Zsolt Törőcsik: Guten Morgen! Die Unterstützung der Ukraine und ihr möglicher Beitritt zur EU war eines der Hauptthemen des gestrigen EU-Gipfels der Staats- und Regierungschefs, bei dem der entsprechende Teil der Abschlusserklärung wieder einmal ohne Ungarn verabschiedet wurde. Unterdessen hat Ungarn heute den fünften Tag des Einfrierens der Preisspanne hinter sich. Ich werde Ministerpräsident Viktor Orbán auch zu den Auswirkungen dieser Maßnahme befragen. Guten Morgen!
Einen schönen guten Morgen!
Beginnen wir mit der letzten Maßnahme, dem Einfrieren der Preisspanne, und gehen wir einen Schritt zurück, denn viele Menschen sehen diese Maßnahme als Eingriff in die Marktprozesse. Warum hat die Regierung nicht darauf gewartet, dass der Markt dies von selbst regelt und die Inflation sinkt?
Diejenigen, die sagen, dass dies eine Einmischung in die Marktprozesse ist, sagen die Wahrheit. Es wäre gut gewesen, wenn wir nicht dazu gezwungen worden wären. Wenn ein Preisanstieg durch Marktprozesse verursacht wird, dann kann man hoffen, dass die Marktprozesse die Preise senken werden. Aber hier ist die Regierung, nachdem sie das Ausmaß und die Geschwindigkeit des Preisanstiegs untersucht hat, zu dem Schluss gekommen, dass hier keine Marktprozesse am Werk sind. Ich nenne Ihnen Zahlen. Die Einzelhandelsketten haben 42 Prozent auf Hähnchenflügel, 55 Prozent auf Schweinekoteletts, 68 Prozent auf Milch, 129 Prozent auf saure Sahne, 38 Prozent auf Eier, 69 Prozent auf Quark, 70 Prozent auf Joghurt, 87 Prozent auf Butter draufgepackt, haben, die Einzelhandelsketten haben diese Prozente zum Einkaufspreis der Waren hinzugefügt, zu dem sie diese erworben hatten. Das hat nichts mit der Marktentwicklung zu tun! Offensichtliche rächst sich hier die Tatsache, dass die Regierungen in den Jahren nach dem Systemwechsel nicht in der Lage waren, ungarische Großhandelsketten zu gründen, und dass die ungarische Wirtschaft nicht stark genug war, um ungarische Großhandelsketten zu behalten oder zu gründen. Und die sind in ausländischem Besitz. Und sie sind nicht so sehr an den Ungarn und an den Marktprozessen interessiert, sie sind an ihren Profiten interessiert. Und sie haben so hohe Summen auf die Einkaufspreise gesetzt. Man musste intervenieren. Auch ich würde es vorziehen, in einer Wirtschaft zu leben, in der solche Notmaßnahmen nicht notwendig sind, aber wir konnten nicht länger zusehen, wie die Menschen ausgeraubt wurden, das musste gestoppt werden, der Preisanstieg musste eingedämmt werden, und man musste denen, die die Preise erhöhten, sagen: Bis hierher und nicht weiter! Wir haben es zuerst mit Verhandlungen versucht, diese haben nicht zu Ergebnissen geführt, wir mussten eingreifen.
Wenn wir nun die Erfahrungen und die bisherigen Auswirkungen betrachten, so ist bei einigen Produkten eine drastische Preissenkung zu verzeichnen, bei anderen, wie es scheint, vorerst weniger. Wie beurteilen Sie insgesamt die Erfahrungen der ersten Tage?
