass ich mit der Regierung sympathisiere, ich glaube, dass die ungarische Wirtschaft auf stabilen Beinen steht.
András Hont: Und glauben Sie, dass dies die Wirtschaft Ungarns langfristig auf nachhaltige Weise charakterisieren wird?
Was können wir dazu sagen? Das ist eine sehr schwierige Frage. Wir können sagen, dass wir das, was wir in den kommenden Monaten tun werden, auch bei der aktuellen Wirtschaftsleistung schaffen können. Wie lange wir das mit immer neuen Programmen fortsetzen können, kann ich Ihnen derzeit nicht beantworten, denn das hängt wirklich davon ab, wie sich der Krieg entwickelt. Denn sowohl der Krieg als auch die Sanktionen blockieren das Wirtschaftswachstum in Europa, einschließlich Ungarns. Wenn wir uns davon befreien könnten – und dafür arbeite ich, dass wir uns sowohl vom Krieg als auch von den Sanktionen befreien können –, würden sich die Wachstumsaussichten der ungarischen Wirtschaft sofort und erheblich verbessern.
András Hont: In Ihrer Rede in Kötcse haben Sie dies ebenfalls angesprochen, dann sind wir ja an dem nächsten Punkt angekommen. Sie sagten, dass die Russen diesen Krieg gewonnen haben.
Ja, das ist meine Meinung.
András Hont: Aber wenn jemand einen Krieg gewinnt, ist dieser normalerweise vorbei. Was verhindert dann, dass der Sieg oder die Niederlage gut oder schlecht, von der anderen Seite gesehen der Frieden gut oder schlecht ist…
Welcher Fan sind Sie, András?
András Hont: Ein Fan von Vasas, natürlich.
Wenn Sie Ferencváros-Fan wären, wüssten Sie aus dem Fanschlachtruf die Antwort auf diese Frage. „Mehr, mehr, mehr, soviel ist nicht genug!” So ist das Wesen des Krieges, auch wenn man ihn gewonnen hat. Wenn man dabei ist, ihn zu gewinnen, und die Russen sind dabei, ihn zu gewinnen.
András Hont: Was folgt daraus also?
Dass es in unserem Interesse liegt, sie so schnell wie möglich zu stoppen.
András Hont: Aber sie werden nicht aufhören, denn sie fordern, dass sich die Russen auch aus der Westukraine zurückziehen.
Die Frage ist, wie man die Russen stoppen kann. Meiner Meinung nach kann man die Russen durch eine Vereinbarung stoppen. Man muss sich mit ihnen einigen. Meiner Meinung nach sollte ein umfassendes europäisch-russisches Wirtschafts- und Sicherheitsabkommen geschlossen werden, das über die Ukraine hinaus auch andere Fragen umfasst und mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Konsequenzen verbunden ist. So können wir sie aufhalten. Militärisch werden wir das nicht schaffen. Das geht nur mit Diplomatie. An der Front gibt es also keine Möglichkeit dafür.
András Hont: Das würde bedeuten…
Alle Militärexperten, die in der letzten Zeit Studien über den Sieg im Krieg verfasst oder sich dazu geäußert haben, sind sich heute alle einig, dass der russische Militärsieg, der meiner Meinung nach bereits eingetreten ist, nur dann rückgängig gemacht werden kann, wenn die Westmächte Hunderttausende von Soldaten an die Front schicken, was unabsehbare Folgen hätte und mit einem Dritten Weltkrieg gleichgesetzt werden könnte. Deshalb wollen sie das auch nicht wirklich. Wenn das so ist, gibt es keine Lösung an der Front, sondern nur eine diplomatische Lösung.
Gábor Gavra: Aber die Diplomatie, nicht wahr…
Das versucht auch Herr Präsident Trump.
Gábor Gavra: Okay, aber in den letzten fast zwanzig Jahren hat Russland doch mehrere seiner Nachbarn angegriffen, 2008 Georgien…
Das ist eine umstrittene Geschichte.
