Viktor Orbáns Interview in der Sendung „Guten Morgen Ungarn” von Radio Kossuth
25. Oktober 2019

Katalin Nagy: Diese Woche begann die Herbstsitzungsperiode des Parlaments, in deren Rahmen die bisherigen Ergebnisse und die möglichen weiteren Schritte des Aktionsplanes zum Schutz der Familie und der Wirtschaft überblickt werden. Ich begrüße im Studio Ministerpräsident Viktor Orbán. Welche Maßnahmen sind zu erwarten?

Ich begrüße die Zuhörer respektvoll. Tatsächlich setzt sich das Parlament nach hundert Tagen erneut zusammen, dies ist der Beginn der herbstlichen Sitzungsperiode. Sehr viele Dinge sind während der hundert Tage geschehen, und in solchen Fällen ziemt es sich, die Abgeordneten zu informieren, das habe ich auch getan, und wie Sie es sagten, haben wir zwei große Themen, über die ich zu berichten habe, und die unsere Arbeit in den kommenden Monaten bestimmen werden. Das eine ist der Aktionsplan zum Schutz der Familie und der andere der Aktionsplan zum Schutz der Wirtschaft. Den letzteren sehe ich jetzt als den spannenderen an, denn der Aktionsplan zum Schutz der Familie hängt ja letztlich nur von uns ab, also haben wir ihn begonnen, wir machen ihn, man muss den Weg zu Ende gehen. Die Ergebnisse sind auch ermutigend, den viele-viele zehntausend Menschen haben die durch den Aktionsplan zum Schutz der Familie sich eröffnenden Möglichkeit in Anspruch genommen, besonders beim Baby-Kredit sehe ich viele, 64 und einige tausend Menschen, dann beläuft sich die Zahl jener, die am Programm zur Übernahme der Lasten der Tilgung der Raten der Hypothekenkredite teilnehmen um die zehntausend, das Kinderbaugeld hat inzwischen mehr als 110 tausend Menschen erreicht, also die Unterstützung zur Schaffung eines eigenen Heimes. Ich habe das Gefühl, die geht schon allein auf seinem Weg. Der Aktionsplan zum Schutz der Wirtschaft ist eine schwierigere Angelegenheit, denn da befinden wir uns leider nicht allein auf dem Spielfeld. Man muss sich die ungarische Wirtschaft so vorstellen, dass wir in einem bestimmten Jahr einen bestimmten Wert produzieren, und unser Export – also die Produkte, die wir ebenfalls im Laufe eines bestimmten Jahres ins Ausland verkaufen – beträgt achtzig und einige Prozent der Leistung der gesamten ungarischen Wirtschaft. Dies bedeutet also, wenn die Märkte offen sind bzw. unsere Arbeiter hier zu Hause wettbewerbsfähige Produkte herstellen, dann düst die ungarische Wirtschaft, dann gibt es Geld, dann gibt es Einnahmen, dann entwickelt sich das Land, dann gibt es eine Rentenerhöhung und eine Rentenprämie, und dann gibt es den Aktionsplan zum Schutz der Familie. Wenn es aber Störungen auf unseren Außenmärkten gibt, dann zeigen sich sehr schnell die Auswirkungen dessen. Und jetzt gibt es eine Störung auf den Außenmärkten, die europäische Wirtschaft präsentiert kein gutes Bild, besonders die Wirtschaft der Deutschen hat sich verlangsamt, also wenn wir nur dasitzen und warten, wie das früher die Gepflogenheit war, und wir sagen, indem wir die Hände ausbreiten: „So ist die Weltwirtschaft und wir passen uns ihr an.“, dann wird daraus ein großes Übel. Jetzt ist also die Aufgabe, und ich sage das ehrlich, die Aufgabe ist auch intellektuell, also auch im geistigen Sinn eine ernsthafte Herausforderung, solche ungarische Maßnahmen zu treffen, die trotz der Störungen in der europäischen Wirtschaft und des sich verlangsamenden Wachstums, der Rezession in der Lage sind, die Leistung der ungarischen Wirtschaft auf einem hohen Niveau zu halten. Die Frage ist natürlich, was „hoch“ bedeutet. Hoch ist, wenn die Europäische Union ein Wachstum oder eine Stagnation aufweist, sagen wir bei Null, dann soll die Leistung der ungarischen Wirtschaft unbedingt um 2 Prozent höher liegen. Wenn wir diese erbringen, dann bleiben die Arbeitsplätze erhalten, dann werden die Löhne steigen, dann wird im Land alles in Ordnung sein. Wenn wir dies nicht halten können, dann beginnt die ungarische Wirtschaft zu husten und dann müssen wir alle die Taschentücher hervornehmen. Das möchten wir vermeiden.