Das Wesen der Intervention bestand darin, dass wir gesagt haben, dass der Händler maximal 10 Prozent auf den Einkaufspreis draufschlagen kann, das sollte reichen. Das heißt, wenn sie innerhalb von 10 Prozent des Einkaufspreises lagen, konnten sie die Preise nicht weiter anheben, und wenn sie über 10 Prozent hinausgingen, und ich habe gerade einige Produktgruppen erwähnt, mussten sie wieder unter 10 Prozent zurückgehen. Dies führte zu einer sofortigen Preissenkung. Wir sprechen hier ja von 30 grundlegenden Nahrungsmittelkategorien, aber wenn ich das auf die einzelnen Produkte herunterbreche, sind es Hunderte von Produkten. Wir sehen jetzt, dass die Preise für 760 Produkte gesenkt wurden, was einer Preissenkung von deutlich mehr als 10 bis 15 % entspricht. Wir beobachten das ständig, wir bleiben dran. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Einzelhandelsketten etwas versuchen werden, aber wir sind hier und werden darauf reagieren. Ich möchte, dass die Ausländer verstehen, dass man die Ungarn nicht ausrauben kann. Sie müssen also verstehen, dass eine Marge von 10 % auf den Einkaufspreis ausreichen muss. Das könnten sie zu Hause nicht tun, sie könnten sich gegenüber ihren eigenen Verbrauchern zu Hause nicht so verhalten wie sie es in Ungarn getan haben. Ich hoffe wirklich, dass sich die Situation normalisieren wird.
Sie wissen, dass einige Supermärkte Mengenbeschränkungen für bestimmte Produkte eingeführt haben, andere rechnen mit einem Rückgang ihrer Einnahmen. Wenn das Einfrieren der Gewinnspannen nicht ausreicht, um die Inflation zu senken, welche weiteren Schritte können dann unternommen werden?
Wir haben immer noch Instrumente in unserem Werkzeugkasten, aber das ist ja doch eine Regierung, wir sprechen hier jetzt von der Regierung Ungarns und eine Regierung hat viele Instrumente, um in den Markt einzugreifen. Die Tatsache, dass sie nicht jeden Tag eingreift, bedeutet nicht, dass sie keine Instrumente hat, aber es bedeutet, dass wir in Ungarn eine wirtschafts- und marktfreundliche Regierung haben, die möchte, dass die Wirtschaft nach ihrer eigenen Logik funktioniert, so dass jeder seinen eigenen Weg finden kann, auf seine Kosten zu kommen. Wenn der Markt aus irgendeinem Grund aus dem Gleichgewicht gerät, muss er neu reguliert werden. Wir haben noch einige Schritte vor uns, aber ich will weder drohen noch etwas in Aussicht stellen, denn ich bin zuversichtlich, dass die ausländischen Handelsketten früher oder später erkennen werden, dass man einen Kampf gegen eine Regierung nicht gewinnen kann. Sie können hierbei nur verlieren. Wir sollten zu einer Übereinkunft gelangen, sie sollten verstehen, dass es eine akzeptable Marge gibt, niemand bestreitet das, kein Ungar bestreitet, dass alle Margen und alle Gewinne auf ihrer Seite sein müssen, aber 10 % sollten ausreichen.
Einige in der Opposition sind der Meinung, dass eine Mehrwertsteuersenkung anstelle eines Einfrierens der Gewinnspanne hätte vorgenommen werden sollen oder müssen. Warum hat die Regierung nicht dieses Instrument gewählt, um die Inflation zu senken?
Einige derjenigen, die sich für eine Mehrwertsteuersenkung aussprechen, sind unwissend, jung, unerfahren und haben die Geschichte früherer Mehrwertsteuersenkungen nicht miterlebt. Wir haben die Mehrwertsteuer gesenkt, wir haben die Mehrwertsteuer auf viele Grundnahrungsmittel auf 5 % gesenkt. Grob gesagt hat das so funktioniert, dass etwa ein Drittel des Mehrwertsteuersatzes am Anfang zu einer Preissenkung geführt hat, zwei Drittel wurden von den Händlern geschluckt, und innerhalb eines Jahres wurde auch das restliche Drittel geschluckt. Die Mehrwertsteuer wurde also gesenkt, und nach ein paar Monaten waren die Preise wieder gleich. Jetzt gibt es junge Leute, die gerade erst in die Politik gekommen sind oder noch nie in einer Führungsposition waren, die wissen oder verstehen das wahrscheinlich nicht. Und dann gibt es die alten Füchse, meist Linke, die ich seit tausend Jahren kenne, die genau wissen, dass das so ist, aber immer auf der Seite der multinationalen Konzerne waren. Sie wollen also eine Mehrwertsteuersenkung, weil eine Mehrwertsteuersenkung bedeutet, dass das Geld an die multinationalen Konzerne, an die Händler geht.
