Zsolt Törőcsik: Ministerpräsident Viktor Orbán hat am Dienstag in Paris Gespräche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron geführt. Die beiden Staats- und Regierungschefs erörterten unter anderem die Herausforderungen für die europäische Wirtschaft und bereiteten den informellen EU-Gipfel in Budapest in zwei Wochen vor, auf dem ein Pakt für Wettbewerbsfähigkeit verabschiedet werden soll. Ministerpräsident Viktor Orbán ist zu Gast in unserem Studio. Guten Morgen!
Ich begrüße alle Zuhörer herzlich. Guten Morgen!
Beim Thema Wettbewerbsfähigkeit ist die EU an einem Punkt angelangt, an dem alle das Problem sehen, aber über die Lösung wird gestritten. Welche Chancen sehen Sie nach den Gesprächen mit Macron für einen gemeinsamen Lösungsvorschlag?
Wir Ungarn neigen dazu, zu denken, dass wir ehrlich und direkt über die Probleme sprechen und unsere Botschaft deshalb im europäischen Konzert etwas heraustönt. Aber das ist ein Irrtum. Das ist nämlich nur ein Teil der Wahrheit, denn wenn jemand Herrn Präsident Macron zuhört, was nicht einfach ist, weil er, sagen wir, lange spricht, oder wenn man Herrn Draghi liest, was auch nicht einfach ist, weil Herr Draghi, der ehemalige italienische Ministerpräsident und Präsident der Europäischen Zentralbank, sehr ausführlich schreibt, aber wenn sich jemand trotzdem durch diese Reden und Schriften hindurchkämpft, dann wird er sehen, diese enthalten viel eindringlichere, um nicht zu sagen schärfere Aussagen über den Zustand der öffentlichen Angelegenheiten in Europa, als ich normalerweise sage, wenn ich hier zu Ihnen spreche. Der französische Präsident hat kürzlich eine sehr deutliche Rede gehalten, in der er sagte, dass die Europäische Union einfach aussterben oder sterben wird, wenn wir nicht dringend die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, weil wir unsere Märkte verlieren werden. Und Herr Präsident Draghi schrieb, dass die gesamte europäische Wirtschaft untergehen wird, wenn die Europäische Union nicht dringend etwas unternimmt. Es ist also klar, dass wir es nicht mit einem spezifischen ungarischen Standpunkt zu tun haben, wenn wir über die Schwierigkeiten der europäischen Wirtschaft sprechen, sondern über eine gemeinsame Meinung, die auch die führenden Politiker in ihren ehrlichen Momenten teilen und zugeben, wie wir zu sagen pflegten, dass der König nackt ist, und jetzt ist der Ungar nicht das einzige Kind in der Menge, das sagt: ‘Aber der Onkel ist nackt’, sondern es gibt immer mehr davon, jetzt sogar unter den Erwachsenen. Der französische Präsident spielt also jetzt eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung einer neuen europäischen Wirtschaftspolitik und einer wettbewerbsfähigeren europäischen Wirtschaft. Aber wie passen wir in dieses Bild, oder wie komme ich, wie das ungarische Sprichwort lautet, wie ein Stiefel auf den Tisch? Wenn jemand die außenpolitischen Nachrichten in der Welt verfolgt, wird er feststellen, dass gerade ein großer Gipfel der östlichen Welt stattfindet. Er findet jetzt in Kasan statt, wo die Staats- und Regierungschefs der so genannten BRICS-Länder, also der nicht-westlichen Länder mit sehr starken Volkswirtschaften, einen Weltgipfel abhalten. Dies ist der Eastern World Summit. Und am 7. November findet hier in Ungarn der Westliche Weltgipfel statt. Hier folgen zwei Veranstaltungen an zwei Tagen aufeinander, so dass es hier eine Vermischung dieser gibt, was die Kommunikation angeht. Es gibt eine Formation namens Europäische Politische Gemeinschaft. Etwa vierzig führende Politiker davon kommen. Es sind nicht nur EU-Mitgliedstaaten, denn der britische Premierminister wird hier sein, und der türkische Präsident, zum Beispiel, sie sind nicht Mitglied der EU. Und am Tag danach treffen sich die Staats- und Regierungschefs der 27 Länder, die Mitglieder der Europäischen Union sind, in Budapest. Wir haben soeben mit dem französischen Staatspräsidenten über das erste Treffen, den Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft der westlichen Welt, gesprochen, denn es ist das Kind des französischen Staatspräsidenten in dem Sinne, dass er diese Formation erfunden hat. Als Gastgeber dieser Veranstaltung, und wir werden die Gastgeber sein, nicht nur was den Veranstaltungsort, die Organisation, sondern auch was den intellektuellen Inhalt betrifft – wir haben uns jetzt darauf geeinigt, wer sprechen wird, wie sie sprechen werden, worüber wir sprechen werden, wer etwas sagen wird, welche Arbeitsgruppen es geben wird –, ist es daher richtig und angemessen, den französischen Präsidenten zu konsultieren, der als der Eigentümer der ganzen Idee angesehen wird, und das habe ich auch getan. Wenn man dann noch bedenkt, dass das Thema des Gipfels die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft ist, hatten wir gleich zwei Gründe, uns zu treffen. Das ist geschehen. Ich nehme an, dass es in der Stadt einige Unannehmlichkeiten geben wird, denn wenn vierzig oder mehr Staatschefs anreisen, wird der Verkehr erschwert, aber ich bitte die Budapester, dies mit Geduld und Verständnis zu ertragen, denn dies ist wirklich ein Gipfel der westlichen Welt. Darüber hinaus verleiht der Zeitpunkt ihm eine gewisse Pikanterie, denn wir befinden uns zwei Tage nach den Wahlen in den USA, die leicht eine völlig neue Situation in der Weltpolitik schaffen könnten.
