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Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen, Ungarn!” von Radio Kossuth

Zsolt Törőcsik: Gestern stieg weißer Rauch aus der Sixtinischen Kapelle auf, und gut eine Stunde später trat Leo XIV., der erste nordamerikanische Papst, vor die Gläubigen. In seiner ersten Ansprache sprach er von Frieden, von einer Kirche, die Brücken baut und sich für die Armen einsetzt. Ich begrüße Ministerpräsident Viktor Orbán im Studio. Guten Morgen!

Guten Morgen!

Sie haben gestern auf Facebook geschrieben, dass wir einen Papst haben, dass es Hoffnung gibt. Was erwarten Sie auf dieser Grundlage vom neuen Papst in Bezug auf die Angelegenheiten des Christentums und die Außenpolitik?

Ich verfolge die Vorgänge im Vatikan auch aus zwei Gründen. Einerseits ist der Vatikan ein Staat und Teil des internationalen diplomatischen Lebens. Er ist ein seltsamer Staat, weil er nicht von einem Kanzler geführt wird – es gibt zwar einen Kanzler –, sondern von einem Mann Gottes, weshalb er ein besonderer Staat ist, der es verdient, dass wir die Botschaften, die von dort kommen, mit mindestens doppelter Aufmerksamkeit verfolgen. Andererseits verfolge ich sie auch als gläubiger Mensch, weil der Mensch Seelsorge und Orientierungspunkte braucht. Meiner Meinung nach ist der Papst kein Nordamerikaner, aber das werden die Analysten noch herausfinden, denn obwohl er in Chicago geboren wurde, kommt er, wenn ich das richtig verstanden habe, aus Peru, und in diesem Sinne wird er wahrscheinlich das fortsetzen, was Papst Franziskus begonnen hat. Wenn ich also schnell etwas sagen müsste, würde ich sagen, dass ich keine großen Veränderungen erwarte. Eine vielleicht wichtigere Frage ist, warum der Heilige Vater für uns so wichtig ist. Es geht nicht so sehr um seine Person, obwohl auch das sehr wichtig ist, sondern darum, dass die Welt einen Heiligen Vater hat. Einerseits gibt es Katholiken und Protestanten, Ungarn ist ein solches Land. Ich denke, dass wir alle innerhalb unserer eigenen Kirche eine Art Seelsorger brauchen. Die moderne Welt versucht dies durch Psychologen zu ersetzen, aber was wir wirklich brauchen, ist nicht, dass uns jemand behandelt, sondern dass wir einen Seelsorger haben, und die Katholiken sehen den Heiligen Vater sicherlich so. Aber auch für die Reformierten ist es nicht egal, wer der Papst ist, was der Papst sagt, welche Botschaft er vermittelt, welche Glaubensgrundsätze er bekräftigt, denn wir brauchen moralische und Glaubensgrundlagen in dieser Welt, zumal in einer so verwirrten Welt, in der die christlichen Werte ständig angegriffen werden. Ich glaube also, dass auch unsere calvinistischen Brüder jemanden brauchen, auf den sie hören können, zu dem sie eine Beziehung haben können, der – ich sage es noch einmal – für alle Christen eine Art moralischer und religiöser Bezugspunkt ist. Ich hoffe, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird.

Nun, das werden wir sehen, das wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Sicher ist jedoch, dass Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, diese Woche in der Sitzung des Europäischen Parlaments gesagt hat, dass der Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union beschleunigt werden muss, weil dies die stärkste Sicherheitsgarantie sein kann, und sie hat auch gesagt, dass daran gearbeitet wird, dass noch in diesem Jahr alle Beitrittskapitel geöffnet werden können. Wie realistisch ist es Ihrer Meinung nach, dass dies tatsächlich noch in diesem Jahr geschieht?