Diese Woche gab es eine weitere wichtige Änderung in Ungarn, als das Parlament eine Änderung des Gesetzes über Versammlungen zum Schutz von Kindern verabschiedete. Kritiker sagen, dies sei eine Einschränkung des Versammlungsrechts, während die Regierungsseite argumentiert, es diene dem Schutz der Kinder. Wie kommt es, dass die bestehende Regelung des Versammlungsrechts und der Schutz von Kindern unvereinbar sind?
Im Normalfall können sie Hand in Hand gehen. Nicht vereinbar ist es, wenn Sexualität – egal ob gleich- oder gegengeschlechtliche – auf die Straße getragen wird. Oder es passt nicht, wenn alle möglichen Aktivisten, Gender-Aktivisten dieser Art, in die Schulen gehen und den Kindern anstelle der Eltern sagen wollen, wann und was sie über diese ansonsten sehr komplizierte Ecke oder dieses Detail des Lebens wissen müssen. So sind normale Menschen wie wir heute einer ständigen Provokation ausgesetzt, weil Menschen, die ein nicht-traditionelles Sexualverhalten ausleben, was sie tun dürfen, niemand mischt sich ein, es herrscht Freiheit, sie tragen es auf die Straße, und sie nehmen keine Rücksicht darauf, dass es in diesem Land Millionen von Kindern gibt, die aufgezogen werden müssen, die auf ihren Weg geschickt werden müssen, die zu gesunden Menschen erzogen werden müssen, die die Chance bekommen müssen, in ihrem Leben glücklich zu sein, und die Verantwortung dafür liegt bei den Eltern. Und das wird durch alle Arten von Propaganda beeinflusst, ob es sich nun um Bücher, Filme, Schulpropaganda oder Straßenaktionen handelt, wir werden das einfach nicht akzeptieren. Wir möchten, dass sie einsehen, dass wir glauben, dass Freiheit und Kinderschutz Hand in Hand gehen können. Es gibt einen Platz für Freiheit und es gibt einen Weg, Kinder zu erziehen. Und das Kind steht an erster Stelle. Darum geht es in der Debatte im Parlament: Steht das Kind an erster Stelle? Und wir sind der Meinung, dass das Recht auf eine gesunde Erziehung der Kinder ein Grundrecht ist, und es ist ein Grundrecht, das das wichtigste aller Grundrechte ist, und deshalb muss es bei der Ausübung aller Grundrechte berücksichtigt werden.
Kritiker der Novelle sagen, dass damit die Regierung Pride verboten hat, aber viele Menschen sagen, dass sie draußen sein werden, wenn es eine solche Demonstration gibt. Was haben sie zu erwarten, denn in letzter Zeit wurde hier viel darüber gesprochen.
Das wird am Ende kommen, so weit sind wir noch nicht. Wir arbeiten jetzt an der Rechtslage, die es den Behörden ermöglichen wird, denn es wird an den Behörden liegen, auf der Grundlage des Gesetzes Stellung zu nehmen, ob solche Veranstaltungen wie Pride auf der Grundlage des Versammlungsrechts auf offener Straße abgehalten werden können oder nicht, oder ob die Rechte unserer Kinder Vorrang haben und deshalb auf offener Straße kein Platz dafür ist. Das müssen die Behörden später entscheiden. Bei der derzeitigen Rechtslage wären die Behörden in einer schwierigen Lage, da im ungarischen Recht nicht klar ist, was Vorrang hat: die Freiheit oder die Freizügigkeit oder aber das Recht auf Kindererziehung, ob das Recht der Eltern auf Kindererziehung Vorrang hat. Wer kommt zuerst? Die Pride-Marschierer oder unsere Kinder? Die ungarische Regierung vertritt den Standpunkt, dass unsere Kinder an erster Stelle stehen. Daran müssen sich alle anpassen. Hier muss eine klare Rechtslage geschaffen werden, damit die Behörden dann ruhig und besonnen handeln können.
Lassen Sie uns in dieser Frage auch einen Schritt zurückgehen, denn Sie haben erwähnt, dass die Kinder an erster Stelle stehen, aber wie kam es eigentlich zu der Novellierung des Versammlungsgesetzes? Welche logische Kette verbindet diese Novelle mit früheren Regierungsmaßnahmen?
