Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn” von Radio Kossuth
26. März 2021

Katalin Nagy: Wir erleben und „ersterben“ die dritte Welle der Epidemie. Wenn wir uns umsehen, dann sehen wir: Nirgendwo in Europa kann man dem Anstieg der Zahl der Infizierten entkommen. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán. Sie hatten vor zwei Wochen gesagt, wir stünden vor der schwierigsten oder vor den schwierigsten Wochen. Was sagen die Seuchenmathematiker, wann erreicht die dritte Welle der Epidemie ihren Höhepunkt?

Ich begrüße die Zuhörer! Ich komme von der Sitzung des Operativen Stabes, auf der ich mir die jüngsten Berichte der Polizisten und auch des Innenministers anhören konnte, auch vom Gesundheitsminister bzw. da sind dann auch die Experten für den Seuchenschutz anwesend. Die Frage ist nicht, wann wir den Gipfel erreichen, sondern wie schnell wir von dort herunterzukommen beginnen. Das kann jetzt niemand sagen, also ob wir hinaufgelangen und dann geht es rasch abwärts, oder wir kommen oben an und dann wird das Plateau, wie das die Experten für den Seuchenschutz nennen, länger, und wir steigen erst danach ab. Also würde ich vorerst auch keine Weissagungen abgeben wollen, wir können nur sagen: Es gibt die Fakten, gestern sind 275 Menschen gestorben, so viele haben wir verloren, in den Krankenhäusern befinden sich 11.823 Kranke und an Beatmungsgeräte angeschlossen sind 1.480 Menschen. Unsere Ärzte verrichten eine übermenschliche Arbeit, wir müssen ihnen danken, den Krankenschwestern, den Krankenhausleitern, die die Arbeit organisieren. Die Ärzte und Krankenschwestern sind einer doppelten Belastung ausgesetzt, denn sie heilen einerseits, es gibt ja Kranke, an COVID Erkrankte und Menschen, die aus anderen Gründen sich in den Krankenhäusern befinden, und zugleich muss man auch impfen. Also ist ein jeder sehr ausgelaugt und erschöpft, doch vorerst kämpfen sie heldenhaft. Die Reserven sehen nicht schlecht aus, wir haben 10.343 Betten in Reserve und an Beatmungsgeräten haben wir auch 1.693, das ist etwa die Hälfte der Kapazitäten, und auch an Humanressourcen verfügen wir über Reserven, obwohl diese alles andere als endlos sind. Wir führen Umgruppierungen durch, haben auch von außerhalb Leute mit einbezogen, 500 Menschen mit Qualifikation haben sich als Freiwillige gemeldet, die über eine Qualifikation im Gesundheitswesen verfügen, und es arbeiten auch 1.200 Studenten, denn wir haben auch die absolvierenden Medizinstudenten der Studienjahre fünf und sechs in die Arbeit einbezogen, 1.200 von ihnen haben sich gemeldet, und viele melden sich noch. Wir mussten die letzten Reserven noch nicht angreifen, das sind die Pendler, denn wir haben viele im Gesundheitswesen arbeitende Menschen – besonders an der westlichen Grenze –, die täglich nach Österreich hinüberfahren und dort an der Arbeit im Gesundheitswesen teilnehmen. Wenn möglich, dann würden wir sie nicht umdirigieren, nicht umgruppieren, sie nicht in die ungarische Verteidigung mit einbeziehen, denn wenn sie mit einbezogen hätten werden wollen, dann hätten sie dies auch schon bisher machen können, wir wollen sie nicht aus ihrem gewohnten Lebensrhythmus herausreißen, wenn wir nicht dazu gezwungen sind, doch vorerst habe ich den Eindruck, werden wir dies vermeiden können.

Schließlich könnte man ja auch die bei privaten Anbietern arbeitenden Fachleute des Gesundheitswesens und auch die Hausärzte beordern, nur ist ja im Fall der Hausärzte das Problem, dass sie auch impfen müssen.

