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Die Antwort von Viktor Orbán im Europäischen Parlament

Ich danke Ihnen, für Ihre Wortmeldungen! Ich hätte gerne mit Ihnen über unser Präsidentschaftsprogramm, das ich hier vorgestellt habe, diskutiert, aber Sie sind offensichtlich daran nicht interessiert. Sie wollen hier eine parteipolitische Intifada veranstalten, in der Sie alle falschen Anschuldigungen der Linken gegen Ungarn wiederholen. Was ich von Ihnen erhalten habe, ist reine politische Propaganda. Ich werfe Ihnen das nicht vor, denn Sie sind ja Parlamentsabgeordnete, und schließlich, wenn Sie dazu Lust haben, dann soll es so sein!

Ich habe mich allerdings doch über die Äußerungen des Kommissionspräsidentin gewundert, denn es gibt zweifellos Meinungsverschiedenheiten zwischen der Frau Kommissionspräsidentin und Ungarn, die ich bewusst nicht erwähnt habe, da wir unsere Arbeit für Europa im Rahmen des Ratsvorsitzes leisten, und ich halte es für bedauerlich, was die Frau Präsidentin tut, indem sie die Meinungsverschiedenheiten auf die Arbeit des Ratsvorsitzes projiziert. Das ist meiner Ansicht nach nicht richtig. Mit Bedauern muss ich an meine früheren Erinnerungen denken. Früher war das nicht so, da hätte der Vorsitzende der Kommission niemals solche Dinge gesagt, die es die Frau Präsidentin jetzt sagt. Das hätte nicht vorkommen können. Denn früher war die Kommission, wie es im Vertrag heißt, der „Guardian of the Treaty“, ein neutrales Gremium, dessen Aufgabe es war, den „Treaty” zu schützen. Ihre Aufgabe war es, politische Streitigkeiten beiseite zu schieben und mit den Differenzen auf dem Gebiet des Rechts umzugehen. Aber leider sehe ich, dass die Frau Präsidentin das ändert und aus dem Guardian of the Treaty eine politische Waffe macht, ein politisches Organ, das uns Rechte, Patrioten und europäische Patrioten angreift. Ich halte das nicht für richtig.

Ich habe die Erwähnung der Ukraine im Zusammenhang mit der Präsidentschaft bewusst gemieden, aber wenn Sie darüber sprechen wollen, dann lassen Sie uns darüber sprechen! Zunächst einmal, Frau Kommissionspräsidentin, weise ich das, was Sie gesagt haben, auf das Schärfste zurück. Jede Analogie oder jeder Vergleich, der die ungarischen Freiheitskämpfer von 1956 mit der Ukraine vergleicht, ist falsch und eine Schändung des Andenkens an die ungarischen Freiheitskämpfer. Es gibt keine Gemeinsamkeiten zwischen ’56 und dem ukrainisch-russischen Krieg. Daher lehne ich im Namen der ungarischen Freiheitskämpfer alle falschen und irreführenden historischen Analogien ab. Ich spreche jedoch gerne über die Tatsache, dass es in der angelsächsischen Öffentlichkeit bereits einen Satz gibt, der von allen akzeptiert wird, aber ich sehe, dass die kriegsbefürwortenden Abgeordneten in Europa ihn nicht akzeptieren. Wie die angelsächsische Presse sagt: Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir zuerst den Mut haben, zuzugeben, dass wir dabei sind, zu verlieren. Denn Tatsache ist, dass wir an der ukrainischen Front dabei sind, zu verlieren. Und Sie tun hier so, als ob wir das nicht so wäre. Tatsache ist, dass die Europäische Union – auch dank der Frau Kommissionspräsidentin – leichtsinnig, auf der Grundlage von Fehleinschätzungen und mit einer fehlerhaften Strategie in diesen Krieg eingetreten ist. Wenn wir gewinnen wollen, muss die derzeitige Verliererstrategie geändert werden. Dies ist eine schlecht konzipierte und schlecht umgesetzte Strategie. Wenn wir diesen Weg weitergehen, werden wir verlieren. Wenn wir nicht wollen, dass die Ukraine verliert, brauchen wir einen Strategiewechsel. Ich schlage daher vor, dass Sie dies in Betracht ziehen. In jedem Krieg muss es diplomatische Aktivitäten geben, muss es Kommunikation geben, direkte oder indirekte Kontakte. Wenn wir das versäumen, werden wir immer tiefer in den Abgrund des Krieges geraten. Es werden immer mehr verzweifelte Situationen entstehen, immer mehr Menschen werden sterben, Hunderttausende von Menschen sterben, Tausende von Menschen sterben in der Ukraine, auch jetzt, während wir hier sprechen. Mit dieser Strategie wird es keine Lösung für diesen Konflikt auf dem Schlachtfeld geben. Deshalb schlage ich vor, dass Sie stattdessen für den Frieden eintreten sollten. Lassen Sie uns für einen Waffenstillstand argumentieren und lassen Sie uns eine andere Strategie machen, denn mit dieser werden wir alle verlieren.