Es gibt eine solche Verbindung, aber ich werde ehrlich sein und sagen, dass es hier einen anderen Umstand gibt, ich werde es Ihnen sagen, vielleicht werde ich nicht zu viel Ärger verursachen. Aber ich habe mir das alles auch schon bisher nicht in Ruhe angesehen. Ich will Ihnen also offen sagen, als Familienvater, als ungarischer Staatsbürger, als Mann, der sich auch um die Zukunft unseres Landes sorgt, als Mann, der sich für das geistige und intellektuelle Wohlergehen der heranwachsenden nächsten Generation verantwortlich fühlt, habe ich mir immer Sorgen gemacht, dass so etwas passieren könnte, nennen wir es Pride. Und hinzukam, dass ich Ministerpräsident war, und die konnte trotzdem passieren. Wir hatten sogar eine Zweidrittelmehrheit im Parlament und es konnte immer noch passieren. Und seien wir ehrlich, ein Teil der Wahrheit ist, dass es einen enormen internationalen Druck gab. Hinter diesem Experiment der sexuellen Umerziehung, der sozialen Umerziehung, stehen also große internationale Kräfte, man könnte es ein internationales Gender-Netzwerk nennen. Botschafter haben diese Märsche angeführt, sogar der amerikanische Botschafter! Und es gab enormen Druck auf die Regierung, sowohl aus Washington – wir gehören zur westlichen Welt, deshalb ist das das Entscheidende – als auch aus Brüssel. Und wir waren einfach nicht in der Lage, wir waren nicht stark genug, um uns gegen so einen gewaltigen, orkanartigen Wind zu wenden. Aber jetzt hat sich die Welt verändert. Zumindest an einem Ort, in Washington, weht ein anderer Wind. Natürlich werden wir einen Konflikt mit Brüssel haben, aber an zwei Fronten zu kämpfen ist nicht dasselbe wie an einer Front. Ich denke, die ungarische Regierung wird diese eine Front aushalten müssen. Unseren Kindern zuliebe müssen wir versuchen, diesen Kampf auch auf internationaler Ebene zu gewinnen. Die Chancen dafür sind jetzt viel besser als jemals zuvor. Der Wandel in den USA hat der ungarischen Regierung einen Handlungsspielraum eröffnet, so dass wir den Sprung wagen und versuchen, das einfache menschliche Gesetz durchzusetzen, dass die Kinder an erster Stelle stehen, gefolgt von allen anderen Arten von Freiheit und Freizügigkeit. Und nun zur Logik der Dinge. Seit 2010 arbeiten wir ja daran, und das ist auch eine persönliche Angelegenheit für mich, das gesamte ungarische Wirtschaftssystem in ein familienorientiertes Wirtschaftssystem umzuwandeln. Das ist nicht so einfach, denn alles, was wir in den letzten dreißig oder vierzig Jahren gewohnt waren, hat im Grunde genommen nicht die Familien als Grundlage der Wirtschaft betrachtet, sondern die Individuen. Sogar der Name: „persönliche Einkommensteuer”, um nur ein Beispiel zu nennen. Aber das Leben ist so, dass wir natürlich alle unser Leben als Individuen leben, aber das Entscheidende ist, dass die meisten von uns doch in einer Familie leben. Und die Familie als Gemeinschaft mit ihren besonderen internen Rechtsbeziehungen, ihren besonderen wirtschaftlichen, menschlichen und geistigen Beziehungen wurde von der Wirtschaftsregulierung nicht berücksichtigt. Zum Beispiel die Notwendigkeit, das Kind zu unterstützen. Und wenn man für ein Kind aufkommen muss, ist das nicht die gleiche Belastung, als wenn man sonst kein Kind hätte. Deshalb haben wir den Kinderfreibetrag eingeführt. Oder, da die Scheidungsraten sehr hoch sind und vielen Familien es nicht gelingt, zusammenzubleiben, werden viele Frauen mit der Last der Kindererziehung allein gelassen und sind daher in jungen Jahren unsicher, ob und wann sie Kinder bekommen sollen. Wir müssen ihnen etwas darüber sagen, ob sie Unterstützung oder Hilfe von außen bekommen oder nicht. Deshalb führen wir jetzt eine Steuerbefreiung für Mütter von zwei Kindern für den Rest ihres Lebens ein. Aber auch im Schulsystem, bei der Bekämpfung des Drogenmissbrauchs, bei der öffentlichen Sicherheit auf den Straßen – das alles hat letztlich damit zu tun, dass die Menschen ihre Familien in Sicherheit wissen wollen. Ich sage es noch einmal: Hinter unserem derzeitigen, sehr harten, treibjagdartigen Vorgehen gegen Drogen steht auch eine familienfreundliche Mentalität. Und die Steuergutschriften für Kinder, die wir jetzt verdoppeln, beruhen auf dem gleichen Gedankengang. Also das, was wir heute in Ungarn tun, besteht zwar aus vielen Schritten – langsam schon aus mehreren Dutzend Schritten –, erzählt uns aber eine Geschichte, eine Geschichte, die sich vor unseren Augen entfaltet, damit Ungarn ein Wirtschaftssystem haben kann, das die Familie als Kern, als Ausgangspunkt, als kleinste Einheit ansieht und dies anerkennt und die Wirtschaft um die Familie herum und gemäß der Logik der Familie organisiert.