So ist es, aber schauen Sie, das ist jetzt ein sehr schwieriger Zeitraum, wir durchleben jetzt die schwierigsten Wochen der Epidemie, das ist nicht nur in Ungarn so, dies nennt man dritte Welle. Die dritte Welle gibt es, weil eine Mutante, eine Variation, die britische Mutante genannt wird, bestimmend geworden ist. Im Wesentlichen verdrängt diese den früheren Virustyp, und sie infiziert in ganz Europa. Über dieses Virus sollte man wissen, dass es in der Lage ist, dreimal so viele Menschen zu infizieren wie das frühere Virus, es verbreitet sich also viel schneller. Hinzukommt noch, dass es auch die Jüngeren anfällt, hier muss man sich mit einer gesonderten Bitte an die Jüngeren wenden: Früher habe ich immer gesagt, ich bitte die Jüngeren, die Vorschriften des Seuchenschutzes einzuhalten, denn sie sind nicht allein auf der Welt, hier sind auch die Älteren, die – je älter sie sind, desto mehr – in unmittelbarer Gefahr einer Virusinfektion sind. Das ist auch jetzt wahr, nur wird das durch die Bitte ergänzt, sie sollen auch um ihrer selbst willen auf die Regeln achten, denn dieses Virus oder diese Mutante, die britische, ist eine, die auch die Jüngeren umhaut, immer mehr junge Menschen kommen in die Krankenhäuser, die sie nur sehr schwer wieder verlassen können, also diese Variante verursacht eine sich länger hinziehende, schmerzvollere Krankheit bei den Jüngeren als die vorherige Virusart. Ich bitte also die Jüngeren, nicht nur wegen ihrer Eltern und Großeltern – aber natürlich auch wegen ihnen –, sondern jetzt wegen ihrer selbst auf die Einhaltung der Vorschriften zu achten.

In der kommenden Woche haben wir die Karwoche, wir bereiten uns auf das Osterfest vor. Mit welchen Beschränkungen oder eventuell mit welchen Lockerungen kann man rechnen?

Gegen das Virus ist ja – langsam formuliere ich es schon so: – unser wichtigstes oder einziges Instrument zur Verteidigung die Impfung. Und die Impfung hängt vom Impfstoff ab. Ungarn wäre in der Lage, ein Mehrfaches der Impfungen den Menschen zu verabreichen, da wir ausreichend Krankenschwestern und Ärzte und Fachpersonal im Gesundheitswesen haben, die diese Arbeit verrichten können. Wir können aus dem Grund nicht mehr Menschen beimpfen, weil es nicht genügend Impfstoff gibt, und das schmerzt uns natürlich auch. Doch gestern ist am späten Abend das Gipfeltreffen der europäischen Ministerpräsidenten zu Ende gegangen, die wir wegen der epidemiologischen Lage in Form einer Videokonferenz abgehalten haben. Ich muss sagen, auch ich habe Probleme, auch Ungarn hat reichlich Probleme, aber im Vergleich zu uns, wenn Sie die anderen gesehen hätten, die Zahlen, die Daten der anderen, wie viel Impfstoff sie haben, wie sie impfen können, und was für ernsthafte Probleme ihnen dies bereitet, wären Sie überrascht gewesen. Wer also nicht bestellt hat, wer nicht rechtzeitig Maßnahmen ergriffen hat, damit er auch Impfstoff aus dem Osten hat, und sich nur auf westliche, durch Brüssel bestellte Impfstoffe stützt, der ist sehr weit hinter uns, sie können also nur die Hälfte an Menschen beimpfen wie wir, und das wird im Laufe der Zeit nur noch immer stärker so sein. Jetzt müsste ich die Zahlen auswendig sagen können, aber wir können ja im April-Mai anderthalb mal so viel impfen, wie wir das im März gekonnt haben, wir werden dann den meisten Impfstoff haben, im Mai, und im Mai werden wir mindestens soviel Impfstoff aus dem Osten haben wie westlichen, hier sprechen wir über Posten in der Höhe von vielen Millionen. Nun, wem dies fehlen wird, für den ist es fraglich, ob er einen freien Sommer wird haben können. Ich zweifle nicht daran, dass es in Ungarn einen freien Sommer geben wird, denn ich sehe die Zahlen, sehe die Impfstoffe, wenn es Sie eventuell interessiert, kann ich auch dazu Einiges sagen. Ich sehe die zeitliche Einordnung des Neustarts, ich weiß also, dass wir einen freien Sommer haben werden, wir sind auf dem Weg zur Freiheit, wie das der britische Ministerpräsident sagte. Dies ist mit einiger Verspätung, aber auch für Ungarn gültig. Die anderen werden doch sehr darum ringen müssen, um einen besseren Sommer zu haben, als sie ihn im vergangenen Jahr hatten.