Zeichnen sich schon die Programmpunkte ab, welche jene Gebiete sind, auf denen die Wirtschaft gestärkt werden kann, selbst durch die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit?

Da diese unvorteilhaften außenwirtschaftlichen Zeichen sich nicht erst jetzt im Herbst zu zeigen begannen, sondern bereits in der ersten Hälfte, im ersten Viertel des Jahres zu sehen gewesen waren, ja unsere Analysten uns bereits früher darauf aufmerksam gemacht haben, deshalb haben wir den Aktionsplan zum Schutz der Wirtschaft bereits gestartet, wir haben also die Beiträge gesenkt, haben die für die Forschung und Entwicklung aufwendbare Summe in bedeutendem Maße erhöht, wir haben ermöglicht, dass auch Firmen Unterbringungsmöglichkeiten für ihre Arbeiter bauen können und wir diese unterstützen. Wir haben schon viele Maßnahmen getroffen, aber wenn sich die europäische Lage nicht verändert, wenn also die klimatische Erscheinung der Abkühlung in der europäischen Wirtschaft vorherrschen wird, dann wird auch ein zweiter und dann auch ein dritter Aktionsplan notwendig werden. Hieran arbeiten wir mit großer Energie, wir nehmen auch die Fachleute der Notenbank in Anspruch, das Wirtschafsministerium arbeitet unter der Leitung von Mihály Varga, und wir haben auch einen Rat für Wettbewerbsfähigkeit, den ebenfalls der Herr Finanzminister leitet, und in dem auch die Akteure der ungarischen Wirtschaft vertreten sind, auch von ihnen erwarten wir Vorschläge. Das eine dieser bedeutenden Vorschlagspakete, das sie eingereicht haben und die Regierung am Mittwoch akzeptiert hat, geht vor das Parlament, es geht dabei um die Modernisierung des ungarischen Ausbildungssystems im Interesse dessen, damit Arbeiter von immer besserer Qualität und immer besser ausgebildete Jugendliche der Wirtschaft zur Verfügung stehen sollen. Ich wollte also eine gute Chance, insgesamt wollte ich – ich weiß nicht, wie es sich angehört hat, was ich gesagt habe – keine bewölkte Stimmung auslösen, sondern einen optimistischen Ton treffen. Ich halte die ungarische wirtschaftswissenschaftliche Intelligenz, die die ungarische Wirtschaftspolitik betreibenden Menschen, uns hier mit inbegriffen, die ungarische Regierung für fähig, sich die zum Schutz der Wirtschaft notwendigen Schritte auszudenken, und ich halte die ungarischen Arbeiter und die ungarischen Firmenchefs, auch die Klein- und die mittleren Unternehmen, für geeignet, diese auch umsetzen und ihre eigenen Unternehmen und ihre Arbeitsplätze schützen zu können.

Wir sind jetzt nach den Kommunalwahlen, die im Land der Fidesz gewonnen hat, jedoch hat er die Hauptstadt verloren. Sehen Sie schon die Ursachen?

