Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn” von Radio Kossuth
21. Mai 2021

Katalin Nagy: Die Zahlen im Zusammenhang mit der Epidemie sind jetzt schon immer beruhigender, diese Woche ging auch das Impfen etwas schneller als in der Woche davor. Wenn wir die Zahl von fünf Millionen Geimpften erreichen, können neue Lockerungen kommen. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán. Wann wird es zu diesen Lockerungen kommen, wie sehen Sie das?

Ich begrüße recht herzlich die Zuhörer! Auch heute hat der Operative Stab in aller Frühe seine Sitzung abgehalten, und da die Zahl der Geimpften 4.898.866 beträgt, bedeutet dies, dass wir am Wochenende nach menschlichem Ermessen die Zahl von fünf Millionen erreichen werden. Fünf Millionen geimpfter Ungarn: Das ist eine Abschnittsgrenze. Dies bedeutet, dass wir die dritte Welle der Epidemie gebrochen, sie im Wesentlichen auch besiegt haben. Mehr als 50 Prozent der Menschen, der erwachsenen Menschen sind in Ungarn durchgeimpft, und das ist in ganz Europa, glaube ich, das zweitbeste, das beste oder das zweitbeste Ergebnis. Deshalb können wir mit der nötigen Bescheidenheit aber sagen, dass Ungarn hinsichtlich der Epidemie ein geschützteres und sichereres Land ist, als jedwedes westeuropäische Land. Jetzt hat heute der Operative Stab beschlossen, da die fünf Millionen tatsächlich eine Abschnittsgrenze darstellen, dass wir den Großteil der durch den Seuchenschutz bedingten einschränkenden Maßnahmen werden zurücknehmen können. Aber ich möchte auch sagen, dass derartige Beschränkungen erhalten bleiben, von denen nur die Geimpften oder jene, die die Infektion durchgemacht haben, ausgenommen werden können. Wenn Sie erlauben, dann zähle ich die neun Dinge auf, die der Operative Stab heute Früh beschlossen hat. Die erste Sache ist, dass das Ausgangsverbot aufhört. Die zweite, dass der obligatorische Zeitpunkt für das Schließen der Geschäfte und der gastronomischen Einrichtungen ebenfalls gestrichen wird. Wir heben die Maskenpflicht auf den öffentlichen Plätzen auf, der Maske sagen wir ein Wiedersehen, endlich sehen wir gegenseitig unsere Gesichter, wenn wir miteinander sprechen. Wir haben darüber entschieden, dass der Sport auf den öffentlichen Plätzen erlaubt ist, ganz gleich ob es sich um Individual- oder Mannschaftssport handelt. Private und familiäre Veranstaltungen dürfen unter der Teilnahme von 50 Personen ohne jede Einschränkung durchgeführt werden, Hochzeitsfeiern kann man mit bis zu 200 Personen ohne Einschränkungen veranstalten. Wenn jemand in einem Hotel oder einem Restaurant eine Privat- oder Familienveranstaltung durchführen möchte, z.B. eine Hochzeitsfeier, dann muss der Betreiber des Lokals dafür sorgen, dass die Teilnehmer der Veranstaltung separiert werden, die Veranstaltung muss also in einem gesonderten Raum durchgeführt werden. Eine Veranstaltung in geschlossenen Räumen darf auch weiterhin nur von Personen mit einem Impfpass veranstaltet bzw. durch diese besucht werden. Veranstaltungen im Freien dürfen bis zu 500 Personen ohne Einschränkungen durchgeführt werden, Versammlungen sind hier mit inbegriffen, man kann erneut demonstrieren, sicherlich werden sie auch zu mir kommen, die Möglichkeit dafür ist nun auch da. Wichtig ist vielleicht noch, dass Veranstaltungen mit Musik und Tanz nur mit einem Impfpass besucht werden können. Und die Altersgruppe zwischen 16-18, die bisher in Kinos oder Restaurants nur in Begleitung eines Erwachsenen gehen durften, dürfen dies jetzt auch allein tun, wenn sie geimpft worden sind, denn es ist uns gelungen, jene 16-18-Jährigen zu impfen, die sich registriert haben.

