Dávid Szirmay: Ich begrüße Sie alle herzlich! Ich bin Dávid Szirmay, dies ist Blikk Talk, die politische und öffentliche Talkshow von Blikk, und mein heutiger Gast ist der Ministerpräsident von Ungarn, Viktor Orbán. Meine Verehrung! Vielen Dank, dass Sie unsere Einladung angenommen haben.
Vielen Dank, dass ich hier sein darf.
Herr Ministerpräsident, wir werden nicht mit erfreulichen Nachrichten beginnen. Vor einer Woche wurde nicht weit von hier, 180 Kilometer von Budapest entfernt, ein Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico verübt, den man fünfmal angeschossen hat. Gott sei Dank hat er überlebt. Die Frage ist also, glaube ich, deshalb aktuell. Tragen Sie in der Öffentlichkeit eine kugelsichere Weste? Und dann werde ich Ihnen sagen, warum ich diese Frage stelle. Vor einer Woche wurde der slowakische Premierminister Robert Fico bei einem Attentat angeschossen. Tragen Sie bei Ihren öffentlichen Auftritten eine kugelsichere Weste?
Ich habe nie eine getragen, ich trage auch jetzt keine.
Dabei würde sich das logischerweise anbieten, denn Ihr Narrativ ist, dass, siehe da, einer der friedensfreundlichen Ministerpräsidenten – es gibt nur wenige friedensfreundliche Ministerpräsidenten in Europa – einer der friedensfreundlichen Ministerpräsidenten nun von einem kriegsfreundlichen Attentäter im Grunde jenseits der Seitenlinie geschickt wurde und Sie alleine kämpfen müssen.
Das ist passiert, und das stimmt.
Das bedeutet logischerweise, dass auch Sie in Gefahr sind, denn es sind die Friedensbefürworter, die hier ins Visier genommen werden, nicht wahr?
Aber das Narrativ ist, dass ein für den Frieden eintretender Premierminister von einem für den Krieg eintretenden Attentäter im Grunde ins Aus geschickt wurde. Heißt das nicht, dass auch der ungarische Ministerpräsident in Gefahr ist?
Wir wissen noch nicht, ob wir es mit einem Einzeltäter zu tun haben. Was wir über den Täter wissen, ist, was auch Sie geschrieben haben, dass er Wahlkampf für den ehemaligen linken Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Republik machte, es handelt sich um einen Kriegsbefürworter, dessen Haupteinwand gegen den derzeitigen slowakischen Ministerpräsidenten gerade darin bestand, dass er den Krieg nicht unterstützte.
Ja, kriegsbefürworterisch, ja, aber links? Es gab eine semantische Debatte darüber, ob er links oder rechtsextrem ist.
Ja, aber das ist keine Semantik, das ist ein intellektuelles Problem.
Dass jemand links oder rechts ist?
In der Slowakei. Ja, natürlich! Nur wenige wissen, dass die Regierung selbst, d. h. die Regierung von Ministerpräsident Fico, eine linke Regierung ist.
Natürlich!
Aber wenn wir betrachten, wer steht …
Sie hatten nicht immer ein gutes Verhältnis.
Aber wenn man fragt, nun gut, dann würde man meinen, dass der linken Regierung eine rechte Opposition gegenübersteht. Aber nein! In der Slowakei haben wir also eine progressive, liberale linke Opposition gegenüber einer traditionellen linken Regierung. Es ist also nicht so einfach, intellektuell zu entscheiden, wer dort links ist – ich scherze nicht. Sicher ist, dass Ficos Partei, Smer, eine Kraft ist, die einerseits traditionelle Werte verteidigt, die souveränistisch ist, d.h. die nationale Unabhängigkeit schätzt, und die zugleich für den Frieden eintritt. Ihr gegenüber steht auf der anderen Seite ein progressiver, linker, internationalistischer, kriegsbefürwortender Attentäter. Wir wissen nicht, ob er allein war,
Ja, das wird jetzt noch untersucht, so ist es.
ich habe vorerst nur das Material der Gespräche zwischen den Geheimdiensten gesehen, und sie waren noch nicht in der Lage, dazu Stellung zu nehmen.
Sehen Sie die Gespräche zwischen den Geheimdiensten?
Es gibt eine Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten. Also der ungarische Geheimdienst unterhält sich mi dem slowakischen Geheimdienst, es gibt also selbstverständlich eine Zusammenarbeit.
Und Sie, aha, Sie erfahren das dann …
Én pedig kapok…Ich beginne mein Leben jeden Tag – abgesehen davon, dass ich ins Auto steige und die Sportzeitung Nemzeti Sport lese – damit, dass ich im Büro ankomme und die, sagen wir mal, Berichte des Tages lese. Darunter stehen an erster Stelle…
Es gibt Geheimdienstberichte…
Selbstverständlich! Es gibt Informationen, die man über keinen anderen Kanal erhalten kann, und die Nachrichtendienste, ebenso wie das Kontaktnetz des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten, bilden ein europäisches Netz und sogar ein nordatlantisches Netz innerhalb der NATO. Sie tauschen untereinander Daten aus, sie arbeiten zusammen und so weiter. Wir müssen also nicht untersuchen, was zum Beispiel in der Slowakei passiert ist, weil es eine Verbindung zwischen den beiden Diensten gibt.
Wenn wir schon über Geheimdienstberichte sprechen, ein Teil von diesen ist geheim …
Alle.
…ja, es sind streng geheime Informationen, aber haben Sie auch über diesen Spionageroman des Typs „versuchter russischen Hackerangriff auf die Server des Außenministeriums“ gelesen?
