Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich glaube, dass dies ein noch nie dagewesenes Ereignis ist, und es ist angebracht, die Frage zu stellen: Was machen wir hier, warum sind wir hier? Warum sind ungarische Unternehmer hier? Warum ist der Präsident der Republika Srpska hier, und warum ist der ungarische Ministerpräsident hier? Natürlich kann ich diese Frage nur aus der Sicht der Ungarn beantworten. Wenn ich sie in einem Satz beantworten müsste, würde ich sagen, dass wir hier sind, weil wir an die Zukunft der Republika Srpska glauben. Und auch an die Zukunft Bosniens – das ist eine etwas kompliziertere Frage, aber die Tatsache, dass wir an die Zukunft des serbisch besiedelten Teils Bosniens glauben, kommt durch diesen Besuch sehr deutlich zum Ausdruck. Wir haben eine sehr gute Meinung über diese Ecke der Welt – aus zwei Gründen. Erstens: Die Geschichte hat nicht erst gestern begonnen. Ich habe meine Flitterwochen nach meiner Heirat in Jugoslawien verbracht, weil ich dachte, ich würde in den Westen fahren. Und wenn Sie auf die Landkarte schauen, sind Sie weiter westlich als Ungarn. Ich habe mit dem Präsidenten gescherzt, dass ich gerne in den Westen gehe, deshalb komme ich nach Banja Luka. Die Karte lügt nicht. Und wenn Sie sich die Karte im Norden anschauen, werden Sie sehen, dass Baranya dort ist, Pécs dort ist, Slawonien kommt, und dann kommen wir hier an. Früher waren wir durch zwei Grenzen getrennt, eine davon haben wir bereits abgeschafft, es gibt keine kroatisch-ungarische Grenze, Schengen ist in Kraft, ich kann ungehindert hierherkommen. Der ungarische Autobahnbau, der unsere Autobahn in den Süden bringt, steht kurz vor der kroatischen Grenze, die Kroaten arbeiten sich ebenfalls nach oben, und wir stehen kurz davor, miteinander verbunden zu sein. Die Republika Srpska und Ungarn werden bald durch eine Autobahn verbunden sein. Und wenn wir mit den Augen der Ungarn spazieren gehen, nicht nur im Zentrum von Banja Luka, sondern auch in den Außenbezirken oder in den umliegenden Dörfern, ich gehe zum Beispiel gerne in die Dörfer in der Umgebung, und das erzähle ich meinen serbischen Freunden, denn die Ungarn können mit eigenen Augen sehen, dass die Menschen hier in größeren Häusern leben als in Ungarn. Sie haben größere Anwesen, die Anwesen sind ordentlich. Wenn Sie also nicht auf die Statistiken schauen, sondern Ihren eigenen Augen trauen, werden Sie sehen, dass Sie sich in einem Land mit Zukunft befinden. Denn die Zukunft der Wirtschaft hängt immer von der Qualität der Menschen ab. Und die Qualität der Menschen drückt sich in der Umwelt aus.