Die politische Entscheidung ist gefallen. Diese Entscheidung wurde gegen Ungarn getroffen, weil wir den Beitritt der Ukraine nicht unterstützen und eine beschleunigte Aufnahme erst recht nicht. Tatsächlich gab es im Europäischen Parlament zwei wichtige Reden, die der Europäischen Volkspartei und die von von der Leyen. Robert Fico reagierte auf diese Rede mit den Worten, dass das, was wir dort gehört haben, wirtschaftlicher Selbstmord sei. Die Aufnahme der Ukraine in die Union ist also wirtschaftlicher Selbstmord. Ich freue mich, dass nicht nur Ungarn so denkt, sondern dass es nun auch schon andere führende europäische Politiker gibt, die diese Meinung teilen. Unsere Hoffnung war mit den gegenteiligen Entwicklungen verbunden. Nun haben die europäischen Staats- und Regierungschefs, vor allem die Volkspartei, denn sie ist hier die führende Kraft, beschlossen, dass der Krieg fortgesetzt, die Sanktionen aufrechterhalten und russische Energie vollständig aus Europa verdrängt werden muss, und dann wird mit der europäischen Wirtschaft geschehen, was eben passiert. Unsere Hoffnung ging in die entgegengesetzte Richtung. Wir hoffen, dass es Frieden geben wird, und wir arbeiten nicht nur darauf hin, sondern wir hoffen auch darauf und arbeiten dafür. Wenn Frieden herrscht, können die Sanktionen endlich aufgehoben werden. Wenn wir die Sanktionen aufheben, wird die Energie billiger, und wenn die Energie billiger wird, kommt die Wirtschaft in Schwung, und auch für die Familien wird es leichter. Leider hat die Union beschlossen, und dies nun bekräftigt, dass sie den entgegengesetzten Weg einschlagen wird. Das verschärft die innenpolitischen Debatten in Ungarn, denn es gibt zwei Arten von Parteien in Ungarn: Die einen folgen den Entscheidungen der europäischen Führung, von der Leyen und der Europäischen Volkspartei, dazu gehören die DK und die Tisza, die dort im Europäischen Parlament sitzen, und dann gibt es uns, die wir auf nationaler Basis stehen und widersprechen.

Wir werden gleich über innenpolitische Themen sprechen…

Ja, da es die Papstwahl gab: Wir widersprechen nicht, sondern sprechen uns dagegen aus.

Ja, wir werden auch über die innenpolitischen Aspekte sprechen, aber von der Leyen hat tatsächlich auch erwähnt, dass als Mittel für den Beitritt der Ukraine die Importe russischer Energieträger vollständig eingestellt werden müssen. Wie würde sich das auf die Energiepreise in Europa und Ungarn auswirken, überhaupt auf die Senkung der Nebenkosten? Dazu gibt es Berechnungen.

Wir sprechen jetzt davon, dass es Ungarn – übrigens unter enormen Anstrengungen – gelungen ist, trotz der Sanktionen gegen russische Energie zu erreichen, dass wir die zweit- oder drittniedrigsten Energiepreise in Europa zahlen, jedenfalls die Familien. Das gilt für Gas und auch für Strom. Ungarische Familien erhalten also heute Energie zu beispiellos günstigen Preisen, und damit sind auch ihre Nebenkosten niedrig, die zwar immer noch nicht gering sind, aber weit hinter denen anderer Länder zurückbleiben. Ich sage immer, dass ein Kádár-Würfel in einer Heizperiode etwa 260.000 bis 280.000 Forint kostet, in der Slowakei sind es etwa 480.000 und in Polen etwa 880.000 bis 900.000. Nun, wenn die Energiepreise angehoben werden, und das werden sie, denn der Ausschluss russischer Energie, Gas und Öl aus Europa bedeutet, dass die Preise steigen werden, weil Ungarn bisher seine Energie billiger aus Russland bezogen hat, wenn man uns das verbietet, lassen wir mal beiseite, ob das richtig ist, ob man das Recht dazu hat, aber sie haben auf jeden Fall diese Absicht, sie haben es angekündigt, also wenn sie uns das verbieten, muss Ungarn für die gekaufte Energie, für die aus dem Ausland gekaufte Energie, etwa 800 Milliarden Forint mehr bezahlen. Wir haben das in der Regierungssitzung beziffert, die Berechnungen liegen zwischen 600 und 800 Milliarden. Und das hängt mit der Senkung der Nebenkosten auf die Weise zusammen, dass heute die Unterstützung ungefähr so hoch ist, wie viel wir den Familien gewähren, damit die Energiepreise niedrig bleiben. Wenn Brüssel das also durchsetzen kann, werden die Familien in kürzester Zeit doppelt so viel für Gas und Strom bezahlen wie bisher. Das wurde heute in Brüssel beschlossen. Aus irgendeinem mysteriösen Grund wird dies von der DK unterstützt, von der Tisza-Partei, von den Brüsseler Parteien, die aus Ungarn kommen. Hier kann man auf Mi Hazánk, den Fidesz und die KDNP zählen, die nicht zu den regierenden europäischen Parteien gehören, sondern wir gehören zur europäischen Opposition, wir leisten Widerstand und wir haben auch nicht dafür gestimmt und wir werden dies auch nicht unterstützen.