Charles Michel sagte, die Europäische Union versuche die Herstellung und den Ankauf von Impfstoffen zu beschleunigen. Zugleich haben wir im Laufe dieser Woche geradezu kriminelle Details darüber gehört, dass man in Italien in einem Lagerhaus 29 Millionen des AstraZeneca Impfstoffs gefunden hat, gerade bevor sie eingepackt worden wären, um sie aus der Europäischen Union hinauszuschaffen. In solchen Momenten stellt man sich die Frage, wenn er wohl nach Großbritannien geschafft worden wäre, was für einen Vertrag wohl die Briten abgeschlossen haben, dass ihr Vertrag durch den Impfstoffproduzenten von A bis Z eingehalten wird, während der Europäischen Union auch zum Beispiel AstraZeneca, seit die Lieferungen begonnen haben, nur sagt: „Ich komme, aber ich kann immer nur ein Drittel liefern.“

Den Kauf der Impfstoffe von den Pharmafirmen der westlichen Welt haben die Ministerpräsidenten Brüssel überlassen. Damit war auch ich einverstanden, leider muss ich die auf mich entfallende Verantwortung übernehmen, das war eine schlechte Entscheidung. Es gibt zwar Stimmen, die immer noch wiederholen, dies sei eine gute Entscheidung gewesen, aber Sie kennen das doch auch, wenn man eine Position nicht aufgeben kann, weil man ständig beweisen will, dass man nicht verantwortlich ist. Die Wahrheit ist, dass wir es vermasselt, wir eine schlechte Entscheidung getroffen haben, die Ministerpräsidenten hätten sagen müssen, jedes Land solle selbst für sich den Impfstoffankauf erledigen, jeder soll selbst mit den Herstellern verhandeln.

Aber das hat man doch verboten.

Ja, aber es wurde mir kein Gewehrlauf an die Schläfe gepresst, wir hätten zweifellos „nein“ sagen können, aber zu dem Zeitpunkt war es die allgemeine Weisheit, dass es gemeinsam vielleicht eher gelingen werde. Und wir haben auch angenommen, wir sind von uns selbst ausgegangen, wir haben also gedacht, auch die Brüsseler arbeiten so viel, sie arbeiten so schnell, und die Angelegenheit ist ihnen genauso wichtig wie für uns und ihre Gesichtspunkte sind die gleichen wie die unseren. Soweit ich das sehe, richteten sich ihre Gesichtspunkte eher auf den Einkaufspreis. Aber für uns ist nicht der Preis das Primäre, ich behaupte nicht, dass das Geld vom Himmel herunterfallen würde, darum geht es nicht, doch im Vergleich zu den Leben ist das Geld sekundär, die Zeit wäre das wirklich Wichtige gewesen. Brüssel hat die Preise gut niedergedrückt, nur hat es keinen Impfstoff. Wenn man also wählen könnte, dann lieber den teuren Impfstoff…