Hierher zu kommen, sich umzusehen, wenn unsere serbischen Freunde Ungarisch sprechen könnten, denn diese armen Leute können das nicht, und es wäre fast hoffnungslos, dies zu versuchen, dann könnten wir uns fast wie zu Hause fühlen, denn es ist eine Welt wie die unsere. Und wenn wir daran glauben, dass die Politik in der Lage sein wird, diese Region zu stabilisieren – wie Sie wissen, wird Ungarn ab dem 1. Juli die Präsidentschaft des Europäischen Rates innehaben, und wir haben ein spezifisches Programm für diese Region –, wenn wir sie also stabilisieren können, und ich denke, das werden wir, und wenn diese dezentrale Struktur in Bosnien beibehalten wird, dann wird es ein stabiles und vorhersehbares wirtschaftliches Umfeld geben, und das gibt es eigentlich auch. Wenn Sie sich darüber hinaus die Wirtschaftsprognosen für die westeuropäischen Volkswirtschaften ansehen, werden Sie feststellen, dass das Wirtschaftspotenzial, das Wachstumspotenzial in Westeuropa auf einem sehr, sehr niedrigen Niveau liegt. Deutschland ringt mit der Rezession. Wir sind mit unserer Wachstumsprognose von 2 bis 2,5 Prozent für dieses Jahr bereits König. Und 2,5 Prozent Wachstum ist auf die Weise, dass wir im letzten Jahr -0,9 Prozent hatten, ist nicht viel. Die Frage ist also: Wo bleibt die Dynamik der europäischen Wirtschaft? Natürlich werden sich die westlichen Länder wahrscheinlich erholen, aber die Dynamik liegt im Moment auf dem Balkan. Hier leben Menschen, die arbeiten wollen. Das ist heute in Europa nicht mehr üblich. Sie wissen auch, wie man arbeitet, sie haben eine hohe industrielle und landwirtschaftliche Kultur, so wie wir, und sie wollen kooperieren, weil sie glauben, dass nichts Anderes als Arbeit helfen wird, deshalb gibt es hier ein großes Wachstumspotenzial.
Es gibt immer ein Gegenargument gegen Bosnien und Herzegowina aus der Unternehmenswelt, dass es der komplizierteste Staat der Welt sei. Und das gilt für Sarajevo, aber nicht für Banja Luka. Es ist klar, einfach, transparent. Es ist ein dezentralisiertes Land, hier kann man wissen, wo die Behörden sind, wer sie sind, die Verfahren sind bekannt, und zur Zusammenarbeit kann man, da eine kooperative Führung in der Republika Srpska existiert, die Dinge erledigen. Politische Ängste, Ängste vor Bürokratie, Ängste vor komplizierter Bürokratie können also beiseitegeschoben werden.
Hiernach möchte ich auch ein paar Worte darüber verlieren, dass wir auch in wirtschaftlicher Hinsicht an diese Region glauben, denn es ist noch gar nicht so lange her, vierzehn Jahre, da ging es der ungarischen Wirtschaft schlecht. Wenn wir uns nicht in einer so eleganten Gesellschaft befänden, würde ich sagen, dass es im Jahr 2010 Zores gab, 3,5 Millionen Menschen arbeiteten insgesamt. Heute sind es 4 Millionen 700 Tausend! Die Größe unserer Wirtschaft war um 50 oder besser gesagt 70 Prozent kleiner als sie heute ist. In vierzehn Jahren haben wir die Größe der ungarischen Wirtschaft um den Faktor 1,5 bis 1,7 erhöht. Unsere Exporte machen 85 Prozent unseres GDPs aus, wir können also unsere Produkte im Ausland verkaufen. Wir haben also in vierzehn Jahren einen Weg zurückgelegt, den andere auch gehen können. Und wenn man diese Dynamik auf die Republika Srpska projiziert, kann man sehen, welche Fortschritte möglich sind. Ein solches Wachstum ist auch hier möglich. Die andere Hälfte der Antwort auf die Frage, warum wir hier sind, müssen wir auch noch geben.
Sehr geehrter Herr Präsident!
Wir sind hier, weil wir es uns finanziell leisten können, hier zu sein. Wenn wir vor vierzehn Jahren ungarische Unternehmen hierher eingeladen hätten, wären nicht viele gekommen, und zwar nicht wegen Bosnien oder Banja Luka, sondern wegen Ungarn. Ungarn war vor vierzehn Jahren ein extrem kapitalarmes Land. Abgesehen von den zwei oder drei großen ungarischen Unternehmen gab es praktisch kein Kapital, das im Ausland in die Wirtschaft investiert werden konnte. Heute sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir regionale Champions haben und Unternehmen, die in der Lage sind, im Ausland zu investieren. Es gibt unterschiedliche Schätzungen, aber wir haben etwa 1.500 starke mittelständische Unternehmen, die im Ausland investieren können, und wir werden diese Zahl verdoppeln. Wir sind also hier, sehr geehrter Herr Präsident, weil sich in Ungarn Kapital angesammelt hat, das jetzt nach Geschäftsmöglichkeiten außerhalb Ungarns sucht.
