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Gespräch von Viktor Orbán mit Tibor Kapu, dem zweiten ungarischen Astronauten

Guten Tag, Tibor! Hier ist die Erde, genauer gesagt ihr Mittelpunkt, Budapest. Ich grüße Sie herzlich! Zwei Dinge müssen wir klären. Erstens, darf ich Sie Tibor nennen? Zweitens gibt es einige Themen, die uns vorgegeben wurden und über die wir nicht sprechen dürfen. Bitte beachten Sie: Wir dürfen nicht über Politik, Militär, Religion, Werbung, Gender, Erderwärmung und Pseudowissenschaften sprechen. Aber das sind nicht die wichtigen Fragen, sondern wie geht es Ihnen, Tibor?

Tibor Kapu: Herr Ministerpräsident, vielen Dank für die Begrüßung. Mir geht es gut, vielen Dank! Es ist mir eine Ehre, heute nicht nur mit Ihnen, sondern auch mit allen lieben Zuschauern sprechen zu dürfen. Ich begrüße hiermit alle Zuschauer und auch alle Anwesenden. Tibor wird funktionieren, aber es kann auch alles andere sein, auch Tibi, vor allem in Nyíregyháza höre ich immer Tibike. Und wie ich bereits erwähnt habe, geht es mir sehr gut, wir befinden uns mitten in einem arbeitsreichen Tag. Die genannten Themen werde ich jedoch zu vermeiden versuchen, da ich mich praktisch in keinem davon auskenne.

Tibor, ich war siebzehn Jahre alt, als ich den Aufstieg von Bertalan Farkas miterlebte. In dieser Hinsicht bin ich Ihnen einen Schritt voraus, denn Sie sind bereits der zweite, den ich sehen kann. Hier unten möchte jetzt jeder Tibor Kapu sein, und wenn ich ein Kind wäre, wahrscheinlich auch ich. Spüren Sie das?

Als ich an Bord der Raumstation ankam, hatte ich eine 26-stündige Reise hinter mir. Wir waren 26 Stunden im Weltraum, und zwischen dem Andocken und der Begrüßungszeremonie hatte ich eine Stunde Zeit, in der ich meine Eltern anrufen konnte, deren Stimmen ich zum ersten Mal nach etwa anderthalb Tagen hörte, und sie erzählten mir, wie groß die Wirkung des Starts auf die ungarische Bevölkerung und die ungarische Nation war. Das spüre ich hierdurch, und ich bin überglücklich, dass wir eines der wichtigsten Ziele der Mission, nämlich die Menschen in Ungarn zu erreichen, bereits erreicht haben.

Wir sind sehr stolz auf Sie, dass Sie es so hoch hinaus geschafft haben. Es gibt hier unten eine Debatte, manchmal auch innerhalb der Regierung, ob es für Ungarn Sinn macht, sich an der internationalen Raumfahrtindustrie und Raumfahrtaktivitäten zu beteiligen. Wir sehen das nur von hier unten, aus dem Erdgeschoss. Was denken Sie darüber?

Für mich steht das außer Frage. Ich glaube und bin davon überzeugt, dass kleine Länder wie Ungarn, kleine Nationen, die größten Träume haben können. Die Raumfahrtindustrie ist heutzutage ein Industriezweig und eine Wissenschaft, in der man kein großer Akteur sein muss, um sich einschalten zu können. Man muss sich nur die Mitglieder der AX-4-Mission, die AX-4-Besatzung, die Mitarbeiter ansehen. Ich habe eine amerikanische Kollegin, einen indischen Kollegen und auch einen polnischen Kollegen. Auch das polnische Volk ist zwar nicht gerade als Weltraumnation bekannt, Indien und Amerika sind uns weit voraus, aber ich denke, dies ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass wir durch internationale Zusammenarbeit Großes erreichen können. Das ist der eine Punkt. Der andere ist, dass die Raumfahrtindustrie nach allen vernünftigen Berechnungen eine sehr florierende Branche ist. Praktisch jeder Cent oder jeder Forint, den wir jetzt investieren, wird sich später versechsfacht auszahlen, was für Zahlenmenschen natürlich sehr gut klingt. Als Ingenieur bin ich nicht immer so, mir gefällt der Gedanke viel besser, wie viele Menschen dann dadurch inspiriert werden können. Was auch immer ich in meinem Leben erreicht habe, habe ich immer durch das Vorbild meiner Vorbilder und durch ihre Lehren erreicht. Deshalb bin ich jetzt auch hier. Zu diesen Vorbildern gehörten mein Vater und natürlich auch Bertalan Farkas, und wenn wir einen ähnlichen Einfluss auf die jungen Menschen in Ungarn ausüben können, dann haben wir meiner Meinung nach schon gewonnen.