Ja, die Frage der europäischen Wettbewerbsfähigkeit und die Antwort darauf, die Antwort auf das Problem, ist auch aus ungarischer Sicht interessant, denn gestern sagte der Arbeitgebervertreter, dass die Grundlage für das Erreichen der festgelegten Lohnsteigerungsziele der Beginn des Wirtschaftswachstums ist. Wir werden später über die Situation in Ungarn sprechen, aber wenn Europa in diesem Wettlauf um die Wettbewerbsfähigkeit hinterherhinkt, wie kann Ungarn dann ein Wachstum erzeugen, das z. B. Lohnerhöhungen ermöglicht?
Wenn wir später darüber sprechen, werde ich hier nicht sagen, dass wir 2025 ein fantastisches Jahr haben werden, sondern ein paar Minuten später, aber Ihre Frage ist berechtigt, aber es ist auch eine Frage aus der Vergangenheit. Wie haben die Ungarn, mich eingeschlossen, lange Zeit gedacht? Wir befinden uns in der Zeit des Systemwechsels, vor dreißig Jahren. Wir haben ein sozialistisches System, das zusammengebrochen ist, die Sowjetunion löst sich auf, der RGW ist am Ende, es stellt sich heraus, dass Wirtschaftsunternehmen, die im sowjetischen Teil der Welt oder in dem von den Sowjets beherrschten Teil der Welt aufgebaut wurden, in der Regel nicht wettbewerbsfähig sind, die Weltwirtschaft vereinheitlicht sich, und sie muss mit dem Westen konkurrieren. Was muss man machen, wenn sich herausstellt, dass man bankrott ist, weil der Sozialismus uns ja schließlich Bankrott gemacht hat? Nun, dann muss man sich anschauen, was die Erfolgreichen machen. Und da in diesem weltweiten Wettlauf zwischen Kapitalismus und Sozialismus die Kapitalisten gewonnen und die Sozialisten verloren haben, sollten wir die Marktwirtschaft übernehmen, die ein eleganterer oder sensiblerer Ausdruck des Kapitalismus ist, ein menschlicherer Ausdruck, sollten wir die Institutionen und Methoden der Marktwirtschaft übernehmen, die sie erfolgreich machen. Das haben wir irgendwann in den 1990er und 2000er Jahren getan. Es war also relativ einfach: Es gibt ein Problem, es gibt ein erfolgreiches Modell, kopiere es. Mit ein bisschen Übertreibung gesagt, denn natürlich sind keine zwei Schuhe gleich, keine zwei Füße sind gleich, also keine zwei Schuhe sind für alle Füße gleich. Natürlich brauchen wir nationale Besonderheiten, aber was die Richtung angeht, haben wir die Antwort. Aber jetzt ist die westliche Welt in Schwierigkeiten. Die westliche Welt verliert heute von ihrer Wettbewerbsfähigkeit, und wir können in Ungarn nicht die östlichen Wirtschaftsmethoden übernehmen, die anscheinend erfolgreicher sind als unsere, weil sie ganz einfach östlich sind und daher kulturell und zivilisatorisch nicht kopierbar. Selbst wenn die chinesische Wirtschaft erfolgreich ist, wird jemandem, der nach China reist, natürlich die Kinnlade herunterfallen, aber wenn er glaubt, dass die Ungarn auf die gleiche Weise erfolgreich organisiert werden können wie die chinesische Wirtschaft, dann irrt er sich, denn wir sind ganz andere Menschen. Die einfache Lösung, sich irgendein Erfolgsbeispiel in der Welt anzuschauen, es ins Ungarische zu übersetzen und umzusetzen, wird also nicht funktionieren. Wir müssen also unseren eigenen Weg gehen. Wenn wir mit den Westlern so weiter mitgehen wie bisher, werden wir auch dort in den Abgrund stürzen. Wie Herr Präsident Macron sagte: Wir werden mit der europäischen Wirtschaft aussterben, oder wie Herr Präsident Draghi sagt: Wir werden auch ins Stocken geraten. Und das östliche Modell ist kulturell nicht auf uns übertragbar. Es gibt also nur eine