Von dem Moment an, wenn wir die fünf Millionen erreichen, und dies kann am Sonntagabend oder ab dem Montag oder dem Dienstag, nach den Feiertagen sein?

Diese Frage werden wir noch heute Nachmittag angesichts der heutigen Impfzahlen entscheiden, und dann werden wir eine Mitteilung herausgeben.

Sie sagten, mehr als 50 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sei durchgeimpft. Welchem Umstand ist es zu verdanken, dass die Bereitschaft sich impfen zu lassen zugenommen hat? Dies zeigen auch Untersuchungen, nicht nur unter den Menschen mittleren Alters und den Alten, sondern auch unter den Jungen. Vielleicht spielt dabei eine Rolle, dass sich auch mehr als 50 Prozent der Jugendlichen, der 16-18-Jährigen sich registriert haben, oder spielt hierbei eine Rolle, dass man inzwischen unter den Impfstoffen tatsächlich wählen kann?

Wir können es nicht genau sagen, die Impfbereitschaft besitzt einen Lebenszyklus: Sie stieg eine Zeit lang an, jetzt hat sie noch einen letzten Stoß erhalten, als wir auch die 16-18-Jährigen impfen konnten, und von hier an beginnt sie sich zu verlangsamen. Doch war dies überall so. Ich habe das beobachtet, ich war auch dort, ich habe persönlich gesehen, wie dies in Israel verlief, aber es ist die gleiche Situation in Großbritannien, und genauso wird dies auch bei uns sein. Ich betrachte die Registrierungen, wie viele Menschen sich im Interesse der Impfung registrieren, und früher gab es einen massenhaften, einen großen Ansturm, das hat sich nun verlangsamt, ich würde eher sagen, es fließt jetzt nur mehr leicht, täglich registrieren sich etwa 5-10 tausend Menschen, das ist viel weniger als es früher war. Es wird also sehr schwer sein, von hier aus noch weiterzugehen, auch deshalb ist die Aufrechterhaltung der Bereitschaft begründet. Denn es gibt drei Umstände, die – wenn wir jetzt auch wegen der fünf Millionen glücklich sind – uns zur Vorsicht gemahnen: Der erste, dass wenn wir 5 Millionen erreicht haben, und die Zahl der Ungarn über 18 Jahren beträgt 8 Millionen, dann sind 3 Millionen Menschen nicht geimpft, und unter ihnen wird das Virus zerstörerisch sein, es wird infizieren. Ich bitte also einen jeden, diese drei Millionen Menschen ganz besonders, die Angelegenheit ernst zu nehmen, und wenn es eine Möglichkeit gibt, wenn sie ihren inneren Widerstand überwinden können, denn offensichtlich gibt es in ihnen irgendeinen Widerstand, oder sie haben auf die gegen die Impfung auftretende Linke gehört: Dann legen Sie dies bei Seite, gehen Sie jetzt zur Impfung und lassen Sie sich impfen! Denn zweifelsohne stellen drei Millionen nicht geimpfte Menschen in einer Epidemiesituation doch ein Risiko dar. Die zweite Sache, auf die wir achten müssen, ist, dass entlang unserer Grenzen mit der Ausnahme Serbiens, wo man eine fantastische Leistung gezeigt hat, die Durchgeimpftheit überall viel niedriger ist als in Ungarn. Die dritte Sache, auf die wir achten müssen, ist die Bedrohung durch alle möglichen Mutanten, wir müssen also darauf achten, ob die durch uns angewandten Impfstoffe – im Übrigen wenden wir in Ungarn die meisten an und man kann im Grunde nur hier unter den Impfstoffen wählen und um einen Termin bitten, wir müssen also kontinuierlich darauf achten, ob die Impfstoffe uns auch gegenüber den neuen Mutanten schützen. Deshalb haben wir den Operativen Stab mit dem heutigen Tag in den Bereitschaftszustand versetzt. Wir kämpfen, meiner Ansicht nach haben wir die Schlacht gewonnen, aber Rückzugsgefechte kann es immer geben.