Ja, die Welt ist voller Versuchungen, guter und schlechter, und wir danken Ihnen, dass Sie den Kindern die guten Versuchungen zeigen. Tibor, können Sie uns ein paar Worte darüber sagen, was Sie machen? Was machen Sie, wenn Sie nicht mit uns reden?

Den größten Teil meiner Zeit verbringe ich mit Experimenten. Ich kann mich sehr glücklich schätzen, denn mit der AX-4-Mission haben wir etwa 60 Experimente durchgeführt, von denen ich als Ungar allein etwa 25 durchführen kann, was eine unglaublich hohe Zahl ist. Im Rahmen des HUNOR-Programms arbeiten unsere Forscher seit Jahren daran, diese große Anzahl von Experimenten zusammenzustellen, die nicht nur zahlreich, sondern auch von großem wissenschaftlichen Wert sind. Und hier können wir wirklich über alles sprechen. Vor allem über Dosimetrie, also Strahlungsmessung, die für uns Ungarn praktisch unser Weltraum-Erbe ist. Bertalan Farkas hat ja bereits den Dosimeter namens „Schmetterling” auf die Raumstation Saljut 6 mitgenommen, dessen x-te Generation heute hier auf der Internationalen Raumstation im Einsatz ist. Ich beschäftige mich also mit Dosimetrie und vielen anderen Experimenten. Wenn ich richtig gezählt habe, bin ich jetzt seit vier Tagen hier an Bord der Raumstation. Ich habe bereits die ersten Paprika-, Radieschen- und Weizensamen ausgesät und an ihren Platz gesetzt und auch die Kirschessigfliegen untersucht, die wir mitgebracht haben und die später für die DNA-Untersuchung wichtig sein werden. Es ist also ein ziemlich arbeitsreicher Tag mit vielen Experimenten, wenn ich das so sagen darf. Wir sind auch jetzt praktisch schon mitten im Arbeitstag, es ist halb zwölf nach Greenwich-Zeit, also geht es hauptsächlich darum. Wenn nicht, versuche ich mich auszuruhen. In den letzten vier Tagen bestand meine Erholung darin, dass wir uns mit den internationalen Kollegen unterhalten haben, die uns hier empfangen haben. Außerdem gibt es auf der Internationalen Raumstation ein sehr berühmtes Modul, das wir „Kuppel” nennen. Diese Kuppel ist ein Modul mit sieben Fenstern, durch die man immer auf die Erde hinunterblicken kann. Auch meinen heutigen Tag habe ich dort begonnen, um 4 Uhr morgens, weil ich gesehen habe, dass wir ungefähr zu dieser Zeit einen sehr guten Überflug über Ungarn haben würden, also bin ich mit den Ungarn aufgestanden, da es sowohl bei uns als auch in Ungarn gerade Sonnenaufgang war. Ich habe den Fertő-See [Neusiedler See] sehr schön gesehen, Kecskemét, Szeged ebenfalls, den südlichen Teil des Balaton, Keszthely auch, aber alles andere war leider bewölkt, sodass ich auf die schönste Aussicht wohl noch warten muss.

Tibor, man hört alles Mögliche über den Zustand der Schwerelosigkeit. Ich würde Sie gerne fragen, ob dort oben unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit der gesunde Menschenverstand funktioniert?

Ich möchte gerne glauben, dass er funktioniert. Das ist auch notwendig, denn unsere Arbeitstage sind wirklich sehr ausgefüllt. Allerdings ist es eine Tatsache, dass die Schwerelosigkeit zahlreiche, sozusagen schädliche Nebenwirkungen hat oder Auswirkungen auf den menschlichen Organismus hat. Eine dieser Auswirkungen ist vielleicht auch an meinem Gesicht zu sehen, denn dank eines sogenannten Fluid Shifts, bei dem das Herz viel stärker arbeitet als nötig, werden die Körperflüssigkeiten praktisch in den oberen Teil des Körpers gedrückt. Dadurch werden unsere Muskeln etwas schwächer, unsere Knochendichte nimmt ab oder sinkt. Zu all diesen Auswirkungen kommt noch hinzu, dass sich auch das Gehirn an die neue Umgebung gewöhnen muss. Das wird im Englischen als „space fog” bezeichnet, was man auf Ungarisch mit „Weltraumnebel” übersetzen könnte, obwohl wir diesen Begriff noch nicht ins Ungarische übersetzt haben, seit ich mich mit diesem Thema beschäftige. Das habe ich auf jeden Fall in den ersten drei Tagen gespürt. Hier auf der Raumstation ist es sehr leicht, Dinge schleifen zu lassen oder etwas aus dem Zeitplan zu geraten, aber ich gebe mein Bestes. Bisher ist alles gut gelaufen.