Billigen gibt es nicht …

Wenn es keinen billigen gibt, dann sollte es lieber der Teure sein. Die Wahrheit ist aber, dass für uns, die wir uns jeden Tag mit den Bürgern treffen, deren Verantwortung für das eigene Volk, für die eigenen Bürger völlig offensichtlich ist, für uns ist es evident, was wichtig ist. Wer in einer Brüsseler Blase sitzt, dort sein Gehalt erhält, die einander Tag und Nacht treffen, über den Nationen schweben, das sind anständige Menschen und sie versuchen auch alles zu unternehmen, doch existieren sie in einem anderen Umfeld als wir, sie spüren das Leben nicht so wie wir, und deshalb haben sie das verpfuscht. Aber jetzt ist nicht die Zeit dafür, jetzt sollten wir Leben retten und impfen, danach können wir hierauf zurückkommen. Zum Glück – und hier können wir die Verdienste von Péter Szijjártó gar nicht auf ausreichende Weise betonen – hat er im November gesagt, es würde Probleme geben, es würde die gleiche Situation entstehen, wie es sie auf dem Markt für Beatmungsgeräte gegeben hatte, dort würden – etwas übertrieben formuliert – die Länder sich entlang der Startbahnen der Flugplätze gegenseitig herumschubsen, wer Impfstoff erhält und wer nicht. Gut, wenn nicht auf den Flugplätzen, so würden sich solche Szenen dann vor den Toren der Fabriken ereignen. Er sagte im November, wir sollten nicht zögern, es sei ganz gleichgültig, wer was sagt, die Leben zählen, gehen wir nach Moskau, gehen wir nach Peking, verhandeln wir mit den Russen und den Chinesen, und besorgen wir jeden Impfstoff, denn das ist keine ideologische und keine politische Frage. Die Regierung hat im November den Rat des Außenministers beherzigt, deshalb konnten wir verhandeln und deshalb kommen jetzt die Impfstoffe von dort. Wer jetzt mit Peking zu verhandeln beginnt, der kann dann irgendwann im Sommer an die Reihe kommen, oder wer jetzt mit Russland zu verhandeln beginnt, der muss sich in der Reihe derer anstellen, die auf den Impfstoff warten, und wir befinden uns jetzt dort an einer sehr guten Stelle, vorne, und die Russen und auch die Chinesen liefern rechtzeitig. Wir haben auch jetzt die Impfstoff-Lage überblickt, ich kann Ihnen sagen, es sind 400 tausend Dosen Impfstoff draußen, die wir verimpfen. Die Zahl der Geimpften hat 1 Million 800 tausend, genauer 1.803.533 erreicht, und 594 tausend, also bald 600 tausend Menschen haben auch schon die zweite Impfung erhalten. Wir haben 250 tausend Dosen russischen Impfstoffs auf Lager, die darauf warten, zum Impfen freigegeben zu werden, wir könnten sie also auch schon morgen verimpfen, nur muss die Frau Oberste Amtsärztin die Kontrollen durchführen. Das wissen nur wenige, aber ich möchte Ihnen mitteilen, dass wir die angekommenen Impfstoffe nicht automatisch den Ärzten und den Hausärzten übergeben können, sondern diese müssen durch eine ungarische Kontrolle durchgelassen werden, und wenn das geschehen ist, dann – so nennen wir es – geben wir diese Bestände frei und man kann sie ausliefern. Dies kann manchmal mehrere Tage, auch mehrere Wochen in Anspruch nehmen, je nach dem was für eine Dokumentation der Frau Obersten Amtsärztin zur Verfügung steht. Ich dränge natürlich Cecília Müller, sich zu beeilen, aber sie gibt nicht nach, und sie hat Recht, denn es ist ihre Aufgabe, die möglichst sicherste Versorgung zu garantieren. Es warten also 250 tausend Dosen des russischen Impfstoffs auf die Freigabe, wenn Cecília Müller sie freigibt, dann wird man diese verimpfen können. Und wir haben ebenfalls 517 tausend Dosen Impfstoff auf Lager, die für die zweite Impfung vorgesehen sind. Diese können wir jetzt nicht verimpfen, denn diese sind das zweite Paar der bereits verabreichten Impfungen, die dann verimpft werden müssen, wenn der Zeitraum zwischen den beiden Impfungen verstrichen ist, der