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Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn!” von Radio Kossuth

Zsolt Törőcsik: Die Regierung hat diese Woche eine dreitägige Klausurtagung in Geszt abgehalten, auf der mehrere wichtige Entscheidungen getroffen wurden. Neben den bereits angekündigten Wirtschaftsprogrammen hat das Kabinett auch neue Aufgaben festgelegt, die ebenfalls auf Wirtschaftswachstum und die Umsetzung der Politik der wirtschaftlichen Neutralität abzielen. Ich werde Ministerpräsident Viktor Orbán auch dazu befragen. Guten Morgen!

Guten Morgen!

Bevor wir zu den Details kommen, lassen Sie uns einen kleinen Schritt zurücktreten. Sie haben mehrfach gesagt, dass das Ziel der Regierung ein Wirtschaftswachstum zwischen 3 und 6 Prozent ist. Im Gegensatz dazu lag das Wachstum im zweiten Quartal dieses Jahres bei 1,3 Prozent, in der Eurozone bei 0,6 Prozent, und die deutsche Wirtschaft stagnierte. Und der französische Präsident Emmanuel Macron sagte kürzlich auf einer Konferenz, dass die EU in zwei oder drei Jahren tot sein könnte, wenn sie ihren derzeitigen wirtschaftlichen Kurs beibehält. Wie kann dieses Wachstum unter diesen Umständen erreicht werden?

