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Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen, Ungarn“ von Radio Kossuth

Zsolt Törőcsik: Die europäischen Staats- und Regierungschefs der westlichen Welt kamen gestern in Budapest zum wichtigsten Treffen der westlichen Welt zusammen, und heute werden sie ihre Gespräche fortsetzen. Die Gespräche sind besonders wichtig, weil sie nur wenige Tage nach der Wiederwahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten stattfinden. Ich begrüße Ministerpräsident Viktor Orbán im Studio. Guten Morgen!

Ich wünsche den Zuhörern einen guten Morgen!

Gestern, nach dem Gipfel, sagten Sie, dass sich die Welt schneller verändern wird, als wir denken, und ein gutes Beispiel dafür ist übrigens, dass wir einen neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten haben und die deutsche Regierung gestürzt ist, und all dies geschah innerhalb von 24 Stunden. Wie haben Sie gestern die Bereitschaft der – im weiteren Sinne genommenen – europäischen Staats- und Regierungschefs gesehen, sich auf diese sich schnell verändernde Welt einzustellen?

Das ist eine schwierige Sache. Wenn man zwei Jahre damit verbracht hat, die Welt davon zu überzeugen, dass Krieg gut und Frieden schlecht ist, dass Sanktionen gut sind, dass Politiker, die sich gegen Sanktionen aussprechen, dumm sind, wenn man gesagt hat, dass diejenigen, die Frieden wollen, in Wirklichkeit etwas wollen, was ungerecht ist, dann ist es schwierig, plötzlich den Kurs zu ändern, wenn die ganze Welt jahrelang auf einen gehört und einem vielleicht sogar geglaubt hat. Wir sind also in einer schwierigen, unbequemen, schwierigen Situation, denn jeder weiß, dass die letzten zwei Jahre der ganzen Welt, Europa und im Übrigen Ungarn enormen Schaden zugefügt haben. Ich spreche von den zwei Jahren des Krieges, und jeder weiß, dass, wenn Donald Trump 2020 in den Vereinigten Staaten gewonnen hätte, diese zwei Jahre, diese zwei Jahre des Alptraums, gar nicht erst passiert wären, es hätte keinen Krieg gegeben, weil Amerika einen solchen starken Führer gehabt hätte, der rechtzeitig die notwendigen Vereinbarungen getroffen hätte. Das ist nicht geschehen, und dafür zahlen wir jetzt oder haben wir in den letzten zwei Jahren einen furchtbaren Preis gezahlt, und die Europäer – mit Ausnahme von ein oder zwei Leuten, die Slowaken sind hier unbedingt zu nennen, und auch der Vatikan, also mit Ausnahme von ein paar von uns – haben dieses Übel unterstützt. Das ist jetzt vorbei, denn der amerikanische Sieg ist ein großer Sieg. Ein Sieg, der so groß ist, dass man ihn nicht nur vom Mond, sondern auch vom Mars aus sehen kann. Und es ist klar: Wenn der neue amerikanische Präsident Frieden statt Krieg, Anti-Migrationspolitik statt Migration und Pro-Familienpolitik statt Gender will, dann wird das seine Spuren in der Welt hinterlassen. Und wir Europäer müssen darauf in irgendeiner Weise reagieren. Lassen wir Gender und Migration einmal beiseite, denn der Krieg ist vielleicht die heißeste Kartoffel, wie man in Amerika sagt, also müssen wir etwas dagegen tun, und wir werfen sie von einer Hand in die andere. Die Lage an der Front ist offensichtlich, wir haben also eine militärische Niederlage. Die Amerikaner werden aus diesem Krieg aussteigen. Zunächst einmal werden sie nicht zum Krieg animieren, sie werden nicht sagen, dass Krieg eine gute Sache ist. Es wird viel über Donald Trump gesagt, auch von denen, die ihn nicht mögen, aber eine Sache, die niemand in Frage stellt, ist, dass er keinen Krieg beginnen wird. Er ist also ein Mann, der den Krieg hasst, ein echter Geschäftsmann, der glaubt, dass das Leben und die Dinge gut laufen, wenn es keinen Krieg gibt. Das ist also eine neue Situation, und sie wird auch uns Europäer betreffen, wenn sie auf der anderen Seite des großen Teiches stattfindet. Europa allein kann diesen Krieg nicht finanzieren. Es gibt diejenigen, die immer noch wollen, die immer noch riesige Geldsummen in diesen Krieg schicken wollen, der im Übrigen verloren ist, aber die Zahl derer, die schweigen, obwohl sie vorher lautstark waren, nimmt zu, und dann nimmt die Zahl derer zu, die vorsichtig, aber behutsam vorschlagen, dass wir uns vielleicht an die neue Situation anpassen sollten. Und da sind wir, die wir das schon immer gesagt haben, wir sagen nun: Seht ihr, der Moment ist gekommen, lasst uns die Vergangenheit vergessen, wie auch immer sie war, lasst uns dringend anpassen und vom Krieg zum Frieden übergehen. Das ist der Prozess, der jetzt stattfindet. Es ist dieser Prozess, der dieses Treffen in Budapest, das das größte diplomatische Ereignis in der Geschichte Ungarns war, so spannend gemacht hat. Vielleicht kann ich jetzt auch an dieser Stelle den Menschen in Budapest dafür danken, dass sie es ertragen haben. Wir haben noch einen halben Tag vor uns, bitte halten Sie durch. Ich kann mich bei denjenigen bedanken – wir sprechen hier von vielen Hunderten von Menschen –, die daran gearbeitet haben, dies zu ermöglichen. Wir, Ungarn, sind sehr stark in der Organisation. Wir organisieren auch internationale Sportereignisse tadellos, alles läuft wie am Schnürchen. Ich habe also schon einige große diplomatische Treffen erlebt, bei denen Chaos an der Tagesordnung war. Das ist hier nicht der Fall. Hier ist alles diszipliniert, kontrolliert, pünktlich, also Hut ab vor unseren Mitarbeitern, wir sollten stolz auf sie sein. Jeder, der hier wegfährt, geht so nach Hause, dass er ein fantastisches Land, eine großartige Stadt und ein großes Volk kennengelernt hat, wobei nicht die tatsächliche Größe interessant ist, sondern die Geschichte, hier waren führende Politiker, die die Geschichte verstehen. Sie haben das Parlament gesehen, sie haben diese Stadt gesehen, sie haben verstanden, dass sich hier tausend Jahre angesammelt haben, sie waren Gäste einer großen Kultur. Ich denke also, dass alle, die daran teilgenommen haben, in nur wenigen Tagen viel dazu beigetragen haben, die Anerkennung und den Respekt für Ungarn in der Welt zu erhöhen.