Nicht nur darüber. Im Allgemeinen kann ich sagen, in der heutigen internationalen Politik verlagert sich die Spionage immer mehr in den Cyberspace, je fortschrittlicher das Infokommunikationssystem eines Landes ist. Es gibt zwar noch die traditionelle nachrichtendienstliche Erfassung, aber ein Großteil der Arbeit basiert heute auf der Sammlung und Analyse von mehr elektronischen Informationen. Es gehört zur täglichen Praxis, dass Staaten versuchen, untereinander auf die Daten der anderen zuzugreifen. Ungarn ist davon auch keine Ausnahme. Aus dem Norden, Süden, Osten und Westen strömen ständig… Nennen wir es Interesse, Eindringungsversuche, Einmischung in die Datenerfassung. Wir sprechen nicht darüber, denn die Einmischung zielt immer auf die Schwachstellen, und es ist nicht meine Aufgabe, der Welt zu zeigen, wo unsere Schwachstellen sind. In solchen Fällen wehren wir immer ab, wir schieben die Sache beiseite, wir versuchen immer, das Ganze irgendwie unter dem Tisch zu halten.
Ich verstehe. So ist es dann auch verständlich, warum Sie auf die Informationen, die ans Licht kamen, nicht mit einer Vielzahl von Erklärungen und ministeriellen Stellungnahmen reagiert haben.
Es gibt keine solchen Erklärungen, es wird auch keine geben, und wenn es sie gibt, wird es keine große Hilfe sein, denn ein vernünftiger Mensch kann nichts aus ihnen herauslesen, sie werden auf der Ebene des allgemeinen Abwehrens bleiben.
Ich verstehe. Da wir hier über Frieden sprechen, sagen Sie mir, wie wir uns das vorstellen sollen, Sie wissen schon, wir kennen das Fidesz-Narrativ…
Lassen Sie uns kurz auf Ihre erste Frage zurückkommen, wenn Sie gestatten, nämlich die Sicherheit. Richtig? Denn ist es tatsächlich nicht unbegründet, zu fragen: Wenn der Ministerpräsident eines Nachbarstaates angeschossen wird, was soll man dann in Ungarn tun? Und ich habe selbst viel darüber nachgedacht, und Tatsache ist, dass es keine absolute Sicherheit gibt. Ich werde auch jetzt nicht allzu ausführlich darüber sprechen, denn ich möchte niemanden zu einem Gewaltakt gegen einen ungarischen Ministerpräsidenten einladen, aber es ist sehr schwierig, damit umzugehen, denn Sie haben wahrscheinlich das Filmmaterial gesehen, das kann man nie, also das über Ministerpräsident Fico…
Ja…
Man kann von einem Politiker nie erwarten, dass er die Bürger nicht trifft. Zum Teil will niemand wie im Gefängnis leben, isoliert vom Volk, er will die Kontakte außerhalb der Politik nicht verlieren, und außerdem verlässt man sich auf seine Unterstützer, man spricht mit ihnen, man geht zu ihnen, man trifft sie. Sogar die armen slowakischen Sicherheitsdienste werden von allen Seiten dafür gerügt, dass sie ihre Arbeit schlecht gemacht haben.
Einfach grundlos?
Nun…
Ich als Laie habe bei der Betrachtung des Videos…
…es ist übertrieben…
…würde sagen, dass …
Aber was hätten denn die armen Leute tun sollen? Der Ministerpräsident geht unter die Menschen. Auch ich gehe jeden Tag hin. Jemand kommt und sticht zu, wie in Brasilien zum Beispiel… Es gibt ein Risiko, das wir versuchen sollten, zu minimieren, das finde ich richtig, deshalb arbeiten diese Dienste, deshalb haben wir das Zentrum für Terrorismusbekämpfung. Aber die Wahrheit ist, dass man das Risiko nicht völlig ausschalten kann. Deshalb gibt es das Zentrum für Terrorismusbekämpfung, aber es völlig auszuschalten…
Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit.
…geht nicht, das ist die Wahrheit.
So ist es. Dann also die Befürwortung des Friedens. Der Fidesz sagt, wählt mich, denn dann bringen wir den Frieden, wählen wir den Fidesz bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, denn dann kommt der Frieden. Wie können wir uns das vorstellen, dass sagen wir mal, 21 von 21 Sitzen von dem Fidesz gewonnen werden, das glauben sicherlich nicht einmal Sie…
Aber es ist schön, es sich vorzustellen…
…aber nehmen wir an, sie erhalten 21 Mandate. Okay, und dann kommen die Wähler, die fragen, bitte schön, wie wird daraus Frieden? Was machen sie in solchen Momenten?
In der westlichen Politik gibt es einen europäischen und einen amerikanischen Schauplatz. Auch auf dem europäischen Schauplatz gibt es einen Ringkampf zwischen den Kriegsbefürwortern und den Friedensbefürwortern,…
Da stehen sie schlecht da…
und auch in Amerika gibt es einen Ringkampf. Wenn wir über Europa sprechen, stehen wir nicht gut da. Es gibt zwanzig und einige Mitgliedstaaten in der Europäischen Union, die mit Bestimmtheit für den Krieg sind. Es gibt einen Mitgliedstaat, das ist Ungarn, der entschieden für den Frieden ist, und es gab ein Land, die Slowakei, das sich gerade mit Hilfe der Nachwahlregierung von einer Pro-Kriegs-Position zu einer Pro-Friedensposition hinübermanövriert hat. Das ist es, was der Attentäter in der Slowakei unterbrochen hat, was der Attentäter in der Slowakei durchgeschossen hat, was der Attentäter in der Slowakei durchgestrichen hat. Gleichzeitig ist die Anzahl der Ministerpräsidenten wichtig, aber ihr Hinterland ist noch wichtiger. Und was ich in ganz Europa sehe, ist, dass die Zahl der Bürger, die den Frieden wollen und die gegen den Krieg sind, spürbar wächst. Bei den Europawahlen geht es nicht einfach nur um die Verteilung der Sitze im Europäischen Parlament, denn dort stimmt das, was Sie sagen, dass die Ungarn über 21 Mandate verfügen, wenn dahin von den 2, sagen wir 13-14-15, wir wissen nicht genau, wieviel Friedensbefürworter es sein werden, die anderen werden es nicht sein, nun dadurch ändert sich … nem tudjuk, mennyi békepárti lesz, a többiek nem, hát ettől nem fordul meg…
Jetzt weiß ich schon, dass sie zumindest mit 13-14-15 Sitzen rechnen.