Lösung: Wir müssen ein Wirtschaftsmodell schaffen – und die Ungarn sind kreativ genug, das zu tun – aus weltweit bekannten Beispielen, das auf das ungarische Volk zugeschnitten werden kann, das mit der ungarischen Kultur vereinbar ist, in dem sich die Ungarn wohlfühlen, in dem sie etwas leisten können und in dem sie ihre eigenen Talente zur Geltung bringen können. Wir müssen also alles, was gut ist, aus dem Westen übernehmen, wir müssen alles, was gut ist, aus dem Osten übernehmen, und wir dürfen weder aus dem Westen noch aus dem Osten etwas übernehmen, was nicht gut für uns ist. Der Einfachheit halber wollen wir diese Denkweise und diese Politik als wirtschaftliche Neutralität beschreiben, d.h. Ungarn muss seinen eigenen Weg gehen.
Ja, aber wie viel Handlungsspielraum hat das Land dafür? Denn im Falle der Migration und des Krieges haben wir ja gesehen, dass es Spielraum für eine andere Politik gab, eine Politik, die sich vom Westen unterscheidet, auch wenn dies mit Konflikten verbunden war. Es scheint jedoch, als würde der Druck auf die ungarische Regierung zunehmen, sich in allen Fragen anzuschließen.
Es besteht kein Zweifel daran, dass das Denken des Kalten Krieges, das sich auf den Westen seit dem russisch-ukrainischen Krieg wie das ungarische Sprichwort es ausdrückt, wie der Nebel auf den Esel herniedergesenkt hat, auf sie herabgesunken ist, und diese Logik des Kalten Krieges hat sich auch in der Wirtschaft gezeigt. Der Kalte Krieg ist noch gar nicht so lange her, und so gibt es viele Menschen am Tisch, die sich ihre Erinnerungen aus ihrer Jugendzeit ins Gedächtnis rufen können, und in solchen Momenten schaltet das Gehirn zurück zum alten Modell. Ich halte es für eine schlechte Idee, den Kalten Krieg wieder aufleben zu lassen, aber es gibt viele Menschen, die reflexartig auf den russisch-ukrainischen Krieg in dieser Weise reagieren. Und genau wie während des Kalten Krieges schüren sie Konflikte nicht nur im Bereich der Sicherheit, sondern jetzt auch im wirtschaftlichen Bereich. Sanktionen; wir sind von einer Reihe von Sanktionen betroffen, sie wollen neue einführen, Handelsbeschränkungen gegen China. Ihre Frage – und darauf will ich hinaus, inwieweit ich Ihre Frage für einen Volltreffer halte, nämlich ob es die Frage gibt, was der ungarische Handlungsspielraum ist – scheint also berechtigt zu sein, denn in der Wirtschaft, wo man meinen sollte, dass es eine größere Freiheit gibt, wo die Welt flexibler ist, weil es ja ein Lebensbereich ist, der auf freier Initiative beruht, da erschienen auch diese Tarife, Zölle, „bestrafen wir es“, „schließen wir es aus“, „hängen wir es, bitte schön, auf“-Annäherungsweisen. Mit anderen Worten: Da die Westler den russisch-ukrainischen Krieg nicht beenden, sondern offenbar fortsetzen, in den Krieg ziehen wollen, wollen sie nun auch in der Wirtschaft in den Krieg ziehen. Es ist daher legitim zu fragen, ob es einen Handlungsspielraum gibt. Nun, lassen Sie uns aber nicht spekulieren, sondern von der Praxis ausgehen. Man sollte meinen, dass es im Krieg zwischen Russland und der Ukraine keinen Handlungsspielraum gibt, denn wenn die gesamte Europäische Union unisono singt, kann ein Land kaum außen vor bleiben. Und was ist passiert? Wir blieben außen vor. Sie stecken bis zum Hals drin im Schlammassel, sie befinden sich in einem verlorenen Krieg, sie verlieren gerade jetzt einen Krieg. Diese Länder haben seit dem Zweiten Weltkrieg keinen Krieg mehr verloren, bzw. der Großteil dieser Länder, denn den haben