Der Vorwurf der Kommissionpräsidentin gegen Ungarn, wir hätten die Menschenschmuggler nur einfach so rausgelassen, ist unfair. Das ist nicht wahr! Ungarn verhaftet erstens die Menschenschmuggler und schiebt sie dann nach einiger Zeit aus dem Land ab, mit der Maßgabe, dass sie bei ihrer Rückkehr doppelt so lange im Gefängnis sitzen müssen. Deshalb kommen sie auch nicht zurück. Wir haben Europa von mehr als zweitausend Menschenschmugglern befreit, Frau Kommissionspräsidentin, also sollten wir eher Lob als Kritik ernten.

Mehrere Redner haben für die europäische Einheit plädiert, vielleicht auch Herr Abgeordneter Weber. Wir sind Anhänger der „Unity in Diversity”. Wir werden niemals akzeptieren, dass die europäische Einheit bedeuten soll, dass Sie uns befehlen, den Mund zu halten, wenn uns etwas nicht gefällt. Europäische Einheit bedeutet nicht, dass jeder den Mund halten muss, der nicht mit der Mehrheit oder mit der Frau Kommissionspräsidentin einverstanden ist. Die Regierungspartei hat eine Zweidrittelmehrheit im ungarischen Parlament, aber was Sie angerichtet haben, was Sie getan haben, hätte dort niemals geschehen können. In Ungarn hat die Regierungspartei zwar eine Zweidrittelmehrheit, aber alle Oppositionsparteien haben immer die ihnen zustehenden Ausschussposten erhalten. Aber Sie haben das den Patrioten vorenthalten! Und Sie wollen uns über Demokratie belehren? Das ist doch absurd! Herr Präsident Weber hat gesagt, dass niemand mit uns redet. Das ist eine schwere Beleidigung für diejenigen, die mit uns gesprochen haben. Demnach sind sie also niemand. In Vorbereitung auf die Präsidentschaft war ich bei Ihrem Bundeskanzler in Deutschland, beim französischen Staatspräsidenten in Paris und bei der italienischen Ministerpräsidentin in Rom. Sind sie Niemande? Sind sie die Niemande, Herr Weber?

Es tut mir leid, dass der Vorsitzende der Fraktion der Europäischen Volkspartei die Realität in Klammern setzt. Er sagt, dass die ungarische Regierungspartei die Europawahlen in Ungarn nicht gewonnen hat. Wir haben 45% bekommen! In Deutschland haben Sie 30 bekommen. Wer hat denn hier gewonnen, Herr Weber? Und da Sie sich nicht scheuen, persönliche Bemerkungen zu machen, erlauben Sie mir eine persönliche Bemerkung. Zorn ist ein schlechter Ratgeber. Wir wissen, was der Grund für den Konflikt zwischen uns ist. Im Jahr 2018 habe ich in bedeutendem Maße dazu beigetragen, dass Sie nicht Präsident der Kommission werden konnten. Ich hätte Sie unterstützt, und ich hatte es auch versprochen, Sie zu unterstützen, aber Sie haben hinterher erklärt, dass Sie nicht Kommissionspräsident mit der Stimme der Ungarn sein wollten. Nun, Sie sind es auch nicht geworden! Deshalb sind Sie böse auf mich. Sie wollen auf dem Stuhl sitzen, auf dem Jetzt Ursula von der Leyen sitzt. Sie sitzen dort wegen mir nicht, und deshalb sind Sie böse auf mich. Aber da kann ich nichts tun. Es tut mir leid, dass dieser Konflikt Sie zu einem hungarophoben Menschen gemacht hat, ich kann Ihre Kommentare deshalb nicht ernst nehmen. Ich möchte Sie dringend bitten, Ihre persönlichen Beschwerden nicht mit den europäischen Debatten zu vermischen.