Sie erwähnten, dass Sie einen Angriff aus Brüssel erwarten. Gestern kam die erste Reaktion, der Sprecher der Kommission sagte, dass sie nicht zögern würden, auf dieses Gesetz zu reagieren. Und es gab auch Proteste im ungarischen Parlament, als das Gesetz verabschiedet wurde. Einige Abgeordnete haben Rauchbomben gezündet, andere haben Demonstrationen organisiert. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für diese heftigen Reaktionen der Opposition?
Zunächst einmal hat Brüssel nichts damit zu tun. Auch wenn sich Brüssel in den letzten Jahren angewöhnt hat, den Mitgliedstaaten nationale Kompetenzen zu entziehen, was falsch ist und wogegen wir ankämpfen, so ist doch ganz klar, dass die Regelung des Familienlebens einzig und allein Sache der Mitgliedstaaten ist. Brüssel hat hier nichts zu suchen, und ich könnte noch deutlicher sagen, dass wohin ich ihnen raten würde, zu gehen, anstatt sich mit Ungarn zu befassen, aber das würde vielleicht nicht dem Niveau dieser Sendung entsprechen. Was den Fall zu Hause betrifft, so kann ich sagen: Schauen Sie, was ist passiert? Was passiert ist, ist, dass das Parlament begonnen hat, die Verfassungsänderung zu diskutieren, die die rechtliche Grundlage für den Vorrang der Familie schaffen wird. Und einige Abgeordnete sind bis zur Gewalt dagegen vorgegangen. Ich glaube, es ist nicht Sache der konkurrierenden politischen Parteien, der Abgeordneten oder von Leuten wie mir, ihre Meinung darüber zu äußern, sondern es ist Sache der Wählerinnen und Wähler, sich dazu zu äußern, wenn es soweit ist und sie zur Wahl gehen. Das ist im Frühjahr 2026 zu erwarten. Das Urteil über das, was jetzt im Parlament geschah, wird von den Wählern bei den Wahlen im nächsten Frühjahr gefällt werden. Ich habe kaum Zweifel daran, was sie darüber denken.
Apropos Brüssel: Wir sind hier, weil gestern ein Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs stattgefunden hat, bei dem Sie, wie schon vor zwei Wochen, erneut ein Veto gegen die gemeinsame Erklärung zur Ukraine eingelegt haben, in der sowohl die Unterstützung der Ukraine als auch der Beitritt zur EU gefordert, darauf gedrängt wird. Wie haben Sie es gestern gesehen, wie entschlossen waren die Staats- und Regierungschefs der EU in der Frage des Beitritts?