Gleichzeitig sagen sie, dass sie diesen Plan sogar mit qualifizierter Mehrheit gegen den Willen Ungarns verabschieden werden. Was kann man tun, um dies zu verhindern, und wie kann die derzeitige meinungsäußernde Abstimmung dabei helfen?

Ich sehe, dass in den kommenden Wochen und Monaten schwere Kämpfe auf Ungarn und auch auf mich persönlich in Brüssel zukommen. Wir müssen dafür kämpfen, dass die ungarischen Haushalte nicht gezwungen werden, doppelt so viel für Energie und Nebenkosten zu bezahlen wie bisher. Wir müssen Verbündete sammeln, uns rechtlich vorbereiten, es gibt tatsächlich einen Plan, um die bisherige auf Einstimmigkeit basierende Entscheidung zu umgehen und mit einer qualifizierten Mehrheit eine Entscheidung zu treffen. Für diesen Kampf brauche ich Kraft und Hilfe, deshalb steht Voks2025, bei dem es um den Beitritt der Ukraine geht, in direktem Zusammenhang mit den Energiepreisen und der Senkung der Nebenkosten, und ich bitte alle, die der Regierung helfen wollen, mir dabei zu helfen, dass wir in Brüssel gut für die Verteidigung der niedrigen Nebenkosten kämpfen können, uns zu unterstützen und an der Abstimmung Voks2025 teilzunehmen.

Sie haben erwähnt, dass in dieser Frage der Fidesz auf der einen Seite steht und die DK und die Tisza auf der anderen, wenn man die innenpolitischen Bruchlinien in Ungarn betrachtet. Gleichzeitig hat der Vorsitzende der Tisza-Partei diese Woche in einem offenen Brief an den Vorsitzenden der Volkspartei geschrieben, dass er „mit einem beschleunigten EU-Beitritt der Ukraine nicht einverstanden ist“. Was ist der Grund dafür, dass Sie dennoch das Gegenteil denken?