Die Impfstoffbeschaffung durch die EU geht weiter, jedoch wünscht Ungarn nicht daran teilzunehmen. Was ist der Grund dafür?

Wir haben vorausgedacht und die Situation ist die folgende in Ungarn. Über die bisher verabreichten Impfungen hinaus haben wir eingelagert oder unter Bestellung von dem Pfizerimpfstoff 7 Millionen 300 tausend Dosen, von Moderna 1 Million 200 tausend Dosen, von Janssen, wo auch eine Impfung ausreicht, haben wir 4 Millionen, und wir haben noch 4 Millionen 700 tausend von AstraZeneca, deren Schicksal bisher insofern noch ungewiss ist, ob die Firma liefert oder nicht. Wir haben also ausreichend Impfstoff auf Lager bzw. unter Bestellung, jetzt nenne ich den chinesischen und den russischen erst gar nicht, wir verfügen also über ausreichend Impfstoff, mit dem wir im Jahr 2021 und auch 2022 die Ungarn impfen können, wenn es nötig ist.

Auch dann, wenn eine dritte Dosis notwendig ist?

Ja, selbst wenn eine vierte gebraucht wird. Wenn Sie diese Zahlen addieren, 7 Millionen 300 tausend, 1 Million 200 tausend, und 4 Millionen, plus noch 4,7, und darüber hinaus der chinesische und der russische, dann sind wir versorgt. Das ist alles im Sack. Wir haben also vorausgedacht, wir haben so viel bestellt und in einem zeitlichen Rhythmus, damit alles in Ordnung ist. Hinzu kommt ja noch, nicht wahr, dass es unser Plan war, Selbstversorger zu werden, wir wollen uns also nicht noch einmal so einer Situation aussetzen, wie die, in der wir uns in den vergangenen anderthalb Jahren befunden haben. Das Gleiche haben wir auch mit den Beatmungsgeräten gemacht: Am Anfang haben wir so viel eingekauft, wie viel nur möglich war, danach haben wir mit der ungarischen Herstellung begonnen. So ist es auch mit dem Impfstoff. Wir haben besorgt, was nötig war, und haben mit der Errichtung unserer eigenen Fabrik begonnen. Wir müssen also nicht bis zur Ewigkeit vorausdenken, wenn wir Bestellungen abgeben, sondern wir rechnen auf die Weise, dass die neue ungarische Pharmafabrik die Produktion im Herbst 2022, spätestens bis zum Ende des Jahres 2022 in Debrecen aufnimmt, die im Übrigen den bis dahin entwickelten ungarischen Impfstoff herstellen wird. Wenn also auch nach 2022 Impfstoff gegen das Coronavirus benötigt werden sollte, dann werden wir keinen aus dem Ausland kaufen, denn wir werden einen ungarischen, selbst entwickelten Impfstoff haben, den wir in Ungarn herstellen. Unsere Wissenschaftler haben das große Indianerehrenwort gegeben, dass die Versuche im Übrigen schon in der Phase sind, dass es diesen Impfstoff, diesen Impfstoff ungarischer Entwicklung geben wird. Die Vorbereitungen für den Bau der Fabrik haben begonnen, wir werden bald sehen können, wie sie aus der Erde wächst. Wir werden also schon 2022, in der zweiten Hälfte von 2022 in Ordnung sein, bis dahin müssen wir uns mit im Ausland gekauften Impfstoffen schützen, und diese haben wir bereits bestellt. Deshalb haben wir entschieden, ich persönlich vertrete auch diesen Standpunkt, dass das, was wir zusätzlich bestellen würden, etwa 120 Milliarden Forint kosten würde, was aber nicht ausgegeben werden muss, da wir das, was benötigt wird, bereits bestellt haben. Und am wenigsten mögen wir es, wenn man nur ein Produkt zur Wahl hat. Wenn du also nur eines kaufst, dann hast du im Allgemeinen nicht den Vorteil, sondern der Verkäufer, und außerdem haben es die Ungarn hier während des Kommunismus gelernt, dass so etwas nicht gut ist. Ich erzähle unseren Freunden aus dem Westen jenen aus den kommunistischen Zeiten stammenden Witz über die Aeroflot, in dem die Stewardess den Passagier fragt, ob er ein Frühstück wünsche, und der Passagier darauf fragt, was man wählen könne, worauf die Stewardess sagt: „Ob Sie es wollen oder nicht.“ Das haben wir also nicht gern, und jetzt geht es um so eine Möglichkeit der Bestellung, und wir haben für unsere eigene Sicherheit gesorgt. Also jedweden Spaß und alle historischen Erinnerungen beiseite: Die Wirklichkeit ist, dass wir in Sicherheit, dass wir geordnet sind, wir die Sicherheit eines jeden Ungarn nicht nur für ein-zwei Jahre, sondern auch für Jahrzehnte im Voraus garantieren können.