Hierauf sagen Sportler: Es ist schön, von hier aus zu gewinnen. Erlauben Sie mir, dass ich ein paar Gedanken zu der Regierungssitzung äußere. Das ist eine mehrtägige Regierungssitzung zum Auftakt der Herbstsaison, wir machen das regelmäßig, einmal im Herbst, einmal im Frühjahr, mindestens einmal im Herbst und einmal im Frühjahr. Wir sprechen hier natürlich über konkrete Angelegenheiten, wir werden sicherlich auch über diese sprechen, aber aus meiner Sicht oder aus der Sicht des Funktionierens der Regierung als Ganzes geht es hier eher darum, die Proportionen festzulegen. Da Politik und Regieren eine Arbeit sind, bei der viele verschiedene Themen auf einen zukommen, und man muss entscheiden, was wichtig ist und was nicht, und man muss entscheiden, worauf man wieviel Zeit verwenden will. Und jetzt ist die Versuchung für Ungarn groß, sich der Außenpolitik und den internationalen Angelegenheiten zuzuwenden. Schließlich herrscht Krieg, ein Krieg zwischen Slawen, jener zwischen der Ukraine und Russland, im Nahen Osten, zwischen dem Iran und Israel, und Ungarn hat die Präsidentschaft der Europäischen Union inne. Wie Herr Präsident Macron sagt, gibt es in Europa, auch in Brüssel, Probleme, mit denen man sich beschäftigen sollte. Es gibt also eine natürliche Versuchung, sich auf die Außenpolitik zu konzentrieren, aber gleichzeitig müssen wir uns zuallererst um uns selbst kümmern, und wenn wir uns um uns selbst kümmern, bedeutet das für uns zuallererst die Wirtschaft. Wir dürfen also nicht der Versuchung erliegen, sondern wir müssen weiterhin den Schwerpunkt auf die Innenpolitik legen, auf die Wirtschaft, auf die Wirtschaftspolitik, auf die wirtschaftlichen Maßnahmen, auf den Alltag, auf die Familien, auf die Arbeitsplätze, auf die Löhne und Gehälter, und die Aufgabe ist die Einstellung dieser Proportionen im Hinblick auf die gesamte Regierung und konkret auf die einzelnen Ministerien: Das ist die Aufgabe in dieser Zeit. Wir gehen die nächsten sechs bis zwölf Monate jedes Ministeriums einzeln durch, wir schauen uns an, was die Herausforderungen sind, wir ordnen sie, und wir bitten die Minister, die verschiedenen Themen in dieser Reihenfolge und mit dieser Gewichtung zu behandeln. Wenn wir nun über die Wirtschaft sprechen, dann ist es tatsächlich so, wie Sie das sagen, dass die Europäische Union eine Entscheidung getroffen hat, die ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit, ihr eigenes Wachstum, ihre eigene Entwicklungsfähigkeit zu besiegeln scheint. „Scheinbar besiegeln“ bedeutet, dass sie sie beschließt. Dies ist ein wirtschaftlicher Kalter Krieg. Sprechen wir also geradeheraus, wenn schon Herr Präsident Macron – der ja eine doch eine seidigere Sprache spricht, weil er Franzose ist – so weit gegangen ist, den Ausdruck „sterben“ zu verwenden, dann sollten wir, Ungarn, uns nicht zurückhalten, sondern auf unsere Weise deutlich machen, dass das, was wir tun oder was uns angetan wird oder was die Europäische Union tut, ein wirtschaftlicher Kalter Krieg ist. Wenn ich das richtig sehe, wird die Europäische Union heute darüber entscheiden, ob sie Strafzölle auf die chinesische Wirtschaft erhebt oder nicht, was wir ablehnen, und wenn ich die Nachrichten richtig gelesen habe, sind auch die Deutschen dagegen, also mehrere Länder, aber ich sehe, dass die Mehrheit immer noch für die Einführung von Strafzöllen ist. Dies ist der nächste Schritt im wirtschaftlichen Kalten Krieg. Das ist das Schlimmste, was Europa im Moment passieren kann, aber das sollte deren Problem sein, ist aber auch das Schlimmste, was uns Ungarn geschehen kann. Denn die ungarische Wirtschaft beruht ja darauf, dass wir zu Hause viel mehr Produkte herstellen, als wir, Ungarn, brauchen, und diese Produkte verkaufen wir für gutes Geld in die Welt, meist mit einem beträchtlichen Gewinn. Wir verkaufen immer mehr, als wir importieren. Wir haben dadurch einen Überschuss, davon leben wir. Wenn der Welthandel gelähmt wird, wenn es einen Kalten Krieg gibt, wenn er in einen West- und einen Ostblock geteilt ist, dann werden unsere Produkte – vom Auto bis zu den Lebensmitteln – immer schwieriger zu verkaufen, und das hat unmittelbare negative Auswirkungen auf das tägliche Leben der Familien, es gibt kein Wachstum. Wenn es kein Wachstum gibt, werden Arbeitsplätze geschlossen, die Arbeitslosigkeit kehrt zurück, dann werden die Löhne und Gehälter nicht erhöht, sondern gesenkt, und so weiter. Der wirtschaftliche Kalte Krieg ist also eine große Bedrohung für Ungarn, denn er trifft in erster Linie unsere exportorientierte – so sagen wir in unserem Rotwelsch – Wirtschaft. Wir müssen dagegen kämpfen. Nicht weil es ein internationales politisches Thema ist, sondern weil es das Thema ist, das am engsten mit der Qualität des täglichen Lebens der Familien verbunden ist. Aus diesem Grund haben wir eine Politik der wirtschaftlichen Neutralität eingeführt und sind dabei, diese aufzubauen. Denn wenn man keinen Kalten Krieg will, was kann man dann wollen? Nun, dann will man Neutralität, und man will nicht in einem der beiden Blöcke gefangen sein, sondern man will mit beiden Handel treiben, man will mit beiden Wirtschaftsbeziehungen unterhalten, und man sucht in beiden Richtungen nach Möglichkeiten, die eigenen Interessen durchzusetzen. Das ist die wirtschaftliche Neutralität. Nun werden die Grundlagen dafür sowohl intellektuell als auch auf der Ebene der Pläne gelegt. Was folgt aus der wirtschaftlichen Neutralität? Die Neutralität der Märkte, die Neutralität der Investitionen, die Neutralität der Finanzierung, die Neutralität der Energie, die Neutralität der Technologie, und dann folgen daraus noch die Maßnahmen, die die Regierung jetzt zusammenstellt oder auf dieser Regierungssitzung Mitte der Woche zusammengestellt hat.

Wir werden gleich noch mehr auch darüber sprechen, aber die politische Dimension ist allgegenwärtig. Und wir können sehen, dass die Blockbildung eine politische Entscheidung des Westens war. Ungarn gehört politisch gesehen zum Westblock. Welche Debatten kann die Strategie der wirtschaftlichen Neutralität auslösen?