Schauen Sie, vor allem deshalb, weil derselbe Parteivorsitzende auch gesagt hat, dass er niemals als Abgeordneter nach Brüssel gehen werde. Er hat auch gesagt, dass er die Institution der Immunität abschaffen werde. Stattdessen sitzt er in Brüssel und nutzt seine Immunität, um sich gegen die Aufhebung seiner Immunität wegen in Ungarn begangener Straftaten zu wehren, und versteckt sich hinter dieser Immunität, um seine Politik fortzusetzen. Es ist also schwer, die Meinung von jemandem ernst zu nehmen, der zuvor seine Glaubwürdigkeit verspielt hat. Deshalb halte ich so etwas für Theater. Ich kenne die Europäische Volkspartei von innen. Die Tisza-Partei kann mir sagen, was sie will. Wir waren viele Jahre lang Mitglied der Europäischen Volkspartei, Helmut Kohl hat uns Ende der 1990er, Anfang der 2000er Jahre eingeladen. Ich kenne alle, von Kopf bis Fuß, gründlich, von innen und außen, jeden einzelnen. Ich weiß, wie es funktioniert. In der Europäischen Volkspartei gibt es keine Widerrede. Deshalb sind wir ausgetreten. Wir haben die Europäische Volkspartei also deshalb verlassen, weil man uns in der Migrationsfrage den Standpunkt Deutschlands oder Brüssels aufzwingen wollte. Wer also in der Europäischen Volkspartei ist, muss – wenn er dort ist – akzeptieren, was die Europäische Volkspartei sagt; sie ist eine disziplinierte Partei: Wer nicht mitmacht, hat sich selbst um den Nachtisch gebracht. Hinzu kommt, dass die Europäische Volkspartei sogar angekündigt hat, dass sie in Ungarn einen Regierungswechsel und eine Regierung an die Macht bringen wird, die sich im Übrigen an die Politik Brüssels und der Europäischen Volkspartei halten wird. Das bedeutet heute, dass man den Krieg unterstützen, die Ukraine aufnehmen, die Migration akzeptieren und auch in der Genderfrage den Standpunkt des europäischen Mainstreams übernehmen muss. Wer in der Volkspartei ist, vertritt diese Position. Egal, was er sagt, schreibt oder redet.

Als andere Partei, die sich für die Unterstützung der Ukraine einsetzt, haben Sie die Demokratische Koalition erwähnt, deren bisheriger Vorsitzender, Ferenc Gyurcsány, gestern seinen Rückzug aus dem öffentlichen Leben in Ungarn angekündigt hat. Was halten Sie von diesem Rückzug und wie könnte sich die Politik der Demokratischen Koalition danach verändern, wenn überhaupt?

Es ist nicht angebracht, sich mit den Angelegenheiten anderer zu beschäftigen, man sollte lieber vor der eigenen Haustür kehren, aber zwei Anmerkungen möchte ich mir vielleicht erlauben. Die erste ist, dass die DK ja einen Kampf auf Leben und Tod mit der Tisza führt. Nicht mit der Regierung! Das Duell DK–Regierung ist entschieden, das haben die Wähler bereits vier- oder fünfmal entschieden. Hier geht es in Wirklichkeit um die Führungsrolle in der Opposition und ums Überleben. Wir sehen ein Duell Tisza–DK, und offensichtlich dachten die DK-Leute, dass sie so bessere Chancen haben. Das ist ihre Partei, ihre Entscheidung, ihre Sache, ich möchte das nicht beurteilen. Aber die Sache wurde mit einer privaten Angelegenheit vermischt, denn Ferenc Gyurcsány hat sich von Klára Dobrev getrennt, die die neue Vorsitzende der DK ist. Dazu kann ich nur sagen, dass ich mit ihnen mitfühle, es kann nicht leicht sein, nach vielen Jahren Ehe zu entscheiden, dass man sein Leben getrennt von seiner ehemaligen Frau oder seinem ehemaligen Mann weiterleben will. Das ist eine private Angelegenheit, die keinesfalls in die Politik hineingetragen werden darf. Wir können hier nur sagen, dass wir mit ihnen mitfühlen.

Da wir gerade von Innenpolitik sprechen: Gestern hat die Tisza eine Tonaufnahme aus dem Jahr 2023 veröffentlicht, auf der der Verteidigungsminister davon spricht, dass sie eine schlagkräftige Armee aufbauen und dass man in die Nullphase des Weges in den Krieg eintreten muss. Laut der Tisza beweist dies, dass die ungarische Regierung nicht friedliebend ist, sondern sich sogar ausdrücklich auf einen Krieg vorbereitet. Inwiefern widerspricht diese Aussage, die wir auf dieser Aufnahme hören, Ihrer Meinung nach der bisherigen friedliebenden Haltung?

