Speeches / Presseerklärung von Viktor Orbán nach seinem Treffen mit Ulf Kristersson, Ministerpräsident des Königreichs Schweden
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Presseerklärung von Viktor Orbán nach seinem Treffen mit Ulf Kristersson, Ministerpräsident des Königreichs Schweden

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident. Sehr geehrte Mitglieder der schwedischen Delegation. Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir haben ein äußerst interessantes, spannendes und fruchtbares Treffen gehabt. Das heutige Treffen ist eine wichtige Station in einem langen Prozess. Diesen langen Prozess kann man auch als einen vertrauensbildenden Prozess bezeichnen, an dem wir mit dem Ministerpräsidenten seit vielen Monaten, ja sogar Jahren arbeiten, und wir freuen uns, dass wir diese Phase heute hier abschließen können. Es ist uns gelungen, unsere gegenseitigen guten Absichten zu verdeutlichen. Ich hatte Gelegenheit, dem Herrn Ministerpräsidenten zu sagen, dass das Grundprinzip der ungarischen Außenpolitik darin besteht, dass man sich Freunde machen muss. Auch wenn dies nicht immer offensichtlich ist, ist dies das Ziel und der Sinn der ungarischen Außenpolitik, und deshalb bemühen wir uns mit jedem Land, die Punkte und Interessen zu finden, in denen wir übereinstimmen, um eine möglichst tiefe Zusammenarbeit zu entwickeln, und wo wir die Welt anders sehen oder anders denken, diese Unterschiede zu respektieren.

Es ist eine seltene Gelegenheit, dass ein schwedischer Ministerpräsident Ungarn besucht. Deshalb wird der Ministerpräsident mir vielleicht erlauben, daran zu erinnern, dass Schweden 1956 ein wahrer Freund Ungarns war, als die Ungarn, die aus Ungarn flohen und als Flüchtlinge nach Schweden kamen, nicht nur versorgt oder untergebracht wurden, sondern auch eine zweite Heimat fanden. Dies war eine sehr schwierige Zeit in unserer Geschichte. Sehr viele Menschen verließen Ungarn, und wir sind allen Völkern, einschließlich der Schweden, dankbar, die uns zu Hilfe kamen und diese Ungarn aufnahmen. Ich hoffe, dass sie mit uns keinen schlechten Fang gemacht haben, denn diese Ungarn haben sich schließlich erfolgreich integriert und vielleicht zu den heutigen Errungenschaften Schwedens beigetragen, die von allen respektiert werden.

Ich möchte auch daran erinnern – und das ist jetzt schon meine persönliche Erfahrung –, dass Schweden, als wir über den Beitritt zur Europäischen Union verhandelten, ein entscheidender Partner war. Es war ein längerer Prozess als notwendig, dass die Länder der ehemaligen Sowjetunion der Europäischen Union beitraten. Es hat viel länger gedauert, als wir es uns gewünscht hätten. Wir hatten damals auf einen schnellen Prozess gehofft, aber das war nicht möglich, weil es keine Einigung zwischen den Mitgliedstaaten darüber gab, ob und wenn ja, dann wie schnell neue Bewerber aufgenommen werden sollten. Und es gab diejenigen, die für eine langsamere Aufnahme plädierten, und diejenigen, die für eine schnellere Aufnahme plädierten. Schweden plädierte für eine schnellere Aufnahme und Erweiterung, und wir erinnern uns mit großer Dankbarkeit noch sehr gut daran. Und es war die schwedische Präsidentschaft, die den Durchbruch erzielte. Auf einem Gipfeltreffen in Göteborg ist es unseren schwedischen Freunden schließlich gelungen, die Tore zur Europäischen Union zu öffnen, und auch daran möchte ich als wichtige Erinnerung an das Vertrauen zwischen unseren beiden Völkern erinnern.

Auch die Gegenwart sieht gut aus, meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Handelskooperation ist eine echte Erfolgsgeschichte. Jedes Jahr brechen wir unseren Handelsumsatzrekord. Im Vergleich zu 2010 – als wir in die Macht zurückkehren durften, Herr Ministerpräsident – haben wir unseren Umsatz verdoppelt und steuern auf die 3-Milliarden-Euro-Marke zu. Es gibt eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern, eine wichtige und erfolgreiche Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie, wo wir auf der politischen Bühne in Brüssel kooperieren. Wir freuen uns, dass ein schwedischer Akteur am Bau von Paks2 beteiligt ist, und es ist auch positiv für uns, dass im vergangenen Jahr 70.000 Schweden als Touristen nach Ungarn kamen und zur Leistung der ungarischen Wirtschaft beitrugen.