Ja, das Grundsätzliche im Kräfteverhältnis wird sich nicht verändern, aber es ist überall auch eine nationale Wahl, und die Regierungen hängen sehr wohl von ihren eigenen Bürgern ab, haben eine Verantwortung ihnen gegenüber. Wenn sich also bei der einen oder der anderen Wahl herausstellt, sagen wir von Irland bis Zypern, dass die Stärke der den Frieden befürwortenden Kräfte überall anwächst, dann wird das auf die Ministerpräsidenten jedes Landes eine Wirkung ausüben. Ich gehe davon aus, dass sich nach den Europawahlen die Haltung der Ministerpräsidenten gegenüber dem Krieg spürbar ändern wird, denn die europäische Politik ist trotz aller Schwächen im Kern immer noch eine demokratische Politik und man kann auf Dauer nicht ungestraft gegen den Strom schwimmen. Die Ministerpräsidenten müssen sich der öffentlichen Meinung anpassen. Ich rechne also damit, dass es ein Europäisches Parlament geben wird, in dem es mehr Friedensbefürworter als Kriegsbefürworter geben wird, und es wird einen Europäischen Rat geben, in dem wir, die Ministerpräsidenten, sitzen werden, und ich denke, dass sich auch dort die Formel der Kräfteverhältnisse ändern wird. Es wird mehr Friedensbefürworter und weniger Kriegsbefürworter geben.
Das ist eine markante deutliche Veränderung
Ich glaube, das ist es.
Denn Sie haben vorhin ja gesagt, dass es jetzt erst noch kaum Friedensbefürworter gibt.
Also solange der Krieg eine abstrakte Frage ist, sind vielleicht diese als gesichert genannten Zahlen auch gültig, doch muss man auch beachten, dass der Krieg eine Art von Tier ist, das nicht stillsteht, sondern sich bewegt. Und er bewegt sich gerade in Richtung Eskalation. Die Frage ist nicht, ob man generell für den Krieg oder für den Frieden ist, sondern ob man die nächste Stufe des Krieges will oder nicht. Soweit ich das sehe, ist die nächste Stufe des Krieges, die schon die Weitergabe von Technologie an die Ukraine bedeuten würde, die fähig wäre, russisches Territorium zu erreichen, und, Gott bewahre, dass Truppen westeuropäischer Staaten oder der NATO ukrainisches Territorium betreten würden, ist schon ein Schritt, den selbst der Großteil der früher den Krieg befürwortenden Ministerpräsidenten für übertrieben hält. Es ist ein Prozess. Wir müssen darin geschickt manövrieren. Es kommt auf die Fähigkeiten und die Unterstützung an, daher werden auch die Europawahlen diesen Prozess beeinflussen. Aber es ist nicht nur ein europäischer Prozess, denn Anfang November finden in den USA Wahlen statt, bei denen sich zeigen wird, was die amerikanische Bevölkerung über Krieg und Frieden denkt und welche Art von Präsidenten sie ins Weiße Haus schicken wird. Diese beiden Wahlen zusammen könnten die Wende herbeiführen, die uns von einer kriegsfreundlichen Haltung in der westlichen Welt, in der westlichen Politik, zu einer friedensfreundlichen Haltung, zum Frieden führt. Was bedeutet Frieden? Frieden bedeutet erstens einen Waffenstillstand und zweitens Friedensverhandlungen.
Es gibt, wenn wir schon an diesem Punkt angelangt sind, eine Bedingung für Friedensverhandlungen, was auch die führenden europäischen Politiker eindeutig anerkennen, dass jene Friedensverhandlungen nicht viel Sinn haben, an denen eine der kriegführenden Parteien nicht teilnimmt.
So ist es. Dazu…
Doch hier, wie Sie wissen, werden sich der russische Präsident Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht an einen Tisch setzen.
Man muss kein Nuklearwissenschaftler sein, um zu dem Schluss zu kommen, dass da Friedensverhandlungen zwischen zwei gegnerischen Parteien stattfinden müssen, es sich nicht um Friedensverhandlungen handelt, wenn eine Partei nicht anwesend ist.
Und alle reden von Friedensverhandlungen, während die Parteien selbst sagen, dass wir nicht mit der anderen Partei verhandeln wollen. Was ist die Lösung?
In Wirklichkeit bestärken die Position der einen Seite jene, die an solchen Verhandlungen teilnehmen, aber dies sind keine Friedensverhandlungen. Ich denke, wir müssen darüber nachdenken, zwischen wem hier der Frieden verhandelt wird. Dieser ukrainisch-russische Krieg ist ja nicht so einfach, dass man sagen könnte, da stehen sich zwei Länder gegenüber. Darüber sind wir schon längst hinaus. Die Ukraine hat den ganzen Westen dort hinter sich. Auch wenn das ein starkes Wort zu sein scheint, ist es doch wahr, dass es sich in gewisser Hinsicht um einen Stellvertreterkrieg handelt. Hier führen die Westler mittelbar Krieg mit den Russen. Ich denke, es wird zwei völlig unterschiedliche Verhandlungen geben, die parallel laufen. Es muss eine Art von Kontakt zwischen der Ukraine und Russland geben. Aber irgendwo dahinter wird es auch eine wirkliche Verhandlung zwischen den Russen und den Amerikanern geben, bei der es übrigens nicht nur um Russland und die Ukraine geht, sondern um das gesamte europäische Sicherheitssystem, und die leicht unsere nächsten zwanzig oder dreißig Jahre bestimmen könnte. Also eine doppelte…
Wird dies auch dann der Fall sein, wenn dann der Präsident der Vereinigten Staaten nicht Donald Trump heißt?