Die Forschungsarbeiten, die Sie durchführen, sind, wenn ich mich nicht irre, etwa dreißig, und zwar ungarische Forschungsarbeiten. Wer hat Sie damit beauftragt? Universitäten, private Unternehmen? Wer steht hinter diesen Forschungsarbeiten?

Herr Ministerpräsident, Sie haben praktisch alles für mich gesagt. An diesen Projekten sind ungarische Universitäten, ungarische Forschungsgruppen und ungarische Unternehmen beteiligt. Praktisch könnte man alle Universitäten aufzählen, von der ELTE über die BME, in Szeged, Debrecen bis nach Pécs, sowie ungarische Unternehmen, die bisher bereits wichtige Akteure in der internationalen Raumfahrtindustrie waren, aber wir haben auch neue Akteure. Für uns im HUNOR-Programm ist das eine große Freude, denn wir können sagen, dass es Unternehmen und Forscher gab, die durch das Programm in den Kreislauf der Weltraumindustrie gekommen sind, aber natürlich brauchten wir auch unsere Forscher, die bereits über jahrzehntelange Erfahrung verfügen.

Sehen Sie uns jetzt, während wir miteinander sprechen? Oder sehen nur wir Sie?

Ich fürchte, nur Sie können mich sehen.

Ich wäre neugierig, wie wir von dort oben aussehen. Ich habe gehört, dass Sie dann auch ein paar Fotos machen können. Was werden Sie fotografieren, was werden Sie mitbringen, welche Fotos werden Sie uns zeigen?

Genau darauf wollte ich mit meiner Antwort auf die vorherige Frage hinaus, denn in Ungarn sieht ein jeder von hier oben gut aus. Ich hatte jetzt schon mehrere Gelegenheiten, das Karpatenbecken zu sehen. Etwa zehn Stunden nach dem Start hatten wir uns noch aus unserer Dragon-Kapsel, unserer Dragon-Raumkabine gemeldet, als wir noch nicht bei der Raumstation angekommen waren und noch nicht andocken konnten, und während dieser Live-Schalte flogen wir gerade über Ungarn oder umkreisten es, was, wenn ich mich recht erinnere, auch an meiner Rede zu hören war, weil ich ziemlich emotional berührt war und nicht wirklich auf diese Momente vorbereitet war. Seit Monaten und Jahren erzähle ich davon, wie es sich wahrscheinlich anfühlen wird und welche Gefühle mich überwältigen werden, wenn ich das Karpatenbecken von oben sehe. Jetzt kann ich mit Stolz sagen, dass es wirklich emotionale Momente sind. Das andere ist, dass ich heute Morgen um 4 Uhr zusammen mit den Ungarn aufgestanden bin und diese Momente in jeder Hinsicht festhalten möchte. Ich hoffe, dass ich das Karpatenbecken sowohl bei Tag als auch bei Nacht sehen werde. Ich halte mich nicht für den besten Fotografen, aber ich werde mein Bestes geben.

Tibor, wie schnell fliegen Sie?

Derzeit fliegen wir mit einer Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde. Diese Geschwindigkeit reicht gerade aus, um die Erde praktisch zu umrunden, das heißt, wir kreisen um die Erde. Das bedeutet ja, dass wir uns hier in 400 km Höhe befinden und es hier noch Schwerkraft gibt, aber wir uns so schnell seitwärts bewegen, dass wir, wenn man so sagen kann, immer um die Erde kreisen, da wir wissen, dass die Erde rund ist, was vereinfacht gesagt bedeutet, dass wir, während wir einen Meter fallen, auch einen Meter seitwärts fliegen, und deshalb schweben wir praktisch die ganze Zeit schwerelos, wie man auch an diesem Mikrofon vor mir sehen kann. Ich hoffe, meine Stimme war trotzdem zu hören. Zu der Geschwindigkeit kommt noch hinzu, dass wir unsere Position sehr schnell ändern. Als ich zu Beginn unseres Gesprächs nachgeschaut habe, befanden wir uns gerade über den Großen Seen in Michigan und flogen in Richtung New York, zu diesem Zeitpunkt war es noch Tag auf der Raumstation. Jetzt sind wir schon weit über dem Atlantik, den Gábor Rakonczai kürzlich zum x-ten Mal überquert hat, und in etwa zwanzig Minuten erreichen wir eine weitere dunkle Zone, denn hier an Bord der Raumstation wechseln Tag und Nacht etwa sechzehn Mal am Tag.

Tibor, wie sind Ihre Kollegen? Behandeln sie Sie gut, sind sie freundlich? Und in welcher Sprache sprechen sie?