Ich möchte den Ungarn und den Serben noch eine Sache sagen. Wir Ungarn sind ein Land, das stolz auf seine Geschichte und Kultur, auf seine Sprache und seine Nation ist. Ungarn gehört den Ungarn. Und ich höre, dass auch die Serben der gleichen Meinung sind: Die Republika Srpska gehört den Serben. Deshalb erwarten wir von den Ausländern, dass sie sich so verhalten, wie es sich gehört. Das erwarten wir zu Hause in Ungarn, und sie erwarten es auch. Was bedeutet das für die wirtschaftlichen Entscheidungen? Es bedeutet, dass ich mit dem Präsidenten vereinbart habe, dass der Präsident und die Regierung uns klar sagen werden, in welchem Bereich wir willkommen sind. Wo wir nicht willkommen sind, weil sie keine Konkurrenz wollen oder andere Ideen haben, da kommen wir nicht hin. Wir werden nicht besserwisserisch auftreten, wir werden nicht fordernd sein, wir reden nicht über freien Wettbewerb, dieses Land gehört den Serben. Wir sind hier, und gerade unsere Unternehmen sind hier und arbeiten in den Bereichen, die die Serben für sie vorgesehen haben, so dass sie gerne mit uns in diesen Bereichen arbeiten. Das ist sehr wichtig, denn sonst fühlen wir uns nicht wohl, und die Unternehmen fühlen sich auch nicht wohl. Es ist wichtig, dass die Menschen vor Ort uns akzeptieren, dass sie nicht das Gefühl haben, dass wir ihnen Möglichkeiten wegnehmen, sondern dass wir ihnen Möglichkeiten bieten. Deshalb sind wir hier, Herr Präsident, in den Gebieten, die Sie für sie festgelegt haben, alle diese Unternehmen, in den Gebieten, in denen die Serben Kapital, Investitionen und Entwicklung brauchen. Wir sind gerne bereit, Joint Ventures zu gründen, und mir gefällt auch die Idee bei uns, dass, wenn Ausländer kommen, sie sich vorzugsweise Partner in Ungarn suchen und versuchen, Dinge gemeinsam zu tun. Die Ergebnisse und auch die Gewinne werden dann gerecht geteilt. Ich ermutige also die Ungarn, hier in Banja Luka Joint-Venture-Partner zu finden.
Und schließlich möchte ich dem Präsidenten versichern, dass dies nach unserem Verständnis eine Straße mit zwei Spuren ist. Wir erwarten Sie also. Jetzt ist es gerade die Situation, dass wir kommen, aber wie ich schon sagte, glauben wir, dass es hier eine Perspektive gibt, eine wirtschaftliche Stärkung. Es wird Kapital geben, das nach Investitionsmöglichkeiten außerhalb der Republika Srpska sucht. Denken Sie an Ungarn, kommen Sie zu uns, kommen Sie auch als Arbeiter und kommen Sie auch als Unternehmer. Suchen Sie nach Möglichkeiten, arbeiten Sie mit uns zusammen. Je mehr von Ihnen bei uns sind und je mehr wir hier sind, desto mehr werden wir spüren, dass die Zusammenarbeit uns nicht die Möglichkeiten nimmt, sondern Möglichkeiten für alle schafft.
Meine Damen und Herren!
In dieser Hoffnung wünsche ich Präsident Dodik und der Republik Serbien viel Erfolg, und den ungarischen Unternehmern wünsche ich gute Verhandlungen und Vereinbarungen. Herr Minister Márton Nagy ist hier, weil er das Investitionsprogramm in Ungarn verwaltet, in dessen Rahmen Zuschüsse für Investitionen gewährt werden können, die ungarische Unternehmen außerhalb Ungarns tätigen wollen. Ich möchte also sowohl den serbischen als auch den ungarischen Unternehmern signalisieren, dass die ungarische Regierung bereit ist, diese wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern sowohl politisch als auch finanziell zu unterstützen.
Gott segne Sie alle!