Der Abgeordneten Frau Pérez muss ich bei allem Respekt sagen, dass ich gerne mit Ihnen diskutiere, aber ein wenig Faktenwissen wäre in einer solchen Debatte nicht verkehrt. Unwissenheit ist keine gute Ausgangsposition in solch einer Debatte. Sie werfen Ungarn hohe Steuern vor, wir haben einen Einkommensteuersatz von 15 %, flat tax. Sie sagen, die ungarische Wirtschaft sei in Schwierigkeiten. Wir haben ein doppelt so hohes Wachstum! Das Wachstum der ungarischen Wirtschaft ist doppelt so hoch wie der EU-Durchschnitt! Und so malen Sie ein schlechtes Bild von der ungarischen Wirtschaft? Zählen denn die Fakten nicht, Frau Abgeordnete?

Ich sehe, dass die französische Abgeordnete, die Renew vertritt, am ungarischen Verfassungssystem Anstoß nimmt. Aber akzeptieren Sie doch, dass wir das Recht auf unsere eigene Verfassung haben! Sie sagen, dass wir in Ungarn bestimmte ethnische Gruppen aufgrund ihrer Lebensweise diskriminieren. Das ist einfach nicht wahr! Die ungarische Verfassung gibt jedem das Recht, nach seiner eigenen Vorstellung vom Leben zu leben. Aber eines tut die ungarische Verfassung ganz sicher, und das mag Ihnen nicht gefallen, aber es wird so bleiben: Sie schützt die Familien. Die ungarische Verfassung schützt die Familie, sie schützt die Kinder, sie schützt die Ehe. Und tatsächlich steht in der ungarischen Verfassung, dass die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau besteht. Sie besagt sogar, dass der Vater ein Mann und die Mutter eine Frau ist. Wir haben das Recht auf diese Regelung! Verweigern Sie uns das nicht, Frau Abgeordnete.

Ich muss die Korruptionsvorwürfe gegen Ungarn zurückweisen. Ich kann, wenn Sie wollen, eine persönliche Debatte führen, denn wir sitzen hier in einem Gremium, das sich mit Korruption auskennt, nicht wahr? Wollen Sie, dieses Gremium, auch nur irgendeinen Mitgliedstaat über Korruption belehren? Ist das Ihr Ernst?

Einer der Herrn Fraktionsvorsitzenden sagte, dass sehr viele Menschen Ungarn verlassen. Sie sagen nicht die Wahrheit! Es arbeiten genauso viele Menschen aus Ungarn im Ausland wie aus Österreich. Sollten die Leute auch aus Österreich fliehen? Das ist eine falsche Konzeption! Das ist bösartige Propaganda.

Was die EU-Gelder betrifft, so möchte ich Ihnen nur sagen, dass wir alle wissen, dass 80 % des Geldes, das von der EU in Form von Subventionen nach Ungarn kommt, an Sie zurückfließt. 80 Prozent der an Ungarn gezahlten Beihilfen fließen in die Taschen Ihrer Unternehmen! Kritisieren Sie uns dann dafür, dass wir die EU-Subventionen annehmen? Ist das logisch?

Was die Vertreter der Linken angeht, sie werfen uns vor, gewerkschaftsfeindlich zu sein. Das ist ungerecht! Wir haben eine Vereinbarung mit den Gewerkschaften getroffen. Beim letzten Mal haben wir uns auf ein mehrjähriges Lohnerhöhungsprogramm geeinigt, wir haben uns auf ein Mindestlohnerhöhungsprogramm geeinigt, und wir verhandeln immer noch, und es besteht eine gute Chance, dass wir uns auf Lohnerhöhungsprogramme für die kommenden Jahre einigen werden.