je nach Impfstoff unterschiedlich ist. Wir haben also ein vollkommen klares Bild über die Situation im Lager, wir wissen, wie viel Impfstoff wir haben, wir wissen, wann was ankommt, und deshalb befinden wir uns jetzt schon in der Lage, über den Neustart zu sprechen, jedoch kommt ein sofortiger Neustart nicht in Frage. Auch heute habe ich einen Versuch auf der Sitzung des Operativen Stabes unternommen, mich für die Öffnung der Geschäfte oder der Dienstleistungen auszusprechen, aber die Meinung der Experten des Seuchenschutzes war eindeutig, dass solange die Zahl der Infektionen so hoch ist, ist keinerlei Öffnung zulässig. Die Öffnungsweise der Geschäfte können wir ändern, darüber wird man spätestens heute Nachmittag im Operativen Stab entscheiden können. Die Richtung haben wir vorgegeben, wir werden uns auf die Öffnung auf Grundlage der Quadratmeter umstellen. Hieraus folgt, dass gleichzeitig sich in einem Geschäft auf einer Fläche von 10 Quadratmetern eine Person wird aufhalten dürfen. Das ist nicht einfach einzuhalten und zu kontrollieren, deshalb wird es Schlangen vor den Geschäften geben. Der Vorschlag des Operativen Stabes lautete – das werden wir dann morgen finalisieren –, dass man statt bis 20 Uhr lieber bis 22 Uhr, eventuell bis 23 Uhr draußen sein dürfen sollte – das werden wir dann entscheiden –, und wir sollten erlauben, dass die Geschäfte nicht nur bis 19 Uhr auf sein dürfen, sie nicht um 19 Uhr schließen müssen, sondern wir dies bis 21 Uhr hinausschieben, und dann, im Vergleich dazu, wir die Ausgangsbeschränkung bis sagen wir 22 Uhr verschieben. Die Einzelheiten dessen berät der Operative Stab, von wo ich gekommen bin, noch immer, und am Nachmittag, spätestens morgen Früh werden die Detailregelungen in dem Ungarischen Amtlichen Mitteilungsblatt erscheinen. Es gab einen Kampf für die Friseure und die in der Schönheitsindustrie Arbeitenden, damit diese öffnen dürfen, doch die Experten für den Seuchenschutz waren strikt dagegen, während im Übrigen die Industriekammer diese Bitte an die Regierung herangetragen hatte. Die Verhandlungen darüber laufen auch jetzt, am Abend, spätestens morgen Früh werden wir auch darüber berichten können. Doch muss man in dieser Frage der Meinung der Experten des Seuchenschutzes den Vorrang einräumen. Dann kommt die nächste Frage: die Angelegenheit der Schulen. Denn auch hierin haben wir Entscheidungen getroffen. Es gibt ja eine Sache, auf die ich bestehe. Im Allgemeinen räume ich der Meinung der Seuchenschutzexperten den Vorrang ein, ich glaube, das ist so richtig. Aber es gibt noch eine Sache, auf die ich bestehe, und diese ist, dass solange nicht alle unserer Landsleute im Alter von über 65 Jahren, die sich registriert haben, geimpft worden sind, kann man über keinerlei Neustart sprechen. Denn in der unmittelbarsten Lebensgefahr sind die Menschen über 65 Jahren. Und ich glaube daran, dass ein Land so viel wert ist, wie es mit seinen älteren Landsleuten umgeht. Schließlich haben ja die über 65-jährigen das Land bis hierher geführt. Sie haben es auf ihrem Rücken getragen, sie haben gearbeitet, wir haben es ihnen zu verdanken, dass wir heute hier stehen. Man kann ihre Gesichtspunkte nicht in den Hintergrund drängen. Ich bestehe also darauf, dass jeder alte Mensch, der über 65 Jahre alt ist und sich registriert hat, den Impfstoff erhalten soll. Wenn sie ihn erhalten haben und die unmittelbare Lebensgefahr vorbei ist, dann kann man über einen Neustart reden. Denn das Restaurant ist wichtig und dass die Jugendlichen sich sehen können, das ist alles wichtig, doch ist meiner Ansicht nach das Leben der alten Menschen am wichtigsten. Jetzt sehen wir, dass wir 71 Prozent der Registrierten im Alter von über 65 Jahren geimpft haben. Auch die registrierten über 85 Jahren haben