Wenn wir auf das Gesagte und den Krieg zwischen Russland und der Ukraine zurückkommen, dann war da auch der ukrainische Präsident Selenskyj, der trotz dessen, was Sie gerade gesagt haben, den Waffenstillstand ablehnte und sagte, dies schlage jemand vor, der die Ukraine nicht in der NATO sehen wolle. Wie kann sich das in diesem Kontext entwickeln, wenn eine der Kriegsparteien sagt, dass der Frieden Stärke erfordert und dass die Sprache der Stärke die Sprache jedes Friedens ist?

Ich denke, dies ist eine gute Idee: Wenn man stark ist, und selbst wenn man der Stärkere ist, aber wenn die andere Seite die Stärkere ist, scheint es keine gute Idee zu sein. Aber das ist nicht meine Sache, sondern die Sache der Ukrainer, die im Übrigen in den letzten zwei Jahren heldenhaft gekämpft haben. Ich gehöre also nicht zu denen, die den heldenhaften Kampf der Ukrainer schmälern oder herabsetzen wollen. Ob die ukrainische Führung das Land in die richtige Richtung gelenkt hat, entscheiden nicht wir Ungarn, sondern die Ukrainer selbst. Ich kann nur sagen, dass ich vor vier Monaten in Kiew war, ich war in Moskau, ich habe mit dem chinesischen Präsidenten gesprochen, mit dem türkischen Präsidenten, mit dem damaligen US-Präsidenten, der noch Biden hieß, und mit Donald Trump. Ich habe einen Bericht für die europäischen Ministerpräsidenten geschrieben. Sie haben ihn alle bekommen. Auf der Grundlage der Kommunikation habe ich beschrieben, was passieren würde. Wir sind jetzt genau da, wo wir es haben vorhersagen können. Es gibt also keinen Grund für irgendeinen Regierungschef zu sagen, dass er überrascht ist, dass er dies nicht erwartet hat, denn alles war als Ergebnis der ungarischen Friedensmission genau vorhersehbar. Und das liegt nicht daran, dass wir die Fähigkeit hätten, die Zukunft vorherzusehen, oder dass wir gut im Lotto oder im Glücksspiel sind und die richtige Antwort finden können, sondern daran, dass man versteht, was passieren wird, wenn man kommuniziert. Europas größtes Problem ist derzeit, dass sie nicht mit den Menschen sprechen, mit denen sie sprechen müssten. Wenn Sie also nicht nach Moskau gehen, wenn Sie nicht nach Kiew gehen, wenn Sie nicht nach Peking gehen, wenn Sie Donald Trump nicht als zukünftigen US-Präsidenten sehen, sondern ihn eher kritisieren und auf ihn herabschauen und gegen ihn sind, wie wollen Sie dann Ihren Plan für die Zukunft zusammenstellen? Das ist der Luxus, den man sich in der Politik nicht erlauben darf. Und jetzt stehen wir hier, und da wir uns nicht darauf vorbereitet haben – außer Ungarn ist praktisch niemand vorbereitet, aber Ungarn ist gut vorbereitet, und dazu sollte man vielleicht ein paar Worte sagen – und müssen jetzt in kurzer Zeit schnelle, wichtige Entscheidungen treffen, mit dem Risiko, Fehler zu machen. Aber wir haben uns eben zusammengefunden, um uns gegenseitig zu helfen, damit ein jeder seine eigenen richtigen Entscheidungen treffen kann.

Wenn Sie schon erwähnt haben, dass Ungarn gut vorbereitet ist. Welchen Vorteil kann das in der gegenwärtigen Situation bringen, wenn überhaupt?