Ich glaube, dass dies immer noch der Fall sein wird, aber das Ergebnis der Verhandlungen mit Präsident Biden kann dann anders ausfallen als das Ergebnis mit Herrn Präsident Trump. Ich denke also, wir müssen uns einen zweistöckigen Verhandlungstisch vorstellen.
Lassen Sie uns etwas zur Innenpolitik übergehen. Aus Ihrem Mund kann man nurselten starke und schockierende Ausdrücke im Zusammenhang mit ihrer eoigenen politischen Community hören, wie zum Beispiel den Ausdruck „Albtraum”. Erinnern Sie sich daran, wann Sie das zuletzt gesagt haben?
Nein…
In Ihrer Rede zur Lage der Nation die Situation bei dem Rücktritt der Staatspräsidentin Katalin Novák und dem der Justizministerin Judit Varga.
Ja!
Was war hierbei der Albtraum persönlich für Sie?
Dass es unerwartet kam wie ein Blitzeinschlag. Es gibt Dinge, auf die man sich vorbereiten kann, man ist mit ihnen konfrontiert, man analysiert, wägt das Gewicht der Sache, das Gewicht der Folgen ab.
Wir haben Sie hiervon erfahren? Hat man plötzlich Ihnen eine Nachricht vorgelegt, dass das erschienen sei?
Ich sah plötzlich, wie die linken Parteien einen Angriff auf die Präsidentin der Republik starteten. Und da habe ich gesehen, was los ist. So.
Und zu welchen Taten veranlasste Sie diese Art von Albtraum, als Katalin Novák noch Staatspräsidentin bzw. Judit Varga Ministerin war?
Das Problem war, dass ich in dieser Situation völlig machtlos war. In Ungarn ist die Institution des Staatspräsidenten klar von der Regierung und dem jeweiligen Parlament getrennt. Der Umgang mit Angelegenheiten, die den Präsidenten betreffen, ist eine heikle Angelegenheit, und ich versuche, mich auch nicht mit ihnen zu befassen. Es gibt ein oder zwei Angelegenheiten, die in die ausschließliche Zuständigkeit des Präsidenten fallen, und es ist besser, wenn sich die Regierung nicht in sie einmischt. Dazu gehört das System der Begnadigung. Und in einer solchen Situation ist man natürlich machtlos, denn man wartet darauf, dass der Präsident oder die Frau Präsidentin eine Entscheidung trifft. Sie hat jemanden begnadigt, und jetzt muss sie bewerten, nachdem sie angegriffen worden ist, ob sie dies auf sich nimmt oder nicht, ob das, was sie getan hat, richtig ist oder nicht, und wenn es richtig ist, dann soll sie sich verteidigen, und dann werde ich ihr auch gerne helfen, sich zu verteidigen, und wenn sie denkt, dass es falsch ist, dann kann man nichts tun.
Sie haben sich auch nicht an Sie um einen Rat gewandt?
Nein. Wenn es sich um eine ernste Angelegenheit handelt, dann kann man nichts tun, dann muss man eine Entscheidung treffen, und Frau Präsidentin Novak hat ihre Entscheidung getroffen, und ich denke, sie hat die richtige Entscheidung getroffen, als sie zurücktrat. Frau Präsidentin Novak hat ihre eigene Entscheidung getroffen, und ich denke, sie hat die richtige Entscheidung getroffen, als sie zurücktrat. Und fertig. Ich kann das nur beobachten, dieser Prozess darf nicht durch die Regierung beeinflusst werden. Und wir könnten ihn vielleicht auch nicht beeinflussen.
Jetzt gibt es auch keine Möglichkeit zur Einflussnahme, denn Judit Varga ist ja ebenfalls zurückgetreten, aber…
Sie ist eher ein Damenopfer, oder ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das ist der unglückliche Teil. Katalin Novák hat eine Fehlentscheidung getroffen, hat die Verantwortung übernommen – was ihr übrigens meinen Respekt eingebracht hat, denn ich glaube, es gibt nur sehr wenige Menschen in der ungarischen Politik, die nicht versuchen, eine offensichtlich schlechte Entscheidung, die offensichtlich in ihrer Verantwortung liegt, wegzuerklären und mit Wischiwaschi-Argumenten zu verteidigen, sondern sich hinstellen und sagen: Da habe ich einen Fehler gemacht und die Konsequenz ist, dass ich zurücktrete, da ich die Einheit der Nation nicht aufrechterhalten kann, da gerade ich sie mit meiner Entscheidung spalte…
Was ist an dem Fall der ehemaligen Justizministerin anders?
Nun, es gab eine zwanzig…
Sie sagten, es sei unglücklich…
Ja. Es gab über zwanzig oder dreißig Jahre eine Praxis, die sah so aus, dass, wenn der Präsident der Republik beschloss, jemanden zu begnadigen, es eine Formalität war, dass der Justizminister dies unterschrieb. Selbst dann, wenn er zuvor nicht damit einverstanden war. Seit fünfundzwanzig Jahren gab es keinen Justizminister, der etwas nicht unterschrieben hätte. Ich glaube, anstatt dass Judit es der Regierung vorlegte oder mit uns diskutierte, dachte sie, dass es eine ungebrochene Praxis gibt, so würde sie es unterschreiben. Ich denke, sie hatte keine andere Wahl, sie musste gehen, aber…
War das die Gesetzmäßigkeit der Politik?
Ja, ich spüre, dass es da eine Übertreibung gibt. Das Schicksal hier war ungerecht ihr gegenüber. Nicht mit der Frau Präsidenten. Denn unser Leben ist so: Du entscheidest, du machst Fehler, du musst dazu stehen, du trittst zurück. Aber jemand, der irgendwie von der Seite aus in deine Entscheidung hineingezogen wird und mit dir gehen muss, da hat man immer dieses Gefühl der Ungerechtigkeit, und es tut mir sehr leid, dass sich die Justizministerin in diese Situation geraten ist.
Seitdem sind bald vier Monate vergangen. Haben Sie mit ihnen beidem ehemaligen Kolleginnen ihrem Rücktritt gesprochen?