Wenn die Aufnahme so ist, wie ich sie in schriftlicher Form gelesen habe, dann ist darin die offizielle Position der Regierung zu hören. Die Position der Regierung ist also, dass man für den Frieden Stärke braucht, dass man für den Frieden eine Armee braucht. Man darf also die ungarische Armee nicht mit der Heilsarmee verwechseln. Die Heilsarmee ist eine zivile, friedliche Truppe, die sich für den Frieden einsetzt. Die ungarische Armee hingegen hat die Aufgabe, im Falle einer Bedrohung oder eines Angriffs das Vaterland zu verteidigen, wofür wir Soldaten brauchen, und wir brauchen eine Armee, die bereit und in der Lage ist, für die Freiheit und Unabhängigkeit Ungarns zu kämpfen, wenn wir angegriffen werden. Wir brauchen also keine uniformierten Arbeitnehmer, sondern Kämpfer. Ich sage es noch einmal: Für den Frieden braucht man Stärke! Und dafür stehen wir, das ist also unsere offizielle Position, das muss man nicht enthüllen, denn es steht in allen Regierungsdokumenten. Was mich mehr stört, ist die Rolle des ehemaligen Generalstabschefs in einer solchen Farce. Ich habe ja den ehemaligen Generalstabschef entlassen. Ich habe dafür auch keine näheren Gründe genannt, was meiner Meinung nach auch nicht notwendig ist, da die Armee nicht in politische Debatten hineingezogen werden darf. Ich halte es für gut, dass die Armee außerhalb der Parteipolitik steht, aber natürlich ist sie Teil der nationalen Strategie, ja sogar einer ihrer wichtigen, bestimmenden Akteure, aber sie muss von parteipolitischen Debatten, Machtkämpfen und Auseinandersetzungen ferngehalten werden. Das Verfassungssystem basiert übrigens auch darauf, dass die Armee in diesem Sinne aus dem politischen Leben Ungarns herausgehalten wird, und deshalb versuche ich, wenn dort etwas passiert, mich in der Öffentlichkeit so kurz wie möglich dazu zu äußern, denn jede längere Begründung zieht die Armee in die Welt der politischen Debatten hinein. Ich habe also nicht länger die Entlassung des Generalstabschefs kommentiert, aber gestern wurden auch Informationen veröffentlicht, die den wahren Grund dafür beleuchten. Ich habe also die ungarische Armee nicht in Sicherheit gesehen, weil ich den Eindruck hatte, dass ihre Führung pro-ukrainisch statt pro-ungarisch ist. Oder, um fair zu sein, er hat die ungarischen Interessen so verstanden, dass ihnen am besten durch eine pro-ukrainische Haltung gedient werden könne. Aber das ist ein Irrtum! Und darüber entscheidet nicht die Armeeführung, sondern die politische Führung, die für die Leitung des Landes verantwortlich ist. Und unsere politische Entscheidung, die auf entsprechenden Analysen basiert, lautet, dass die Unterstützung der Ukraine in diesem Krieg und später auch im EU-Beitrittsprozess den Interessen Ungarns zuwiderläuft. Wir haben das Recht, diese Entscheidung zu treffen. Auch wenn Herr Weber im Europäischen Parlament gesagt hat, dass die Ukrainer das Recht haben, der Europäischen Union beizutreten. Das ist ein Irrtum! Die Ukrainer haben das Recht, sich um die Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu bewerben. Wir, die wir drinnen sind und Mitglieder sind, haben das Recht zu entscheiden. Ja oder nein? Das ist die richtige Beschreibung der Situation. Und ich akzeptiere keinerlei Druck von außen, geschweige denn aus den Reihen der ungarischen Armee, die die ungarische politische Führung in die Richtung bewegen will, statt den ungarischen Interessen den ukrainischen Interessen zu folgen. Darüber hinaus gab es auch eine persönliche Komponente, weshalb ich bedaure, dass der ehemalige Generalstabschef auf die politische Bühne getreten ist, denn ich hatte geglaubt, er würde sich in Scham verstecken. Denn wenn sich herausstellt, dass ein General sich auf Kosten der Steuerzahler im Militärkrankenhaus die Fettpolster absaugen lässt, um besser auszusehen, und das ans Licht kommt, dann verschwindet man, weil das eine einfach inakzeptable Sache ist. Stattdessen tritt er mitten ins politische Leben und greift die Politik der ungarischen Führung an, die die nationalen Interessen verteidigt, ihre Militärpolitik. Ich finde das nicht richtig. Es ist eine traurige Geschichte.

