Viktor Orbáns Presseerklärung nach seiner Unterredung mit Angela Merkel
19. August 2019, Sopron (Ödenburg)

Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Erneut begrüße ich Angela Merkel hier, in Sopron, hochachtungsvoll. Wir sind zusammengekommen, um zu feiern, doch haben wir auch gearbeitet, es gab also eine bilaterale Unterredung, über die ich dann kurz berichten möchte. Vorher möchte ich aber jene Gedanken wiederholen, die unseren Herzen am nächsten stehen. Ich möchte einen jeden daran erinnern, dass obwohl es vor dreißig Jahren geschah, so hat doch jener Tag, der Tag des Picknicks weder von seinem Glanz noch seiner Bedeutung etwas verloren, der der Ausgangspunkt für jene Ereignisse war, die zum Fall der Berliner Mauer führten. Das Soproner Picknick war ein großer Moment in der Geschichte Europas, der Schlüsselmoment für die Wiedervereinigung Europas. Von hier, aus dem Osten aus betrachtet, haben wir es immer so gesehen, dass dieser Tag aus dem Grunde kommen konnte, weil wir, die man nach dem Zweiten Weltkrieg der sowjetischen Welt vorgeworfen hatte, nie daran geglaubt haben, es könne längerfristig zwei Europas geben, denn es gibt nur ein Europa, das früher oder später die freiheitsliebenden Völker Europas erneut vereinen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Was die Arbeit angeht, so haben wir auch unsere bilateralen Beziehungen überblickt. Den Schwerpunkt der Besprechung bildeten bzw. gaben die wirtschaftlichen Fragen. Auch Sie wissen es ja, dass Deutschland unser größter Handelspartner und der größte Investor in Ungarn ist. Das wissen aber nicht mehr so viele Menschen, dass der Handelsverkehr zwischen den beiden Ländern jedes Jahr Rekorde bricht, im vergangenen Jahr überstieg er die 54 Milliarden Euro. Die deutschen Investoren bringen die modernsten Fabriken nach Ungarn. Ich könnte auch sagen, dass eine ansehnliche Zahl der modernsten Fabriken der deutschen Wirtschaft in Ungarn zu finden sind. 6.000 deutsche Firmen sind in Ungarn tätig, und diese sechs tausend Firmen geben 300 tausend ungarischen Menschen Arbeit. In diesem Jahr ist allein bis Mitte August über 17 große deutsche Investitionen, über neue große deutsche Investitionen entschieden worden. Wir hatten vor einem Jahr in Berlin eine Unterredung geführt, und damals waren wir darüber übereingekommen, dass unsere sich mit der Wirtschaft beschäftigenden Fachminister auf Grundlage eines gemeinsamen Drehbuchs die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern entwickeln werden. Mit Freude haben wir feststellen können, dass dies unsere Fachminister auch getan haben. Ich spreche meinen Dank Herrn Minister Palkovics aus. Und jetzt sind wir darüber übereingekommen, dass auf ähnliche Weise unsere Fachminister für das kommende Jahr einen erneuten Fahrplan im Interesse der Entwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zusammenstellen werden, in erster Linie auf dem Gebiet der Innovation, des Hightech und der Digitalisierung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben auch die Frage unserer Rüstungskooperation angeschnitten. Auch Sie wissen ja, Ungarn baut jetzt nach dem Systemwechsel seine eigenen modernen und schlagkräftigen Streitkräfte auf. Beim Aufbau dieser Streitkräfte spielt die deutsche Rüstungstechnik eine wichtige Rolle, diese hat sie auch bisher gespielt und wird es auch in der Zukunft tun. Über die Detailfragen dessen und auch die Absichten der Zusammenarbeit haben wir ausführlich gesprochen.

Einen wichtigen Punkt unserer Unterredung stellte die Frage der Erweiterung der Europäischen Union dar. Sie wissen es ja auch, dass dies für Ungarn eine lebenswichtige Frage ist, denn die Südgrenzen der Europäischen Union sind mit der Südgrenze Ungarns identisch, und es ist in unserem Interesse, dass der Westbalkan möglichst schnell zu einem Teil der Europäischen Union wird. Deshalb unterstützt Ungarn die Erweiterung der Europäischen Union, und wir machen immer im Besonderen darauf aufmerksam, dass hierbei Serbien das Schlüsselland ist, und die Beschleunigung des Beitritts von Serbien ist nicht nur im Interesse Serbiens, nicht nur im Interesse Ungarns, sondern ist für ganz Europa von existenziellem Interesse.

Schließlich haben wir jene unserer Kooperationen überblickt, die wir in Afrika durchführen, wo wir den gemeinsamen Standpunkt vertreten, nach dem man die Hilfe dorthin bringen muss, wo die Probleme vorherrschen, und man muss die Fähigkeit Afrikas verbessern, seine Bevölkerung behalten zu können. Im Interesse dessen finanzieren und führen wir gemeinsame Programme in Afrika durch.

Zusammenfassend kann ich sagen, die Unterredung verlief in einer der feierlichen Stimmung angemessenen konstruktiven Tonlage und mit dem notwendigen Erfolg. Wir sehen am Horizont keinerlei zukünftige Ereignisse, die die deutsch-ungarischen Beziehungen stören könnten, demgegenüber sehen wir weltwirtschaftliche Zwänge, die die weitere Verstärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit erforderlich machen, und deshalb haben wir in der Hoffnung auf die Verstärkung der deutsch-ungarischen wirtschaftlichen Beziehungen unsere heutige Besprechung beendet.

Ich möchte mich noch einmal öffentlich bei der Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür bedanken, dass sie die Stadt Sopron und Ungarn mit ihrer Anwesenheit beehrt hat, und ich bedanke mich dafür ganz besonders dafür, dass sie dies am Vorabend des Jahrestages unserer Staatsgründung getan hat. Vielen Dank!