Ich bedauere, dass es auch mehrere Siedlungen im Land gibt, wo man einen anderen Kandidaten zum Bürgermeister gewählt hat, als den und als die, die wir vorgeschlagen hatten, aber da kann man nichts machen, die Menschen entscheiden, ich kann das an dieser Stelle bedauern, die haben entschieden, was sie wollen. Ehrlich gesagt habe ich mich aus der Regierungsperspektive wirklich auf einen einzigen Punkt konzentriert, habe nur diesen beachtet, nämlich ob noch hinter der Regierung jene Unterstützung vorhanden ist, die dazu notwendig ist, damit wir unsere Arbeit fortsetzen können. Weil das Ergebnis hätte auch sein können, und ich habe es schon in zahlreichen Ländern gesehen, in denen es auf diese Weise geschah, dass eine Regierung ihre Arbeit verrichtet, es kommt eine Kommunalwahl, und bei dieser erhält die Seite der Regierungsparteien, die Kandidaten der Regierungsparteien nicht jene Unterstützung, die dazu notwendig wäre, um ihre Arbeit fortsetzen zu können. Denn bei solchen Anlässen bringen die Menschen auch ihre Meinung darüber zum Ausdruck, ob ihrer Ansicht nach die Dinge in die richtige Richtung laufen oder nicht. Und dann muss man modifizieren. Da 52-53 Prozent derer, die zur Abstimmung gegangen sind, in irgendeiner Form für Kandidaten der Regierungsparteien – und deshalb glaube ich, wenn auch indirekt, so doch in irgendeiner Form auch für die Regierung – gestimmt haben, weshalb wir uns jetzt von diesem Übel befreit haben, wir haben also kein solches Problem, ich konnte auch auf der Plenarsitzung des Parlaments feststellen, dass die Regierung wiederholt die Ermächtigung erhalten hat, um die begonnene Arbeit fortzusetzen, wir werden also den Kurs beibehalten.

Die Hauptstadt stellt doch einen großen Aderlass dar, denn Sie haben einen sehr erfolgreich arbeitenden und entschlossenen Oberbürgermeister verloren. Jetzt wird es einen neuen Oberbürgermeister geben, und vielleicht denken viele Menschen, dass dabei, dass der Fidesz Stimmen verloren hat oder nicht so viele zum Beispiel in der Hauptstadt erringen konnte, dafür dürfte es Gründe geben. Viele führen als Beispiel den Skandal um Zsolt Borkai an. Was ist Ihre Meinung darüber?

Es gibt eine Diskussion darüber, welche Rolle dieser Borkai-Faktor bei den Wahlen gespielt hat, aber es gibt niemanden, der dies genau sagen könnte. Man kann spekulieren, und sicherlich hilft so etwas einem nicht. Dies erschüttert die Menschen doch, sie fühlen sich vor den Kopf gestoßen, also es übt auf jeden Fall irgendeine Wirkung auf sie aus, und ich würde jene Wirkung, die dies auf die Menschen ausübt, nicht als erhebend bezeichnen. Ob sich dann dieses Gefühl in Wählerstimmen niedergeschlagen hat, werden wir niemals erfahren. Jedenfalls wäre es gut, wenn wir das so schnell wie möglich hinter uns lassen könnten, weil es erbärmlich deprimierend ist, dass man darüber streiten muss; und auch die Leute darüber reden, was im Schlafzimmer – oder Gott weiß wo noch – eines Bürgermeisters, Politikers passiert; und das ganze Land schaut mit zu. Es ist also keine gute Sache, wie es auch immer sei, was auch immer wer auch immer über diese Angelegenheit denken mag, für mich ist es auf jeden Fall eine traurige Sache. Irgendwie müssen wir darüber hinwegkommen.

Aber wie kann man darüber hinwegkommen?

Laut der Lehre ist es so, dass wir, der Mensch bzw. sagen wir auch ich sein Leben zu regeln versucht, da kommt es vor – denn es gibt keinen Menschen ohne Fehler und Sünde –, dass das eine oder das andere geschieht, der Mensch kämpft vergebens dagegen. Die Lehre sagt, es gibt für solche Fälle einen Fahrplan, nach dem man vorgehen muss, wenn du also ein Übel verursacht oder etwas Schlechtes getan hast, dann musst du das zugeben, danach musst du das bereuen, danach muss man die Strafe akzeptieren, und danach musst du Genugtuung leisten. Und dann befreit sich der Mensch irgendwie von der Sache. Jetzt ist die Zeit des Genugtuunggebens noch nicht gekommen, dahin muss man irgendwie hingelangen.