An welchen Ministerpräsidenten denken Sie?
Ach so, ich dachte, ihre Kolleginnen, die ehemalige Justizministerin und die ehemalige Familienministerin.
Meine Mitarbeiter, formulieren wir vielleicht so.
Verzeihung, dann mit Ihren Mitarbeiterinnen.
Nur weil die ungarische Politik voller Missverständnisse ist, deshalb war es nicht klar, ob…
Wir haben es ja auch geklärt.
Ob Sie an Ferenc Gyurcsány, Gordon Bajnai oder Péter Medgyessy gedacht haben?
Oh Schreck, nein, nein, nein, nein. Ich wusste das im Übrigen nicht, dass als Kollege ausschließlich jene angesehen werden, die den gleichen Rang besitzen.
Also mit ihren ehemaligen Mitarbeiterinnen.
Ja.
Mit Katalin Novák und Judit Varga?
Natürlich, selbstverständlich habe ich mit beiden gesprochen. Mit Katalin früher, als sie das Ganze hinter sich hatte, haben wir uns zu einem Kaffee hingesetzt. Schließlich gibt es in unserem politischen Lager doch persönliche Gefühle, über die wir nicht zu sprechen pflegen, weil sie nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, aber es gibt Freundschaften auf der rechten Seite. Wir sind nicht einfach nur Kollegen oder Mitarbeiter, sondern wir sind auch weiterhin Freunde. Und ich möchte diese Freundschaft mit Katalin Novák auch nicht leugnen. Es war kein angenehmes Gespräch, als sie vielleicht einige Stunden bevor sie das Präsidialamt verließ, noch mit mir einen Kaffee trank. Die Justizministerin treffe ich öfter, ich bin neugierig auf ihre Meinung, und es gibt Angelegenheiten, bei denen ich auch jetzt ausdrücklich auf ihre Meinung zähle. Es ist sehr selten in Ungarn, dass eine Politikerin mit der Erfahrung und der europäischen Perspektive von Judit Varga in den Vordergrund tritt, daher versuche ich, ihr Wissen auf irgendeine Weise in meine eigenen Entscheidungen einfließen zu lassen.
Fällt Ihnen im Zusammenhang mit ihrem Ex-Mann Péter Magyar das Wort „Albtraum“ nicht ein?
Nun, dazu möchte ich mich lieber nicht äußern, wenn Sie erlauben. Ich kenne den…
Ich erlaube alles. Sagen Sie mir, warum nicht?
Ich kenne den Herrn, der zur Sprache steht, nicht, ich habe meinen Lebtag nicht mehr als zwei Sätze mit ihm gewechselt…
Er ist ein politischer Akteur geworden.
… und das war auch rein formal. Es existieren alle möglichen legenden, er hätte zu den inneren Kreisen gehört, und was weiß ich noch… Also, wenn er zu den „inneren Kreisen“ gehörte, dann gehörte ich nicht dazu. Ich kenne also ihn als Person nicht und er ist zu sehr im Scheinwerferlicht. Auch im Übrigen finde ich es schwierig, über die Politik hinauszugehen, und ich äußere nicht gern Meinungen über Menschen, vor allem nicht über Menschen, die ich nicht richtig kenne. Es ist leicht, jemanden zu beleidigen oder ihm Unrecht zu tun. Es ist sicherlich…
Ich wollte Sie auch gar nicht darüber fragen, was für ein Mensch er ist, sondern was Sie zu seiner politischen Kometenhaftigkeit sagen, die schnell…
Es ist ungewöhnlich, zweifellos ungewöhnlich, dass ein Mann seine eigene Frau abhört und dann das aufgezeichnete Gespräch mit ihr für politische Zwecke verwendet. Aber auch das ist mehr, als was ich sagen wollte.
Gut, und ich respektiere das.
Die Wähler werden dann entscheiden, was sie von der ganzen Sache halten, es ist hier alles aufgewühlt wie Kaffeesatz, am 9. Juni wird es sich beruhigen, wir werden sehen, was die Leute sagen, dann…
Dann sagen Sie mir, ärgern Sie sich auch über Fälle dieser Art? Oder können Sie sich darüber erheben und sagen, dass ich als echter Politiker akzeptiere, dass es…
Aber denken Sie an das Privatleben oder an…
Nein, nein, Privatleben, ich glaube nicht, dass dies zum Beispiel dazugehört, selbst wenn, sagen wir mal…
Unter Freunden, vielleicht.
Ja.
Unsere persönlichen Gefühle gegenüber Judit sind deshalb stark, sage ich, es besteht auch eine Freundschaft, und zu sehen, wie man sie leiden lässt oder quält, schmerzt uns alle.
Ich denke an politischen Rücktritt bzw. an politischen Karrierebeginn. Ärgert Sie dies?
Ja, das ist etwas anderes. Nein. Jeder besitzt eben das recht, auch Sie haben das Recht dazu. Wenn Sie also als Ergebnis des jetzigen Gesprächs meinen, es sei unhaltbar, dass ich der Ministerpräsident bin, und Sie organisieren eine Massenbewegung gegen mich, haben Sie dazu selbstverständlich das Recht. Niemandem, keinem einzigen ungarischen Wähler kann man verbieten, sich in der Welt der Politik zu versuchen. Es ist auch möglich, dass er sich von Überzeugungen leiten lässt, die es wert sind, beachtet zu werden. Man darf also nicht zu früh urteilen, man weiß ja nicht, woraus etwas Großes entsteht. Auch ich wurde mit 35 Jahren Ministerpräsident, und 1988 war ich 25, als wir Fidesz gründeten, und jetzt sitze ich hier. Man weiß also nie, wer es zu was bringt. Es braucht Geduld und Weitsicht, um in der Politik etwas zu beurteilen. Es würde mich stören, wenn all dies in unserer Spielfeldhälfte geschehen wäre. Also wenn es innerhalb der bürgerlich, nationalen, christlich gesinnten und über eine solche Wertordnung verfügende politischen Gemeinschaft solch ein Durcheinander gäbe, das würde mich selbstverständlich stören, aber da es aber deutlich – benutzen wir wieder die Rechts-Links-Kategorisierung – links von uns geschieht und zur Welt der Angelegenheiten der Opposition gehört, ist unsere Welt davon völlig abgeschottet. Daher habe ich keine persönliche oder emotionale Beziehung dazu, das Volk wird, die Menschen werden dann schon entscheiden, was sie wollen.
