Eszter Zavaros: Vielen Dank für die Gelegenheit, mit Ihnen zu sprechen. Ich hätte zwei Fragen. Die erste: Herr Ministerpräsident, Sie sind nicht zum ersten Mal im Weißen Haus, sondern schon zum wiederholten Mal, und wieder einmal geht es um ein sehr, sehr wichtiges Thema, im Gegensatz zu vielen anderen Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, die nicht zu Donald Trump reisen. Was sagen sie dazu, dass Sie wieder dorthin reisen, wieder Verhandlungen führen und wieder ein sehr wichtiges Thema besprechen, und dass Ungarn praktisch immer im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht?
Donald Trump ist der x-te Präsident, mit dem ich verhandle. Ich habe schon alle möglichen Präsidenten gesehen, denn ich habe mit Bill Clinton angefangen, dann ging es weiter mit dem jüngeren Bush, dann kam Präsident Obama, dann Präsident Trump, dann Biden und wieder Herr Präsident Trump. Und in meiner glücklichen Zeit in der Opposition habe ich sogar mit dem älteren Präsidenten Bush verhandelt, aber mit ihm in Budapest, noch vor dem Zusammenbruch des Kommunismus. Ich denke, die Zuschauer erinnern sich nicht mehr daran, aber der amerikanische Präsident spielte 1989 eine Schlüsselrolle, denn der ältere Bush war nur unter der Bedingung bereit, nach Ungarn zu kommen, dass die Kommunisten zuvor die Angelegenheit der Opfer der Revolution von 1956 regeln würden. Das heißt, die Neubestattung von Imre Nagy und seinen Mitstreitern musste angekündigt werden, damit Präsident Bush kam. Ich muss sagen, dass die Amerikaner vielleicht gar nicht wissen, wie wichtig ihre Rolle beim demokratischen Übergang in Ungarn war, als sie kamen. Damals habe ich ihn getroffen. So viel zur Vorgeschichte. Sehen Sie, jeder ist seines Glückes Schmied. Wenn also beispielsweise die europäischen Staats- und Regierungschefs fast ausnahmslos Freude daran haben, den unterlegenen amerikanischen Präsidenten Trump vier Jahre lang zu beschimpfen, zu kritisieren, sich über ihn lustig zu machen, ihn unwürdig zu behandeln, und dann kehrt der Präsident zurück, dann hat das Konsequenzen. Wir haben das ja nie getan. Aus mehreren Gründen. Erstens, weil der amerikanische Präsident der amerikanische Präsident ist. Präsident Biden hat uns zwar viel Schaden zugefügt, aber auch dort haben wir uns bemüht, mit dem Respekt zu sprechen, der dem amerikanischen Volk gebührt. Zweitens: In der Politik weiß man nie, was morgen sein wird, daher ist es besser, seine Position nicht zu verspielen. Drittens: Der Herr Präsident, also Herr Präsident Donald Trump, war nach den schwierigen Beziehungen zwischen Obama und Ungarn eine Erleichterung für uns und hat Ungarn in seiner ersten Amtszeit sehr geholfen. Und die europäischen Staats- und Regierungschefs haben das vermasselt. So einfach ist das. Auch in der Politik sind wir Menschen, wir merken uns Dinge, und ich möchte mich auch nicht mit Leuten anfreunden, die in der Vergangenheit schlecht über mich geredet und mich zur Hölle gewünscht haben. Wir Ungarn haben Glück. Meiner Meinung nach sind die Ungarn grundsätzlich ein loyales Volk, einmal Freund, immer Freund, und mit Donald Trump haben wir in seiner ersten Amtszeit eine gute Zusammenarbeit aufgebaut. Wir hatten keinen Grund, uns dem negativen Chor Europas anzuschließen, wir haben uns daraus herausgehalten und dem Präsidenten sogar Respekt gezollt, und das hat jetzt zweifellos Vorteile. Das ist die persönliche Seite der Sache. Das ist vielleicht weniger wichtig, aber wie ich schon sagte, auch in der Politik gibt es Menschen. Wichtiger ist vielleicht, dass das, was wir seit 2010 tun, nämlich die Schaffung eines modernen christlichen Regierungssystems, genau das ist, was auch der amerikanische Präsident seit 2016 getan hat. Ungarn ist zwar aufgrund seiner Größe nicht besonders bedeutend, aber das Experiment, das wir 2010 gestartet haben, war ein besonderes Experiment in einem linksliberalen, linken politischen Umfeld, das in vielen Teilen der Welt Interesse geweckt hat, auch in Amerika. Denn auch in Amerika findet derselbe Kampf statt, derselbe Kampf der Zivilisationen wie in Europa: Wird es eine moderne christliche Regierung geben, die auf traditionellen Werten basiert, oder wird es diese linksliberale Regierung und Vorstellung von der Zukunft der westlichen Welt geben, die alles umkrempelt, alles neu überdenkt und alles anders definiert? Dieser Kampf findet statt, und wir stehen auf der gleichen Seite wie der derzeitige amerikanische Präsident.