Oh, es scheint so als ob wir hier jetzt über Weltpolitik sprechen würden, wenn wir über den US-Präsidenten und den Krieg sprechen, aber in Wirklichkeit geht es um die ungarischen Haushalte. Es gibt also einen sehr direkten Zusammenhang zwischen den großen Veränderungen, die in der Welt geschehen, und dem Geld in den Taschen der Menschen, zwischen den Familienbudgets und den wirtschaftlichen Aussichten für das kommende Jahr. Das sind ganz offensichtliche Zusammenhänge. Unser größtes Problem ist der Krieg. Hätte es keinen Krieg gegeben oder wäre er früher zu Ende gegangen, wäre die Inflation nicht so hoch gestiegen, die Energiepreise wären nicht so hoch, wie sie jetzt sind, es hätte dann keine Sanktionen gegeben, viele Handelsbeziehungen wären nicht abgerissen worden, und die Wirtschaften in ganz Europa wären in einer viel besseren Verfassung. Wir wussten doch, dass es zwei Möglichkeiten gab: Entweder die Demokraten gewinnen oder Herr Präsident Trump gewinnt. Und wir wussten auch, dass im Falle eines Sieges der Demokraten diese Misere weitergehen würde und dann Ungarn einen Kriegshaushalt für das nächste Jahr aufstellen müsste. Und dann werden nicht 2 Prozent, sondern 3 oder 4 Prozent des Bruttosozialprodukts für Militärausgaben ausgegeben werden müssen, und zwar zwangsweise, aber schnell. Und wir wussten auch, dass im Falle eines Sieges von Präsident Trump ein Friedensbudget vorbereitet werden könnte. Wir haben auch die Reihenfolge der Gesetzgebung geändert, denn in Ungarn war es früher so, dass das Parlament den Haushalt für das folgende Jahr am 1. Juli verabschiedet hat. Jetzt habe ich das Parlament gebeten, dies nicht zu tun, sondern uns mehr Zeit zu geben, die US-Wahl abzuwarten, verstehen zu können, ob 2025 ein Jahr des Friedens oder ein Jahr des Krieges sein wird, und dass es jetzt eine gute Chance dafür gibt, dass es ein Jahr des Friedens sein wird, und dass wir einen dementsprechenden Haushalt vorlegen können. Wir haben jetzt einen Friedenshaushalt vorgelegt. Wir können im kommenden Jahr Dinge tun, an die wir vor ein paar Monaten kaum denken konnten. Die Tatsache, dass wir dieses Sándor-Demján-Programm auflegen und dass Kleinunternehmer in einem noch nie dagewesenen Ausmaß gefördert werden, steht in direktem Zusammenhang mit den Möglichkeiten der Weltpolitik. Die Tatsache, dass wir sehr wichtige Schritte in Richtung eines billigeren Wohnraums unternehmen, ist wiederum darauf zurückzuführen, dass die internationalen politischen Veränderungen die Gelegenheit dazu geschaffen haben. Oder die Tatsache, dass wir im nächsten Jahr den Kaufwert der Löhne erhöhen wollen, also wir wollen nicht also durch das nächste Jahr nicht irgendwie hindurchkommen, sondern wir wollen wachsen, wir wollen die Situation verbessern, sowohl für die jungen Leute als auch für die Leute in meinem Alter, damit wir die dreizehnte Monatsrente dauerhaft machen können. All das wird also möglich sein, weil sich die weltpolitische Lage so entwickelt hat, wie sie sich entwickelt hat, und weil wir Ungarn auf das richtige Pferd gesetzt haben, oder besser gesagt, es ist keine Wette, sondern wir haben verstanden, was passieren wird, und wir haben uns darauf vorbereitet. Deshalb haben wir einen 21 Punkte umfassenden wirtschaftlichen Aktionsplan. Wir haben also die Wirtschaftsphilosophie der wirtschaftlichen Neutralität, wir haben eine neue Wirtschaftspolitik, die bereits an diese Veränderungen angepasst ist, und wir haben einen 21-Punkte-Aktionsplan, der sich konkret positiv auf das tägliche Leben der Menschen auswirken wird. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass 2025 ein fantastisches Jahr sein wird, denn in der Welt haben sich die Voraussetzungen dafür ergeben.

