Viktor Orbáns Wortmeldung auf dem außerordentlichen Gipfeltreffen der Organisation der Turkstaaten

Sehr geehrter Herr Präsident Erdoğan! Sehr geehrte Herrn Präsidenten! Meine lieben Brüder!

Erlauben Sie mir vor allen Dingen, das Beileid meiner Heimat für das dramatische Erdbeben auszudrücken, von dem die Türkei betroffen war. Ich möchte al jene meiner Hochachtung versichern, die durch ihre mutige Arbeit die Menschen gerettet haben. Die Such- und Rettungsmannschaften Ungarns haben sich in den ersten Tagen ihren türkischen Kollegen angeschlossen. Es gelang uns, viele Menschen zu retten. Solch eine Katastrophe setzt das Gesundheitswesen unter einen großen Druck, deshalb übergeben wir am heutigen Tag 100 Tonnen an Krankenhausinstrumenten dem türkischen Katastrophenschutz. Der Wiederaufbau wird eine gewaltige Aufgabe sein. Ich habe 2000 das erste Mal als Ministerpräsident die Türkei besucht und arbeite seit mehr als einem Jahrzehnt mit Herrn Präsidenten Erdoğan zusammen, so dass ich in den vergangenen 23 Jahren die riesige Entwicklung und die phantastischen Fortschritte der letzten zehn Jahre mit meinen eigenen Augen gesehen habe, die die Türkei unter der Leitung von Herrn Präsidenten Erdoğan gemacht hat und deshalb bin ich mir sicher, dass auch der Wiederaufbau erfolgreich sein wird.

Herr Präsident!

Ich möchte Sie darüber versichern, dass Sie auch beim Wiederaufbau auf Ungarn zählen können.

Sehr geehrte Herrn Präsidenten!

Erlauben Sie mir anzumerken, dass wir jetzt den Nationalfeiertag Ungarns haben. Bei diesem Anlass feiern wir unseren Unabhängigkeitskrieg von 1848, den die Österreicher und Russen natürlich niedergeschlagen haben, und danach flohen Offiziere, Wissenschaftler und Politiker zu Hunderten hierher, in die Türkei, die sie aufnahmen, sehr geehrter Herr Präsident Erdoğan! Wir möchten auch an unserem Nationalfeiertag dessen gedenken, über wie lange, wie tiefe Wurzeln die türkisch-ungarische Freundschaft verfügt.

Sehr geehrte Herrn Präsidenten!

Die Hauptfrage für Europa ist heute der Krieg und das stellt meine Heimat vor eine schwierige Situation. Die Ukraine ist ein benachbarter Staat, die Auswirkungen des Krieges sind deshalb schwer und unmittelbar. Die Inflation ist im Himmel und die Energiepreise befinden sich in historischer Höhe. Ich unterrichte Sie davon, dass in diesem Krieg jetzt auch schon viele ungarische Menschen gestorben sind, denn auch von den Angehörigen der in der Westukraine lebenden ungarischen Gemeinschaft wurden die Männer in die Armee eingezogen. Deshalb ist für Ungarn die Rettung von Menschleben am wichtigsten und Menschenleben kann man nur durch Frieden retten. Deshalb vertritt Ungarn den Standpunkt, dass es möglichst schnell einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen geben soll.

Wenn die Brüder erlauben, dann erwähne ich kurz auch, dass das, was wir jetzt sehen, mehr als ein Krieg in Europa ist, in Wirklichkeit vollzieht sich die Neuordnung der Machtverhältnisse Europas. Dies wirkt sich dann auch auf die türkische Welt aus und irgendwann in der Zukunft würde es sich lohnen, uns darüber auch tiefgehender auszutauschen. Wir sind Herrn Präsidenten Erdoğan dafür dankbar, dass er der Einzige ist, der bisher mit Erfolg zwischen den kämpfenden Parteien vermitteln konnte. Wir danken für die Anstrengungen des Herrn Präsidenten und bitten ihn, diese auch in der Zukunft fortzusetzen. Nur so können wir eine Chance auf den Frieden haben. Ich danke Herrn Präsidenten Erdoğan auch dafür, dass wir – wir beide sind Mitglieder der NATO – im Rahmen der NATO unsere Arbeit miteinander abstimmen können. Ich danke Ihnen, den Führern der türkischen Staaten, dass Sie die Stimme des Friedens stärken. Bedauerlicherweise leidet Europa an einer Kriegspsychose und der Kontinent, von dem ich komme, schliddert Tag für Tag in den Krieg hinein. Deshalb ist es wichtig, dass die Stimme des Friedens den Wettbewerb mit der Kraft der Stimme des Krieges aufnimmt, und es ist wichtig, klarzustellen, dass die globale Mehrheit den Frieden möchte.

Herr Präsident!

Wenn Sie erlauben, würde ich auch mitteilen, dass wir von Ungarn aus auch eine weitere Gefahr sehen. Es vollziehen sich derartige Prozesse in der Weltwirtschaft, dass es am Ende wieder zu einer Blockbildung kommen kann. Die Blockbildung in der Weltwirtschaft ist unseren Interessen entgegengesetzt. Wir sehen die Zukunft nicht in der Blockbildung, sondern in der Konnektivität, der Verbundenheit, und darin könnten die türkischen Staaten eine Schlüsselrolle spielen, denn hier sind wir europäische, kaukasische und mittelasiatische Länder zusammen, die wir uns auf der Grundlage des gegenseitigen Respekts miteinander verbinden, der ganzen Welt ein gutes Beispiel gebend. Deshalb unterstützt Ungarn, sehr geehrter Herr Präsident, dass unsere Verbindungen, unsere wirtschaftlichen, unsere Handels- und energetischen Verbindungen eine neue Dimension betreten. Wir möchten möglichst schnell auch am Türkischen Investitionsfonds teilnehmen, unsere dazu notwendigen Finanzmittel stehen zur Verfügung.

Abschließend, sehr geehrter Herr Präsident Erdoğan! Meine lieben Brüder!

Wir danken dafür, heute hier sein zu dürfen. Wir wünschen Ihnen viel Kraft zur Organisierung der Wiederaufbauarbeiten und wenn wir können, geben wir Ihnen jede Hilfe.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

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