Die Situation verbessert sich, sie ist nicht gut, aber sie verbessert sich. Erlauben Sie mir nun, die aktuellen Diskussionen auch hier aus einer historischen Perspektive zu betrachten. Lassen Sie uns das tun, damit wir keine Angst bekommen. Wir brauchen also keine Angst davor zu haben, dass es Momente gibt, in denen 26 Mitgliedstaaten eine Sache sagen und wir eine andere Position einnehmen. Denn wenn wir früher Angst gehabt hätten, wäre unsere Heimat heute in großen Schwierigkeiten. Sie wäre zum Beispiel voll von Migranten. Ich erinnere mich daran, wie 26 zur illegalen Migration sagten, dass wir sie in den Griff bekommen müssen, dass wir mit ihr leben müssen, dass wir das schaffen werden, sagte Angela Merkel, die deutsche Bundeskanzlerin, und wir sagten: „Ihr könnt sie lösen, wenn ihr wollt, und wir werden sie lösen, indem wir sie erst gar nicht hereinlassen“. Und wir waren das einzige Land, das Nein sagte, einen Zaun baute und die Debatte auf sich nahm. Gestern fand ein Treffen statt, an dem acht oder neun Ministerpräsidenten teilnahmen, die sich gegen die derzeitigen Asylregelungen auflehnen, und ich war selbst dabei, und sie sagten Wort für Wort genau das, was Ungarn vor zehn Jahren gesagt und getan hat. Wir brauchen also keine Angst zu haben, allein zu sein, denn es könnte sich herausstellen, dass wir Recht haben. Die gleiche Geschichte spielt sich jetzt im Krieg ab. Ich kann also in den Augen aller sehen, dass alle sehen, dass dieser Krieg verloren ist und dass es eine schlechte Entscheidung war, da hineinzuspringen. Die Ungarn hatten Recht. Sobald die Russen die Ukraine angriffen, hätte man versuchen sollen, den Konflikt sofort zu isolieren, eine Einigung zu erzielen und den Krieg nicht auszuweiten. Die ungarischen Familien haben in diesem Krieg pro Kopf, ich meine pro Haushalt, 2,5 Millionen Forint verloren, und ich denke, die reicheren Länder haben noch mehr verloren. Es wird also auch hier eine Zeit kommen, in der die ungarische Position der Mehrheitsstandpunkt sein wird. Die Tatsache, dass die Amerikaner sich uns angeschlossen haben – ich will nicht sagen, dass sie es getan haben, denn das würde angesichts der Größenordnungen lächerlich klingen –, aber sie haben sich unsere Position zu eigen gemacht, die Türken haben sich auch unsere Position zu eigen gemacht, die Slowaken sprechen jetzt mit der gleichen Stimme wie wir, und ich habe schon von anderen hier gesehen, dass sich die Meinung immer mehr in Richtung Frieden verschiebt. Wir sind noch nicht in der Mehrheit, bei weitem nicht, denn auch gestern hat die Mehrheit der Staaten die Position vertreten, dass der Krieg weitergehen muss, dass mehr Geld und mehr Waffen an die Ukraine gegeben werden müssen, aber das war nicht mehr der gleiche granit- oder stahlharte gemeinsame Wille wie früher. Auch hier wird der Moment kommen, genau wie im Fall der Migration, wo die ungarische Position zur gemeinsamen Position der Europäischen Union wird. Nun kommt dies auf die Weise zum Beitritt der Ukraine, dass hier die Situation die gleiche ist. Abgesehen von uns reden alle noch darüber, dass ein Beitritt der Ukraine wünschenswert ist, aber die Zahlen beginnen, das Denken zu beeinflussen. Gestern stellte es sich schon heraus, dass es kein Geld gibt. Die Aufnahme der Ukraine bedeutet also eine enorme finanzielle Belastung für die Union, und dafür ist kein Geld da. Was ist ihre Antwort darauf? Dann nehmen wir eben einen Kredit auf und nehmen damit die Ukrainer auf. Aber ich denke, es wäre nicht richtig, wenn Ungarn, nicht ich, sich mit irgendjemandem zusammen in gemeinsame Schulden verstricken würde. Und es gibt auch Schwierigkeiten bei der Rückzahlung der früher aufgenommenen gemeinsamen Kredite, und in diesem Fall soll man keinen weiteren Kredit aufnehmen. Gestern, als wir die Kosten für den Beitritt der Ukraine und die Kosten für die Aufrechterhaltung der ukrainischen Armee, die sie für notwendig halten, zusammengerechnet haben, hat sich außerdem herausgestellt, dass die Rückzahlung des riesigen, großen Kredits, der früher, zu Zeiten des COVID, aufgenommen wurde, nun an der Tür klopft. Im Jahr 2027 wird er schon fällig, in den Jahren 2027-2028 müssen die Zinsen zurückgezahlt werden und auch das Kapital muss zurückgezahlt werden. Und nun zeigen die Berechnungen, dass dafür 20 % des gesamten EU-Haushalts, also ein Fünftel, benötigt wird. Es wird 20 von 100 Forint kosten! Und es wird plötzlich passieren, über Nacht. Wenn man plötzlich mit einer solchen Last konfrontiert wird, ist es nicht die richtige Idee, weitere Kredite aufzunehmen. Ich denke also, dass früher oder später zumindest auf der finanziellen Seite eine gewisse Ernüchterung eintreten wird, und jeder wird erkennen, dass eine Aufnahme der Ukraine zum jetzigen Zeitpunkt für die Europäische Union einem wirtschaftlichen Zusammenbruch gleichkäme.