Der Handlungsspielraum für die Politik der wirtschaftlichen Neutralität wird übrigens durch die nächste Trump-Präsidentschaft vergrößert oder verkleinert, denn der potenzielle Schrecken eines Handelskriegs mit China war schon unter der vorherigen Trump-Administration zu spüren.

Das ist schon eine seltsame Sache. Ich höre Analysten zu und spreche mit klugen Leuten – denn von irgendwoher muss man ja seine Ideen schöpfen – darüber, was sie über diese Situation denken. Und es ist interessant, wie stark diese „Wir müssen irgendwo stehen“-Mentalität in den Köpfen selbst der weitsichtigsten Leute vorhanden ist. Wir haben hier also dieses USA-China-Thematik. Hier gibt es sicherlich Diskussionen, es gab sie und es wird sie geben. Und dann sagen sie: „Aber es wird schwierig für uns, denn wir müssen uns entscheiden, ob wir uns hierhin oder dorthin stellen. Aber in Wirklichkeit wollen wir nichts anderes als das, was die Amerikaner wollen. Was wollen Donald Trump und die Amerikaner? Sie wollen ein gutes Geschäft mit den Chinesen. Sie wollen die Chinesen also nicht aus der Welt und in den Weltraum drängen, das ist kaum möglich, aber sie sind hier, sie sind stark, sie entwickeln sich, und die Aufgabe besteht darin, gute Vereinbarungen mit ihnen zu treffen. Dann werden sie nach vielen Diskussionen zu einer Einigung kommen. Aber auch wir wollen nichts anderes, wir wollen nur gute Vereinbarungen mit den Chinesen. Alle wollen dasselbe, also ist es nicht notwendig, sich auf die eine oder andere Seite der streitenden Parteien zu stellen. Warum sollten wir uns nicht auf unsere eigene Seite stellen? Wir sind die Ungarn. Wir haben ungarische Interessen. Uns sind die ungarischen Menschen wichtig. Wir müssen das tun, was in seinem, also im ungarischen Interesse ist. So müssen wir unsere Politik Richtung Westen und Richtung Osten betreiben. Deshalb bin ich also immer wieder erstaunt, dass selbst sehr seriöse Menschen nicht in der Lage sind, das ungarische Eigeninteresse als Ausgangspunkt zu betrachten, sie wollen sich immer mit jemand anderem verbünden, sie wollen an jemand anderen gebunden sein, sie wollen ihre Pferde dort anbinden, sozusagen. Meiner Ansicht nach geht das auf diese Weise nicht. Wenn wir also ernsthafte Dinge tun wollen, wenn wir uns verbessern wollen, wenn wir die Qualität unseres Lebens von unserer eigenen Leistung abhängig machen wollen, dann müssen wir dazu stehen, dass wir Ungarn mit eigenen Interessen sind, und wir werden uns auf dieser Grundlage im politischen Universum bewegen, nicht indem wir unsere Interessen an andere binden, sondern indem wir von unseren eigenen Interessen ausgehen. Manche sagen, dass dies nicht möglich ist, weil wir dafür zu klein sind. Ich habe das nie geglaubt. Erstens sind wir nicht klein, das ist eine große Nation, zweitens habe ich erfolgreiche Länder dieser Größe gesehen, die es geschickt verstanden haben, sich in der Welt Freunde zu machen, indem sie nur ihre eigenen Interessen wahrten, und dies dann in wirtschaftliche Vorteile umsetzten. Die Tatsache, dass Ungarn heute im Präsidenten der Vereinigten Staaten einen Freund hat, ist eine wirtschaftliche Chance für das Land, die es nie zuvor hatte.