Sie erzeugt riesige Kontroversen, und wenn wir jetzt sehen, dass uns in den Hintern getreten wird, oder dass uns an der Jacke oder an der Jackenklappe gezogen wird, oder dass uns in die Hosen oder in die Knöchel oder in die Hosenbeine gegriffen wird, dann ist das der Grund für all das. Wenn Sie also versuchen, eine Logik zu finden zwischen dem, was die deutschen, französischen, ich weiß nicht, amerikanischen Botschafter in letzter Zeit gesagt haben, und dem, was sie in Brüssel gesagt haben, um Ungarn anzugreifen, dann wird man, wenn man hinter die Worte schaut, sehen, dass hinter all den Angriffen der Versuch steht, Ungarn vom Weg der wirtschaftlichen Neutralität abzubringen und es zurückzudrängen, zurückzutreiben, zurückzuzwingen in den Block, in dem sie sind. Ich glaube, dort gibt es kein Wachstum, dort gibt es keine Entwicklung, dort gibt es keine Zukunft. Deshalb wollen wir nicht zurück in diesen Block, wir wollen dort sein, wo wir sind, denn wenn wir es richtig machen, können wir die diesjährige Wachstumsrate von 1-1,5-1,8 Prozent durch eine Politik der wirtschaftlichen Neutralität bereits auf 3-6 Prozent im nächsten Jahr anheben. Alle reden von 3,5 Prozent, wir werden sehen, aber zwischen 3 und 6 Prozent. Das bedeutet Wachstum, Arbeitsplätze, steigende Löhne und Gehälter, bessere staatliche Einnahmen, und wir können dann den Beschäftigten im öffentlichen Dienst etwas Geld geben, eine Lohnerhöhung. Ich bin also davon überzeugt, dass die wirtschaftliche Neutralität die Entwicklung bringen wird, die zu Wohlstand und einem höheren Lebensstandard führt. Deshalb dürfen wir uns nicht in den Block zurückdrängen lassen. Ob das möglich ist, ist die Frage.

Auch das ist wahr.

Ich werde jede Woche oder alle zwei Wochen kommen und Ihnen berichten, wie der Kampf verläuft. Sie werden von selbst nicht akzeptieren, dass dies die Position Ungarns ist. Wir müssen für uns selbst eintreten, wir müssen diese Position verteidigen, wir müssen dafür kämpfen, wir müssen erfolgreich sein, denn das wichtigste Argument in der Politik ist nicht die Größe der Muskeln, sondern der Erfolg, und das, was aus dem hervorgeht, was man sagt. Wenn wir im nächsten Jahr ein Wachstum von 3 bis 6 Prozent haben, seien wir bescheiden, 4 Prozent, und sie haben null und 1 und 2 Prozent, dann ist es sehr schwer zu sagen, ihr müsst zurück in den Block, denn dann werden wir fragen, warum, denn das, was ihr macht, bringt euch keinerlei Ergebnisse. Der Erfolg schützt uns also, wir brauchen den Erfolg.

Auf welcher Grundlage aufbauend kann die Regierung dies tun, oder kann die Regierung diese Arbeit beginnen? Wie sieht also Ihrer Ansicht nach die ungarische Wirtschaft heute aus?