Wirtschaft und Finanzen sind eine Sache, aber es gibt auch eine politische Seite in diesen Angelegenheiten, und es scheint der politische Wille zu sein, der bis jetzt nicht nachgegeben hat. Auch in Ungarn wird es eine meinungsäußernde Abstimmung in dieser Frage geben. Wie könnte der politische Wille in Brüssel durch das Ergebnis dieser Abstimmung beeinflusst werden?
Diese Debatte darüber, ob die Ukraine der Europäischen Union beitreten soll oder nicht, wird in jedem Land geführt werden, so auch hier bei uns. Das politische Leben ist sich in dieser Frage nicht einig. Sagen wir, die Parteien auf der nationalen Seite, die Christdemokraten und Fidesz, sind eindeutig der Meinung, dass ein Beitritt der Ukraine unter den gegenwärtigen Umständen, die wir kennen, Ungarn und die gesamte europäische Wirtschaft zerstören würde und nicht wünschenswert ist. Auf der anderen Seite gibt es aber auch pro-ukrainische Positionen, sowohl die alte als auch die neue Opposition sagen das, was nicht verwunderlich ist, denn das ist genau das Muster dieser Debatte auch hier in Brüssel. Die Patrioten, zu denen die Christdemokraten und die Fidesz gehören, sagen also ganz klar: „Immer mit der Ruhe!“ Die Sozialisten, zu denen auch die DK gehört, und die Europäische Volkspartei, der die Tisza angehört, sind die militantesten, radikalsten pro-ukrainischen Kräfte hier in Brüssel. Wer also als ungarische Partei der Europäischen Volkspartei angehört, wie z.B. Tisza, oder wer als ungarische Partei den Sozialisten angehört, wie z.B. die DK, hat keine andere Wahl, als die Position zu vertreten, die hier in Brüssel durch ihre Parteibündnisse vertreten wird. Diese Debatte muss also auch in Ungarn ausgetragen werden. Auf der einen Seite stehen wir, die nationalen Kräfte, und auf der anderen Seite stehen Tisza und DK, die Volkspartei und die europäischen Sozialisten, die für eine schnelle Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union eintreten. Wenn wir diese Debatte hinter uns haben, wenn es eine Position des, sagen wir es so, Volkes, der Menschen gibt, dann wird die ungarische Regierung hier in Brüssel fest mit den Beinen auf der Erde stehen können. Auch die anderen werden sich dem nicht entziehen können. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis die Menschen in jedem einzelnen Mitgliedstaat verlangen werden, dass ihre Ansichten gehört und sie um diese gebeten werden. Heute werden die Menschen außerhalb Ungarns nirgendwo zu solchen Fragen befragt. Das ist nicht verwunderlich, denn nirgendwo in Europa wurden die Menschen zur Migration oder zum Thema Gender befragt. Aber jetzt, da das wirtschaftliche Gewicht und die Folgen dieses Themas, des Beitritts der Ukraine, immer offensichtlicher werden, denke ich, dass die Menschen in Europa in jedem Land es einfordern werden, dass man sie anhört.
Sie haben die finanziellen Aspekte erwähnt, aber welche Lebensbereiche wären in Ungarn von einem möglichen EU-Beitritt der Ukraine betroffen und in welcher Form?