Inwieweit kann uns diese Einstellung dabei helfen, einen Markt für die in Ungarn produzierten Waren zu finden, denn letzte Woche sprachen wir ja über die BIP-Daten und darüber, dass das größte Problem jetzt, oder was das größte Problem zu sein scheint, darin besteht, dass es keinen Ort gibt, an dem die in Ungarn produzierten Waren verkauft werden können, und es scheint, dass sich dies auch in den in der letzten Woche veröffentlichten Daten zur Industrieproduktion widerspiegelt.

Das ist das Problem, die Herausforderung, das Problem, das wir zu lösen haben, aber wir sind darauf vorbereitet. Die Trends, die wir jetzt sehen, kommen also nicht wie der Blitz aus heiterem Himmel. Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn sich die Menschen einmal fragen würden, wozu sie Politiker haben, abgesehen davon, dass sie Steuergesetze und alle möglichen Vorschriften machen, mit denen man die Menschen belästigen kann, dann könnten sie wahrscheinlich vernünftig antworten, dass es in einer Gesellschaft, insbesondere in einer staatsbildenden Nation wie Ungarn, eine Arbeitsteilung gibt, dass es in der ungarischen Welt Menschen geben muss, deren Aufgabe es ist, zu versuchen, die Zukunft zu verstehen. Das wären dann die Politiker. Nun ist das für uns nicht immer offensichtlich, denn in der Welt des täglichen Drängelns und Hauens und des Ohrfeigenverteilens und in der Echtzeitwelt des Internets, wo alles plötzlich jetzt passiert, und wie in einer Peepshow, wo wir reinschauen wollen, ist es nicht offensichtlich, dass es hier denkende Menschen gibt. Aber Politiker sind im Prinzip dazu da, den ganzen Tag darüber nachzudenken, was passieren wird, um zu verstehen, was vor uns liegt. Das ist nicht unmöglich, es erfordert nur eine Menge Arbeit. Es ist eine intellektuelle Tätigkeit. Und wenn sie erst einmal verstanden haben, was passieren wird, dann sollten sie Aktionspläne machen. Pläne machen und dann die Pläne umsetzen und den Leuten sagen, was passieren wird. Damit unser eigenes Volk sich darauf vorbereiten kann, selbst im letzten Haus im letzten Dorf – deshalb müssen wir intelligent und klar sprechen –, damit ein jeder weiß, was passieren wird, wenn er seine eigenen Entscheidungen trifft, wenn er sein eigenes Leben plant, wenn er über die Zukunft seiner eigenen Familie nachdenkt, damit er dies in einen größeren Zusammenhang stellen kann und weiß, was er in seinem eigenen persönlichen Leben zu berücksichtigen hat. Das wäre unsere Aufgabe. Daran arbeite ich, und ich kann sagen, dass wir verstanden haben, was die Zukunft bringt, meiner Ansicht nach haben wir gute Pläne aufgestellt, die wir nächstes Jahr, im Jahr 2025, umsetzen werden. Es gibt enorme Möglichkeiten für die Menschen, viel mehr Möglichkeiten als in den letzten zwei Jahren der Bedrängnis, als wir durch den Krieg belastet wurden.