Übrigens, haben Sie generell keine Gefühle für Ihre politischen Gegner oder nur für den Herrn, nach dem ich Sie gefragt habe?
Ich kannte die anderen besser, alle von ihnen. Sie sprechen also jetzt von einem Akteur, den ich nicht kenne. Meine Kollegen, zu denen ich persönliche Gefühle hätte haben können oder vielleicht hatte, kannte ich besser. Von József Antall zum Beispiel, über Péter Boros bis hin zu Gyula Horn. Sogar mit Péter Medgyessy habe ich eine Verbindung, mit Ferenc Gyurcsány weniger. Am Anfang, als er Premierminister wurde, ohne eine Wahl zu gewinnen, gab es also Gespräche zwischen uns, aber die haben jetzt völlig aufgehört.
Herr Ministerpräsident, vergessen Sie nicht, was Sie sagen wollten. Sie haben gerade Péter Medgyessy erwähnt. Er saß vor ein paar Monaten hier, und ich habe beschlossen, dass ich Sie auf jeden Fall fragen werde, wenn ich die Gelegenheit habe, mit Ihnen zu sprechen. Ich habe ihn gefragt, ob es stimmt – ich habe Peter Medgyessy gefragt –, dass er zu seinem achtzigsten Geburtstag eine Kiste Wein von Ihnen bekommen hat. Und er sagte ja, seinen Lieblingswein. Und ich fragte ihn, um welchen Wein es sich handelte, und er sagte, er sei vom Ministerpräsidenten nicht ermächtigt worden, zu sagen, um welchen Wein es sich handelte.
Ja. Das werde ich auch nicht.
Jetzt ist der, der die Ermächtigung geben kann, hier. Sie verraten es nicht?
Kein Kommentar zu den Vorlieben von Péter Medgyessy beim Weinkonsum. Aber sehen Sie, ich versuche, Respekt zu zeigen, also ist es nicht so einfach. Hier ist zum Beispiel der Fall von Gyula Horn. 1956, die 56er Revolution, ist für uns hier auf der rechten Seite immer noch ein Brennpunkt. Und er war auf der anderen Seite. Aber dann ist er gestorben. Und bevor er starb, war er ein ehemaliger Ministerpräsident, und er geriet in einen schlechten Zustand, er brauchte Krankenhausbehandlung, und dann musste etwas entschieden werden, ob der Staat ihm helfen würde, die medizinische Versorgung zu bekommen, die in dieser Situation gerechtfertigt war. Und wenn wir auch auf unterschiedlichen Seiten standen, entschied ich dann, dass wir dem ehemaligen ungarischen Ministerpräsidenten jede erdenkliche medizinische Hilfe zukommen lassen mussten. Im Kleinen ist es dasselbe, denn Peter Medgyessy ist zwar ein anderes Café, aber hier ist es dasselbe. Ich versuche, jedem den Respekt zu erweisen, den er verdient. Achtzig Jahre alt zu werden, ist in der heutigen Welt eine große Sache, nicht nur für einen Ministerpräsidenten, für jeden. Einem Achtzigjährigen muss man Respekt zollen. Und wenn jemand mehrere Jahre seines Lebens in den Dienst der ungarischen Öffentlichkeit gestellt hat, auch wenn er dies auf eine andere Art und Weise getan hat, als ich es für angemessen gehalten hätte, dann verdient er Dankbarkeit und gute Wünsche. Der amtierende ungarische Ministerpräsident soll sich nicht für zu schade halten, den achtzigjährigen ehemaligen Ministerpräsidenten sehr wohl zum Geburtstag zu gratulieren. Und wenn er kann, sollte er auch eine persönliche Geste tun, d.h. herausfinden, welche Art von Wein er trinkt, und die Sache nicht nur mit einem kalten, offiziellen Gruß abtun, sondern, wenn möglich, eine menschliche Geste zeigen. Schließlich gehören wir ja doch, Verzeihung, zur selben Nation. Nun kann man darüber streiten, ob wir zur besseren oder zur schlechteren Hälfte gehören. Ich habe meine eigene Lesart davon, und die ist hier vielleicht weniger wichtig, aber wir sind Ungarn, wir gehören zur ungarischen Nation, und es gibt Momente, wie ein 80. Geburtstag, in denen man die Politik beiseitelassen muss, und das Wichtigste ist, dass ein ungarischer Ministerpräsident einen anderen ungarischen Ministerpräsidenten beglückwünscht hat.
Wenn Sie schon den Gesundheitszustand von Gyula Horn erwähnt haben. Ich hatte ursprünglich nicht vor, danach zu fragen, aber so ich werde es jetzt tun. Stimmt es, dass Sie dem ebenfalls sehr kranken László Kovács das Gleiche angeboten haben?
Ja, natürlich. Sehen Sie, wir sind schließlich Menschen, wenn wir also helfen können, dann helfen wir.
Die Zeit wird knapp, und ich wollte unbedingt mit Ihnen über Fußball sprechen, schon allein deshalb, weil Sie sich wahrscheinlich nicht mehr daran erinnern, aber 2006 waren Sie in der Redaktion, in der ich damals arbeitete, und haben zum Erstaunen aller ein Tortoto initiiert. Und es war Gábor Gergely, mein damaliger Kollege, der das Ganze leitete und, wenn auch nicht das genaue Ergebnis, so haben Sie doch das Unentschieden für das CL-Spiel, auf das wir gewettet hatten, getroffen. Daher möchte ich Sie nun bitten, mir hier im Sinne der Rechenschaftspflicht ein Ergebnis für das Spiel Ungarn-Schweiz am 14. Juni sowie für das Spiel gegen Schottland und das Spiel gegen Deutschland zu nennen.
