SHARE

Rede von Viktor Orbán anlässlich der Einweihung der Pál-Tomori-Brücke

Guten Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich sollte mich kurzfassen, bevor Sie in der Sonne braten, aber wir übergeben so selten eine Donaubrücke, dass man das doch angemessen zelebrieren muss, also werde ich trotz Ihres Leidens eine kurze Eröffnungsrede auf Sie halten. Aber bevor ich das tue, und um nicht der Sünde der Heuchelei zu verfallen, muss ich uns daran erinnern, dass wir uns mitten im Wahlkampf befinden und dass wir in den verbleibenden drei Tagen noch viel zu tun haben. Ich weiß, dass Sie hart gearbeitet haben, ich sehe hier Gesichter, die ich auch auf dem Friedensmarsch am Wochenende gesehen habe, als wir gemeinsam für den Frieden und für Ungarn eingestanden sind, und ich weiß, dass sie hart gearbeitet haben, aber ein Wahlkampf ist seiner Natur nach wie ein Sportwettkampf, wie Rocky in dem legendären Film sagte: Schluss ist immer am Ende. Deshalb möchte ich Sie ermutigen, sobald die Feierlichkeit hier zu Ende ist, zu gehen und so freundlich zu sein, sich für die Kandidaten von Fidesz-KDNP einzusetzen und uns im Wahlkampf zu helfen. Ich weiß, dass alle müde sind, aber um einen anderen Klassiker zu zitieren: Ich habe Schwarzenegger einmal gefragt, wie viele Liegestütze er an einem Tag macht, und er sagte, ich zähle nur ab dem Punkt an, wo es schon weh tut. In dieser Phase sind wir jetzt angelangt. Zumindest mir tut es jetzt schon weh. Ich hoffe, dass es Ihnen auch so geht, aber ich möchte Sie bitten, in den verbleibenden drei Tagen noch soviel wie möglich in diesen Wahlkampf zu investieren.

Meine Damen und Herren!

Zunächst einmal möchte ich Ihnen allen für dafür danken, dass Sie so zahlreich erschienen sind. Mein besonderer Dank gilt den Herren Bürgermeistern Géza Filvig und Péter Szabó sowie den Herrn Abgeordneten János Süli und Sándor Font. Dieser heutige Anlass ist das Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit, ohne die die Brücke hier nicht stehen würde. Ja, die Arbeit, die insbesondere meine beiden Kollegen für die Brücke geleistet haben, sowohl einzeln als auch gemeinsam, ist an sich schon eine gigantische Leistung. Aus Gründen des guten Geschmacks möchte ich nicht an die intensiven, fachlichen, an starken, volkstümlichen Wendungen reichen Diskussionen während der COVID-Phase und der Zweifel wegen dem Krieg erinnern, in denen die beiden Abgeordneten wie Löwen dafür gekämpft haben, dass die Übergabe der Brücke nicht verzögert werden könne. Danke den Herren Abgeordneten für Ihre Arbeit! Ebenso gebührt László Szíjj Dank, denn die hauptsächliche Arbeit fiel doch ihm zu, denn er musste diese Brücke hierher bauen, die nicht nur den Menschen in Paks und Kalocsa, sondern in ganz Ungarn zugutekommen wird. Lieber László, herzlichen Dank für deine Arbeit!

Meine Damen und Herren!