Wir haben uns von der EU-Ebene wegbewegt, aber lassen Sie uns nun dahin auch aus der wirtschaftlichen Perspektive zurückkehren, denn heute treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU, und es wird ein Thema der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Tisch liegen. Hier gibt es bereits Pläne oder zumindest gute Analysen zum Verständnis des Problems, aber wenn es um die Umsetzung geht, wie können diese umgesetzt werden? Kann es eine kohärente Antwort auf EU-Ebene geben?

Man müsste das, aber noch geht es nicht. Europa ist noch nicht bereit, weder intellektuell noch politisch, die Entscheidungen zu treffen, die jetzt notwendig sind. Wir haben eine sehr spannende Beratung vor uns, so dass die nächsten zwei, drei Stunden aus ungarischer Sicht und auch intellektuell sehr spannend sein werden. Ich ermutige jeden, der sich für solche Dinge interessiert und am Prozess des Verständnisses der Zukunft teilnehmen möchte, dies zu tun. Dies ist nicht unsere exklusive, ausschließliche Aufgabe, denn jeder kann sich am politischen Denken beteiligen, der es möchte, jetzt, wo die modernen Instrumente zur Verfügung stehen. Was wir also in den nächsten zwei oder drei Stunden vor uns haben, wird intellektuell faszinierend sein. Denn unser Gast ist Mario Draghi, der der Präsident der Europäischen Zentralbank und später Ministerpräsident Italiens war, den ich gestern in Vorbereitung auf seinen heutigen Vortrag getroffen habe. Wir haben ihn also in den Kreis der Ministerpräsidenten eingeladen, und er hat in monatelanger Arbeit eine Analyse dessen entworfen, was in der europäischen Wirtschaft schiefläuft. Sie ist viel verheerender als das, was ich Ihnen hier manchmal über den Niedergang der europäischen Wirtschaft erzähle. Er beschreibt also, wie die europäische Wettbewerbsfähigkeit verschlechtert worden ist, er ist ein höflicher Mann, wie sie sich verschlechtert hat, natürlich stecken immer schlechte Entscheidungen hinter der Verschlechterung, also wie sie sich verschlechtert hat, und dass dringend Maßnahmen erforderlich sind. Er spricht über viele Dinge, und auch wir werden heute über viele Dinge sprechen, aber der Kern des Problems ist sehr einfach. Schließlich ist die Einfachheit die höchste Stufe des Wissens, wie die Meister der Kampfkünste sagen. Das Kernstück der europäischen Wettbewerbsprobleme ist die Tatsache, dass ein europäischer Unternehmer oder ein europäisches Unternehmen heute viermal so viel für Gas bezahlt wie ein amerikanischer Unternehmer in der gleichen Branche und dreimal so viel für Strom. Und solange dies nicht behoben ist, können wir hier über alles Mögliche reden; dies ist ein Wettbewerbsnachteil, den wir, wenn wir ihn nicht beheben, nicht in der Lage sein werden, dieses kaputte System der Preisbeziehungen durch irgendeine gute Entscheidung auszugleichen und zu korrigieren. Wir müssen also jene neue europäische Regelung finden, wir brauchen eine völlig neue Energieregelung, die nicht die europäischen Unternehmen und übrigens folgerichtig auch nicht die Familien zerstört. Wir beschweren uns natürlich auch immer, denn wenn man eine Rechnung sieht, ist der erste Reflex: Was ist das? Aber wenn ein Ungar seine eigene Gas- und Energierechnung mit der eines westlichen Landes vergleicht, auch wenn man dort mehr verdient, dann würde er erst sich wirklich beschweren. Die Tatsache, dass Gas und Strom für Familien in Ungarn am billigsten sind, ist also ein enormer Wettbewerbsvorteil für Ungarn, den man nicht ermessen kann, nur wenn man in den internationalen Raum hineintritt. Die anderen leiden viel mehr als wir. Ich möchte also nur sagen, dass es sich auch für die anderen lohnt, sich die ungarischen Lösungen anzusehen, wie dieses von Mario Draghi identifizierte Schlüsselproblem, die unverhältnismäßigen Energiepreise zum Nachteil Europas, behoben werden kann. Dies wird das Hauptthema heute am Vormittag sein.