Gábor Gavra: Ja, es hat seine autonomen Gebiete besetzt, aber nach internationalem Recht…
Denn wer hat angefangen…
Gábor Gavra: … Georgien versuchte, die zu ihm gehörigen Gebiete zurückzuerobern, und dann marschierten die Russen in diese Gebiete ein.
Die Situation wurde schlimmer als zuvor.
Gábor Gavra: Der damalige Viktor Orbán hat die russische Führung nicht verschont.
Nein, ganz und gar nicht!
Gábor Gábor Gavra: … in dieser Frage. Dann kam 2014. Nun war Botschafter Simonyi zu Gast in der Sendung „Ring”, wo er Donald Trump wegen des Gipfeltreffens in Alaska und Washington als Staatsmann bezeichnete, was mich aus seinem Mund überraschte, aber…
Ich finde auch, dass er das gut gemacht hat.
Gábor Gavra: … Angela Merkel und die damaligen Führer der Europäischen Union, die die Minsker Vereinbarungen unter Dach und Fach gebracht haben, bezeichnete er jedoch als Verräter Europas, ganz einfach, weil sie ein solches Abkommen mit den Russen geschlossen haben, und als ob Sie jetzt etwas Ähnliches fordern würden, was überhaupt keinen dauerhaften Frieden gebracht hat.
Sie sehen richtig, dass ich etwas Ähnliches fordere, ja.
Gábor Gavra: Okay, aber geht es hier nicht darum, dass Sie einem Raubtier mit unersättlichem Appetit immer neue Beute zuwerfen?
Nein, denn wir sind die Stärkeren. Das Besondere an der ganzen Situation ist also, dass, während wir über Russland sprechen – wie haben Sie es gerade ausgedrückt? Was für Raubtiere?
Gábor Gavra: Raubtiere mit unersättlichem Appetit.
Tatsächlich sind wir die Stärkeren. Die NATO ist viel stärker als Russland. Auch ohne Amerika sind wir Europäer stärker als Russland.
Gábor Gavra: Gut, aber warum setzen wir diese Stärke dann nicht ein? Natürlich will niemand, oder zumindest kein vernünftiger Mensch, einen Dritten Weltkrieg, aber wenn wir die Stärkeren sind …
Ja?
Gábor Gavra: … warum setzen wir dann diese Stärke nicht ein und warum …
Ich stimme Ihnen zu. Das ist die Frage. Weil wir dumm sind, weil Europa schlecht geführt wird, weil wir unsere Stärke in Verhandlungen einsetzen könnten. Wenn wir die Stärkeren sind, aber nicht kämpfen wollen, dann ist das die Situation, dann ist deine Überlegenheit …
Gábor Gavra: Die Aufteilung der Ukraine ist die Durchsetzung der Kraft?
… dann kann man die Kraft nur in Verhandlungen durchsetzen. Wenn man nicht verhandelt, ist die Überlegenheit nutzlos. Wenn man nicht verhandelt und nicht kämpfen will, wird der Schwächere gewinnen, er wird vorankommen. In diesem Fall kann man nur eines tun. Wir müssen die Initiative ergreifen. Ich bringe bei jeder Sitzung des Europäischen Rates immer wieder zur Sprache, dass die Europäer, vor allem die Deutschen und die Franzosen gemeinsam, Verhandlungen mit den Russen initiieren sollten. Man muss nicht in Washington Klinken putzen, als Kiebitz dem amerikanischen Präsidenten zuflüstern. Das wird Europa wenig nützen.
András Hont: Und Ihrer Meinung nach …
Wir selbst, als Europäer, müssen in unserem eigenen Recht und im Bewusstsein unserer Stärke mit den Russen verhandeln. Wir müssen sagen: „Meine Herren, alle Karten liegen auf dem Tisch, wir sehen, was Sie können, Sie sehen, was wir können, lassen Sie uns eine Einigung erzielen.“
András Hont: Für Verhandlungen braucht es zwei Parteien. Und zumindest muss ein gewisses Maß an Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit vorhanden sein, das spielt nur in der Innenpolitik eine Rolle.