Das ist alles schön und gut, aber nichts davon wurde heute erwähnt. Darüber haben wir nicht gesprochen. Heute haben wir über die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich gesprochen. Vor allem, weil wir als Ergebnis langwieriger Gespräche eine lange Verhandlung abschließen können, die für Ungarn äußerst wichtig ist. Wir sprechen über die Frage der ungarischen Verteidigungsfähigkeit. Für die jüngere Generation möchte ich sagen, dass es in Ungarn eine große Debatte gab, sogar während der ersten Regierung der jetzigen Koalitionsregierung, zwischen 1998 und 2002, darüber, ob Ungarn überhaupt eine eigene Luftverteidigung entwickeln sollte, das ist extrem teuer, ob das sinnvoll ist? Und wenn wir uns dafür entscheiden würden, welchen technologischen Weg sollten wir dann einschlagen? Und dann, in der Zeit meiner ersten Regierung, beschloss die damalige Führung, dass Ungarn eine unabhängige Luftverteidigung haben sollte, und dass diese Luftverteidigungsfähigkeit auf einer technologischen Zusammenarbeit mit Schweden basieren sollte. So kam Ungarn dazu, sich auf das Gripen-System zu verlassen, auf die militärischen Fähigkeiten, die die Gripen für Ungarn bereitstellen konnten. Seitdem sind wir auch auf diesem Weg geblieben. Jetzt sind wir an einem wichtigen Punkt angelangt, denn die Verträge für diese Flugzeuge laufen bald aus. Zudem konnten wir, da wir, um es einfach auszudrücken, abgebrannt waren, als wir die ersten Gripen kauften, nicht so viele kaufen, wie wir wirklich brauchten. Jetzt ist es also an der Zeit, unseren bisherigen Vertrag zu verlängern und aufzustocken. Und heute haben wir uns darauf geeinigt, die Flotte der ungarischen Verteidigungskräfte um vier weitere Gripen-Jagdbomber zu erweitern und damit unsere militärischen Fähigkeiten erheblich zu steigern und unsere Fähigkeit, im Ausland eine Rolle zu spielen, weiter zu stärken, was im veränderten Sicherheitsumfeld – so wird der russisch-ukrainische Krieg in der Sprache der Diplomatie genannt – von besonderer Bedeutung ist, damit die ungarischen Luftstreitkräfte in der Lage sind, mit ihren eigenen Mitteln und auf eigene Kosten zu verbündeten Aufgaben außerhalb Ungarns beizutragen. Wir sind auch darüber übereingekommen, unseren Vertrag über logistische Dienstleistungen im Zusammenhang mit diesem militärischen System zu verlängern und ihn sogar auf den Bereich der Ausbildung auszudehnen. Und was ich für besonders wichtig halte, obwohl der große Posten die Verlängerung der Verträge und die vier neuen Maschinen sind, was finanziell gesehen der wirklich große Posten ist, aber es ist nicht immer das Teuerste, was am wichtigsten ist. Was ich für wirklich wichtig halte, ist die Vereinbarung, dass SAAB und das ungarische Forschungsinstitut für Verteidigungsinnovation ein Kompetenzzentrum mit dem Schwerpunkt künstliche Intelligenz eröffnen werden, und auch die Zusammenarbeit im Bereich Forschung und Entwicklung wird beginnen. Es ist ein großer Ehrgeiz Ungarns, dass wir nicht nur Werkzeuge benutzen wollen, dass wir nicht nur lernen wollen, wie man sie benutzt, sondern dass wir auch in der Lage sind, an Entwicklung und Forschung teilzunehmen. Dafür möchte ich mich bei unseren Partnern bedanken!

Nachdem wir das heute Morgen getan haben, haben wir dann unsere Diskussion über EU-Angelegenheiten fortgesetzt, wo wir Punkte der Übereinstimmung zwischen den beiden Ländern identifiziert haben, insbesondere angesichts der Tatsache, dass Ungarn bald die rotierende Präsidentschaft der EU innehaben wird und Schweden diese Aufgabe erst vor Kurzem abgeschlossen hat, in der ersten Hälfte des Jahres 2023, wenn ich mich recht erinnere. Damals hatte Schweden eine Präsidentschaft der Europäischen Union inne, die von allen sehr geschätzt wurde. Heute hat man uns versprochen, dass wir all diese Erfahrungen durch einen direkten Erfahrungsaustausch in den ungarischen Ratsvorsitz einfließen lassen können. Dafür möchte ich dem Herrn Ministerpräsidenten danken. Und wir haben die Prioritäten des damaligen schwedischen Ratsvorsitzes, was auch heute noch die Position der schwedischen Regierung ist, mit den Prioritäten des ungarischen Ratsvorsitzes in Einklang gebracht, und wir haben uns darauf geeinigt, dass wir uns während des ungarischen Ratsvorsitzes gegenseitig in Fragen wie der globalen wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und in der Frage der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union unterstützen können, oder wenn sie schon jetzt etwas besitzt, das man so nennt, dann sollten wir sie in eine Richtung weiterentwickeln, die zu einer Fähigkeit führt, die auf einer ernsthaften verteidigungsindustriellen Basis ruht. Wir waren uns auch einig, dass die illegale Migration bekämpft werden muss und dass wir uns gegenseitig bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität helfen müssen.

Dies sind die Themen, über die wir diskutiert und uns geeinigt haben. Darüber hinaus habe ich bei dem heutigen Treffen noch viel mehr gelernt. Der Herr Ministerpräsident hat die Situation, die Probleme und die Herausforderungen Schwedens dargelegt, und wir haben nach Punkten gesucht, bei denen wir in Zukunft zusammenarbeiten können, da wir uns ähnlicher Herausforderungen in Ungarn bewusst sind.

Ich danke Ihnen noch einmal, Herr Ministerpräsident, dass Sie nach Ungarn gekommen sind, und ich danke der Delegation, dass Sie uns mit Ihrem Besuch beehren. Das ungarische Parlament wird am Montag zusammentreten und die notwendigen Beschlüsse fassen, und damit haben wir eine Etappe abgeschlossen und eine neue Etappe mit dem Ministerpräsidenten eröffnet.

Ich danke Ihnen noch einmal ganz herzlich.

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