Gestern und auch heute wurde hier die Migration angesprochen, die auch ein wichtiges Thema für die Gipfeltreffen ist, und Sie haben das Problem auch in einfachen Worten ausgedrückt. Sie haben gesagt, dass richterlicher Aktivismus einer der Schlüssel zu diesem Problem ist. Aber die Gerichte können im Prinzip, nicht wahr, auf der Grundlage der bestehenden Gesetze entscheiden.

Ja… Entschuldigung…

Was ist hier eigentlich das Problem? Die Gerichte oder die Rechtsvorschriften?

Es wäre in Ordnung, wenn es so wäre, wie Sie sagen, aber da wir hier den internationalen Raum betreten, ist es anders. Um nicht immer über Ungarn zu reden, obwohl das für uns natürlich das Wichtigste ist. Schauen wir uns doch einmal Italien an. Die italienische Regierung hat großartige Gesetze gemacht, also ist an den Rechtsvorschriften nichts auszusetzen. Sie haben Gesetze erlassen, die dazu beitragen, die Migration einzudämmen. Sie sind natürlich nicht so gut wie die ungarischen Gesetze, denn unsere italienischen Freunde sind nicht so mutig wie wir, aber sie haben wichtige Schritte unternommen. Dies sind gute Gesetze. Was hat das italienische Gericht getan, nachdem diese Gesetze vor einem italienischen Gericht angefochten wurden? Das italienische Gericht hat sie nach Brüssel geschickt. Es gibt eine solche Möglichkeit. Dies tun auch die ungarischen Richter. Sie sagen, dass es nicht klar ist, ob dieses Gesetz, das die nationale Regierung erlassen hat, nicht gegen europäisches Recht verstößt, und bis das in Brüssel entschieden ist, werde ich hier in Italien nicht entscheiden. Sie schicken es nach Brüssel, und in Brüssel herrscht eine Art föderalistische, im Rahmen der Vereinigten Staaten von Europa denkende Justizkultur, bei der man im Voraus hätte wissen können, dass sie sagen werden, dass diese Gesetze natürlich gegen die bestehenden Migrationsvorschriften der Europäischen Union verstoßen, und dann schicken sie dieses Urteil zurück. Der italienische Richter sagt, aber ich kann mich doch nicht gegen die Entscheidung des Brüsseler Gerichts, des Luxemburger Gerichts, der Gerichte der Europäischen Union stellen, und sie haben bereits die hervorragende Gesetzgebung, die die italienische Regierung verabschiedet hat, gekippt. Sie machen das Gleiche mit uns, aber wir rebellieren. Die Italiener wissen vorerst noch nicht, was sie tun sollen, weil sie diese Lektion erst lernen. Wir haben dagegen rebelliert. Also, wenn es nur auf nationaler Ebene wäre – Gerichte, Gesetzgebung, Justiz – dann wäre es eine einfache Sache, das zu regeln: Machen Sie, bitte, gute Gesetze, die Gerichte müssen das Gesetz in ihren Urteilen durchsetzen, das ist einfach, aber Brüssel kommt hier ins Spiel, und daher kommen die Probleme. Der richterliche Aktivismus sitzt in Brüssel, dort ist das Zentrum, dort sitzt der Kopf der Schlange, dort müssen wir eine Veränderung erreichen. Und wenn wir keine Veränderung erreichen können, dann werden die anderen nicht in der Lage sein, etwas im Kampf gegen die Migration zu bewirken. Wir sind erfolgreich, weil wir gehandelt haben. Wir sind also die Rebellen. Und die Eliten dort in Brüssel versuchen, uns zu unterdrücken. Deshalb bestrafen sie uns, deshalb wollen sie uns zur Kasse bitten. Deshalb wollen sie unsere Regeln ändern, deshalb suchen sie nach jenen ungarischen Politikern, und sie finden sie immer, die nach Brüsseler Pfeife tanzen wollen, damit sie ihnen in die Regierung helfen und sie die ungarischen Regeln so ändern können, dass sie Brüssel passen. Das ist die Situation, in der wir leben. Das ist der Kampf, den wir führen, aber bisher sind wir, wie ich berichten kann, erfolgreich.