Die Ungarn, insbesondere die nationale Regierung, sind in den letzten Jahren in der Einweihung von Brücken zu Profis geworden. Jeder Regierungszyklus hat mehrere Brückenübergaben erlebt, und von diesen sind die Donaubrücken unsere Spezialität. Ich erinnere mich, dass wir noch 2001 mit der Mária-Valéria-Brücke begonnen haben, aber wir haben auch schon Brücken in Komárom, Baja und dann wieder in Esztergom übergeben. Seit 2010 haben wir 19 Brücken erbaut, vor uns die Sozialisten fünf. Auch hier zeichnet sich der goldene Schnitt der modernen ungarischen Politik deutlich ab: zwei Drittel zu einem Drittel, aber immerhin ein sinnvoller politischer Wettbewerb. Graf István Széchenyi mag der Brückenbauer der ungarischen Geschichte sein, aber wir sind auch im Rennen um den Titel der brückenbauenden Regierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich weiß nicht, ob Ihnen schon einmal aufgefallen ist, dass das ungarische Volk die für die Steppenvölker typische Eigenschaft und, wie ich meine, auch die Stärke hat, in alle Richtungen leben, existieren, den Raum füllen zu wollen, sich mit der eigenen und der Außenwelt in allen Richtungen verbinden zu wollen. Anders als etwa die Bergvölker, die in isolierten kleinen Tälern leben, die bestenfalls durch schmale, in zwei Richtungen verlaufende Pässe verbunden sind. Die Bergvölker haben ein anderes Raumgefühl und eine andere geografische Sichtweise als die Steppenvölker, also die Ungarn. Deshalb kann der Ungar es nicht ertragen, eingeschlossen und ausgeschlossen zu sein. Es will durchkommen, durchschneiden, die getrennten Teile verbinden. Ich bin froh, dass dies auch hier endlich gelungen ist. Kalocsa und Paks konnten nicht zusammenleben, konnten nicht existieren, konnten keinen Raum ausfüllen, konnten nicht miteinander verbunden sein, die beiden Siedlungen waren wie durch einen Berg getrennt. Wenn jemand aus Paks in Kalocsa oder jemand aus Kalocsa in Paks arbeiten wollte, was eine ziemlich lebensnahe Vorstellung ist, musste er täglich bis zu zwei Stunden hin- und herfahren, was auch unter Brüdern einen zusätzlichen Viertelarbeitstag bedeutet, während man in der Lage ist, von der einen Siedlung aus bei klarem Wetter die andere Siedlung zu sehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Diese Region, die auf dem linken Donauufer liegt, heißt Kalocsai-Sárköz. Dieser Name bedeutet soviel wie das Gebiet westlich der Kiskunság, aber östlich der Donau. Es ist einer der schönsten Orte der Welt. Aber wie der Name und die geografische Beschreibung vermuten lassen, ist diese Region, Sárköz, ein Zwischengebiet, eine Art Binnenenklave Ungarns. Das Straßennetz hat dies bisher widergespiegelt, die Autobahn M5 ist weit von hier entfernt, so dass ihr der Wirtschaft Aufschwung bringende Wirkung hier nicht zum Tragen kommen kann. Und die Donau selbst trennt die hier Lebenden von der Autobahn M6. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, diese Gebiete im Landesinneren zu erschließen und in den Blutkreislauf des Landes zu integrieren. Wenn wir das tun, erschließen wir die verborgenen Goldreserven des Landes und verbessern nicht nur die Lebensqualität der Einheimischen, sondern stärken auch die ungarische Wirtschaft als Ganzes. Als wir 2010 zurückkamen, gab es in Ungarn in Bezug auf den Entwicklungsgrad eine Art West-Ost-Teilung, eine Teilung in Pannonien und Hunnien. Im Westen befanden sich die großen Fabriken, und dieses Gebiet sorgte für den größten Teil der Industrieproduktion und des Wirtschaftswachstums, einschließlich des Kernkraftwerks Paks. Das ist nicht nur unnatürlich, sondern auch ungerecht und schädlich für das ganze Land. Deshalb haben wir das Industriedreieck Miskolc-Nyíregyháza-Debrecen in Nordungarn ausgebaut, das die Wirtschaftskraft der Region freisetzte, die dort vorhanden ist. Die gewaltigen Entwicklungen sind bereits im Gange und ihre Fertigstellung ist in absehbarer Nähe. Nach ihrer Fertigstellung wird die Welt in Nordungarn eine andere Wirtschaftslandschaft sein. Gleichzeitig sehen wir aber auch, dass sich parallel dazu ein Entwicklungsgefälle zwischen Nord- und Südungarn herausbilden könnte. Wir arbeiten, insbesondere Herr Minister János Lázár, daran, diesen Unterschied so schnell wie möglich verschwinden zu lassen. Deshalb ist es unsere Absicht, möglichst viele Investitionen und Industrieunternehmen südlich der Achse Zalaegerszeg-Székesfehérvár-Kecskemét-Debrecen anzusiedeln, also wirtschaftliche Kraft zu bringen. Dazu braucht es Straßen und Brücken. Ich bin überzeugt, dass die Bedeutung der südungarischen Regionen in Zukunft zunehmen wird. Der Handel und der Warenverkehr zwischen Serbien und Ungarn, die diese Region im Grunde zum Tor zum Westen machen, spielen in diesem Plan eine Schlüsselrolle. Wir bringen die Autobahn M6 bis zur Grenze, wir haben sie hingebracht, verbinden die kroatisch-slawonischen Gebiete, verbinden sie mit Ungarn. Der nächste Schritt besteht darin, den Verkehr aus Serbien und in seinem Gefolge Logistikzentren, Investitionen und einen bedeutenden Teil der Produktionseinheiten in diese Hälfte zu verlagern und so das Gebiet um Paks und Kalocsa mit einer sich rasch entwickelnden Region zu verbinden. Zwei der wichtigsten strategischen Investitionen des Landes werden in diesem Gebiet getätigt. Zum einen wird das neue Kernkraftwerk in Paks gebaut, zum anderen wird die Eisenbahnlinie Budapest-Belgrad, einer der wichtigsten Bausteine dieses ungarischen Landesbauprogramms, unweit von Kalocsa vorbeiführen. Die heutige Brückeneinweihung, meine Damen und Herren – und deshalb habe ich das alles so ausführlich gesagt – ist also Teil eines komplexen, gut durchdachten, langfristigen Plans zur Entwicklung des Landes und zum Aufbau der Nation.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Erzbischof!