Ja, aber die politische Rechte erwartet, dass die von ihr unterstützten Politiker Vorbilder sein sollen. Hierbei haben jetzt bestimmte rechte Wähler das Gefühl, eine Niederlage erlitten zu haben.

Nicht sie, hoffe ich. Es geht also nicht hierum. Aber niemand hat behauptet, in der einen Ecke des Rings des politischen Schlammringens oder der Auseinandersetzung würden sich nur vollkommene Menschen befinden und in der anderen nur schlechte, das Leben ist komplizierter und schwieriger als das. Ich halte es für wichtig – wenn wir schon über rechte Wähler sprechen –, die Messlatte nicht nach unten zu versetzen. Das Schlimmste, was geschehen könnte, wäre also, wenn wir sagen würden, das sei nicht so wichtig, oder wenn wir sagen würden, darüber kann man hinweggehen. Es gibt also eine Messlatte, die wir manchmal nicht überwinden, aber es gibt einen großen Unterschied, ob wir sie nach unten versetzen, sie selber herunternehmen oder wir sie versuchen zurückzutun und danach wieder und immer wieder unsere Aufgaben zu erfüllen und über die Latte hinwegzuspringen. Ich empfehle also unserer eigenen politischen Gemeinschaft, den rechtsnational und christlich gesinnten Menschen, wir sollten die Latte nicht tiefer setzen, und wir sollten diesen Weg zu Ende gehen. Das wird meiner Ansicht nach geschehen. Die Győrer werden meiner Ansicht nach die Entscheidungen treffen, die notwendig sind, damit dieses Land nicht einfach nur diese Angelegenheit hinter sich hat, sondern dies mit dem Gefühl geschieht, dass wir ein seriöses Land sind, und das geschehen ist, was in so einem Fall geschehen muss.

Wenn wir über die Grenzen des Landes hinausgehen, dann sehen wir…

Verzeihen Sie mir, wir sollten aber noch über die Hauptstadt reden, dies alles ist nicht in der Hauptstadt geschehen. Ich bin ja seit dreißig Jahren Parlamentsabgeordneter, ich war 16 Jahre in der Opposition, und wenn der Liebe Gott und die Wähler es zulassen, dass ich diese Legislaturperiode absolviere, dann werde ich 16 Jahre Ministerpräsident gewesen sein. Ich habe also schon vieles gesehen, und ich lebe ja auch hier in der Hauptstadt. Ich habe bisher zwei Epochen gesehen. Ich habe eine Demszky-Ära und eine Tarlós-Ära gesehen. Jetzt können die Wähler natürlich entscheiden, was sie von der Zukunft erwarten, jetzt – nehme ich an – haben viele das Gefühl, einen besseren als István Tarlós gefunden zu haben, und sicherlich hoffen sie, der neue Herr Oberbürgermeister werde die Stadt besser lenken als István Tarlós. Ich wünsche ihnen, dass es so sei und sie Recht behalten, selbst wenn ich im Übrigen anders gestimmt habe und die Situation auch anders sehe, aber sie sollen Recht behalten. Aber was die Vergangenheit angeht, da beharre ich auf meinen