Sie bitten mich um etwas, dem ich nicht nachkommen kann, denn Fehler werden im Fall eines Ministerpräsidenten, ganz gleich ob diese in der Politik oder nicht dort gemacht werden, auf ihn zurückfallen und seine Glaubwürdigkeit oder seine Ernsthaftigkeit zerstören, also wäre das ein Risiko, das ich nicht eingehen kann. Was ich aber sagen kann, ist, dass wir jetzt eine Nationalmannschaft haben, die gegen jeden mit einer Siegmöglichkeit ins Spiel geht – nicht mit einer Siegchance. Wenn ich also sage, dass ich alle drei Spiele als gewinnbar ansehe, dann übertreibe ich nicht. Hinzu kommt noch, dass ich auch gerne ein weiteres gutes Ergebnis gegen die Schweizer sehen möchte. Ich habe die Schweizer spielen sehen, weil sie in Felcsút ein Spiel der Nationalmannschaft gegen Israel hatten, und ich habe sie gesehen. Und ich habe die ungarische Mannschaft gesehen, also denke ich, dass es eine realistische Erwartung unsererseits ist, dass die ungarische Nationalmannschaft dort eine klare Überlegenheit zeigen soll. Gleichzeitig ist es aber so, dass es zwischen den Nationalmannschaften im modernen Fußball im Allgemeinen nur noch einen geringen Unterschied gibt. Zwischen diesen drei bzw. vier, uns eingeschlossen, dann erst recht. Es ist also genauso gut möglich, alle drei zu gewinnen, wie alle drei zu verlieren. Deshalb würde ich weder dem Kapitän der Nationalmannschaft, Rossi, noch den Spielern die Verantwortung aufbürden, dass man durchkommen muss, dass man gewinnen muss. Ich würde nur sagen, dass man auf Augenhöhe sein muss. Wir müssen also in jedem Spiel eine Chance haben. Wir dürfen keine Underdogs sein, also nicht wie die kleinen Jungs, die irgendwie hierhergekommen sind und versuchen, sich auf dem Spielfeld möglichst ordentlich zu benehmen. Nein, wir sind Männer, wir gehen da raus und wir wollen euch schlagen, liebe Fritze, liebe Schweizer, liebe Schotten in Röcken, wir wollen euch schlagen, deshalb sind wir hier. Das würde ich gerne sehen, egal wie das Ergebnis ausfällt.
Sie werden, nehme ich an, bei allen drei Spielen anwesend sein.
Wenn es der liebe Gott zulässt, dann ja. Und meine Arbeit. Ich würde gerne.
Nun, ja.
Ich würde gerne, bleiben wir dabei, dass ich es gerne würde.
Und nicht viel später beginnt die Olympiade, ich nehme an, dort werden wir Sie bei den Goldaspiranten sehen.
Das ist noch schwieriger. Nein, mit der Olympiade habe ich nicht geplant, dass ich anwesend sein würde, diese absolviert im Allgemeinen der Staatspräsident. Ich weiß gar nicht, ich war vielleicht in Rio auf der Olympiade.
Das wollte ich sagen, ich habe Sie gesehen…
Doch in London war ich nicht, dort war Herr Staatspräsident Áder, und auf der letzten Olympiade war ich auch nicht.
In Sydney waren Sie dabei.
In Sydney war ich noch ein Neuling, da war ich dabei, und zwar mit Begeisterung. Ich sage es ganz ehrlich, es ist nicht derart eindeutig gut, dort dabei zu sein. Natürlich ist die Olympiade immer fantastisch, doch wo gerade die Ungarn in ein Finale kommen und wo nicht, das kannst du nicht im Voraus wissen. Und gerade deshalb habe ich auch ungarische Finale verpasst. Ich dachte zum Beispiel, dass es besser wäre, wenn ich mir das Fünfkampf-Finale anschaue. Ich dachte, dass Gábor Balogh dort sogar eine Goldmedaille gewinnen könnte, er hat Silber gewonnen, eine fantastische Leistung, und ich denke, dass ich deshalb vielleicht den Wasserball verpasst habe, aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Ich habe im Kajak-Kanu etwa drei Medaillen verpasst, weil es ein weiter Weg bis zum Austragungsort war. Die Austragungsorte liegen also weit auseinander, und wenn man erfährt, dass wir hier oder dort ein Finale spielen, schafft man es entweder dahin oder nicht. Und es gibt riesige Menschenmengen, und hier bist du umsonst ein Großkopferter, so ein führender staatlicher Politiker, also bleibst du im Verkehr im Stau stecken, genau wie in Pest, würde ich sagen, und so ist es ein weniger persönliches Erlebnis, die Olympischen Spiele im Fernsehen zu sehen, aber du wirst besser informiert sein, wenn du im Fernsehen zusiehst, und du wirst besser über die ungarischen Angelegenheiten informiert sein, wenn du im Fernsehen zusiehst.
Zumindest wird es dann einen Familienurlaub geben. Tatsächlich, verraten Sie mir im Zusammenhang damit eine Sache. Ich weiß, dass Sie sehr gerne über ihre Enkelkinder sprechen, und man sieht sie oft im Internet, Sie posten die Kinder auf ihrer Seite, zu Ostern, an Feiertagen, wie sieht ein Familienessen bei Ihnen zu Hause aus? Wie groß ist der Tisch? Sie haben ja sechs Enkelkinder und noch…
Sechs Enkel, fünf Kinder.
…noch fünf Kinder, jedes hat einen Partner.
Wenn auch nicht jedes, aber mehrere haben auch schon einen Partner.
Ja.
Und das sind dann noch meine Mutter und mein Vater, die von Zeit zu Zeit vorbeikommen.