Ja, aber ich würde die Außenpolitik nicht auf die Glaubwürdigkeit der anderen Partei aufbauen.
Gábor Gavra: Und in diesem konkreten Fall ganz besonders nicht.
András Hont: Ja, aber wie sieht es dann mit Putin aus?
Man muss auf ein Gleichgewicht der Kräfte setzen. Außenpolitik kann auf einem Gleichgewicht der Kräfte aufgebaut werden.
András Hont: Welche Garantien kann man von Wladimir Putin verlangen, damit er sich auch an ein Friedensabkommen hält?
Zunächst einmal müssen wir heute keine Garantien von ihm, sondern von Russland erhalten, die unabhängig davon, wer Russlands Führer ist, eingehalten werden. Wann werden sie eingehalten? Wenn es sich um ein Abkommen handelt, das auch für uns gut und für sie akzeptabel ist, und wir die Kraft haben, die in einem schriftlichen Vertrag festgelegte Kraft, die wir anwenden können. Nun, nur so ist es möglich. Mit den Russen kann man nicht auf der Grundlage guter Absichten verhandeln. Entschuldigung, aber wenn jemand die russische Geschichte kennt, kann er das nicht glauben. Das ist eine militärische…
Gábor Gavra: Die Wahrheit ist, dass es meiner Meinung nach ihnen nicht einmal in den Sinn gekommen ist, dass man mit ihnen verhandeln könnte.
Ja, aber die Frage schien darauf hinauszulaufen. Nehmen wir also die Realitäten ernst. Es gibt ein Russland, riesig, so groß, wie es ist, es hat Kraft, und es gibt Europa. Es gibt etwas mehr als 130 Millionen Russen, wir sind 400 Millionen. Sie haben ein GDP, das nur ein Bruchteil unseres GDPs ist. Ihre Militärausgaben liegen weit unter dem, was wir Europäer – ich spreche nicht von Amerika – jedes Jahr für Sicherheit und Rüstung ausgeben. Wir sind stark, alle Zahlen und Daten belegen, dass wir Europäer stark sind. Aber wir wirken hilflos. Das ist unser Problem. Das ist ein Führungsproblem.
Gábor Gavra: Aber wenn Europa mit den Russen so verhandelt, wie Sie es vorschlagen, beispielsweise über die Aufteilung der Ukraine, warum sollte es dann stärker wirken?
Was wir vereinbaren können, wird sich am Verhandlungstisch zeigen. Aber wir müssen uns so hinsetzen, dass wir…
Gábor Gavra: Schwächt dieser Vorschlag Europa nicht?
Nein, meiner Meinung nach nicht. Wir werden jetzt jeden Tag schwächer. Wir werden jeden Tag schwächer. Die Russen kommen jeden Tag voran, ich weiß nicht, um wie viel Meter, aber jeden Tag. Und außerdem erwecken wir Europäer den Eindruck, als wären wir aus eigener Kraft nicht in der Lage, ein gutes Sicherheitsabkommen mit den Russen zu schließen, sondern rennen nach Washington, um Daddy, wie manche sagen, zu überreden, auch unsere Standpunkte in seinen eigenen Entscheidungen zu berücksichtigen. Wir sitzen dort wie Untergebene vor ihrem Chef. Sie haben die Bilder gesehen, nicht wahr?
Gábor Gavra: Wie im Klassenraum.
Während die Leute, die dort saßen, über europäische strategische Autonomie sprechen. So geht das nicht. Entschuldigung, das ist nicht meine Aufgabe, denn ich bin nicht der französische Präsident und ich bin nicht der deutsche Bundeskanzler, und es gibt kein Ungarn mit 80 Millionen Einwohnern und kein Frankreich mit 66 Millionen Einwohnern, oder entschuldigen Sie, Ungarn, sondern es gibt ein Ungarn mit 10 Millionen Einwohnern. Auch Ungarn muss wissen, und auch der ungarische Ministerpräsident muss wissen, wo sein Platz ist, was er tun kann und was er nicht tun kann, aber eines können wir mit Sicherheit tun: wir können nachdenken. Wir denken logisch, wir argumentieren und wir sagen den europäischen Staats- und Regierungschefs, was unserer Meinung nach zu tun ist, um erfolgreich zu sein. Das werde ich auch morgen tun, wenn der Präsident des Europäischen Rates, Herr Costa, zu mir kommt. Denn obwohl wir die Stärkeren sind, sind wir erfolglos. Wir sind im Krieg erfolglos, wir sind auch in der geopolitischen Neuordnung erfolglos, wir sind auch in der Wirtschaft erfolglos, obwohl wir alle Möglichkeiten haben, um stark zu sein.