wir geimpft, 49 tausend von ihnen sind noch nicht geimpft, aber sie finden wir nur schwer. Das sind eben solche Lebenssituationen, die Familie hat sie registriert, aber es ist nicht sicher, ob sie selber es wollen, sie leben nicht dort, wo sie angemeldet sind, der Hausarzt ist der Ansicht, sie seien in einem gesundheitlichen Zustand, in dem es besser wäre, keine Impfung zu erhalten… Jetzt ist es also schon sehr schwer, einem jeden, der sich im Übrigen registriert hat, den Impfstoff zu verabreichen, denn am Ende spielen dann schon solche Gesichtspunkte eine Rolle. Doch ist das Wesentliche, dass wir von den Registrierten über 65 Jahren 71 Prozent geimpft haben und mit ihrer Impfung gut vorankommen. Wir beschäftigen uns mit der Frage der Schwangeren, denn früher war es der Standpunkt der Ärzte, Schwangere sollten wir lieber nicht impfen. Heute haben auf der Sitzung des Operativen Stabes die Experten für den Seuchenschutz mitgeteilt, mit Pfizer und Moderna dürfe man die Schwangeren impfen, deshalb bitte ich all jene, die schwanger sind und ein Kind erwarten, sich zu registrieren, und wenn sie sich registriert haben werden, dann werden sie auch entsprechend der Impfreihenfolge an die Reihe kommen. Man darf sie mit Impfstoff von Pfizer oder Moderna impfen. Was jetzt die Schulen angeht, so ist da ja die Lage, dass wenn wir die über 65 Jahre Alten geimpft haben werden, diese Situation wird sich etwa bei 2,5 Millionen Impfungen einstellen, und das wird in der Karwoche oder in der Woche nach der Karwoche eintreten, wird man dann über die Öffnung der Schulen reden können. Aber auch hier müssen wir die in den Schulen Arbeitenden, also nicht die Schüler, sondern die dort arbeitenden Menschen impfen, damit wir die Schulen öffnen können. Hierüber wird es dann natürlich eine große Diskussion geben, ob es richtig ist, die Lehrer beim Impfen nach vorne zu nehmen. Die Lehrer haben es ja im Übrigen nicht leicht. Sie verrichten eine sehr wichtige Arbeit, vielleicht die wichtigste, denn wir vertrauen ihnen ja doch unsere eigenen Kinder an. Es gibt Familien, in denen die Kinder mehr Zeit mit den Pädagogen verbringen als mit uns, Eltern. Ihre Arbeit ist also besonders wertvoll, doch oft wird ihnen die Sommerpause vorgehalten, wir kennen also diese Stimmen, die die Lehrer kritisieren, es sind also nicht alle in diesem Land auf der Seite der Lehrer. Da steckt viel Ungerechtigkeit in dieser Meinung, dass sie im Sommer nicht arbeiten, usw. Meine Mutter ist übrigens als Heilpädagogin in Rente gegangen, ich kenne also beide Seiten dieser Medaille. Aber jetzt ist es die Lage, dass wenn wir unsere Kinder in die Schulen zurücklassen wollen, was wichtig ist, dann müssen wir die Lehrer impfen. Ich bitte einen jeden, auch die, die Bedenken gegenüber den Lehrern haben, dies zu akzeptieren. Wir müssen im Übrigen nicht nur die Lehrer impfen, sondern auch die in der Schule Arbeitenden. Das bedeutet, dass wir 102 tausend registrierte in den Schulen Arbeitende haben, von denen wir bereits 20 tausend geimpft haben, denn entsprechend der Verfahrensordnung der Registration sind sie an die Reihe gekommen. Es gibt also 82 tausend registrierte in den Schulen Arbeitende, die wir impfen müssen, bevor wir die Schulen öffnen könnten. Und soweit ich das sehe, können wir sie bis zum 10. April impfen, dann gibt es acht-neun Tage, die sie abwarten müssen, damit der Impfstoff wirkt, und das bedeutet, dass wir eine reale Chance haben, dass die Schulen am 19. April wieder geöffnet werden können. Am 19. April wird die Zahl derer, die bereits die erste Impfung erhalten haben, übrigens über 3 Millionen liegen. Ich sage also einem jeden, dass die Kindergärten, die Grundschulen und die Mittelschulen aller Wahrscheinlichkeit nach am 19. April wieder starten können.