Meine Kollegen behandeln mich gut, ich behandle sie auch gut. Wir passen aufeinander auf, das ist vielleicht das Wichtigste. Mit der Mission ist auch unsere amerikanische Kommandantin Peggy Whitson mitgeflogen, die mit 675 Tagen im Weltraum als erfahrenste amerikanische Astronautin gilt, und diese Tage werden jetzt inkrementiert, sie werden jeden Tag mehr, nicht wahr? Mit mir sind noch mein indischer Pilotkollege Shubhanshu Shukla und mein polnischer Kollege Sławosz Uznański-Wiśniewski gekommen, der ebenso wie ich als Missionsspezialist an der Mission beteiligt ist. Darüber hinaus sind diejenigen, die wir hier getroffen haben, eine gemischte Gruppe aus Amerikanern, Russen und Japanern, also sind sie die ständige Besatzung, sie sind die sieben Besatzungsmitglieder der Raumstation, sodass wir jetzt zu 4+7, also zu 11, die Besatzung der Raumstation bilden, in der sechs Nationen vertreten sind. Und von diesen elf Personen sind sieben zum ersten Mal im Weltraum, was für mich sehr gut zeigt, wie sehr sich die Raumfahrtindustrie ausbreitet und von welchem enormen Boom wir in dieser Hinsicht sprechen. Ich mag meine Kollegen sehr und hoffe sehr, dass sie mich auch mögen, die mit mir zusammen an dieser Mission teilnehmen. Wir lernen und trainieren nun schon seit einem Jahr zusammen und haben schon viel hinter uns. Ich kann sagen, dass wir eine der fröhlichsten Crews sind, die jemals ins All geflogen sind.

Und was bekommen Sie zu essen? Konnten Sie etwas Normales mitnehmen?

Ich durfte Essen mitnehmen. Ich habe Piros Arany und scharfe Paprika dabei, worauf ich sehr stolz bin. Einer der Gründe für meinen Stolz ist, dass die hier verfügbaren Lebensmittel in der Regel wenig Salz enthalten. Leider trägt Salz zum Knochenverlust bei, und hier an Bord der Raumstation ist der Knochenverlust, also die Abnahme der Knochendichte, besonders ausgeprägt, sodass wir keine sehr salzigen Speisen essen dürfen. Es handelt sich dabei um abgepackte Gerichte, die zum Teil kein Wasser enthalten oder mit Wasser aufgefüllt oder erhitzt werden müssen, oder um gefriergetrocknete Gerichte. Diese Gerichte sind alle sehr kalorienreich, aber aufgrund ihres geringen Wassergehalts leicht mitzubringen. Und damit sie auch ein wenig Geschmack haben, haben wir uns überlegt, Piros Arany und scharfe Paprika, Erős Pista mitzunehmen, damit das auch nach unserer Abreise in zwei Wochen für das Personal hierbleibt und so den guten Ruf der Ungarn weiterträgt.

Tibor, eines der attraktivsten Dinge an meiner Arbeit ist, dass ich die Dinge als Ganzes sehen muss. Es gibt Ministerien, die sind voneinander getrennt, und ich muss das Ganze sehen, alle Ungarn und das gesamte Karpatenbecken. Aber Sie sind noch besser dran als ich, denn Sie sehen die ganze Welt auf einen Blick. Empfinden Sie das als etwas Besonderes? Als etwas, das bisher keinem anderen Ungarn vergönnt war, nur Berci Farkas und Ihnen?

Das ist in der Tat etwas Besonderes, schon allein deshalb, weil ich mit einem internationalen Team hierhergekommen bin. Nur wenige Minuten nach dem Start konnten wir schon sehen, wie herrlich unsere Erde ist, wie bunt und viel heller, als ich es mir vorgestellt hatte, und dass bis auf etwa ein Dutzend Menschen, da derzeit zwei Raumstationen die Erde umkreisen, alle anderen auf unserem einzigen Planeten sind. Das gibt einem auf jeden Fall zu denken. Meine wichtigsten und eindrücklichsten Erlebnisse möchte ich später noch erzählen, aber ich habe das Gefühl, dass dies ein außergewöhnliches Erlebnis ist.

Tibor, unsere Zeit ist leider um. Ich möchte noch eine Frage stellen: Kann man den Krieg von dort oben sehen?

Von hier oben sehe ich nur Schönes und Gutes, ehrlich gesagt nur wunderschöne Farben, wunderschöne Wolken und wunderschöne Städte, also vorerst habe ich dies gesehen.

Dafür beneiden wir Sie doppelt. Vielen Dank für das Gespräch, Tibor. Gott sei mit Ihnen! Viel Kraft und gute Gesundheit! Wir erwarten Sie zurück!

Ich danke Ihnen auch sehr für das Gespräch. Ich beeile mich zurück, und hoffe, dass wir uns dann auch zu Hause unterhalten können. Ich grüße alle herzlich!

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