Das Parlament hat die Verlängerung der außerordentlichen Rechtsordnung bis zum Herbst durch die Regierungsmehrheit angenommen. Die Opposition hat das nicht unterstützt, und sagte, nichts würde die Verlängerung dieser außerordentlichen Rechtsordnung bis in den Herbst begründen. Warum besteht die Regierung trotzdem darauf?

Da es diese drei Gefahren gibt, dass die benachbarten Länder schlechter stehen, die Zahl der Mutanten zunimmt bzw. 3 Millionen Menschen nicht geimpft sind, muss die Bereitschaft aufrechterhalten werden, doch hoffe ich sehr, dass wir auch dies, diese außerordentliche Rechtsordnung im Laufe des Sommers loswerden können. Doch ist es auf alle Fälle wichtig, dass wir dieses Instrument im Interesse der Fähigkeit zum schnellen Handeln und Reagieren jetzt noch in unseren Händen haben. Die Linke hat nicht nur dagegen gestimmt, sondern auch hässliche, abstoßende Dinge über uns gesagt, was man nicht mag, aber sie haben ja auch bis jetzt nicht an der Verteidigung teilgenommen, sie waren kein Teil des nationalen Zusammenschlusses, sie haben ständig versucht, die ungarischen Krankenhäuser, die Ärzte schlecht aussehen zu lassen und dabei wollten sie das Impfen verlangsamen. Die Linke hat eine Logik, die ich verstehe, wenn auch nicht gernhabe, und diese besagt: Was schlecht für das Land ist, das ist für die Linke gut, denn so ist es einfacher, die Macht zu erlangen. Meiner Ansicht nach ist es unverantwortlich, sich in Zeiten von Virus, Krise und Epidemie so zu verhalten, aber das soll ein Problem für ihr Gewissen sein.

Die Regierung hat auch das Kreditmoratorium bis zum Ende des Sommers verlängert. Der Leiter des Bankenverbandes hat ja gesagt, die Banken schätzen die Situation so ein, dass etwa 10 Prozent der Kredite riskant seien. Könnte es sein, dass man das Moratorium nur für diese 10 Prozent hätte verlängern sollen? Was ist der Zweck dessen, dass es für alle bis zum Ende des Sommers verlängert wird?

