Viktor Orbáns Rede bei der Eröffnung der zeitweiligen Ausstellung „Schätze Budapests”
5. Dezember 2019, Tokio (東京)

Your Highness! Meine Damen und Herren!

150 Jahre sind ein rundes Jubiläum, man kann es auf vielerlei Art feiern. Wir feiern mit einer Ausstellung, wir feiern mit Kultur, denn wir haben das Gefühl, dass dies zwei solchen alten Kulturnationen würdig ist, wie der japanischen und der ungarischen. Ich bin mehr als zehntausend Kilometer gereist, um heute hier mit Ihnen sein zu können, das heißt Ungarn ist ein fernes Land, ein seltsames Land, das seltsame Menschen bewohnen. Das Wesen dieser seltsamen Menschen werden Sie in dieser Ausstellung sehen können. Deshalb möchte ich Ihnen nicht über die Bilder, sondern über Ungarn einige Worte sagen. Wenn ich Japaner wäre, würde ich die Ungarn schwer verstehen können. Japan ist eine große Nation, sein Gebiet ist vier Mal so große wie jenes Ungarns, seine Bevölkerung ist zehn Mal größer. Ein Japaner denkt sicher, dass es Japan und japanische Menschen schon immer gegeben hat, sie gibt und es sie geben wird. Ein Japaner denkt, dass man sich die Welt ohne Japaner nicht vorstellen kann. Wir sind aber eine kleinere Nation, in unserem Kopf spukt der Gedanke, dass man sich die Welt auch ohne ungarische Menschen und Ungarn vorstellen kann. Deshalb haben wir einen wiederkehrenden Alptraum, nachdem auf einmal in Ungarn der Schöpfer der Welt erscheint, der liebe Gott, und er fragt uns: „Wer sind Sie und warum? Wozu sind Sie auf der Welt?“ Und wir sind derart überrascht, dass wir diese Frage nicht beantworten können, und dann streicht uns der liebe Gott aus dem großen Buch, in dem die Nationen der Welt aufgeschrieben stehen. Das ist ein Alptraum, der die Ungarn bedrückt. Wenn Sie die Antwort auf die Frage suchen, warum die Ungarn innovativ sind, warum sie zu solchen Schöpfungen von Weltniveau in der Lage sind, wie Sie sie hier sehen können; wenn Sie fragen, warum gerade die Ungarn den Zauberwürfel, den Rubik‘s Cube erfunden, warum gerade die Ungarn den Kugelschreiber entdeckt, warum sie gerade den Vorläufer des Computers – auch diese Lochkartenmaschine erfand ein ungarischer Mensch – erfunden haben, dann können wir auf diese Frage die Antwort geben: „Weil die Ungarn beweisen müssen, dass die Welt sie benötigt.“ Wir müssen beweisen, dass es gut für die Welt ist, wenn es in ihr Ungarn gibt. Aus diesem Grund haben wir ein Dutzend Nobelpreisträger, haben wird mehr als 170 Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen im Sommer gewonnen, und deshalb sind wir zu so einer Musik fähig, wie Liszt sie komponiert hat, und zu solchen Gemälden, wie Sie sie hier sehen können. All das berichtet darüber, dass die Ungarn sich einen Platz unter der Sonne einfordern, und wir wollen die Welt davon überzeugen, dass es auch für sie von Vorteil ist, wenn es Ungarn gibt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wenn ich in Ungarn mich mit Japanern unterhalte, mit dort lebenden Künstlern oder zu uns zu Besuch kommenden Geschäftsleuten, entsteht in mir immer der Eindruck, dass uns mehr Dinge miteinander verbinden als trennen. Es gibt zum Beispiel ein ungarisches Gedicht, ein Kindergedicht, das jedes Kindergartenkind lernt, und sein Titel lautet „Weißdorn“ und es hat ein Ungar inspiriert durch ein japanisches Tanka geschrieben. Wenn ein ungarischer Mensch mit einem Japaner spricht, da erkennt er sofort die gemeinsamen Schnittpunkte des Geistes, der Emotionen und der Tugenden. Ich möchte Ihnen darüber berichten, vielleicht haben Sie darüber gehört, dass derzeit die größte kulturelle Investition und Entwicklung der gesamten westlichen Welt, nicht nur Europas, sondern der gesamten westlichen Welt in Budapest geschieht. Wir erbauen ein phantastisches Museumsviertel. Darin wird die ungarische Musik ein Gebäude besitzen und auch die ungarische Malerei wird ein phantastisches Haus haben. Wir haben für die Pläne eine internationale Ausschreibung durchgeführt. Die Komposition beider Gebäude haben japanische Architekten gewonnen. Das Haus der Ungarischen Musik im Herzen Budapests hat Fudschimoto Su, das Gebäude der daneben stehenden riesigen Galerie hat für uns das japanische Architektenbüro SANAA entworfen. Sie sind wunderschön!

Zum Abschluss, Your Royal Highness, erlauben Sie mir, all denen meinen Dank auszusprechen, durch deren Arbeit diese Kunstwerke hierher gelangen konnten. Auf Grund meiner persönlichen Bekanntschaft möchte ich mich für die Hilfe von Herrn Suzuki bedanken, der ein alter und großzügiger Freund Ungarns ist, der uns seit mehr als dreißig Jahren mit seiner Freundschaft beehrt, und der viel dafür getan hat, dass diese Ausstellung verwirklicht werden konnte. Den Besuchern der Ausstellung wünsche ich, dass für sie das Betrachten der Bilder ein genauso spannender Zeitvertreib sei, wie für uns Ungarn, derer sich eine Spannung bemächtigt, wenn wir diese Bilder sehen können. Und wenn es Ihnen gefallen sollte, was Sie sehen, dann bitte ich Sie, kommen Sie zu uns, nach Ungarn, wir erwarten Sie herzlich, schauen Sie sich auch unsere auf Grund der Pläne der japanischen Architekten jetzt im Aufbau befindlichen Museen an.

Aus Anlass des 150. Jubiläums der diplomatischen Beziehungen bringe ich meinen Respekt für die japanische Regierung, für den japanischen Kaiserhof und für das japanische Volk zum Ausdruck. Wir danken Ihnen für die 150-jährige Freundschaft. Gott schütze und segne Japan und ähnlicherweise die Ungarn!

Ich danke Ihnen, dass Sie mich angehört haben!