András Hont: Ich hätte noch gerne über die Union gesprochen, denn alles, was gesagt wurde, war einfach unglaublich…
Morgen spricht Präsidentin von der Leyen im Europäischen Parlament, wir werden morgen etwas zu besprechen haben. Es wird eine „State of the Union”-Rede sein, also wird es sicherlich jemanden hier geben, der eine starke Meinung dazu hat, ich zum Beispiel auf jeden Fall.
András Hont: Ich möchte das nicht verpassen. Ich stelle den Wecker. Die Zeit rennt also davon, und ich glaube, wir stellen die Geduld der Zuschauer auf eine harte Probe, wenn wir das noch weiter hinauszögern. Es wird also bald eine Gelegenheit geben, alles zu diskutieren, was Sie über die Organisation Europas denken, denn ich möchte noch eine Frage stellen. Gábor, haben Sie etwas?
Gábor Gavra: András, ich denke, Sie sollten noch eine Frage stellen.
András Hont: Gut. Als wir uns hier im April trafen, wussten wir noch nicht, dass dies eine Serie werden würde, dass es also in den Podcasts weitergehen würde.
Nun, hier ist eine Sache, die ich verschwiegen habe.
András Hont: Ja?
Gábor Gavra: Das.
So sind meine großen Geheimnisse.
András Hont: So ist es. Also, das wussten wir damals nicht.
Ich weiß nicht, ob Sie es glauben, aber selbst ich wusste es damals nicht.
András Hont: In Ordnung, das will ich nicht, ich will nur sagen, ob Ihnen das als eine Art Lehre gedient hat, dieses…
Der Grund war schon eine Lehre. Ich sehe also, dass wir, ob es uns gefällt oder nicht, um es mit den Worten eines deutschen Philosophen zu sagen, der die Situation gut beschrieben hat, in einer Zeit des Strukturwandels der Öffentlichkeit leben. Das hat wohl Habermas irgendwann geschrieben…
András Hont: Ja.
… Anfang der siebziger Jahre geschrieben: „Der Strukturwandel der öffentlichen Sphäre” oder ihre Veränderung. Und etwas Ähnliches geschieht gerade jetzt. Wir befinden uns also in einer völlig anderen Struktur der Öffentlichkeit, was zahlreiche Auswirkungen auf unser Privatleben, unseren Arbeitsplatz, unser Gehalt und auch auf unser politisches und gesellschaftliches Leben hat. Und daran müssen wir uns anpassen. Eine der Konsequenzen daraus, die für mich eine große Herausforderung darstellt und unter der ich auch leide, ist die Frage, wie man die Seriosität der Politik aufrechterhalten kann. Denn die Veränderung der Struktur der öffentlichen Meinung hat dazu geführt, dass es, entschuldigen Sie bitte, wenn ich Fremdwörter verwende, tägliche Impact-Kampagnen gibt. Es geht nicht mehr darum, dass es eine Idee, einen Gedanken, ein Thema gibt, das wir über mehrere Tage hinweg ausführlich und in der erforderlichen Tiefe diskutieren und erörtern, sondern es findet im digitalen Raum eine tägliche Impulskampagne statt. Jeden Tag eine neue Geschichte. Für uns Ältere ist es überraschend, dass jemand am Montag etwas sagt, am Dienstag das Gegenteil davon und am Mittwoch wieder etwas anderes zum gleichen Thema, denn wichtig ist nur, wie viel Interesse es weckt. An diesem Tag ist die Wirkung, der Einfluss, hoch oder nicht. Heute geht es in der Politik weltweit langsam hierum. Ich möchte jetzt niemanden schlechtmachen, aber wenn ich in der Sitzung des Europäischen Rates sitze, sind