Dabei geht es um mehr. Zunächst einmal ist es also richtig, was Sie sagen, die Regierung hat beschlossen, das gegenwärtige Kreditmoratorium in der jetzigen Form bis zum Ende des Sommers zu verlängern. Jetzt lohnt es sich über das Kreditmoratorium zu wissen, dass es zwei große Begünstigte hat, zwei große Gruppen. Die eine sind die Haushalte, wir sprechen über mehr als eine Million von Haushalten, in denen mindestens 2 Menschen leben, hier handelt es sich also um mehrere Millionen Menschen. Und die andere sind die Unternehmen. Und für die Banken bedeutet es zweifelsohne eine Last, bedeutete es in den vergangenen Jahren eine ziemlich schwere Last, dass wer das Gefühl hatte, seine Situation ermögliche es ihm nicht, sich frei dazu entscheiden konnte, die anstehenden Ratenzahlungen nicht zu entrichten, und so blieben viele zehntausend Forint mehr in den Kassen der Familien, und in der Zeit der Krise war dies auch notwendig. Dies ist ja für die Menschen mit weniger Geld oder den zur Mittelklasse gehörenden Menschen wirklich wichtig. Die Reichen bedanken sich, ihnen geht es auch ohne das Kreditmoratorium gut, wir müssen uns also nicht mit ihnen beschäftigen, sie leben ihr Leben, und wenn sie Probleme haben, so können sie sich aus diesen heraushelfen. Jedoch sind die Mittelklasse und Menschen mit weniger Geld dazu nicht in der Lage, und deshalb musste man sie mit dem Kreditmoratorium stützen. Das sind die von ihrer Arbeit lebenden Menschen und die Rentner. Die Beendigung und die Abschaffung des Kreditmoratoriums ist also eine ernsthafte fachliche Frage. Und aus diesem Grund haben wir es jetzt um zwei Monate verlängert, um uns und den Banken Zeit dafür zu geben, eine Debatte, die scharf zu werden verspricht, abzuschließen und zu entscheiden, was nach dem Kreditmoratorium sein soll. Jetzt haben wir es um zwei Monate verlängert, um Gespräche darüber führen zu können, was danach sein soll.

Ab September.

Ja. Was wird nach dem 1. September sein? Wir haben die Vorschläge der Bankiers, des Bankenverbandes gesehen, die meiner Ansicht nach inakzeptabel sind, doch möchte ich jetzt nicht dieser Debatte vorgreifen, sondern nur verdeutlichen, dass im Hintergrund sehr ernsthafte fachliche Arbeit und Debatten geführt werden. Ich bin der Ansicht, dass wir nicht in der Lage sind, in der Menschen mit wenig Geld ganz einfach so auf die Möglichkeit des Kreditmoratoriums verzichten und aus ihm austreten könnten, denn dies würde in vielen Fällen eine monatliche Kreditrate von vielen tausend, in bestimmten Fällen von mehreren zehntausend Forint bedeuten. Wir wollen sie stützen, wir wollen ihnen helfen, wir müssen uns für ihre Interessen einsetzen. Ich verstehe auch das Argument der Bankiers, doch glaube ich, jetzt müssen wir nicht ihnen den Vorrang einräumen. Es ist wichtig, dass wir auch fachliche Gesichtspunkte abwägen, doch grundsätzlich muss man jetzt von den Interessen der ausgesprochen von ihrer Arbeit lebenden Menschen ausgehen.

Die GDP-Daten des ersten Quartals, dieser Anstieg, dieses Wachstum von beinahe 2 Prozent hat selbst die Analysten überrascht. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund dafür?