natürlich die Deutschen verloren, aber die meisten von ihnen haben den Zweiten Weltkrieg gewonnen, sie waren auf der Gewinnerseite, sie stehen vor einer völlig neuen Erfahrung: Sie verlieren gerade einen Krieg. Ungarn nicht, denn es ist nicht unser Krieg, wir haben uns nicht daran beteiligt. Selbst in einem so großen westlichen Bündnis ist es Ungarn gelungen, sich herauszuhalten. Natürlich, wenn Gott uns hilft, dann werden die kriegsbefürwortenden Kräfte in Amerika durch friedensbefürwortende Kräfte ersetzt werden, und Präsident Trump wird zurückkehren, und dann werden wir erleichtert sein, weil wir nicht mehr allein sein werden, zumindest werden wir zu zweit sein, und so werden wir – ich will uns nicht als Mäuse bezeichnen, aber, sagen wir, wenn wir auf einer Brücke neben dem Elefanten daher gehen, werden wir doch einen anderen Eindruck machen. Ich möchte also nur sagen, dass es uns gelungen ist, uns auch aus dem russisch-ukrainischen Krieg herauszuhalten. Wenn es uns jetzt gelungen ist, uns aus diesem herauszuhalten, dann können wir uns meiner Meinung nach auch aus einer fehlgeleiteten, schlechten Wirtschaftspolitik heraushalten, die auf der Logik des Krieges basiert.
Aber die Art von Druckausübung, von der Sie sagten, dass sie in wirtschaftlicher Hinsicht spürbar ist, wie manifestiert sich das im politischen Raum, und was kann man dagegen tun?
Ich möchte darüber hier nicht weiter ins Detail gehen, denn das ist eines der Werkstattgeheimnisse der Politik: Wen, wann und wem genau man an den Ohren zieht oder am Hals packt, eine Ohrfeige gibt oder, Gott bewahre, erpresst oder ein Angebot macht, das nicht abgelehnt werden kann, also die Politik besitzt auch so eine Sphäre. Die Gescheiten pflegen zu sagen, dass man Wurst im Laden kauft, aber man geht nicht nach hinten, um zu sehen, wie sie hergestellt wird. Daran ist auch in der Politik viel Wahres: Es gibt ein Machtspiel, es gibt Absichten und Willen, es gibt Werkzeuge, die benutzt werden, man muss clever sein, man muss mutig sein, man muss klug sein, die Feiglinge sind die Verlierer, die weniger Fähigen kommen zu Fall, also muss man gut sein. Man muss gut sein in schwierigen Verhandlungen in den geschlossenen Hinterzimmern der Politik, aber die Ungarn waren in dieser Hinsicht noch nie schlecht. Es gibt also keinen Grund für irgendwelche Minderwertigkeitsgefühle, wir sind es gewohnt, in diesen schwierigen Machtverhandlungen gut abzuschneiden, wie der Zustand des Landes zeigt. Immerhin haben wir uns aus dem Krieg herausgehalten, und es ist uns sogar gelungen, mit dem neuen NATO-Generalsekretär zu verhandeln – was nicht einfach war –, um eine schriftliche Garantie zu erhalten, dass wir während der Amtszeit des neuen NATO-Generalsekretärs nicht am Krieg in der Ukraine teilnehmen müssen. Wir haben letztlich doch ausgehandelt, dass Ungarn weiterhin Gas und Öl kaufen kann, während die gesamte Europäische Union ihre Energiequellen von Russland abschneidet, und wir haben es sogar mit den Slowaken und Tschechen gemeinsam erkämpft, dass sie dies auch tun dürfen. Wir haben also immer einen Bewegungsspielraum gefunden, und ich glaube, dass wir das auch in Zukunft tun werden. Es macht keinen Sinn, von der kleingläubigen Annahme auszugehen, dass die Großen uns sowieso niederdrücken werden. Das ist nicht der Fall! Ungarn hat das Recht, eine eigene Wirtschaftspolitik zu betreiben, und wenn wir ein solches Recht haben, ist es nur eine Frage von Können, Mut und Geschick, dass wir davon auch Gebrauch machen.