Wir haben auf einigen Gebieten gute Bedingungen und wir haben einige Schwierigkeiten. Zum Beispiel hat der Tourismus ein Rekordjahr, oder unsere Lebensmittelindustrie ist in guter Verfassung. Gleichzeitig hustet unsere Autoindustrie. Denn, wissen Sie, wenn es im Westen, wo wir unsere Autos, die hier in Ungarn hergestellt werden, verkaufen wollen, kein Wachstum gibt, wenn es niemanden gibt, der sie kauft, dann können wir sie nicht verkaufen. Und dann werden in dem Moment aus drei Schichten zwei Schichten, aus einer Million Fahrzeuge werden 800.000, das neue Modell wird nicht jetzt, sondern erst in zwei Jahren eingeführt, und dann wird sich das Ganze verlangsamen. Was wir jetzt sehen, das ist nicht zu unseren Gunsten. Aus der Sicht der Autoindustrie ist der europäische Markt also ein ernsthaftes Handicap für uns, aber das wird sich ändern. Alle sind sich also darin einig – und ich sage das aufgrund von Gesprächen mit den Automobilherstellern –, dass sich das ändern wird. Wenn wir über eine Wirtschaft sprechen wollen, dann ist die wichtigste Frage, ob die Menschen Arbeit haben. Wir erinnern uns heute nicht mehr daran, aber als wir im Jahr 2010 wieder am Steuer der Regierung standen, hatte Ungarn eine Arbeitslosenquote von 12,5 Prozent. 12,5 Prozent! 12 von 100 Menschen hatten keine Arbeit. Sie wollten nicht nicht arbeiten, sie hatten keine Arbeit. Im Vergleich dazu sind wir jetzt an einem Punkt, an dem heute jeder Arbeit hat. Es gibt 60-70 Tausend unbesetzte Stellen. In Ungarn gibt es mehr Arbeitsplätze als arbeitswillige und arbeitsfähige Ungarn. Das Wichtigste ist also, diese Eigenschaft der ungarischen Wirtschaft zu erhalten – dass sie ihren eigenen Bürgern mindestens so viele Arbeitsplätze bietet wie wir sind. Das ist ein phantastischer Erfolg, den aber heute jeder schon als selbstverständlich ansieht. Aber das ist es nicht, es ist eine enorme Leistung der ungarischen Wirtschaft, der ungarischen Unternehmer, der ungarischen Investoren und natürlich der ungarischen Arbeitnehmer. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass die Investitionen, die Arbeitsplätze schaffen, zwar von den Unternehmern getätigt werden, aber der Grund, warum die Unternehmer in Ungarn investieren, sind die Arbeitnehmer, denn wir haben hochwertige, qualifizierte und disziplinierte Arbeitnehmer. Wären die ungarischen Arbeitskräfte von geringerer Qualität, wäre die Investitionsrate und der Umfang der Investitionen auch viel geringer. Die Qualität der Arbeitskräfte hat also auch viel damit zu tun, dass es in Ungarn Wachstum gibt. In diesem Sinne sollte die Aufteilung der Wirtschaft in Kapital und Arbeit nicht mechanisch sein, und es wäre vollends tragisch, sie einander gegenüberzustellen. Dieser Teil ist also in Ordnung. Es gibt natürlich das Problem der Löhne, denn der größte Pendelschlag, den wir in den letzten Jahren erlitten haben, war die hohe Inflation. Krieg, hohe Energiepreise, Sanktionen, und dann schnellte das Preisniveau überall in die Höhe, und die Menschen hatten darunter zu leiden. Wir haben die Inflation im letzten Jahr mit großer Mühe erstmals auf unter 10 Prozent gesenkt, und jetzt liegen wir bei etwa 3,5 Prozent. Das heißt aber nicht, dass die Preise zurückgegangen wären, sondern nur, dass sie nicht mehr weiter steigen. Wir konnten also die Menschen oder uns selbst davor schützen, dass die Preise weiter so stark steigen. Wir können die Preise nicht offiziell regulieren, allenfalls vorübergehend. Genau das haben wir auch getan. Wenn es also ein sehr großes Problem gibt, werden die Preise eingefroren und die Preise reguliert. Das ist aber nicht gut für das normale Funktionieren der Wirtschaft und kann daher auf Dauer nicht beibehalten werden. Längerfristig können wir den Menschen nur mit einer Wirtschaftspolitik helfen, die erstens jedem ein Einkommen, d. h. einen Arbeitsplatz verschafft und zweitens den Arbeitgebern die Möglichkeit gibt, die Löhne zu erhöhen. Und wenn die Löhne höher sind, ist es leichter, auch hohe Preise zu zahlen. Das ist es, was ich unterstützen kann. Ich kann nicht versprechen, die Preise auf den Boden herunterzudrücken, denn das würde die Wirtschaft zerstören; ganz einfach, Preiskontrollen sind nur in Zeiten besonderer Krisen möglich, für einen kurzen Zeitraum. Längerfristig wird die Beibehaltung oder Erhöhung der Lohnzuwachsrate am meisten helfen. Dazu müssen wir eine Einigung mit den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern erzielen. Denn nicht die Regierung bestimmt, wie viel Wachstum die Wirtschaftsakteure vertragen – das glaubte man im Sozialismus, aber auch dort war es nicht so –, sondern was die Wirtschaft verträgt, bestimmen zwei Hauptakteure, die beiden Hauptakteure, diejenigen, die die Arbeit zur Verfügung stellen und diejenigen, die die Arbeit verrichten. Wenn sie sich auf eine hohe Lohnerhöhung einigen können, dann haben wir Amerika, wie man zu sagen pflegt. Wir haben hohe Ziele. So haben wir auf der Regierungssitzung also darüber gesprochen, wie wir den Mindestlohn von 1.000 Euro erreichen können und wie wir eine Erhöhung des Durchschnittslohns von derzeit sechshunderttausend auf eine Million Forint erreichen können. Wir wollen also den Punkt erreichen, an dem der Durchschnittslohn, der heute sechshunderttausend Forint beträgt, auf eine Million kommen wird. Das wollen wir innerhalb von zwei oder drei Jahren erreichen. Das ist möglich, wenn wir eine Einigung mit den Arbeitgebern und Arbeitnehmern erzielen, die natürlich immer etwas von der Regierung verlangen, Steuersenkungen, dies und jenes und anderes. Diese Verhandlungen sind im Gange, und wir haben dem Wirtschaftsminister den Auftrag erteilt, diese Vereinbarung bis Ende dieses Jahres unter Dach und Fach zu bringen. Er soll erreichen, dass es ein langfristiges, mehrjähriges Lohnabkommen gibt, mit einem Datum und einem durchschnittlichen Monatseinkommen von einer Million Forint am Ende.