Mich hat es nicht überrascht, obwohl der Herr Finanzminister, Herr Minister Mihály Varga mich jedes Mal auf den Boden zurückzerrt. Sagen wir Mal, das ist auch die Aufgabe eines Finanzministers. Ihn muss man nicht herunterzerren, denn er steht ständig mit beiden Beinen auf dem Boden, was vielleicht begründet ist, denn schließlich rechnet er und er weist das Geld an. Aber ich bin begeisterter, und meine Aufgabe ist es, eher Perspektiven abzuwägen und Perspektiven zu öffnen, und zur Wirtschaftspolitik ist doch auch Mut und Unternehmungslust notwendig, und ich rechne mit einem größeren Wachstum als er und als die Fachleute in Ungarn im Allgemeinen. Mich haben also die Zahlen des ersten Quartals auch nicht überrascht, und ich rechne mit phänomenalen Zahlen für das zweite Quartal, also mit Zahlen, wie es sie schon sehr lange nicht gegeben hat. Der Grund dafür ist, dass in der ungarischen Wirtschaft erneut so viele Menschen arbeiten wie vor der Krise gearbeitet hatten, denn das Wirtschaftswachstum entspringt der Arbeit. Und andererseits war das Quartal von vor einem Jahr, worauf wir uns beziehen, sehr schlecht, also befindet sich der Ausgangspunkt im Vergleich auf einem niedrigen Niveau. Dies hilft uns dabei, jetzt eine gute, eine phänomenale Zahl aufweisen zu können. Dann kommen das dritte und das vierte Quartal, in denen ich ebenfalls mit einem sehr starken Wachstum rechne. Ich gehe immer davon aus, wie viele Menschen arbeiten; wenn es so viele sind wie vor der Krise, haben wir keinen Grund anzunehmen, dass unsere Leistung nicht mindestens so groß sein wird, wie sie es vor der Krise gewesen war. Und soweit ich das sehe, arbeiten nicht nur so viele Menschen wie zuvor, sondern in den kommenden Monaten wird die Zahl der von Arbeit Lebenden wachsen. Sie werden Werte schaffen, und deshalb wird sich die Leistung der gesamten Nationalwirtschaft meiner Ansicht nach auch besser gestalten können, als dies in den Erwartungen angenommen wird. Ich will es nicht beschreien, und auch der Finanzminister sagt, wir sollen den Tag nicht vor dem Abend loben, das stimmt, doch sollten wir optimistisch sein. Ich sehe auch die allgemeine Stimmung. Ich treffe viele Menschen, mit denen ich über die Wirtschaft reden kann, und es gibt eine Unsicherheit in den Köpfen der Menschen. Sie möchten also gerne hoffen, doch haben sie noch nicht entschieden, ob diese Hoffnung real ist. Sie haben also das Gefühl, es werde entweder gelingen oder nicht gelingen. Sie sehen also eine ernsthafte Chance dafür, dass wir nicht schnell aus dieser Krise werden hervorgehen können. Denn wenn jemand seinen Arbeitsplatz verloren hat oder in die Teilzeitarbeit zurückgedrängt worden ist oder aber zu Hause hat bleiben müssen und von dort aus gearbeitet hat, für sie ist es aber sicherlich nicht einfach, wieder zu dem Rhythmus zurückzufinden, wieder arbeiten zu gehen. Doch insgesamt sehe ich – dies pflegt man in unserem Metier Konjunkturaussichten zu nennen –, wie diese Gefühle, Eindrücke, Hoffnungen sich kontinuierlich stabilisieren und auf immer sichereren Beinen stehen.

Nach den fünf Millionen Geimpften kann dann auch in der Wirtschaft ein neuer Abschnitt gelingen, den wir Neustart nennen?

Wir müssen auch hier eine Periodengrenze ziehen, dass wir uns bis an diesen Punkt verteidigt haben. Das war der Aktionsplan zum Schutz der Wirtschaft. Jetzt wird der Neustart der Wirtschaft notwendig werden. Auch das Kreditmoratorium ist ein Teil dessen, doch wird es in der Wirtschaft meiner Ansicht nach auch Lohnerhöhungen geben. Bald müssen die Gewerkschaften und die Arbeitnehmer dann die Verhandlungen über die Frage des 2022-er Minimallohns beginnen, denn über ihn müssen sie übereinkommen. Hinsichtlich der Löhne bei den staatlichen Firmen müssen auch wir für 2022 bald eine Entscheidung treffen, wir warten das Ende des zweiten Quartals, die erste Hälfte des dritten Quartals ab, und danach können wir die wichtigsten Schritte des Neustarts der Wirtschaft unternehmen. Wir haben eine auf Arbeit basierende Wirtschaft, dieses Land und die Wirtschaft dieses Landes erhalten die von ihrer Arbeit lebenden Menschen aufrecht und halten sie am Laufen. Hierzu zähle ich immer auch all jene, die im Laufe ihres Lebens, ihres aktiven Lebens von ihrer Arbeit gelebt haben, jetzt aber schon Rentner sind. Wir sind die früh aufstehenden, arbeitenden Menschen die die gesamte Konstruktion, die Wirtschaft tragen. Auch unsere Wirtschaftspolitik muss weiterhin auf sie abzielen: die von ihrer Arbeit Lebenden, Familien, Rentner.