Ich habe das Wort Nazi nicht in dieses Gespräch eingebracht, das haben Sie getan, indem Sie sagten, Sie seien Antifaschist, was ich respektiere. Aber Sie sprechen sich jetzt für einen deutschen Staatsbürger aus, der nach Ungarn gekommen ist und Menschen auf offener Straße gewaltsam angegriffen und schwer verletzt hat, weil ihm ihr Aussehen nicht gefiel. Das ist Nazi-Handeln! In Ungarn kann man nicht aus politischen Gründen Menschen auf der Straße angreifen und dann ins Europäische Parlament kommen und sagen: „Holt mich aus dem Gefängnis, denn ich habe in Ungarn als krimineller Straftäter in der Öffentlichkeit schwere Körperverletzung begangen!“ Das ist nicht möglich! Bitte überdenken Sie das noch einmal und bitten Sie mich nicht, kriminelle Straftäter aus ungarischen Gefängnissen zu entlassen.

Die Kommissionspräsidentin erwähnte die Zahl der in Ungarn arbeitenden Russen. Hier haben wir es mit einem Fall von Heuchelei zu tun. Es gibt 7.000 Russen, die in Ungarn arbeiten; letztes Jahr haben wir 3.000 Genehmigungen ausgestellt, insgesamt 7.000 arbeiten in Ungarn. Frau von der Leyen ist eine deutsche Frau. Was ist in Deutschland los, Frau von der Leyen? Es gibt 300 Tausend Menschen, die in Deutschland arbeiten, 300 Tausend Russen! Und Sie beschuldigen mich? Liebe Frau Präsidentin Pérez, es gibt 100.000 Russen, die in Spanien arbeiten, 100.000 Russen in Spanien! Sie beschuldigen mich? In Frankreich gibt es 60.000 Russen, 60.000 Russen arbeiten! Und Sie kritisieren Ungarn mit unseren 7.000? Ist das fair?

Was die wirtschaftlichen Beziehungen angeht, so treibt Ungarn auf transparente Weise Handel. Aber was ist, wenn ich mir Ihre Länder anschaue? Ich sehe, dass viele der Länder, aus denen Sie kommen, über Asien verdeckt mit den Russen Handel treiben, unter Umgehung der Sanktionen. Hier sind die Zahlen! Die Europäische Union exportiert jeden Monat eine Milliarde Dollar mehr in bestimmte zentralasiatische Länder als vor dem Russland-Ukraine-Krieg. Und warum wohl? So umgehen Sie die Sanktionen! So vermeiden deutsche, französische und spanische Unternehmen Sanktionen. Sie haben auch über Energie gesprochen. Sie, die westlichen Länder, haben seit dem Ausbruch des Krieges russisches Öl im Wert von 8,5 Milliarden Dollar von türkischen oder indischen Raffinerien gekauft. Und Sie kritisieren uns? Für achteinhalb Milliarden! Das ist Heuchelei! Im Jahr 2023 haben Sie, Westler, 44 % mehr russisches Öl gekauft als im Jahr zuvor. Die Steuereinnahmen, die Ihre Unternehmen an den russischen Haushalt abgeführt haben, betrugen 1,7 Milliarden Dollar. Und Sie beschuldigen uns, russlandfreundlich zu sein? Nun, Sie finanzieren es!

Die Wahrheit ist, dass ich nicht hierhergekommen bin, um Ihnen diese Fakten an den Kopf zu werfen, das hatte ich auch nicht im Mindesten vor. Ich bin hierhergekommen, um das Programm des ungarischen Ratsvorsitzes vorzustellen. Ich wollte sagen, dass es ein Problem gibt. Ich wollte sagen, verehrte Fraktionsvorsitzende, dass es ein Problem mit der Wettbewerbsfähigkeit gibt, dass es ein Migrationsproblem gibt, dass wir Veränderungen vornehmen müssen, und der ungarische Ratsvorsitz hat einige Vorschläge, die wir mit den anderen Staats- und Regierungschefs erörtern, aber wir möchten auch, dass das Parlament sie unterstützt – deshalb bin ich hier. Und Sie haben dieses Treffen in so einen parteipolitischen Streit verwandelt. Ich bedaure das zutiefst, aber ich werde Ihnen nichts schuldig bleiben, keinem von Ihnen! Wenn wir angegriffen werden, werde ich meine Heimat verteidigen.

Ich danke Ihnen!

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