Standpunkt, wenn ich so formulieren darf, ich habe gesehen, was ich gesehen habe. Ich habe gesehen, wie in der Demszky-Ära diese Stadt dreckig, stinkend, ungeordnet, durch Kriminalität verseucht, in ihrer Entwicklung steckengeblieben war, wie sie es nicht verdiente, die Hauptstadt des Landes zu sein. Budapest ist aber die Hauptstadt der Nation, also muss Budapest Ungarn würdig sein, Budapest kann nicht sonstwie aussehen. Es ist ganz gleich, ob wir in dem kleinsten Dorf im entferntesten Winkel des Landes irgendwo leben, dies ist auch die Hauptstadt der dort lebenden Menschen, sie muss also würdig sein, und ich muss sagen, sie war unwürdig. Ich nehme an, ein jeder erinnert sich daran, wie das Vermögen der Stadt gestohlen wurde, wie die Entwicklungen steckenblieben, und so weiter. Dann kam István Tarlós und machte Ordnung. Natürlich war dazu die Hilfe der Regierung notwendig, denn Budapest stand bis zum Hals in Schulden. Wenn ich mich jetzt richtig erinnere, so musste die Regierung ohne die Bezirke allein von der Hauptstadt 230 und einige Milliarden Forint an Schulden übernehmen, so, dass dies die reichste Stadt Ungarns ist. Ich musste also nicht ein kleines Dorf aus der Region Nyírség herausretten oder ein mittelmäßig entwickeltes Städtchen in Südungarn, sondern der reichsten Siedlung des Landes musste gegeben werden bzw. von ihren Schultern mussten Schulden in der Höhe von mehr als 200 Milliarden Forint genommen werden. Ich verstehe gar nicht, wie nach all dem überhaupt zur Sprache kommen konnte, dass Gábor Demszky ausgezeichnet werden soll. Steht ihm die Auszeichnung für den Bankrott oder für die Ruinierung der Stadt zu? Und dass sie István Tarlós dadurch erniedrigen wollen, indem sie ihn auch noch an seine Seite stellen, das ist dann wirklich das Nonplusultra der Unverschämtheit, selbst wenn das Ganze im Übrigen als so eine raffinierte großzügige Geste erscheint, aber wenn man die Sache zu Ende denkt, dann sieht man die Absurdität der ganzen Situation. Es kam István Tarlós und hat diese Stadt vor dem Bankrott gerettet, hat Ordnung gemacht, die Stadt entwickelt sich, es gibt beendete Investitionen im wert von mehr als 1.800 Milliarden Forint, zugleich sind in der Stadt Investitionen im Wert von mehr als 4.000 Milliarden Forint im Gang, und Budapest ist heute nicht einfach die reichste Stadt des Landes, sondern eine der am dynamischsten sich entwickelnden Städte Europas. Ich mag keine Übertreibungen, ich sage nicht, die ganze Welt würde die Stadt wie ein Wunder betrachten – das ist nicht wahr –, aber wahr ist, dass die Leistung Budapests überall in der Welt mit Anerkennung genannt wird. Jetzt drücke ich die Daumen, damit dies so bleibt und nicht die Demszky-Ära zurückkommt.