Kann man entsprechend dieses Verlaufs das Tempo halten, dass täglich ungefähr 50 tausend Menschen geimpft werden können? Und wird es dann dafür den Impfstoff geben? Jene beiden neuen Impfstoffe, die in Ungarn zugelassen worden sind, können dann vermutlich erst in der nächsten Stufe eingesetzt werden.

Wir haben gestern vielleicht 120 oder 130 tausend Menschen geimpft. Die ungarische Impfkapazität ist also sehr groß. Ich möchte mich nicht auf überflüssige philosophische Diskussionen einlassen, aber glauben Sie mir, wir können an einem einzigen Tag viele hunderttausende von Menschen impfen, wenn es ausreichenden Impfstoff gibt. Übrigens verlaufen die Impfungen entsprechend des wöchentlichen Impfplans. Ich bin mit dem Herrn Staatssekretär, der dafür verantwortlich ist, täglich in Kontakt, täglich höre ich mir seine Berichte an und ich kann ruhig sagen, dass unsere Hausärzte eine ausgezeichnete Leistung zeigen. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, man hört vieles, doch ist die Wahrheit, dass die überwiegende Mehrheit der Hausärzte ehrliche, anständige Menschen sind, die alles für ihre Patienten bzw. für unsere zu ihnen gehörenden Landsleute tun. Es gibt immer ein-zwei Ausnahmen, der eine will nicht impfen, dann gibt es dieses und dann gibt es jenes, andere Menschen werden in der Reihenfolge vorgezogen. Wir kennen das, denn das Leben ist so, aber glauben Sie mir, diese Fälle, jeweils ein Fall, das sind die Ausnahmen. Die überwiegende Mehrheit der Hausärzte reiht die auf die Impfung Wartenden mit der notwendigen Überlegung zum Impfen ein, wobei sie eine schier über ihre Kräfte hinausgehende Arbeit verrichten. Wir vertrauen also darauf, dass dies auch in der Zukunft so sein wird, deshalb werden wir die Hausärzte auch im kommenden Zeitraum beim Impfen mit einbeziehen. Es gibt Länder, die ihre Hausärzte nicht einsetzen, und nur Impfpunkte in Krankenhäusern betreiben. Wir haben nicht diesen Weg eingeschlagen, wir vertrauen unseren Hausärzten, deshalb haben wir auch an erster Stelle den Hausärzten die Verantwortung für das Impfen übertragen. Wenn es dann mehr Impfstoff geben wird, dann wird natürlich auch die Zahl der Impfpunkte in den Krankenhäusern zunehmen. Wir haben ausreichend Impfpunkte. Wir brauchen keine weiteren Impfpunkte, wir benötigen Impfstoff. Wenn es Impfstoff geben wird, wird es auch Impfpunkte geben.

Sie haben ausgeführt, wie viel Impfstoff auf Lager ist, als Reserve für die zweite Impfung. Wann kommt eine weitere Lieferung? Kommt noch diese Woche eine, oder ist sie erst in der kommenden Woche zu erwarten?

Nein. Lieferungen kommen ständig an. Ich möchte aus dem Grund keine genauen zeitlichen Angaben über die Lieferungen machen, da ja auch Sie sehen können, was für eine Kakophonie herrscht. Wenn Sie also die sozialen Medien betreten oder nur sich einfach mit Ihrer Freundin unterhalten, dann sagt jeder alles Mögliche. Ich sage ganz ehrlich, so ein Durcheinander habe ich noch nicht gehört, indem man alles und auch das Gegenteil von allem hören kann. Ich kann im Interesse unserer Landsleute so viel tun, dass Cecília Müller jeden Tag ausführt, wie die Lage ist. Die ist so, wie sie sie beschreibt. Darin können Sie sich so sicher sein, so wie ich jetzt hier sitze. Auch ich komme jeden Freitag, wenn Sie mich einladen, dann komme ich auch am Karfreitag, und teile jede Woche einmal mit, was genau wie ist, was zu erwarten ist, was geschehen wird. Und ich bitte einen jeden darum, dass wenn Sie sich auch die dem von mir Gesagten entgegengesetzten Nachrichten anhören, dann glauben Sie diesen nicht, denn geschehen wird das, was Cecília Müller sagt bzw. im wöchentlichem Maßstab das, worüber ich Sie informieren kann. Ein jeder ist erschöpft, ungeduldig, frustriert, jedem reicht es, ein jeder möchte gerne wieder frei sein, hinzu kommt noch, dass auch die Wellen der Epidemie stark sind, sie stoßen unser Schiff. Ich stehe dort am Steuer, ich habe einen Kompass, ich überblicke die Situation, und ich halte das Steuer in den Händen, glauben Sie mir es, und ich berichte jede Woche darüber, wie die Lage ist. In der Kakophonie sind manchmal sichere Orientierungspunkte notwendig. Diese versuchen wir den Menschen zu geben. Die Kakophonie und der Stimmenwirrwarr sind unvermeidlich, denn wir leben in einer modernen Demokratie. Wenn jeder das sagt, was er will, mit dem redet, mit dem er will, dann vervielfachen diese Gadgets auch noch die Stimmen der Menschen. In solchen Situationen ist die Hilfe, die ein die Verantwortung tragender Arzt, wie Cecília Müller, oder ein Politiker, wie ich, geben können, ist es, im notwendigen Moment, kontinuierlich, glaubwürdig darüber zu informieren, was die Situation ist.