wir oft zu zweit oder zu dritt, die gerade nicht auf ihre kleinen Smartphones tippen, um auf diesen elenden kleinen Apparaten die neuesten Nachrichten zu verfolgen. Und wir sprechen hier von europäischen Staats- und Regierungschefs. Das gesamte demokratische politische System steht unter dem Einfluss des täglichen Impacts. Und ich arbeite daran, etwas Ernsthaftigkeit zu vermitteln… Ich muss mich auch daran anpassen, ich kann nichts dagegen tun, denn so ist es nun einmal, aber gleichzeitig versuche ich, die Ernsthaftigkeit der Politik aufrechtzuerhalten, und suche nach jenen Podcasts, deshalb sitze ich jetzt hier, meine Sympathie für die Herren hätte nicht ausgereicht, um so lange hier zu sitzen, aber ich sitze jetzt hier mit Ihnen, ich bin zu den anderen gegangen und werde noch zu anderen längeren Talkshows gehen, damit die Politik neben den täglichen Effekthaschereien auch noch einen anderen Inhalt hat, denn sonst werden wir noch dumm. Nun, wenn Politik darin besteht, aus solchen kleinen Angelegenheiten, kleinen Skandalen, Kampagnen für den Tag zu machen, und am nächsten Tag beginnt dasselbe mit einem anderen Thema, wie soll dann daraus ein kluges Land werden? Und wie soll daraus kluge Politik werden? In solchen Fällen ist unser Verstand unsere einzige Waffe, wir dürfen nicht zulassen, dass die Politik primitivisiert wird. Deshalb gehe ich in diese Sendungen. Ich gehe hin und diskutiere. Manchmal in angenehmerer, manchmal auch in unangenehmerer Gesellschaft. Aber ich gehe hin, und wenn ich eine Chance sehe, ernsthaft über etwas zu sprechen, stehe ich zur Verfügung.
András Hont: Dieser Sommer…
Natürlich möchte ich mit diesen Gesprächen nichts falsch machen, ich gehe nicht dorthin, um mir Antipathie und Feinde zu verschaffen, das wäre vielleicht verzeihlich, aber ich möchte ernsthaft mit den Reportern sprechen, ich möchte ernsthaft mit den Menschen sprechen, auch über sie. Deshalb bin ich zu diesen Podcasts gegangen. Das ist eine Veränderung, András hat also Recht. Das ist eine große Veränderung im Vergleich zu dem, was ich bisher gemacht habe, denn bisher war es genau umgekehrt. Ich war der Meinung, dass wenn der Ministerpräsident zu oft und zu lange spricht, er die Bedeutung und Wichtigkeit seiner Worte, die sie eigentlich haben, verwässert.
Gábor Gavra: Hatten Sie übrigens, als Sie – sagen wir mal so – in Ihrer eigenen Öffentlichkeit, in den staatlichen oder Fidesz-nahen Medien in den letzten anderthalb Jahrzehnten gesprochen haben, nicht das Gefühl, dass Sie ohne substanzielle Fragen einrosten?
Nein, ich habe überall nur Interviews gegeben, in denen es um wesentliche Fragen ging. Eine andere Sache, die Sie, wenn ich Sie richtig verstehe, meinen, ist, dass ich keine Revolverinterviews gebe, die lehne ich ab. Ich gehe also nicht zu Interviews, bei denen der Reporter die Waffe zieht und dann schießt und ich zur Seite springe, denn dadurch werden die Menschen weder klüger, noch können wir das Thema vertiefen, sondern es wird zu einem Gerangel und einem Hahnenkampf. So etwas mache ich nicht mit. Aber ich unterhalte mich gerne mit Leuten, die zwar nicht meiner Meinung sind, sich selbst aber ernst nehmen.