Wir haben in den letzten etwa zwanzig Minuten über viele verschiedene Risiken gesprochen, auch über wirtschaftliche Risiken. Sie und Robert Fico haben beispielsweise gesagt, dass der Plan der Kommission wirtschaftlicher Selbstmord sei. Gleichzeitig hat die Regierung bereits den Haushalt für 2026 dem Parlament vorgelegt. Wie ambitioniert sind die Verpflichtungen für das nächste Jahr unter Berücksichtigung der externen und internen Einflüsse, Risiken und Faktoren?

Sehr ambitioniert – kurz gesagt. Die Frage für das Jahr 2026, auf die auch der Haushalt eine Antwort geben muss, lautet also: Fließt das Geld der Ungarn in die Ukraine? Denn unsere finanziellen Möglichkeiten sind ganz andere, wenn Brüssel das Geld der Ungarn in die Ukraine schickt oder uns verpflichtet, von hier, aus Budapest, Geld in die Ukraine zu schicken, und ganz andere, wenn wir dies abwenden können. Dieser Haushalt geht davon aus, dass Ungarn auch 2026 eine nationale Regierung haben wird. Eine Regierung, die kein Geld in die Ukraine schickt, keine Waffen in die Ukraine schickt und auch in der Frage der aus der Europäischen Union in die Ukraine geschickten Gelder die ungarischen Interessen verteidigt. Das ist der Ausgangspunkt des Haushalts. Denn die politische Debatte in Ungarn dreht sich heute darum, ob es 2026 eine ukrainefreundliche oder eine ungarnfreundliche Regierung geben wird, da 2026 Wahlen stattfinden werden. In dieser Frage muss man Stellung beziehen, denn man muss auf etwas aufbauen, und dieser Haushalt sagt, dass es nach 2026 eine nationale und ungarnfreundliche Regierung geben wird, also geht das Geld der Ungarn nicht in die Ukraine, sondern wir werden es hier ausgeben und hier verwenden, das ist der Ausgangspunkt des Haushaltsplans. Der Haushalt sieht sehr viel für die Familienförderung vor. Das sind enorme Zahlen, von denen ich nicht weiß, ob die Radiohörer sie so spontan in ihrer eigenen Welt einordnen können. Wir geben 4.800 Milliarden Forint für familienpolitische Ziele aus, fast 800 Milliarden Forint für die Senkung der Nebenkosten, das sind zusammen 5.600 Milliarden Forint, und 7.700 Milliarden Forint werden wir für Rentner und Renten ausgeben. Wichtig ist, dass wir 2026, wenn schon von der Armee die Rede war, die sogenannte Waffengeldauszahlung leisten, das sind sechs Monatsgehälter, die die Soldaten erhalten; das sind 450 Milliarden Forint. Die Politik der Lehrergehaltserhöhungen wird fortgesetzt. Wir werden ja auch Geld für die wirtschaftliche Entwicklung ausgeben, wir werden statt 100 Fabriken 150 in Betrieb nehmen, weil die ungünstigen Wirtschaftsdaten dies rechtfertigen, also müssen wir hier noch mehr tun, das wird 5.050 Milliarden Forint kosten, aber gleichzeitig erhöhen wir die Ausgaben für Bildung und auch für das Gesundheitswesen werden wir 2026 280 Milliarden Forint mehr ausgeben, was insgesamt rund 4.000 Milliarden Forint entspricht. So sieht der Haushalt aus: optimistisch, kriegsfeindlich und mit ambitionierten Zielen.

Es gibt noch ein weiteres Risiko, an dessen Eindämmung die Regierung in den letzten Monaten gearbeitet hat. Das ist die Inflation. Um diese weiter einzudämmen, wird nun der Preismargenstopp ausgeweitet, darüber wurde diese Woche entschieden. Was hat dies begründet und was versprechen Sie sich von dieser Maßnahme?