Herr Ministerpräsident, ich habe noch eine Frage. Donald Trump ist, wie ich in seiner Biografie gelesen habe, ein sehr, sehr kluger, sehr bedachter Geschäftsmann, der genau weiß, was er tut und warum er es tut, und auch in der Politik kommuniziert er sehr bedacht und handelt sehr bedacht. Aber Sie, Herr Ministerpräsident, haben sicher schon eine Routine entwickelt, wie man mit jemandem mit solchem Führungsstil verhandelt. Was ist das Geheimnis oder der Schlüssel zu Donald Trump, um beispielsweise in einer Verhandlung eine Einigung oder einen Kompromiss mit ihm zu erzielen?
Er ist ein geradliniger Mensch in Verhandlungen. Es lohnt sich also nicht, Tricks anzuwenden – das ist der Schlüssel. Wenn man trickst, ausweicht, schwindelt und denkt, man sei schlau und könne die Situation geschickt manipulieren, dann irrt man sich. Am einfachsten ist es also zu sagen: Wir sind hier, weil wir drei Dinge wollen. Ist das möglich, und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Und dann beginnt eine normale Verhandlung. Das ist übrigens in der westlichen Diplomatie völlig ungewöhnlich. Ich habe ihn auch schon vor 2016, in der Kampagne 2015, unterstützt, nicht dass das eine große Bedeutung gehabt hätte, aber Ungarn hat sich für ihn eingesetzt, weil ich mir sicher war, dass wenn kein neuer Führungsansatz, ein neuer Regierungsstil, eine neue Denkweise kommt, sondern wir in diesem westeuropäischen, überintellektuellen, übermäßig rationalen, übermäßig bürokratischen Kommunikations- und Regierungsansatz verharren, dann würde die westliche Welt zugrunde gehen. Europa ist darin verharrt, und es gibt reichlich Probleme. Und deshalb habe ich ihm die Daumen gedrückt, dass er uns da herausholt. Bis zu seinem Amtsantritt gab es in der westlichen Politik nur einen einzigen Kanon, nur eine einzige Lehre: Die Institutionen sind alles, die Person ist nichts. Man muss also den Institutionen helfen; wenn man die Institution gut führt, wird sie die Probleme lösen. Das ist insofern wahr, als dass, wenn die Dinge gut laufen, die Person des politischen Führers zweitrangig ist. Aber sobald Probleme auftreten, sind alle Institutionen gelähmt, und nur starke Führungskräfte können helfen. Und Donald Trump ist seit langem der erste starke Führer. Die früheren amerikanischen Präsidenten und die derzeitigen europäischen Staats- und Regierungschefs behaupten im Grunde genommen von sich, dass sie gute Führungskräfte sind, weil sie bestimmte Institutionen gut führen können. Donald Trump behauptet von sich, dass er ein guter Führer ist, weil es Probleme gibt und er diese lösen wird. Das ist eine völlig andere Welt, und wir brauchen jetzt Letzteres.