Welche anderen Maßnahmen gibt es noch, durch die die Menschen, Unternehmen und Familien die Auswirkungen der Politik der wirtschaftlichen Neutralität spüren können? Die Wirksamkeit einer Wirtschaftspolitik wird schließlich daran gemessen, wie die Menschen sie empfinden und erleben.

Wir befinden uns in einem großen Dilemma, wir werden zwischen zwei Mühlsteinen zermahlen, denn natürlich wäre es gut, die Steuern zu senken, denn wenn wir die Steuern für die Arbeitgeber senken, können sie höhere Löhne zahlen, und wenn wir die Steuern für die Arbeitnehmer senken, bleibt den Menschen mehr von ihrem Einkommen in der Tasche. Das ist in einer der beiden Waagschalen der Waage. Und in der anderen sind die Gehälter der öffentlichen Bediensteten, die wir nur erhöhen können, wenn es Steuereinnahmen gibt. Diese beiden Dinge sind schwer miteinander zu vereinbaren. Es muss also das Gleichgewicht gefunden werden zwischen einem deutlichen Lohnanstieg in der Privatwirtschaft und einer Anpassung der Löhne im öffentlichen Dienst – im optimalen Fall. Heute halten sie im Übrigen nicht Schritt. Die Löhne der Beschäftigten im öffentlichen Sektor können also nicht mit denen der Privatwirtschaft Schritt halten, außer in Bereichen, in denen wir gerade ein großes, umfassendes Lohnprogramm auf den Weg bringen konnten. Das sind die Lehrer zum Beispiel, deren Gehälter jetzt jedes Jahr steigen, und es sieht langsam ganz gut aus. Ich sage nicht, dass es schon in einem Jahr gut aussieht, aber es wird nächstes Jahr ziemlich gut aussehen, und es wird 2026 schön aussehen. Die gleiche Situation haben wir bei den Ärzten und Krankenschwestern, die in den letzten zwei oder drei Jahren hohe Gehaltserhöhungen erhalten haben, und sie befinden sich in einer vernünftigen Situation. Aber es gibt Sektoren, in denen es nicht gut aussieht. Die Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung sind vergessen worden wie das Trinkgeld, im Rückstand sind die Kultur, der soziale Sektor, ich könnte noch weitere nennen. Die Beschäftigten im Wasserwirtschaftssektor befinden sich im Übrigen in einem sehr schlechten Zustand, und jeder hat gesehen, wie sehr sie in der Krise gebraucht werden, und auch das kann nicht so bleiben. Das nächste Lohnprogramm wird also eine Lohnerhöhung für die in der Wasserwirtschaft Beschäftigten sein. Aber diejenigen, die nicht Teil eines großen allgemeinen Lohnausgleichsprogramms sind, werden im öffentlichen Sektor ein Durchschnittseinkommen haben, das unter dem des privaten Sektors liegt. Wenn die Wirtschaft über drei bis vier Jahre hinweg um 3 bis 6 Prozent wächst, wird dieses Problem gelöst sein, denn wenn wir einen größeren Kuchen backen können, wird es mehr für alle geben. Aber zuerst müssen wir einen größeren Kuchen backen. Diese 1,5 bis 1,8 Prozent Wachstum, die wir haben, oder das niedrigere Wachstum der Europäischen Union, bedeuten, dass der Kuchen im Begriff ist, zu schrumpfen, er wächst nicht. Wir brauchen also zuerst Wachstum, und dann können wir Lohnprogramme für alle auflegen. Es gibt an einer Stelle eine Ausnahme, denn dies ist eine Regierung, die eine familienfreundliche Regierung ist, sie wird nicht nachlassen, und sie wird, wenn wir diesen Knochen schon zu packen bekommen haben, wie das Hündchen, diesen Knochen nicht loslassen, und das ist die Unterstützung für Familien. Denn wir wollen erreichen, dass jemand, der ein, zwei oder drei Kinder hat, in seinem persönlichen Lebensstandard und seinem Vermögen, seinem Einkommen und seinem Wohlstand nicht schlechter dasteht als jemand, der keine Kinder bekommen hat. Denn Kinder sind natürlich eine persönliche Angelegenheit und das persönliche Glück der Familie, des Vaters und der Mutter, aber sie liegen auch im öffentlichen Interesse, denn wenn es Kinder gibt, gibt es eine Zukunft, und das ist nicht nur für die Familie wichtig, sondern auch für unsere nationale Gemeinschaft. Deshalb dürfen wir nicht davon absehen, dass Eltern, die Kinder aufziehen, gerecht behandelt werden. Jetzt, nach der Tortur der Inflation, die wir bereits hinter uns haben, müssen wir die Kindersteuergutschrift verdoppeln, also muss das nächstes Jahr geschehen. Ich werde dem nicht nachgeben. Vielleicht werden wir ihn in zwei Schritten erhöhen, nicht auf einmal, aber in einem Jahr müssen wir den Kinderfreibetrag verdoppeln, was alle betrifft, ob sie im öffentlichen oder im privaten Sektor arbeiten. Menschen mit Kindern können also in den Jahren 2025 und 2026 mit einer spürbaren Verbesserung ihrer Situation rechnen, und zwar unabhängig von ihrem Beruf und der Höhe ihres Gehalts in ihrem Beruf.