Die Migration und die wirtschaftlichen Fragen, die ich gerade erwähnt habe, bilden die Grundlage für die neue Nationale Konsultation, die die Regierung gerade eingeleitet hat, und Sie sagten im Zusammenhang damit, dass das Ziel darin besteht, die ungarische Position zu stärken und den Handlungsspielraum zu vergrößern. Aber warum sollte Brüssel die Ergebnisse der Konsultation berücksichtigen, wenn wir doch gerade hier darüber gesprochen haben, dass in der Migrationsfrage die Meinungen und Entscheidungen der vom Volk gewählten Regierungen vom Tisch gefegt werden?

Es funktioniert nicht so, dass die Meinung der ungarischen Menschen in Brüssel berücksichtigt wird, sondern dass die Meinung der ungarischen Regierung berücksichtigt wird. Die Frage ist, wie stark die ungarische Regierung ist. So stark wie die ungarische Regierung ist, so stark ist auch die Position der Regierung. Und die Stärke der Regierung hängt davon ab, wie sehr die Bevölkerung sie unterstützt, wie sehr sie hinter ihr steht. Wenn es nur wenige sind, siehe Deutschland, dann wird es ein Misserfolg. Das ist es, was wir jetzt haben. Aber wenn du viele hinter dir hast, dann kannst du dich behaupten und du nimmst Konflikte auf dich und du kämpfst und du streitest. Ich kann in Brüssel rebellieren, und ich lebe noch, nicht weil ich gut darin bin, lassen wir das beiseite, sondern weil hinter mir, hinter uns, hinter der ungarischen Regierung, eine große Mehrheit von Menschen steht, eine vernünftige Mehrheit, die keine Migration will, die eine familienfreundliche Regierung will, die Frieden will und so weiter, die normale Energiepreise will, die eine dreizehnte Monatsrente will. Brüssel versucht ständig, uns dazu zu bringen, die Maßnahmen zu streichen, die den Familien am meisten helfen. Sie wollen die europäischen Steuern oder die Steuern auf große, internationale, multinationale Unternehmen abschaffen. Sie wollen, dass die Ungarn dafür zahlen sollen. Hier ist also ein Kampf im Gange. Die Menschen haben ihr eigenes Leben, sie befassen sich wahrscheinlich nicht jeden Tag mit diesen Fragen, aber es ist gut zu wissen, dass dieser ein kontinuierlicher Kampf ist, denn in Brüssel wird heute eine Politik betrieben, die, wenn sie in Ungarn direkt zur Geltung käme, für jede Familie schlecht wäre. Und um uns und die Familien schützen zu können, müssen sie dort stehen, ihre Meinung zum Ausdruck bringen, dass sie auf der Seite der Regierung stehen, denn so stärken sie uns, damit wir nicht wie Deutschland enden, wo plötzlich, ganz plötzlich, die US-Wahlen abgehalten werden und innerhalb von 24 Stunden eine Regierung aufgrund des bisherigen Versagens zusammenbricht. Na, so kann man in Brüssel nicht kämpfen, wenn zugleich der Boden unter deinen Füßen erbebt. Stabile Positionen sind notwendig. Diese können die Menschen geben, deshalb ist die Konsultation wichtig, und ich bitte die Zuhörer auch, sie zu lesen, auszufüllen, zurückzuschicken, uns für diesen Kampf genug Kraft zu geben.

Über das in Budapest stattfindende Gipfeltreffen, den Sieg Donald Trumps und auch über die Lage der Wirtschaft befragte ich Ministerpräsident Viktor Orbán.

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