Wie kann die Nationale Konsultation der Regierung in diesem Kampf helfen? Denn wir sehen doch, dass Sie hier von Verhandlungen gesprochen haben, die in geschlossenen Räumen stattfinden, aber es ist, als gäbe es jetzt eine offene Form der Druckausübung, wenn wir uns die Einträge der Volkspartei anschauen, wenn wir uns die Abstimmungen und Reden anschauen, die wir im Europäischen Parlament sehen.
Es gibt eine offene Situation, aber wir konnten nichts anderes erwarten, also sollten wir nicht beleidigt sein. Die Europäische Union denkt also das folgende. Es ist in Ordnung, wenn die Ungarn sich aus dem Krieg heraushalten, die Banken und die multinationalen Konzerne in die öffentlichen Kassen einbeziehen, was diesen überhaupt nicht gefällt, denn es bedeutet ja, dass sie für die Behandlung der ungarischen Wirtschaftslage bezahlen. Oder die Ungarn sind wirtschaftlich neutral und haben ein viel lebendigeres Verhältnis zum Osten als wir Westler. Es wäre also sicherlich angenehmer für die Brüsseler, wenn sie diesen Kieselstein, den wir darstellen, nicht in ihren Schuhen hätten. Ich mache ihnen also keine Vorwürfe, ich stelle lediglich fest, dass in Brüssel eine Entscheidung getroffen wurde, die von der Europäischen Volkspartei angeführt wird. Sehen Sie, es gibt Parteien in Brüssel, die Europäische Volkspartei wird von einem Deutschen namens Manfred Weber geführt, und die Kommission wird gleichzeitig von einer Deutschen namens Ursula von der Leyen geführt. Und hier ist der Plan schon fertig. Es ist keine geheime Verschwörung gegen Ungarn, es ist ein offen dargestellter, angekündigter Plan. Ich wage das zu sagen, weil ich dort saß und es mir ins Gesicht gesagt wurde. Und nachdem jeder im Fernsehen gesehen hat, was im Europäischen Parlament passiert ist, muss man sagen, dass es den ungarischen Menschen ins Gesicht gesagt wurde. Sie sagten: Es ist vorbei, Herr Ministerpräsident, Sie und Ihre Regierung können gehen, und hier ist der neue zukünftige Ministerpräsident und die neue zukünftige Regierungspartei. Wir in Brüssel unterstützen sie. Das ist geschehen. Es lässt sich also nicht leugnen, denn es geschah dort vor den Augen der ganzen Welt. Aber etwas anderes konnte man auch nicht erwarten, denn dasselbe ist in Polen passiert. Die Polen sind auch ihren eigenen Weg gegangen. Auch sie hatten eine eigenständige polnische Politik in Sachen Migration, Gender und Wirtschaft, und in Sachen Krieg waren sie auf einer Linie mit dem Westen, aber in allem anderen nicht, und die Kommission und die Europäische Volkspartei taten alles, um offen zu verkünden, dass die konservative polnische Regierung gehen und durch eine neue ersetzt werden sollte. So wurde unser Freund Tusk Ministerpräsident von Polen. Jetzt spielt sich das gleiche Szenario in Ungarn ab. Daran werden sie arbeiten. Sie brauchen also eine Marionettenregierung, lassen Sie uns Klartext reden. Alle Imperien sind so, die Sowjets waren auch so, nicht wahr? Sie wollten auch in Ungarn eine Regierung, auf die sie einen starken Einfluss haben, oder besser gesagt, nicht nur Einfluss, sondern der sie auch Anweisungen geben konnten. Das ist es, was die Brüsseler mögen. Wir nennen das eine Jawohl-Regierung. Man bekommt also einen Anruf aus Brüssel oder Berlin und muss sagen: „Jawohl!