Jetzt gibt es auch die Möglichkeit für jeden, die eigene Registrierung zu kontrollieren. Hierzu hat sich die Möglichkeit eröffnet. Am ersten Tag, gestern offensichtlich, als sich alle darauf gestürzt haben, gab es eine kleine Störung, aber Sie sichern das Funktionieren dessen?

Schauen Sie, jetzt habe ich vorhin zum Beispiel darüber gesprochen, dass wir die in den Schulen Arbeitenden impfen, doch in den Daten über diese 102 tausend Registrierten kommen die in Institutionen Arbeitenden, die auch eine berufliche Qualifikation vergeben, nicht vor, denn dort müssen noch die Daten abgeglichen werden. Die Daten der in den Kinderkrippen Arbeitenden befinden sich bei den kommunalen Selbstverwaltungen. Dort erfolgt der Datenabgleich. Damit will ich Ihnen also sagen, dass wir Datenbanken mit vielen hunderttausend, mit Millionen von Angaben verwalten. Sicherlich machen auch wir Fehler, also sicherlich kommen auch in der Staatsverwaltung Fehler vor, die nicht hätten vorkommen sollen, aber insgesamt ist es angesichts einer solch großen Datenbankmasse unvermeidlich, dass hier und da ein Fehler vorkommt. Ich bitte auch hier einen jeden, glauben Sie es mir, dass auch hier lauter gutwillige Menschen arbeiten. Im Allgemeinen lohnt es sich, wenn es so eine Ungeduld, so eine gespannte Situation gibt, gegenseitig sich Gutwilligkeit vorauszusetzen. Wenn also jemand einen Fehler macht, dann geschieht das nicht, weil er jemandem schaden möchte, sondern weil auch er erschöpft, angespannt ist, weil es auch für ihn nicht leicht ist. Wir sollten nicht nur geduldig miteinander sein, sondern auch gegenseitig voneinander annehmen, dass der andere wohlwollend ist.

Sieht man jetzt schon das Ende des Tunnels? Wir möchten wissen, ob wir irgendwann einmal aus ihm herauskommen werden.

Ich habe leicht reden, denn es geht nicht nur darum, dass ich am Steuer stehe und ich einen Kompass habe, sondern oben im Aussichtskorb sitzen auch meine Leute, und von dort aus rufen sie herunter, was uns ungefähr erwartet, was wir vor uns haben: Festland, Felsen oder offenes Gewässer, und ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, dass wir einen freien Sommer haben werden. Es wird im kommenden Zeitraum noch Dienstleistungen und auch im Sommer kann es noch Veranstaltungen geben, die man nur mit einer die Geschütztheit bestätigenden Karte wird in Anspruch nehmen bzw. besuchen können. Das ist unvermeidlich, diese Logik der Verteidigung müssen wir aufrechterhalten. Aber insgesamt muss ich sagen, obwohl dies vielleicht sekundär ist, dass wir die meisten oder gar alle europäischen Länder überholend, alle Länder der Europäischen Union überholend, denn die Briten sind uns voraus, und sie werden wir – glaube ich – nicht mehr einholen können, aber vor allen anderen Ländern wird das Leben in Ungarn wieder frei werden. Hierzu bestehen gute Chancen. Es stehen uns schwierige Tage bevor, ich möchte erneut unterstreichen, dass wir Wohlwollen, guten Willen, Geduld und gegenseitige Hilfeleistung voneinander erwarten, achten wir aufeinander, passen wir aufeinander auf, und wir werden diesen schwierigen Zeitraum, den die kommenden ein-zwei Wochen darstellen, nicht einfach nur überleben, sondern mit den möglichst geringsten Verlusten überleben. Glauben Sie mir, unsere Ärzte wollen einen jeden heilen. Die Menschen sterben nicht deshalb, weil sich die Ärzte nicht mit ihnen beschäftigen, oder ihre Arbeit nicht gut verrichten, sondern weil das Virus tödlich ist. Für manche Menschen ist es, wenn sie sich damit anstecken, tödlich. Aber ansonsten ist für unsere Ärzte und unsere Krankenschwestern nichts so wichtig wie das Leben der ungarischen Menschen, und glauben Sie mir, sie unternehmen alles, um die Ungarn zu heilen.

Vielen Dank! Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.