Die Brücke, die wir heute einweihen, trägt den Namen des verstorbenen Erzbischofs von Kalocsa und ungarischen Heerführers Pál Tomori. Mit diesem Namen ist diese Brücke nicht nur ein Verkehrsbauwerk, das die beiden Flussufer verbindet, sondern auch ein Mahnmal. Ein riesiges Ausrufezeichen aus Stahl und Beton. Es erinnert uns Ungarn an die Gefahren der Uneinigkeit im Allgemeinen, aber besonders in Kriegszeiten. Pál Tomori war es, der vor der Schlacht von Mohács seine ganze Kraft für die Verteidigung seines Heimatlandes einsetzte und dann als Oberbefehlshaber der ungarischen Armee sein Leben gab. Das Leben und der Heldentod von Pál Tomori in der Schlacht von Mohács ist ein ewiges Beispiel dafür, was passiert, wenn wir, Ungarn, nicht zusammenstehen. Dann werden wir zum Spielball fremder Mächte, unser Land wird sinnlos zerstört, und wir verabschieden uns für lange Zeit aus der Geschichte, weil uns die Kontrolle über unser Schicksal aus der Hand genommen wird. Diese Warnung ist auch heute, wo sich Europa im Zustand der Vorbereitung auf den Krieg befindet, wieder aktuell. Wir müssen die Einheit bewahren. Die Einheit kann auf die Weise bewahrt werden, indem wir sie immer wieder bekräftigen. Gerade deshalb müssen wir an diesem Sonntag, dem 9. Juni, im Namen der nationalen Einheit nur für den Frieden stimmen. Ungarn befindet sich in einer Ära des friedlichen Aufbaus, Ungarns Regierung ist eine Regierung der friedlichen Entwicklung, Ungarns Regierung ist eine Regierung der Brückenbauer. Jetzt gratulieren wir auch den Brückenbauern zu ihrer großartigen Arbeit, und wir senden ihnen die Botschaft, dass sie den Fluss entlang weiter nach Süden gehen kann. Mohács kann sich als nächster Ort auf eine Brücke vorbereiten. Die Pläne sind bereits fertig, die nächste Brücke wird dort gebaut. Gute Arbeit im Voraus!

Vorwärts Ungarn!

FOLLOW
SHARE

More news