“ Und dann muss man es umsetzen. Das ist das, was sie wollen, aber ich kann ihnen das nicht vorwerfen, denn das ist die Natur der Welt. Aber ich würde uns selbst kritisieren, wenn wir dem nachgeben würden, denn von uns Ungarn wird erwartet, dass wir einem solchen Druck widerstehen, und wir wollen keine Marionettenregierung, keinen Marionettenministerpräsidenten und keinen Marionettenstaat anstelle eines unabhängigen ungarischen Staates und einer ungarischen Regierung sehen. Denn das ist nicht nur eine Machtfrage, denn Brüssel hat, wie vielleicht schon zu Beginn unserer Diskussion klar war, wirtschaftspolitische Streitigkeiten mit Ungarn. Ich habe auch eine Liste der Forderungen zusammengestellt, die in den letzten Jahren in europäischen Dokumenten an Ungarn gestellt wurden, die spezifisch wirtschaftlicher Natur sind und die eine Auseinandersetzung bis aufs Blut darstellen, und die den Menschen sicherlich große Schmerzen bereiten würden, wenn wir nachgeben würden oder nachgegeben hätten. Da ist gleich die Frage der Steuern. Sie wollen ständig einen höheren Steuersatz anstelle eines niedrigen ungarischen Steuersatzes. Und dann ist da noch die Frage der Steuern auf multinationale Unternehmen. Das sind ihre Multis. Sie wollen jedes Mal, dass wir die Steuern für multinationale Unternehmen zurücknehmen. Und dann greifen sie immer wieder die Senkung der Nebenkosten an. Brüssel ist der Meinung, dass das System, bei dem wir den Menschen heute das billigste Gas und den billigsten Strom in ganz Europa geben, nicht gut ist, weil es sehr wohl ihre Unternehmen sind, die einen großen Teil der Kosten tragen. Deshalb schreiben sie in jedem Dokument immer wieder, dass wir das zurücknehmen sollen. Sie fordern eine Rentenreform. Wenn Sie diese Passagen lesen, dann ist es nicht die Rentenreform, sondern die Abschaffung der dreizehnten Monatsrente. Oder die Umstrukturierung der Agrarsubventionen. In Ungarn gibt es 160-170 Tausend Landwirte, die direkte Unterstützung von der heutigen europäischen Agrarpolitik erhalten, und man versucht ständig, diese zu kürzen oder wegzunehmen, manchmal in die Ukraine zu schicken, manchmal für andere Zwecke umzuleiten. Wenn also die ungarische Regierung nachgibt, wenn es also eine Marionettenregierung in Ungarn gibt, dann stellt sich nicht die Frage, wer der Ministerpräsident ist, sondern was die Folgen für die Menschen sein werden. Und das sind ernste Angelegenheiten. Derjenige, der sich heute mit den Menschen in Brüssel zusammentut, wie wir es live im Fernsehen gesehen haben, wird diese Programme umsetzen, egal was er sagt. Denn im Moment streicheln die Besitzer noch seinen Kopf, den Kopf des Hündchens, sie streicheln das Köpfchen, aber wenn es ihnen gelingt, die Marionettenregierung an die Macht zu bringen, dann werden die Befehle kommen und sie werden ausführen müssen, was Brüssel will. Brüssel will manchmal die richtigen Dinge und manchmal die falschen. Dies sind schlechte Dinge. Heute haben wir eine Regierung, die die guten Dinge tut und sich weigert, die schlechten Dinge zu tun.
Lassen Sie uns nach den Umständen über die praktischen Einzelheiten der neuen Wirtschaftspolitik sprechen. Gestern haben die Arbeitgeber ja gesagt, dass das Ziel der Regierung mit einer Lohnerhöhung von etwa 12 Prozent über drei Jahre erreicht werden muss, aber im Gegenzug sagen sie, dass Entwicklungsprogramme und Steuer- und Abgabensenkungen notwendig sind. Was sagt die Regierung dazu? Gibt es irgendeinen Weg, irgendeine Möglichkeit, irgendeinen haushaltspolitischen Handlungsspielraum?
