Sehr geehrter Herr Präsident Alijew! Sehr geehrte Herr Präsidenten und werte Kollegen!
An erster Stelle möchten wir uns beim Herrn Präsidenten Alijew für die Einladung bedanken. Es ist immer eine Freude zu Ihnen, in das herrliche Baku zu kommen. Ich möchte Ihnen Ungarns beste Grüße und Anerkennung aussprechen bestellen, und möchte meine Glückwünsche dafür aussprechen, dass die SPECA-Initiative wieder aufgegriffen wurde. Ich befinde mich in der – vielleicht darf ich sagen glücklichen – Position, dass ich seit 33 Jahren in der internationalen Politik tätig bin, und deshalb ich mit Ihnen jene meine Erfahrung teilen kann, dass die letzten zehn Jahre ganz anders waren im Vergleich zu den ihnen vorangehenden zwanzig. Es gab eine Finanzkrise, die auf die Realwirtschaft übergriff, Europa ist seit acht Jahren von einer Migrationskrise betroffen, die Pandemie und der Krieg in der Ukraine sind ausgebrochen, und jetzt haben wir die Sicherheitskrise im Nahen Osten.
Sehr geehrte Kollegen!
Es sieht so aus, dass wir uns darauf vorbereiten müssen, dass wir die Lösungen, die die Entwicklung unserer Länder unterstützen, auch in der Zukunft unter stürmischen Umständen werden finden müssen. Wie ich das sehe, kann die Wiederbelebung des SPECA in dieser Situation äußerst förderlich sein. Wie Sie wissen, ist Ungarn Mitglied in der Europäischen Union, deshalb werde ich jetzt aus europäischer Perspektive sprechen. Europa ist in die Frontlinie dieser vorhin erwähnten Herausforderungen geraten. In Europa gibt es Krieg, die Wettbewerbsfähigkeit des Kontinents verschlechtert sich, wir können der illegalen Migration keinen Einhalt gebieten, in immer mehr europäischen Ländern existieren Parallelgesellschaften, und fortlaufend nimmt die Bedrohung durch den Terrorismus zu. Das europäische Wirtschaftswachstum ruhte in den vergangenen drei Jahrzehnten auf sicherem Fundament. Die Idee war einfach, doch genial: Wir haben die entwickelte westliche Technologie mit den leicht und billig zugänglichen Energieträgern aus dem Osten, grundsätzlich aus Russland verbunden, und diese Kombination hat unser Gewicht, unsere Rolle in der Weltwirtschaft gestärkt. Diese Zusammenarbeit ist wegen dem Krieg und der darauf gegebenen Antworten auseinandergefallen, auf die Weise, dass gleichzeitig keine neue Idee, keine neue Strategie entstanden ist. Wir errichteten währenddessen die Fundamente des europäischen Wirtschaftswachstums nicht, wir tauschten nicht die eine Strategie gegen die andere aus, sondern wir warfen das weg, was wir gehabt hatten, und nach der Neuen suchen wir erst.
Sehr geehrter Herr Präsident Alijew!
Deswegen läuft zurzeit eine große Diskussion in Europa, wie sich Europa mit der Welt östlich von uns verbinden sollte, zu der auch die hier sitzenden Führungspersönlichkeiten gehören. Sie sind offensichtlich mit den europäischen Debatten darüber vertraut. Wir haben zwei Schulen; die eine lässt sich mit dem Begriff decoupling beschreiben, sie will sich lieber lösen, und die andere mit dem Begriff connectivity, die Verbindungen will. Diese Diskussion läuft derzeit, und es steht viel auf dem Spiel – meiner Meinung nach auch für Sie. Aber auch für die Wirtschaft von Europa ist dies eine ernsthafte Debatte, weil das Rückgrat der europäischen Wirtschaft der Fahrzeugbau ausmacht, und nun, da wir in das grüne Zeitalter übergehen müssen, sind die großen westlichen Hersteller alle auf östliche Lieferanten angewiesen. Ich persönlich habe 26 Jahre in der Welt gelebt, in der die Weltwirtschaft in zwei Hälften getrennt wurde, und Blöcke haben sich herausgebildet, und unsere Heimat, ganz Mitteleuropa eine Menge bei der Herausbildung der Blöcke verloren hat. Deshalb möchte ich Ihnen versichern, wir wollen, dass das jetzt im Entstehen begriffene globale Wirtschaftszeitalter von Verbindungen und auf gegenseitigem Respekt basierender Zusammenarbeit geprägt ist. Wir halten es nicht aus, dass in Europa der Energiepreis um ein Vielfaches höher ist, als in den Vereinigten Staaten, während wir miteinander wirtschaftlich konkurrieren müssen. Es ist meine Überzeugung, dass wir ohne die Verbindung zwischen Zentralasien und Europa keine neue, erfolgreiche europäische Wirtschaftsstrategie schaffen können. Ihre Rolle und die Rolle Zentralasiens haben aus dem europäischen Blickwinkel beträchtlich an Bedeutung gewonnen. Um in der nächsten Periode Verbindungen und eine zivilisierte Ost-West-Zusammenarbeit zu haben, braucht es Vermittler, und wir aus Europa betrachten Zentralasien als eine Region, die die europäischen und östlichen Transport-, Handels- und digitalen Routen miteinander verbindet.