Gerade gestern habe ich gelesen, dass die Anhänger des Sportclubs Honvéd sehr besorgt sind, da ja Gergely Karácsony gesagt hat, er werde einen Stadionstop durchführen. Die Fans von Honvéd sind sehr besorgt, was mit dem Bozsik-Stadion geschehen wird.

Zunächst einmal sollten wir dem lieben Gott dafür danken und jene Menschen loben, von deren schneller Arbeit es abhing, dass man das Stadion von FTC nicht mehr ungeschehen machen und abbauen kann, auch die Fans von Vasas müssen sich keine Sorgen machen, denn sie haben bekommen, was ihnen zustand. Auch die von MTK müssen sich keine Sorgen machen. Die Fans in Kispest haben aber ein Problem mit dem Bozsik-Stadion, und natürlich ist da noch die Errichtung des Puskás-Stadions, wir werden es bald übergeben, und ich hoffe doch, dass das Budapester Stadtparlament nicht die Entscheidung fällt, es abzubauen. Also die in Kispest haben jetzt ein Problem. Drei Stadien werden heute in Budapest errichtet: das Bozsik, das in Kispest, das Athletikstadion, wo wir 2023 die Weltmeisterschaft veranstalten wollten, veranstalten möchten – ich weiß gar nicht, was die richtige Tempusform ist –, und ein Handballstadion, denn wir werden, ich glaube Anfang 2022, die Europameisterschaften ausrichten, oder wir würden sie ausrichten, es war so, dass wir die Gastgeber sein werden, aber warten wir die Entscheidung des Stadtparlaments ab. Hier müssen wir jetzt abwarten, wie das Stadtparlament entscheiden wird. Ähnlich ist die Situation hinsichtlich der kulturellen Investitionen. Ich halte mich an den meiner Ansicht nach moralisch und prinzipiell gleichermaßen richtigen Standpunkt der Regierung, nach dem man in einer Stadt keine Investitionen durchführen darf, wenn die gewählten Leiter der Stadt damit nicht einverstanden sind. Also abbauen würde ich nicht gerne, ich werde auch das verstehen, wenn es so einen Bedarf geben sollte, doch würde ich das schon als etwas übertrieben ansehen. Die Einstellung der laufenden Investitionen bringt Kosten mit sich, darüber muss man dann verhandeln, wenn wir stehen bleiben sollten, wer sie und auf welche Weise sie trägt. Aber wenn wir stoppen müssen, dann stoppen wir eben. Und es gibt beinahe schon begonnene Investitionen, die es, wenn das Stadtparlament sagen sollte, diese solle es nicht geben, dann wird es sie eben nicht geben oder nicht in Budapest geben. Das Stadtwäldchen gehört besonders hierzu, denn dort gibt es ein oder zwei Gebäude, wo die Arbeiten noch nicht begonnen haben, die bleiben dann als Torso dort, das Gelände ist gesäubert, und wir werden dann sehen, was geschieht. Das Wesentliche ist, dass das hauptstädtische Stadtparlament so schnell wie möglich eine Entscheidung treffen sollte. Ich habe sie darum gebeten, angesichts dessen, dass wir internationale Verpflichtungen besitzen, besonders hinsichtlich der Weltsportereignisse, denn wir haben Budapest nämlich mit István Tarlós gemeinsam zu einer Sporthauptstadt Europas gemacht, mit etwas Übertreibung könnten wir auch sagen zu einer Sporthauptstadt der Welt. Es gibt ein Programm, auf Grund dessen wir voranschreiten. Wenn jetzt eine neue Stadtführung nicht möchte, dass Budapest eine der Sporthauptstädte der Welt sei, dann muss darüber eine klare, eindeutige Entscheidung gefällt werden, und die Regierung wird sich dieser Situation anpassen.

Dann gehen wir jetzt weiter. Seit drei Jahren hören wir, dass es einmal zum Brexit kommen wird, das Vereinigte Königreich wird aus der Europäischen Union austreten. Die ungarischen Staatsbürger dürfen dabei durch keinerlei Nachteile betroffen sein, das haben Sie bereits auch schon früher gesagt. Was ist Ihre Ansicht, da ja jetzt die Lage ist, dass die Frist jetzt wieder verlängert worden ist, zeigt dies, dass die britische Elite und auch die der Europäischen Union so funktioniert, dass sie hört, was die Menschen wollen? Denn sie haben ja vor drei Jahren sich dafür entschieden, aus der Europäischen Union auszutreten.