András Hont: In diesem Sommer ging es nicht nur um diese Podcast-Tour, sondern auch um ein Phänomen, das übrigens in der Presse mit großem Echo begleitet wird. Es geht um die „dreckiger Fidesz” Rufe auf Festivals. Zunächst einmal kurz zu Ihrer Meinung dazu, dann habe ich noch eine Frage als Schlussakkord.
Ich bin in Fußballstadien aufgewachsen, es ist nichts Ungewöhnliches, auch in Stadien höre ich das nicht gerne, aber so ist es nun mal…
András Hont: Gut. All dies ist meiner Meinung nach die Einleitung oder der Auftakt zu einer sehr wichtigen Frage, denn obwohl dies nicht unbedingt nur für junge Menschen typisch ist, meine ich, dass es ein Fehler ist, diese „dreckiger Fidesz”-Geschrei ausschließlich als Jugendphänomen zu betrachten, aber es ist eine Tatsache, dass nun neue Generationen in die Politik eintreten.
Denken wir das nicht schon wieder auf zu übertriebene Weise? Geht es nicht einfach darum, dass vor jeder Wahl, einige Monate vor der Wahl, die Emotionen hochkochen und Dinge passieren, für die sich nach der Wahl alle ein wenig schämen? Zum Beispiel bezeichnet man seine politischen Rivalen als dreckig. Ich denke, darum geht es eher, das wird vorübergehen. Ein anderes Problem ist, dass neue Generationen in die Politik einsteigen und wie sie über ihre Umgebung denken, dass sie eine Menge Dinge als selbstverständlich ansehen, für die unsere Generation gekämpft hat.
Gábor Gavra: Das könnte für Sie teilweise auch bedeuten, dass es nicht ausreicht – wie soll ich es sagen? – besser zu sein als Gyurcsány und seine Leute, oder?
Aber wir werden bei den Wahlen die Mehrheit unter den jungen Menschen erhalten. Wir müssen die jungen Menschen für uns gewinnen. Wir müssen mit ihnen sprechen. Deshalb mache ich mir keine Sorgen um die neuen Generationen. Ich habe eine Meinung über die jungen Leute, aber ich weiß nicht, wie viel Zeit uns noch bleibt…
András Hont: Wir hören Ihnen zu.
…die ich nicht breittreten möchte, aber unabhängig von der Konzertstimmung und den erhitzten Gemütern vor den Wahlen. Ich habe eine gute Meinung über junge Menschen in dem Sinne, dass diejenigen, die ich kenne, und ich kenne viele, deren echtes Problem in Bezug auf ihr eigenes Leben das ist, was wir als „Kamu”, als Schein bezeichnen. Sie wollen kein „Kamu”-Leben, sie wollen keine „Kamu”-Dinge. Sie wollen ernsthafte Dinge, ein ernsthaftes Leben, ernsthafte Verantwortung, ernsthafte Herausforderungen, ernsthafte Möglichkeiten. Sie wollen nicht einfach nur besser leben, einen höheren Lebensstandard oder eine größere Wohnung, sondern sie wollen, dass ihr Leben Gewicht hat, dass es Bedeutung hat, dass es respektabel ist. Nicht nur gut und leicht, sondern respektabel. Ich kenne sehr viele solche jungen Menschen. Und man kann mit ihnen reden. Auch wenn sie gerade vielleicht bei einem Konzert „dreckiger Fidesz” rufen. Aber mit den jungen Menschen, die genug von ihrem falschen Leben haben und das Gefühl haben, dass sie irgendwie nicht in eine Situation kommen können, in der ihr Leben an Bedeutung gewinnt, weil es eigentlich keine ernsthaften Herausforderungen gibt, denen sie sich stellen könnten, kann man reden. Ich glaube nicht, dass sie schlechter sind als wir es waren.
András Hont: Das habe ich nicht gemeint, sondern…
Für uns war es auch nicht gerade einfach.
András Hont: Das kann ich nicht beurteilen. Aber wenn ich von Lajos Simicska und Ihnen ausgehe, dann…
Fragen Sie Ihren Vater, András.