Sie erwähnten die Debatten, die sich über die Politik der wirtschaftlichen Neutralität entwickeln könnten. Apropos Debatten: Es gibt eine Debatte, die zwischen Budapest und Brüssel immer hitziger zu werden scheint, und das ist die Debatte über die Migration. Sie haben am Montag im Parlament gesagt, dass, wenn die EU weiterhin auf der Strafe besteht, die sie Ungarn auferlegt hat, die Migranten auf den Hauptplatz in Brüssel gebracht werden. Welche Reaktionen haben Sie aus Brüssel auf diesen Vorschlag erhalten? Was wollte man mit dieser Erklärung überhaupt bezwecken?

Es ist eine Besonderheit der ungarischen Politik, die in Brüssel ungewöhnlich und in Europa auch nicht üblich ist, dass wir sagen, was wir denken, und am Ende das tun werden, was wir sagen. Sie haben also langsam gelernt, dass die Ungarn wenig sagen, aber wenn sie sprechen, dann sagen sie etwas. Und was sie sagen, meinen sie auch ernst, und sie werden es tun. Es wäre also gut, wenn sich der Bürgermeister von Brüssel darauf vorbereitet, denn wenn sie uns weiterhin mit allen möglichen Strafen aus Brüssel drangsalieren, dann werden sie bekommen, was sie wollen, und wir werden die Migranten auf rechtlich reguläre, unbedenkliche Weise mit Bussen auf den Hauptplatz bringen, und dann können sie auslöffeln, was sie sich selbst gekocht haben. Die Situation ist also die, dass Herr Präsident Macron gesagt hat, die Europäische Union werde, wenn sie mit dieser Wirtschaftspolitik weitermacht, in einigen Jahren sterben, und ich denke, dass aufgrund des Berichtes des ehemaligen italienischen Premierministers, Herrn Ministerpräsident Draghi, über die europäische Wirtschaft, die wir in den vergangenen Tagen lesen konnten, es in der Behauptung von Herrn Präsident Macron keine Übertreibungen gibt, also sehen die klugen Leute in Europa es so, dass die europäische Wirtschaft sterben wird, wenn das so weitergeht, aber ich würde etwas hinzufügen, was vielleicht noch ernster ist, dass die europäische Wirtschaft nicht wegen einer schlechten Wirtschaftspolitik sterben kann, weil sie schon vorher zusammenbrechen wird. Und zwar nicht wegen der Wirtschaft, sondern wegen der Migration, weil die Menschen es satthaben. Und es holen die Kräfte auf, die gegen die Migration sind und auf der Seite der Menschen stehen. Und die Menschen in Europa werden es nicht länger hinnehmen, dass Brüsseler Bürokraten, alle möglichen Eierköpfe, abstrakte Denker, die nie in ein Arbeiterviertel nach Hause gehen, nie mit der U-Bahn fahren, nie sehen, wie sich das Leben eines Durchschnittsbürgers in Brüssel und München oder Wien verändert, wie diese Deutschen, Franzosen, Italiener ihr Heimatgefühl verlieren, das sie bis dahin in ihrer eigenen Umgebung gefühlt haben, die Brüsseler, die es nicht sehen, die es nicht wissen, weil sie in einer geschützten Welt leben, so dass diese Leute Europa etwas aufzwingen können, das das Leben der einfachen Italiener, Deutschen, Franzosen, Ungarn, die ein anderes Leben führen als die Brüsseler selbst, zerstören wird. Das werden die Menschen nicht lange dulden. Deshalb hat Herr Ministerpräsident Babiš gerade in der Tschechischen Republik gewonnen, deshalb hat die Freiheitliche Partei in Österreich gewonnen, deshalb haben wir die Europawahl mit einem gewaltigen Vorsprung von 45 % gewonnen, und ich könnte noch weitere Beispiele anführen. Deshalb erreicht die AfD gute Ergebnisse, deshalb steht Marine Le Pen vor den Toren, deshalb hat der italienische Ministerpräsident gewonnen. Es ist also klar: Wenn Brüssel nicht zur Vernunft kommt und von einer Politik der Anlockung von Migranten zu einer Politik der Abwehr von Migration und der Verteidigung der Grenzen übergeht, dann wird das Problem nicht der Tod der Wirtschaft sein, sondern schon vorher werden die Konflikte um die Migration die Europäische Union zerreißen und das Funktionieren der Union lähmen.