Ja, das ist ein schmerzhafter Punkt der europäischen Politik und ein großes Fiasko der jetzt aus dem Amt scheidenden europäischen Führung, denn letztlich ist ja diese traurige Geschichte mit der Zeit des jetzt abtretenden Herrn Präsidenten Juncker und seiner Kommission verbunden, dass das erste Mal seit dem Bestehen der EU sie jemand verlässt. Zwei große Fehler sind in den vergangenen fünf Jahren geschehen, die mit dem Namen von Herrn Präsidenten Juncker verbunden sind. Der eine, dass wir die Briten nicht drinnen behalten konnten, und der andere, dass wir die Migranten hereingelassen haben. Beide Fehler müsste man korrigieren. Den letzteren, die Migranten, können wir auch nicht ungeschehen machen, aber zumindest können wir unter der Leitung der neuen Kommission das weitere Hereinströmen bremsen. Der Austritt der Briten ist eine Tatsache. Das britische Volk oder das Volk der Inselwelt oder das Volk des Insellandes hat entschieden, und diese Entscheidung muss man zur Kenntnis nehmen. Meiner Ansicht nach sind wir einen Schritt vorangekommen, denn wir haben vergangene Woche eine Vereinbarung getroffen, wir sind jetzt also an einem Punkt, dass es zwischen Großbritannien und der Europäischen Union eine zwischen den beiden Seiten, also zwischen der britischen Regierung und den Ministerpräsidenten der Europäischen Union zustande gekommene Vereinbarung gibt, diese existiert, diese habe auch ich unterschrieben oder akzeptiert. Das ist eine Vereinbarung, die die Interessen der Ungarn in Großbritannien schützt, wir müssen also nicht befürchten, dass sie diskriminiert werden. Ich werde mich immer für ihre Interessen einsetzen und werde kämpfen. Zugleich wird dies sicherlich eine wirtschaftliche Auswirkung besitzen, heute kann das noch niemand sagen, wie die Auswirkungen dessen aussehen werden, aber der Mensch ist nun einmal so gestrickt, dass er – wenn etwas gut funktioniert und es zu einer Veränderung kommt – eher befürchtet, dies könne eine Verschlechterung mit sich bringen. Vielleicht wissen es die Zuhörer nicht, dass Großbritannien zu den zehn wichtigsten Investoren und Handelspartnern Ungarns gehört. In Ungarn sind 750 Firmen tätig, die in britischer Hand sind, und in diesen 750 britischen Firmen arbeiten 60.000 Menschen, also 60.000 Familienoberhäupter oder Familienernährer verdienen ihr Brot in Firmen in Ungarn, die in britischem Besitz sind. Jetzt ist es in unserem Interesse, dass eine Vereinbarung entstehen soll, auf Grund der diese Arbeitsplätze erhalten bleiben, diese Firmen hier bleiben, und die dort arbeitenden ungarischen Menschen ihr Auskommen haben. Solch eine Vereinbarung habe ich unterschrieben, die dem eine Chance gibt. Die Frage ist nun, was das britische Parlament damit anfängt. Aber auch dort ist ein wichtiger Schritt gemacht worden, denn man hat die Grundprinzipien dieser Vereinbarung gebilligt, und ich glaube, von hier an ist dies nur noch eine technische Frage. Wir können ruhig sagen, die Briten befinden sich im Wesentlichen außerhalb der Europäischen Union.

Türkisches Militärmanöver in Nordsyrien. Es gibt zwei Ansichten, die sich gegenüber der Meinungsbildung in Ungarn äußern. Die eine fragt, warum wir uns nicht in die Reihe eingliedern können, und wenn die Europäische Union sagt, wir sollen die türkische Aggression verurteilen, warum rennen wir dann nicht, sie zu verurteilen? Beziehungsweise die andere, die fragt: Warum müssten wir immer durch die gleiche Brille jedweden internationalen Konflikt betrachten, wie die führende Kraft der Europäischen Union?