Die Haushaltsdebatte wird heute im Parlament abgeschlossen. Und die Opposition – natürlich weiß ich, es kommt nicht vor, dass der Opposition auch nur irgendetwas von den Haushaltsplanen der Regierung gefallen würde, doch machen sie zeitweilig Bemerkungen, die man alle in den Müll werfen müsste. Dies ist insofern überraschend, denn bisher hat in den vergangenen 11 Jahren die Wirtschaftspolitik ganz gut funktioniert. Und wir hatten den Eindruck, dass es auch mit den Budgets keine Probleme gab.

Der Haushalt besitzt eine Struktur, einen inneren Inhalt, das ist eine fachliche Frage. Und es gibt über ihn eine politische Debatte. Das ist die Haushaltsdebatte im Parlament. Und da es im kommenden Jahr Wahlen geben wird, legt die Opposition bereits in Vorbereitung auf die Wahlen auch in der gegenwärtigen Haushaltsdebatte ihren Standpunkt dar. Es gibt eine Rollenverteilung. Es ist nicht meine Aufgabe, zu deuten, was sie machen, doch selbst ein Blinder sieht, worum es hier geht. Es gibt einen Hauptdarsteller, das ist Ferenc Gyurcsány, er sagt immer, was Sache ist. Es gibt einen Nebendarsteller, das ist der Herr Oberbürgermeister. Es gibt eine Gattin, die den Haushalt ebenfalls in einer europäischen Dimension auslegt, und es gibt einen Clown, der keine Ahnung von fachlichen Fragen besitzt, aber geschickt eine Rolle macht und wunderbare Räder schlägt, und er sagt, wir sollten ihn hinauswerfen. So ist das also aufgebaut. Das geht Tag und Nacht. Meiner Ansicht nach muss man die Clowns nicht ernst nehmen. Man muss der Provokation nie nachgeben. Und das müssen wir mit einer ruhigen Einstellung und leicht akzeptieren, dass die Opposition letztendlich ja an die Macht kommen will, und deshalb alles, was ihr im Weg steht und mit der Regierung zusammenhängt, als schlecht abqualifiziert. So ist das Leben.

Heute haben wir den Tag des Heimatschutzes, und mir ist eingefallen, dass man ihn, dass man solche Gedenktage immer so mit einem Inhalt versehen kann, wenn es gelingt, auch aus der Gegenwart ihnen etwas hinzuzufügen. Und dann sollten wir auch daran erinnern, dass vor 11 Jahren, als Sie die Regierung übernommen haben, das über beinahe 10 Millionen Einwohner besitzende Ungarn sage und schreibe über insgesamt 18 Reservisten verfügte.