Diese Debatte hat gerade begonnen, und ich möchte mich nicht zu früh mit meiner Meinung herausrücken, ich würde nur so viel sagen, dass man im April die Stimmen bereits abgeben kann. Dieser Abstimmungsprozess wird im Juni abgeschlossen sein, so dass Mitte des Jahres ein gemeinsamer nationaler Standpunkt Ungarns vorliegen wird. Ich würde jedem raten, alle Arten von Risiken zu bedenken. Es gibt hier ein offensichtliches finanzielles Risiko, davon habe ich gesprochen. Es gibt ein landwirtschaftliches Risiko, ich denke, unsere Landwirte wären ruiniert. Dann gibt es ein Arbeitsmarktrisiko, denn schließlich kommen zig Millionen Menschen in die Europäische Union, die zu Hause keinen Arbeitsplatz haben, und sie werden sich irgendwo eine Arbeit suchen. Es gibt ein Sicherheitsrisiko, denn die Ukraine ist kein Land, das für seine öffentliche Sicherheit berühmt ist, und alle Arten von Gefahren können von dort in die EU gelangen. Es gibt Risiken für die Lebensmittelsicherheit, denn die Produktionskultur in der Landwirtschaft unterscheidet sich ja äußerst von der unseren, dort wird GVO-Anbau betrieben, es ist also eine andere Welt. Und dann ist da noch das Rentenrisiko. In der vor uns liegenden Debatte lohnt es sich daher, die Folgen des Beitritts der Ukraine zur Europäischen Union für Ungarn in aller Ruhe und Gelassenheit Punkt für Punkt durchzugehen. Meiner Meinung nach kann es auch aus der Vogelperspektive deutlich erkennbar nur eine negative Bilanz geben. Wir haben auch so schon genug Probleme, wir sollten uns dies nicht aufhalsen.
Neben dem Beitritt ruft auch die Europäische Union weiterhin zur Unterstützung der Ukraine auf, während wir sehen, dass die Amerikaner inzwischen fast täglich mit den Russen und den Ukrainern über die Beendigung des Krieges verhandeln. Wie sehen Sie, oder wie haben Sie es gestern erlebt, wie ausgereift ist die europäische Strategie für die Ukraine oder für die Nachkriegszeit?
Ich versuche, ein gutes Wort zu finden, das sie nicht beleidigt und die Situation beschreibt. Vielleicht ist Kopflosigkeit der richtige Ausdruck. Sie sind hier in Brüssel aus dem Takt geraten. Ich habe die Vorstellung, dass es einen großen Verhandlungstisch geben wird und dass sich die betroffenen Parteien dort hinsetzen werden. Aber offensichtlich geht es nicht in diese Richtung, die Amerikaner tun das nicht, sie tun es, indem sie mit jedem einzeln Vereinbarungen treffen. Irgendwann werden wir Europäer uns also in einer Situation wiederfinden, in der es ein amerikanisch-ukrainisches Abkommen, ein amerikanisch-russisches Abkommen und ein russisch-ukrainisches Abkommen gibt, das die Amerikaner ohne uns geschlossen haben. Das ist die Situation, mit der sie jetzt hier in Brüssel konfrontiert sind, dass es dazu kommen könnte, dass Europa es vermasselt hat. Wenn das so weitergeht, werden wir für diese Abkommen nicht mehr gebraucht. Ich bin nicht glücklich darüber, aber auf dem jüngsten Gipfel wurde auch gesagt, dass wir nicht überrascht sein sollten, nichts ist passiert, was wir nicht vorhergesehen haben, denn ich habe alles, worin wir uns jetzt befinden, während des ungarischen Ratsvorsitzes im Juli aufgeschrieben. Ich habe es an jeden Ministerpräsidenten und jede europäische Institution geschickt. Ich habe mit dem ukrainischen Chef, dem russischen Chef, dem amerikanischen Chef, dem chinesischen Chef und dem türkischen Chef gesprochen. Und ich habe im Juli geschrieben, dass wir genau dort enden werden, wenn die Europäer nicht handeln, wenn wir unsere Pro-Kriegs-Position nicht ändern und beginnen, eine unabhängige europäische Linie zu entwickeln und zu vertreten, dann werden wir genau dort enden, wo wir jetzt sind: Die Zukunft Europas wird ohne uns geregelt werden.
Ich habe Ministerpräsident Viktor Orbán zu den Auswirkungen des Preisstopps, den Auswirkungen des Margenstopps, der Änderung des Versammlungsgesetzes und auch dem gestrigen EU-Gipfel befragt.