Wenn wir von den großen Dingen zu den kleinen Dingen kommen, ist als erstes die US-Wahl zu nennen. Denn der wirtschaftspolitische Handlungsspielraum wird im Wesentlichen davon bestimmt, ob der Krieg fortgesetzt oder ausgeweitet wird. Wenn nun Präsident Trump zurückkehrt und gewinnt, sinkt das Risiko einer Eskalation des Krieges auf fast Null. Ob er den Krieg beenden kann, bleibt abzuwarten, aber dass der Krieg nicht eskalieren wird, ist unter einer neuen republikanischen US-Administration unter der Leitung von Präsident Trump fast sicher, sofern es in der Politik Gewissheiten gibt. Das ist also der erste Punkt. Wenn nicht das geschieht, dann bleibt es bei der jetzigen Situation: Es gibt nicht nur einen Krieg in der Ukraine, sondern es besteht die ständige Gefahr, wie man in der Politik sagt, der Eskalation, der Ausbreitung, der weiteren Verbreitung. Das erfordert eine andere Wirtschaftspolitik, denn dann müssen nicht 2 % des Bruttosozialprodukts für Militärausgaben aufgewendet werden, sondern 2,5-3 %, vielleicht sogar mehr. In Europa werden teilweise schon 4 Prozent für Militärausgaben ausgegeben. Das heißt, ein Teil des Geldes fließt nicht zurück in die Wirtschaft, sondern in die Sicherheit. Auch das ist sinnvoll, aber es trägt nicht zum Lebensstandard bei. Es liegt also auch in unserem vitalen wirtschaftlichen Interesse, eine amerikanische Regierung zu haben, die sagt, dass dieser Krieg sich nicht weiter ausbreiten darf. Sie sollte diesen Krieg lokalisieren, wie man es im Übrigen von Anfang an hätte tun sollen. Wenn wir das haben, kommen wir. Und ich denke, wir haben eine fantastische Chance, denn wir haben ein Paket geschnürt, das die ungarische Wirtschaft endlich aus der schwierigen Phase herausführt, in der wir uns seit 2020 befinden. Es ist lange her, nur wenige erinnern sich daran, aber lassen Sie mich zusammenfassen: Bis 2019 befand sich die ungarische Wirtschaft auf einer geraden, aufwärts gerichteten Bahn. Diese wurde durch COVID unterbrochen. Nach COVID kam der Krieg, die Sanktionen kamen, die Inflation kam. Wir müssen einen Weg aus dieser schwierigen vier- bis fünfjährigen Phase finden, und ich habe das Gefühl, dass wir das haben. Wenn wir uns also auf dem Boden der wirtschaftlichen Neutralität befinden, könnte die Politik, die wir zusammengestellt haben, ein Aktionsplan mit 20-21-22-25 Maßnahmen, im Jahr 2025 fantastische Ergebnisse liefern und ein Wirtschaftswachstum erzielen, das über dem jedes anderen europäischen Landes liegt: ein Wachstum von über 3 %. Das geht Hand in Hand, wie wir in Ihrer Frage gehört haben, mit der Möglichkeit einer Lohnerhöhung. Hier kommen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und die Regierung ins Spiel. Es gibt Leute, die denken, und ich denke, es gibt solche auch unter den Zuhörern, die denken, dass die Regierung die Löhne festlegt. Aber das ist nicht der Fall, das war nicht einmal am Ende des Sozialismus der Fall, vielleicht noch unter Rákosi und Konsorten, aber nicht einmal Ende der 1980er Jahre, und es ist definitiv nicht der Fall jetzt. Die Regierung kann also nicht die Löhne festlegen, denn wenn sie die Löhne falsch festlegt, wird sie die Wirtschaft zerstören. Wie kann man diesen Fehler vermeiden? Indem Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinander verhandeln. Ich habe immer versucht, ihnen den größtmöglichen Raum und die größtmögliche Freiheit zu geben, um zu verhandeln, und die Regierung hat sich nicht in die laufenden Verhandlungen eingemischt, sie hat geholfen, wenn es nötig war, aber sie hat sie zu einer Einigung kommen lassen, denn schließlich gibt es auf der einen Seite das Geld, also das Kapital, das für Investitionen, für Entwicklung, für Löhne benötigt wird, und auf der anderen Seite die Arbeit, die den Wert produziert. Diese beiden müssen sich auf ein gutes Gleichgewicht einigen. Und wenn das der Fall ist, schreitet die Regierung ein und erleichtert manchmal die Einigung, indem sie die Steuervorschriften ändert und die Situation für die eine oder die andere Partei erleichtert. Und am Ende entsteht daraus dann eine Einigung. Beim letzten Mal wurde, glaube ich, eine Einigung über sechs Jahre erzielt. Das sind also phantastische Dinge, und jetzt ist sie ausgelaufen, und soweit ich sehe, können wir zu einem weiteren großen langfristigen Abkommen kommen. In ihren Verhandlungen kommen die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer gut voran. Ich denke, wir werden hier in absehbarer Zeit einen Durchschnittslohn von einer Million Forint haben, und wir können den Mindestlohn in den nächsten Jahren auf 400.000 Forint anheben. Nicht in einem Jahr, sondern in einem mehrjährigen Tarifvertragsprogramm. Die Chancen dafür stehen heute gut.
Wir haben wenig Zeit, aber lassen Sie uns noch zwei Punkte ansprechen. Zum einen sind sich wahrscheinlich alle einig, dass die Ziele der Wirtschaftspolitik, nämlich mehr zu verdienen und das Wohnen billiger zu machen, erreicht werden sollen. Wozu ist in dieser Situation eine Nationale Konsultation notwendig?