Ich möchte Ihnen darüber hinaus mitteilen, dass das Vorhandensein der sicheren, berechenbaren und modernen Transportwege zwischen Ost-West, Europa und Asien auch ein grundlegendes nationales Wirtschaftsinteresse Ungarns ist. Wir haben Diskussionen aller Arten mit der EU, mit denen ich Sie jetzt nicht langweilen möchte, aber unsere nationale Wirtschaftsstrategie baut darauf, dass wir Ungarn in einen Treffpunkt der am stärksten entwickelten Firmen und Wirtschaften aus Ost und West verwandeln. In Ungarn ist der Anteil der Investitionen aus Asien der höchste, er wächst enorm, und die Rolle von Energieträgern aus Zentralasien nimmt für das Funktionieren unserer Wirtschaft zu. Wir wollen diesen Vorgang stärken, deshalb unterstützen wir jede Initiative, die Zentralasien stärkt und sich auf die Zusammenarbeit der Länder der Region günstig einwirkt. Dies ist meiner Meinung nach ein großartiges Bestreben, es freut mich, dass es wieder zum Leben erweckt wird, weil es deutlich zeigt, dass diese Region, Ihre Region in Bezug auf Europa vor einer fantastischen Möglichkeit steht. Ungarn war nicht nur Unterstützer, wir waren sogar Mitverfasser der UN-Resolution zur Anerkennung der Zusammenarbeit, und am Montag, als die Organisation der Vereinten Nationen sie annahm, war Ungarn dabei auf außenministerieller Ebene vertreten.
Wenn Sie mir gestatten, führe ich Ihnen als gutes Beispiel die ungarisch-aserbaidschanischen Beziehungen an. Unsere Freundschaft ist keine Gasfreundschaft. Wir bauen, nicht wahr, mit den Ländern Zentralasiens, unter ihnen auch mit Aserbaidschan eine brüderliche Freundschaft auf, wir sind brüderliche Nationen, doch zweifellos gelang es uns in letzter Zeit eine starke Energiekooperation zwischen den beiden Ländern zu etablieren. Wir schätzen den besonderen Entwicklungsweg, auf den Herr Präsident Alijew Aserbaidschan gebracht, wodurch er die Anerkennung der ganzen Welt gewonnen hat. Der aserbaidschanisch-ungarische Handelsverkehr stellt dieses Jahr einen Rekord auf, und immer mehr ungarische Firmen kommen hierher, um Investitionen zu tätigen, und ich melde Ihnen, dass auch die ersten Erdgaslieferungen aus Aserbaidschan in Ungarn eingetroffen sind, was bisher noch nie geschehen ist.
Sehr geehrter Herr Präsident Alijew!
Schließlich möchte ich mich für Ihren persönlichen Einsatz bedanken, durch welchen Sie nicht nur in der Region, sondern auch in der internationalen Politik dazu beitragen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Ländern auf Respekt beruht. Ich möchte dem Herrn Präsidenten versichern, dass Ungarn sich auch in der Zukunft mit Freude an der Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit der zentralasiatischen Länder, und an allen Formen dieser beteiligt.
Im Namen Ungarns möchte ich Ihnen noch einmal dafür danken, dass wir hier sein durften!