András Hont: Das kann ich nicht, weil er bereits verstorben ist.
Entschuldigung.
András Hont: Nur, worum es in den nächsten Jahren gehen wird, denn es wird Menschen geben, für die vieles, was wir in einem solchen Gespräch erwähnen oder was sogar in einer Rede in Kötcse zur Sprache kommt, bereits Vergangenheit ist. Er war noch ein Kind, nicht nur als Sie sich einrichteten, sondern auch als es die CEU-Demonstrationen gab.
Ja, aber was folgt daraus? Wir haben hier dreißig Jahre lang gekämpft. Ich möchte hier nicht die Erinnerungen der Veteranen heraufbeschwören, sondern nur sagen, dass wir genau wissen, dass die Dinge, die heute in Ungarn gut laufen, die die Stärke dieses Landes ausmachen, die seine Zukunft bedeuten, nicht von selbst entstanden sind und nicht von selbst existieren – unabhängig davon, was wir derzeit über den Zustand des Landes denken. Viele junge Menschen sind tatsächlich darin hineingeboren worden, weil sie es für normal halten, dass beispielsweise jeder einen Arbeitsplatz hat. Dass beispielsweise ein Hochschulabschluss mit einem deutlich höheren Gehalt einhergeht. Oder dass es in der Berufsausbildung eine duale Ausbildung gibt und man nicht in einer Werkstatt durch unnötige Arbeitsstunden nutzloses Wissen erwirbt, sondern in einer Fabrik arbeitet, wo man direkt nach der Schule eingestellt wird und einen anständigen Job bekommt. Sie denken, dass dies der natürliche Lauf des Lebens ist. Und sie denken, dass – wie soll ich sagen, Moment mal – man auch mit einem Roboterflugzeug fliegen kann. Dass man auch mit einem Autopiloten fliegen kann. Denn der kann nicht kaputtgehen, weil es natürlich ist, aber das ist nicht so. Mit dem Autopiloten stürzen wir ab. Das muss man ihnen meiner Meinung nach sagen, unter anderem muss man ihnen das sagen, es ist sehr schwer. In der Politik gibt es ja dieses etwas verwirrende Sprichwort, dass das, was ist, nicht ist. Das heißt, was bereits geschehen ist, wird von den Menschen, auch von den jungen, nicht mehr als politische Leistung angesehen, sondern als selbstverständlich hingenommen. Das ist eine Herausforderung, die wir Politiker irgendwie bewältigen müssen.
Gábor Gavra: Nun, das war der Ring. Wir danken Ministerpräsident Viktor Orbán für seine Teilnahme. Ich danke meinem Kollegen András Hont, dass wir diese Sendung gemeinsam moderiert haben, und vor allem danke ich den sehr geehrten Zuschauern für ihre Aufmerksamkeit. Das war nun schon die dritte anderthalbstündige Ring-Sendung innerhalb einer Woche, nach der Debatte zwischen Balázs Orbán und Péter Tarjányi und dem Interview mit László Toroczkai. Also, wer diese dreimal anderthalb Stunden gesehen hat, dem müssen wir dann eine ganz besondere Auszeichnung verleihen. Und zum Abschied bitte ich Sie, sich, falls Sie es noch nicht getan haben, für den YouTube-Kanal „ÖT” anzumelden. Wenn Ihnen dieses Gespräch gefallen hat, liken Sie es und teilen Sie es mit Ihren Bekannten, wenn nicht, dann sagen Sie Viktor Orbán, András Hont oder sogar mir hier in den Kommentaren unter dem Video deutlich Ihre Meinung. Wir sehen uns nächste Woche, und auf Wiedersehen!
Aber nein! Wir sehen uns beim Fußballspiel. Vorwärts, Ungarn!
Gábor Gavra: Ja, und nach unserer Aufnahme findet das Spiel Ungarn gegen Portugal im Puskás-Stadion statt, Sie kennen es bereits…
András Hont: Zwei Drittel der Gesprächspartner werden dort anwesend sein, ja.
Gábor Gavra: Ja, ich aber nicht. Auf Wiedersehen!