Wir müssen die Basis des Ganzen stärken. Da dies dann durch in einem Kampf erreicht werden muss, und ich habe gerade vorhin gesagt, welche Art von Wirtschaftspolitik Brüssel gerne hätte, eine solche, wie sie selbst eine betreiben, wir könnten auch mit ihnen an den Punkt gelangen, auf den sie jetzt hinsteuern, wo die europäische Wirtschaft auf einen Konkurs der Wettbewerbsfähigkeit zusteuert, also wird man dies in einem Kampf entwickeln, verteidigen und vertreten müssen, und dafür brauchen wir Kraft. Und Ungarn ist ein so großes Land, wie es eben ist. Ich kann nicht auf unsere militärische Stärke verweisen, ich kann nicht auf die große ungarische Bevölkerung verweisen, ich kann nicht auf das überwältigende Maß des ungarischen Nationalprodukts verweisen. Ich kann in diesen Kämpfen nur auf eines verweisen: auf den Willen der ungarischen Menschen. Und wenn die ungarischen Menschen sagen, ja, wirtschaftliche Neutralität, eine unabhängige ungarische Wirtschaftspolitik auf dieser Grundlage, und ein höheres Wachstum auf dieser Grundlage, und dass wir die Ressourcen des höheren Wachstums nutzen sollten, um höhere Löhne zu erreichen und sich mit Wohnungsfragen und der Schaffung von Wohnungen zu befassen, wenn das vorhanden ist, dann kann ich das verteidigen. Das gibt mir Kraft, auf dieser Basis kann ich stehen. Ich kann mit einem demokratischen Mandat für die kommenden ein oder zwei schwierigen Jahre verhandeln. Die Nationale Konsultation wird Ungarn also stärken, denn sie wird die Regierung stärken, sie wird die Wirtschaftspolitik stärken, und die Aussage, dass wir es schaffen können, wird kein leeres Regierungsversprechen oder ein Standardregierungsversprechen sein, sondern ein gemeinsamer Wille, den die Regierung dann umsetzen muss. Erinnern Sie sich: So haben wir die eine Million neue Arbeitsplätze geschaffen. Es waren sich also auch alle einig, dass es besser wäre, wenn es mehr Arbeitsplätze in Ungarn gäbe, aber es musste umgesetzt werden, es musste getan werden, und die erste Wirtschaftskonsultation enthielt die Schritte, die uns zu dem Punkt geführt haben, an dem jeder, der arbeiten will, heute in Ungarn einen Arbeitsplatz hat, und eine Million von neuen Arbeitsplätzen tatsächlich geschaffen wurden. Aber auch in der Frage der Migration: Die Regierung hat nicht einfach nur die Migration gestoppt, natürlich waren auch wir dazu nötig, aber vorher haben die Menschen gesagt, es sei ihre Erwartung, dass die Regierung sie stoppt, dass sie nicht hierher kommen sollen und dass den Menschen nicht von Brüssel vorgeschrieben werden soll, mit wem wir zusammenleben sollen, sondern dass wir dies entscheiden. All das gab der Politik der Regierung ein derart starkes Fundament, eine Grundlage, das sie dann entgegen aller Widerstände durchsetzen konnte.
Wo wir gerade beim Thema Migration sind: Sie haben diese Woche mit dem serbischen Staatschef und dem slowakischen Ministerpräsidenten über dieses Thema gesprochen und gesagt, der Migrationspakt solle gekippt werden, während gleichzeitig die Mehrheit im Europäischen Parlament dafür gestimmt hat, dass er so schnell wie möglich in Kraft tritt. Welche Kräfte sprechen sich für die Migration aus, sozusagen auch gegen die inzwischen bestehende Mehrheit der Mitgliedstaaten?
Was geschah ist, dass die Bürokraten in Brüssel, die natürlich von einigen der größeren Staaten unterstützt werden, gesagt haben, dass der Migrationspakt gut ist und seine Umsetzung beschleunigt werden muss. Leider hat auch die ungarische Opposition, mit Ausnahme von Mi Hazánk, für die Bestrafung Ungarns gestimmt und die Verweigerung der Grenzschutzhilfe für Ungarn gebilligt. Mi Hazánk und die Vertreter der Parteien Fidesz und KDNP haben gut gekämpft, aber wir waren im Europäischen Parlament nicht stark genug. Vielleicht werden wir dann im Rat, wo ich bin, erfolgreicher sein. Tatsache ist, dass es immer noch einen Kampf zwischen einwanderungsfreundlichen und einwanderungsfeindlichen Kräften gibt. Die Verhältnisse ändern sich zu unseren Gunsten, also haben wir auch hier gute Aussichten.
Ministerpräsident Viktor Orbán war bei uns im Studio zu Gast.