Wir haben gerade vorhin über das sich ständig verändernde wirtschaftliche Umfeld gesprochen, aber auch das sicherheitspolitische Umfeld ist ständig in Bewegung. Gerade jetzt spitzt sich der Konflikt im Nahen Osten zu, und Sie haben diese Woche das nationale Sicherheitskabinett der Regierung einberufen. Was sind die wichtigsten Lehren für die Sicherheit Ungarns, sei es aus diesem Konflikt oder aus dem russisch-ukrainischen Krieg, der weiterhin in unserer Nachbarschaft tobt?

Es gibt dabei eine leichtere Seite und eine sensiblere Seite. Es liegt auf der Hand, dass wir alle die Folgen eines Krieges im Nahen Osten sofort zu spüren bekommen. Sobald also die Gefahr einer Kriegseskalation im Nahen Osten greifbar wird, der Iran als Staat hat auf Israel geschossen, Israel hat zurückgeschossen, und nun gibt es einen militärischen Konflikt in einem dritten Staat, dem Libanon, wird die Weltwirtschaft vorsichtig, und in diesem Moment beginnt der Wert der ungarischen Währung zu fallen, wir sehen also, wie sich der Forint-Dollar-Kurs in letzter Zeit entwickelt hat. Aus wirtschaftlicher Sicht sind wir also nicht gleichgültig gegenüber dem, was in der Welt geschieht. Außerdem ist diese Region nicht weit weg. Sie ist noch nicht unser Nachbar, aber sie ist es fast. Was dort geschieht, kann also auch sicherheitspolitische Auswirkungen für uns haben. Denken Sie nur an die Zahl der Flüchtlinge, die als Migranten aus Syrien gekommen sind, das nicht unser Nachbar ist, aber diese Migranten sind doch irgendwie hier angekommen. Und es gibt noch eine dritte Sache, sie ist heikel. Tatsache ist ja, dass in Ungarn eine große Zahl von Bürgern jüdischer Herkunft lebt, die von diesem Krieg direkt oder indirekt, auf jeden Fall aber emotional, betroffen sind. Es handelt sich also um einen Krieg, von dem ein bestimmter Teil aller ungarischen Bürger quasi wie durch eine persönliche Angelegenheit betroffen ist, und was dort geschieht, ist für sie besonders wichtig. Außerdem leiten sie ihr Gefühl der Bedrohung nicht aus dem Zustand der Straßen von Budapest ab, sondern aus dem, was gerade in Israel passiert, und ob es antisemitische Aktionen in Westeuropa gibt oder nicht, oder ob jüdische Gemeinden in Westeuropa sicher sind oder nicht. Oder ob es möglich ist, in erkennbarer jüdischer Kleidung auf die Straße zu gehen, oder ob man in den Nacken geschlagen wird, wie es in Westeuropa inzwischen üblich ist. Ist es möglich, normal zu leben oder nicht? Dieser Krieg betrifft also einen gewissen Prozentsatz der ungarischen Bürger so direkt wie möglich, und deshalb müssen wir alles in unserer Macht Stehende tun, um sie zu schützen, und deshalb haben wir in Ungarn auch direkte Sicherheitsaufgaben, die mit ihrem Schutz zusammenhängen, wenn die Konflikte im Nahen Osten eskalieren, wie es gerade geschehen ist. Deshalb musste ich das Nationale Sicherheitskabinett einberufen, damit wir die Sicherheit aller ungarischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Herkunft, gewährleisten können.