Schauen Sie, hier zeigt sich gut der Unterschied in der Weltsicht und die unterschiedlichen Auffassungen über das ungarische Leben, die die Zeit der linken Regierungen vor 2010 und die Auffassung der gegenwärtigen nationalen Regierung voneinander trennt. Denn hier ist, wenn man an den Tag des Heimatschutzes denkt, die Frage, ob in der modernen Welt überhaupt eine Armee gebraucht wird. Und die Linke war der Meinung, sie sei nicht nötig. Und wir sind der Meinung, dass eine Armee immer benötigt wird. Ja, gut ist es, wenn wir nicht eine Armee, sondern – wie der alte, traditionelle ungarische Name ja lautet – einen Heimatschutz (Honvédség) haben. Denn der Heimatschützer (Honvéd) ist immer mehr als der Soldat, als das Mitglied des Militärs. Der Heimatschützer verteidigt immer die Heimat, und es mag sein, dass die NATO-Mitgliedschaft die Situation erleichtert, doch wird die NATO uns nicht beschützen. Wenn jemand damit rechnet, dass dann irgendjemand anders sein Leben für unsere Sicherheit riskiert, der jagt meiner Ansicht nach Illusionen nach. Natürlich werden sie im Fall von Problemen bereit sein, uns zu helfen, wenn sie sehen, dass auch wir etwas für unsere eigene Sicherheit tun. Aber dass jemand aus dem Grund keine Armee, keinen Heimatschutz aufrechterhält, weil er damit rechnet, andere werden ihn verteidigen, das ist eine derart dumme, ja meiner Ansicht nach auch unehrenhafte Verhaltensweise, die von keinem anderen Land akzeptiert wird. Ja warum sollte denn ein amerikanischer oder ein französischer Soldat sein Leben riskieren müssen, wenn wir im Übrigen keine eigene Armee besitzen, deren Aufgabe es wäre, ja in erster Linie deren Aufgabe es wäre, die eigene Heimat zu schützen? Die NATO-Mitgliedschaft befreit uns also nicht von der Verpflichtung, eine eigene Armee aufrechtzuerhalten, die fähig ist, uns selbst zu schützen. Und deshalb werden Soldaten benötigt, eine Armee ist notwendig, Heimatschützer werden gebraucht. Wir müssen unsere Soldaten zu schätzen wissen. Sie machen eine ernsthafte Sache, sie schwören, wenn nötig, die Heimat auch zum Preis ihres Lebens zu verteidigen. Außer ihnen legt niemand anders so einen Schwur in diesem Land ab. Also muss man sie nicht zufällig in den meisten Angelegenheiten an die erste Stelle setzen, denn möglicherweise wird es noch über Generationen hinweg keinen Krieg geben, gebe es der liebe Gott, dass es so sein wird, aber wenn es doch dazu kommt, werden sie die ersten sein, die ihre Haut zu Markte tragen, ja für die dies vorgeschrieben ist. Man muss also unsere Soldaten sehr wohl hochschätzen, und es ist sehr wichtig, dass die am besten ausgebildeten Menschen den Militärdienst absolvieren, denn wir brauchen nicht nur kämpfende Mitglieder der Sturmtruppe und Artilleristen, sondern wir benötigen in der Armee auch gute Ingenieure und gute Ärzte sowie gute Chemiker, sowie sich auf biologische Waffen verstehende Wissenschaftler und so weiter. Ich möchte also im kommenden Zeitraum ein starkes Zusammenleben zwischen den in der Armee ihren Dienst versehenden hervorragenden Fachleuten und der Frage des Schutzes der Heimat ausbilden. Sodass jetzt am Tag des Heimatschutzes auch ich respektvoll unsere, die Heimat verteidigenden Soldaten grüße.

Die Mittel sind notwendig, sie sind sehr wichtig. Sie haben jetzt eine strategische Vereinbarung erweitert. Hierfür haben wir leider nur noch eine halbe Minute.

Am wichtigsten ist der Soldat. Wer Soldat war, der weiß das genau. Wenn der Soldat nicht ausgebildet ist und sich selbst nicht verteidigen kann, dann kann er auch niemand anderen schützen. Am wichtigsten ist letztlich ja doch die menschliche Qualität, aber Instrumente werden auch benötigt. Denn mit Pflastersteinen, Speeren und Bögen wird es nicht gehen, wenn der Gegner im Übrigen über moderne Militärtechnik verfügt. Die ungarische Armee muss also nicht nur hinsichtlich des militärischen Könnens, der Entschlossenheit und der Disziplin, sondern auch hinsichtlich der Militärtechnik mit allen anderen gleichauf sein. Und in den vergangenen Jahren haben unsere Nachbarn mit einer ziemlich ernsthaften Aufrüstung begonnen. Dies können wir im Interesse unserer Sicherheit nicht außer Acht lassen, wir reagieren darauf. Deshalb müssen auch wir die Modernisierung der Armee auf einem sehr hohen Niveau durchführen. Wir sind das bevölkerungsreichste Land im Karpatenbecken, wir müssen auch über die stärkste Armee verfügen.

Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsident Viktor Orbán.