Betrachten wir zuerst die Angelegenheit selbst, und danach Ihre Frage, wie man hierüber denken kann und sollte. Es ist ja sehr schwer durch die Nebelwand der Pseudonachrichten, der Fake News und der politisch beeinflussten Berichte hindurch zu blicken, doch konzentrieren wir uns auf das Wesentliche. Schließlich geschah ja, dass der größte Mitgliedsstaat der NATO – wir sind Mitglieder der NATO –, also dass der größte Mitgliedsstaat der NATO, die Vereinigten Staaten, ihre Truppen aus einem Gebiet abgezogen haben. Danach ist die zweitgrößte Streitkraft der NATO dort einmarschiert. Alle waren empört, nachdem dann die dort einmarschierte Kraft seine militärischen Ziele erreicht hat, hat die erste, haben die Vereinigten Staaten sofort mit ihr eine Vereinbarung getroffen. Wenn also jemand hier in dieser außenpolitischen Frage auf moralischer Ebene zu argumentieren versucht, dann lohnt es sich zu betrachten, wie die erst- und die zweitgrößte Militärmacht der NATO diese Angelegenheit geregelt haben, und erst danach sollte man darüber sprechen, auf Grund welcher moralischen Maßstäbe die Ungarn verfahren müssen. Es handelt sich ja doch um unsere zwei größten militärischen Verbündeten. Nachdem die Vereinigten Staaten mit den Türken übereingekommen sind, bin ich der Ansicht, gibt es für uns hier außenpolitisch nichts weiter zu tun. Man muss ganz einfach mit unseren zwei wichtigsten NATO-Verbündeten, die die zwei größten Streitkräfte der NATO sind, übereinstimmen. Wie müssen wir in solch einer Situation denken, wie lohnt es sich zu denken? Es gibt auch in der Politik auf unterschiedliche Weise denkende Menschen, es gibt ideologisch denkende Menschen, es gibt philosophisch denkende Menschen, es gibt Menschen, die im Rahmen der Logik der Anpassung an internationale Gruppen denken, von Zeit zu Zeit gibt es solche, die in fremdem Sold stehen, wir haben also im Lauf der ungarischen Geschichte alles Mögliche gesehen, das 20. Jahrhundert war doch lang. Ich pflege so zu denken, dass ich mir zuerst einen außenpolitischen Konflikt betrachte, und ich sehe mir an, ob ungarische Interessen betroffen sind. Gibt es in der ganzen Angelegenheit, die sich ereignet, in irgendeiner Form ein ungarisches Interesse, oder ist das ein Konflikt, da es sich um eine Angelegenheit außerhalb Ungarns handelt, mit denen kein ungarisches Interesse verbunden ist, also kann man sich auch auf Grundlage anderer Gesichtspunkte an sie annähern. Ich bin dazu nur auf der Grundlage der ungarischen Interessen bereit, damit fange ich an. Auch in diesem Fall bin ich so vorgegangen, und habe betrachtet, ob es ein ungarisches Interesse in dieser Angelegenheit gibt, denn scheinbar ereignet sich dies in weiter Ferne. Syrien, Damaskus, Türkei. Ein Durchschnittsungar sitzt also am Morgen am Küchentisch, hört sich Ihren Bericht und Ihre Nachrichten an, und er denkt, dies ereigne sich irgendwo weit von uns entfernt. Jedoch ist die Wahrheit, dass hierin das ungarische Interesse an dem Punkt zu finden ist, dass sich in der Türkei mehr als 3 Millionen Migranten aufhalten, von denen meiner Ansicht nach zwei und halb sicher aus Syrien gekommen sind. Die Türkei hat angekündigt, vielleicht auch gerade gestern der türkische Präsident, dass er das weiter nicht mehr macht. Wenn also die Europäische Union kein Geld gibt, wenn die Welt nicht etwas von diesen Lasten übernimmt, ihnen nicht zumindest Geld schickt, wird er, was ihn angeht, diese Menschen aus der Türkei herauslassen. Jetzt können die Migranten die Türkei in zwei Richtungen verlassen. Die eine ist Richtung Syrien, nach Hause, wenn Sie so wollen. Dazu ist natürlich notwendig, dass zuerst jene Gebiete militärisch stabilisiert werden, in die sie gehen könnten. Wenn ich es richtig verstehe, dann ist das jetzt geschehen. Um den Preis von Konflikten, um den Preis von Kämpfen, aber sie haben eine Sicherheitszone geschaffen, in die jetzt die Migranten aus der Türkei zurückgehen können. Wenn sie nicht dorthin zurückgehen, dann werden die Türken das Tor in Richtung auf Europa öffnen. Das bedeutet, dass die Migranten zu Hunderttausenden aus der Türkei nach Griechenland, dann aus Griechenland auf den Balkan, vom Balkan dann entweder an die ungarische oder die kroatische Grenze strömen werden. Meiner Ansicht nach ist es unser elementares ungarisches Interesse, dass dieser Fall nicht eintreten soll. Von Röszke war schon ein Vorfall genug, dabei waren das nur einige hundert Menschen. Was wird aber geschehen, wenn es einige zehntausend sein werden? Ich schaue also hierauf. Deshalb ist es unser Interesse, dass die Türken die Entscheidung treffen sollen, die Tore Richtung Syrien zu öffnen. Ich habe der EU auch empfohlen, dass wir den Türken auch Geld geben sollten, nicht so im Allgemeinen, sondern zur Errichtung von Städten, Spitälern, Schulen, Wohngebäuden in den stabilisierten, den besetzten Gebieten, damit man dorthin zurückgehen könne, und dann wäre Ungarn einer sehr schwerwiegenden Bedrohung entkommen. Das ist das ungarische Interesse, und meiner Ansicht nach sollte die ungarische Regierung diesem folgen.

Vielen Dank. Sie hörten Ministerpräsidenten Viktor Orbán.