Dann ist Ihr Tisch so groß wie der von Putin, an dem Sie saßen, nicht?
Einen so großen haben wir nicht. Aber es kommt vor, dass wir natürlich nicht genug Platz an einem Tisch haben.
Und wie essen Sie?
Aber es gibt nicht nur keinen Tisch, der groß genug ist, sondern auch keinen Raum, der groß genug für uns ist, also haben wir einen Katzentisch an der Seite, an dem die Kinder sitzen, die sechs Enkelkinder. Und dann gibt es den Tisch für die Erwachsenen, da ist es ein bisschen eng, aber wir kommen zurecht.
Das habe ich dann auch erfahren. Noch eine Sache, und unsere Zeit ist um. 1998, als Sie zum ersten Mal die Wahlen gewonnen haben, war ich als Journalistenneuling in der Tisza-Villa anwesend, und Sie kamen in einem Opel Corsa mit Ihrer Frau an, und das erste, was Sie taten, war, Tamás Deutsch um den Hals zu fallen. Sie kamen sehr geschickt an, nach 21 Uhr, so dass man schon sehen konnte, wie das Endergebnis aussehen würde, und Sie sagten dort zu, ich glaube, es war István Nemeskürty oder Imre Makovecz, ich kann mich nicht erinnern: „Passt auf, von jetzt an warten schöne Jahre auf Ungarn,” Das war 1998, jetzt haben wir 2024. 26 Jahre danach. Ist das das Ungarn, das Sie für 2024 im Sinn hatten?
So etwas in der Art, ich dachte nur, es wäre einfacher, hierher zu kommen. Es gab hier also genügend Umwege.
Doch mit dem Endergebnis sind Sie zufrieden?
Nun, ich bin nie mit etwas zufrieden.
Gut, also haben Sie nicht das Gefühl der verpassten Chancen?
Immer… Wie soll ich es ausdrücken? Also das man fast alles hätte besser machen können, das ist natürlich.
Klar.
Aber wenn ich mir diesen Weg anschaue, und ich darf ihn auch in der Sprache der Zahlen betrachten, oder in der Sprache der Architektur, oder in der Entwicklung unserer Hauptstadt, der Hauptstadt der Nation, oder sogar wenn ich in die Dörfer gehe und mir die ländlichen Portale anschaue, dann denke ich, dass dies dreißig Jahre nach dem Regimewechsel akzeptabel ist. Was Ungarn also in diesen rund dreißig Jahren erreicht hat, auch wenn es – ich wiederhole – einige energieraubende Kehren, Labyrinthe und Engpässe gab, ist im Großen und Ganzen eine Sache, zu der man stehen kann. Ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg, und es ist nicht der beste Zeitpunkt, um im Schatten des Krieges darüber zu sprechen, aber erlauben Sie mir zu sagen, dass wir meiner Meinung nach auf dem richtigen Weg sind. Ungarn ist stark genug, oder hat sich als stark genug erwiesen, um nach dem COVID wieder aufzustehen, denn der COVID hat ja doch alle umgehauen, es war also 1990 keine Rede davon, dass eine Pandemie die europäische Wirtschaft für anderthalb oder zwei Jahre lahmlegt, doch die ungarische Wirtschaft hat sich davon erholt und ist wieder in Gang gekommen. Dann kam der Krieg, und der hat uns wieder umgestoßen. Auch davon war keine Rede, dass es in Europa einen Krieg geben würde, in der Zeit des Systemwechsels hat noch niemand daran gedacht. Aber jetzt geschieht er trotzdem. Auch er hat uns doch von den Beinen geholt, 2022-2023, Kriegspreise, Kriegsinflation. Aber daraus sind wir wieder aufgestanden. Ich sehe also das, was die Leute nicht sehen, weil ich hinter einem Planungstisch sitze, ich plane, ich sehe die Zahlen, ich denke, ich weiß, was passieren wird, und ich liege viel weniger falsch als der Durchschnitt. Ich bitte um Verzeihung, wenn das unbescheiden klingt, aber unsere Pläne sind im Allgemeinen passend und sie sind gut, und wir gehen jetzt hier nach dem Krieg mit der Umsetzung eines Plans voran, den man “Wiederbelebung der ungarischen Wirtschaft” oder “Wiederbelebung des Wirtschaftswachstums” nennen könnte. Und ich sehe, wie das geschehen wird. Ich sehe also jene zwei oder drei Jahre vor uns, die zu den außergewöhnlich guten Jahren in der Geschichte Ungarns gehören werden. Davon gab es übrigens schon welche. Die Zeit zwischen 2016 und 2020 zum Beispiel war eine ziemlich gute Zeit. Natürlich lobe ich mein eigenes Pferd, aber die Zeit zwischen 1998 und 2002 war auch nicht schlecht, es gab also einige herausragende Höhepunkte in diesen dreißig und einigen Jahren, und wir stehen jetzt erneut vor einem weiteren. Also nach den Wahlen, wenn wir die Regelung der europäischen Angelegenheiten hinter uns haben werden, werden wir vielleicht auch den Krieg beruhigen können, wenn der liebe Gott uns bei den US-Wahlen hilft, dann wird danach die ungarische Wirtschaft wieder in Gang kommen, und ein starkes Wachstum, die Welt großangelegter Projekte erreichen, das alles wird wieder zurückkehren.
Erfolg, Geld, Glamour, das ist ein sehr gutes Schlusswort.
Wir wollen das doch, nicht wahr? Wir wollen gut leben, wir wollen ein reiches Land haben.
Aber Sie haben das nicht als Wunsch geäußert, sondern Sie haben eigentlich gesagt, dass Sie dies hinter dem Reißbrett bereits sehen können, dass das auf uns wartet, wir sollen es abwarten.
Ich habe einen Plan und er wird gelingen.
Nun, so möge er gelingen! Vielen Dank, dass Sie hier waren!
Ich danke Ihnen auch!
Liebe Zuschauer, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, wir melden uns in einer Woche wieder. Auf Wiedersehen!