Und im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Krieg wurde diese Woche auf Ihre Initiative hin eine Gruppe mit dem Namen „Freunde des Friedens“ gegründet, an der auch China und Brasilien beteiligt sind. Welche Schritte können wir von dieser Gruppierung in der nächsten Zeit erwarten, da im Übrigen der neue NATO-Generalsekretär sich für die weitere Unterstützung der Ukraine einsetzt und Russland seine Militärausgaben im Haushalt für das nächste Jahr erhöht?

Als wir die Präsidentschaft der Europäischen Union übernahmen und beschlossen, dass, da in Europa ein Krieg herrscht, jetzt außerhalb der Europäischen Union, aber in Europa, weil die Ukraine doch zu Europa gehört, war es auch aus christlich-geistigen Gründen, was die wichtigste Überlegung ist, und auch aus Gründen des staatlichen Interesses unvermeidlich, dass wir deutlich machen, dass wir während unserer Präsidentschaft der Europäischen Union versuchen werden, etwas für den Frieden zu tun. Wir haben also eine Friedensmission in diesen sechs Monaten. Wir haben mit einem großen Ansturm begonnen: Kiew, Moskau, Peking, Donald Trump, und dann haben wir für uns eine sechsmonatige Friedensstrategie formuliert, deren Kern die Erkenntnis ist, dass ich in persönlichen Gesprächen mit den Führern der Kriegsparteien festgestellt habe, dass es dort keine Absicht gibt, Frieden miteinander zu schließen. Wenn wir also zulassen, dass die Ereignisse ihrer eigenen Logik folgen und so weitergehen wie bisher, wird es keinen Frieden geben, sondern Krieg, mit der Gefahr einer weiteren Ausweitung, einer Ausweitung des Krieges, bis hin zu dem Punkt, an dem, da eine der Krieg führenden Parteien eine Atommacht ist, wir es mit der Gefahr eines Weltkrieges zu tun haben. Wenn man dort keine Ergebnisse erzielen kann, weil sie entschlossen sind, weiter zu kämpfen, was kann man dann tun? Dann muss man mit den bestimmenden Akteuren des internationalen Lebens zu einem Ergebnis kommen, dass wir versuchen sollten, eine internationale Weltpolitik zu machen, die die kämpfenden Parteien in die Richtung des Friedens drängt. Deshalb musste man nach China fahren und deshalb musste man zu dem – unserer Hoffnung nach – nächsten amerikanischen Präsidenten fahren, damit ein internationales Umfeld entsteht, der die kriegführenden Parteien in die Richtung des Friedens leitet. Jetzt ist das Ergebnis dessen das, was wir gerade sehen, dass die Chinesen auf unsere Initiative hin, unter der Führung der Chinesen, unter der Leitung der Brasilianer, also im brasilianisch-chinesischen Tandem gründete sich die internationale Gruppe „Freunde des Friedens”, die bereits mehr als zehn Mitglieder hat. Aus Europa haben drei Länder eine Einladung erhalten, wir, als Initiatoren, und sowohl die Franzosen als auch die Schweizer, wir werden sehen, wer wie reagiert. Wir bauen also jene große, internationale, druckausübende, starke Gruppe, bzw. die Starke, die Großen bauen sie, denn es ist gut, wenn Ungarn nicht seine eigene Bedeutung überschätzt, also wir können Dinge initiieren, aber sie zu Ende zu führen ist die Aufgabe der Großen, jetzt schreiten die Großen hier voran. Also läuft der Aufbau, von dem wir erhoffen können, dass im Fall eines günstigen Ergebnisses bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen dies schnell aus einer den Krieg befürwortenden internationalen Stimmung in eine friedensbefürwortende Stimmung umschlagen könnte, selbst in der westlichen Welt. Daran arbeiten wir jetzt.

Und dann werden wir das Ergebnis dessen sehen. Ich habe Ministerpräsident Viktor Orbán über die neutrale Wirtschaftspolitik, die Migration und auch den Krieg befragt.

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