Wir befinden uns seit Jahren in einem großen Dilemma, denn schließlich wurde Ungarn von einem enormen, kriegsbedingten Inflationsschock getroffen. Seit dem Bokros-Paket, das wir uns selbst zu verdanken haben, das von innen kam, und es das Ergebnis einer schlechten Wirtschaftspolitik war, und jetzt hat uns die hohe Inflation aufgrund des Krieges von außen hart getroffen und Familien und Unternehmen gleichermaßen belastet. Damit kämpfen wir jetzt und versuchen, die Preise wieder auf ein normales Niveau zu senken, denn wir haben das Gefühl, dass die Preiserhöhungen in einigen Bereichen einfach ungerechtfertigt sind, dass das Ausmaß der Preiserhöhungen ungerechtfertigt ist, dass es unzumutbare Preise gibt, die letztendlich die ungarischen Familien ausnehmen, sie ausnehmen, wobei das Wort „ausplündern“ hier vielleicht etwas zu militant ist, aber im Grunde genommen nehmen sie ihnen ihr Geld weg, sie ziehen ihnen durch die hohen Preise das Geld aus der Tasche. Und das kann man nicht zulassen. Die Regierung ist also dazu da, die Menschen zu schützen, insbesondere dort, wo dieser Schutz in vollem Umfang gerechtfertigt ist. Und hier ist sie gerechtfertigt. Deshalb müssen wir in das Preissystem eingreifen. Das ist eine sehr heikle Frage. Im Idealfall, wenn es keinen solchen externen Inflationsschock gibt und die Händler sich zurückhalten, muss die Regierung nicht in das Preissystem eingreifen. Aber in vielen Ländern Europas, ja sogar in den meisten Ländern, musste eingegriffen werden, so auch in Ungarn, unabhängig davon, ob man dies für gesund hält oder nicht, denn langfristig ist es natürlich nicht gesund, die Wirtschaft muss sich selbst regulieren können. Aber jetzt sind wir dazu gezwungen, weil wir die Familien schützen müssen. Es ist sehr schwierig, richtig einzugreifen. Es gibt alle möglichen Instrumente, aber wenn man es nicht richtig macht, sind die Familien am Ende nicht besser dran. Deshalb haben wir uns nach langem Ausprobieren und Sammeln von Erfahrungen schließlich für eine Preismargenregulierung entschieden. Soweit ich sehe, funktioniert dies, da wir es bereits für Lebensmittel eingeführt haben. Hier legen wir fest, wie hoch die Preisspanne sein darf, die der Händler auf den Einkaufspreis des jeweiligen Produkts aufschlagen darf. Das ist im Übrigen nicht sein Gewinn, sondern auch seine Kosten, also handelt es sich hier die maximale Summe aus Gewinn und Kosten. Und das schreiben wir fest. Damit verhindern wir weitere Preiserhöhungen, und wer schon viel zu weit gegangen ist, den holen wir zurück. Bei Lebensmitteln haben wir das eingeführt, jeder kann es sehen, jeder kann sich eine Meinung bilden, jeder hat Erfahrungen damit, und es ist sicher, dass unsere Maßnahme etwas bewegt hat und die Preise sich geändert haben. Wir haben jedoch festgestellt, dass Familien nicht nur unter den hohen Lebensmittelpreisen leiden, sondern auch unter den wahnsinnig hohen Preisen für bestimmte Haushaltsartikel. Diese haben wir aufgelistet. Das sind dreißig Kategorien von Haushaltsartikeln und mehrere tausend Produkte, und wir haben gesagt, dass die Preisspanne der Händler hier nicht mehr als 15 Prozent betragen darf. Wir hoffen, dass dies zu großen Preisbewegungen und Preissenkungen führen wird und wir damit den Familien helfen.

Ich habe Ministerpräsident Viktor Orbán auch zu den Debatten über den EU-Beitritt der Ukraine und die Unterstützung des Landes, zum Haushalt für das nächste Jahr und zur Ausweitung der Preismargenstopps befragt.

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