Viktor Orbáns Interview in der Sendung „180 Minuten” [„180 perc”] von Radio Kossuth
Budapest, 31. März 2017

Éva Kocsis: Es ist vier Minuten nach halb acht. Sie hören die Sendung „180 Minuten”, im Studio anwesend ist Ministerpräsident Viktor Orbán. Ich wünsche einen guten Morgen!

Ich wünsche den Zuhörern einen guten Morgen!

Im vergangenen Zeitraum, in den letzten Wochen gab es ziemlich viele Treffen, V4, gestern der Gipfel der Volkspartei, dazwischen waren Sie in Rom. Doch bevor wir auf diese Angelegenheiten eingehen, so hat doch in der Zwischenzeit auch Zuhause eine Sache ziemlich heftige Emotionen hervorgerufen. Und dies ist die Modifizierung, die die Mitteleuropäische Universität betreffen würde. Haben wir diese weitere Angelegenheit gebraucht? Jetzt sind wir schon wieder überall auf den Titelseiten, warum die ungarische Regierung die CEU schließen lassen möchte.

Nun, Betrug ist Betrug, ganz gleich wer ihn begeht. Es gab eine Untersuchung – alle vier-fünf Jahre pflegen wir umfassende Untersuchungen hinsichtlich der Ausbildungsstätten durchzuführen – und wir haben festgestellt, dass mehrere Universitäten vorschriftswidrig tätig sind, darunter auch die Universität von György Soros. Und man kann in Ungarn ein Milliardär sein, doch kann man nicht über dem Gesetz stehen, auch diese Universität muss die Gesetze einhalten.

Wenn wir uns, sagen wir, in einem halben Jahr, in einem Jahr unterhalten, wird es dann die CEU in Ungarn geben?

Dies hängt von den Verhandlungen und der Übereinkunft zwischen der amerikanischen und der ungarischen Regierung ab.

Haben sie deshalb die amerikanische Regierung im Vorfeld kontaktiert?

Wir haben uns nicht an sie gewandt, denn es ist ja letztlich doch die normale Ordnung der Dinge, dass wenn jemand eine Ausbildung in Ungarn anbietet und sich dabei nicht als ungarische Universität, sondern in diesem Fall als amerikanische präsentiert, dann muss zwischen den beiden Regierungen eine Vereinbarung geschlossen werden. Diese fehlt jetzt. Früher war es nicht eindeutig, ob solch eine Vereinbarung zwischen den Regierungen notwendig sei, das möchten wir jetzt eindeutig machen. Die Zukunft der Soros-Universität hängt also von den Verhandlungen zwischen der amerikanischen und der ungarischen Regierung ab.

Werden sie auch mit der CEU verhandeln?

Die CEU muss nur die Gesetze einhalten, mit ihnen müssen wir nicht verhandeln. Es kann sein, dass sie dies gerne hätten, aber jetzt sind sie noch nicht die amerikanische Regierung.

Sprechen wir dann über jene Angelegenheiten, die sich in den vergangenen Wochen und Monaten ereignet haben.

Verlassen wir dieses Thema nicht so leicht, denn hierbei haben die ungarischen Universitäten nun wirklich einiges zu beanstanden, denn die Situation, die diese ungeklärte Rechtslage ermöglicht hat, ist nicht fair. Wenn in Ungarn eine ungarische Universität tätig ist, dann vergibt sie ein Diplom, ein ungarisches Diplom und das war‘s. Im Kontrast dazu gibt es eine Universität, die in Ungarn tätig ist und zwei Diplome vergibt, ein ungarisches und ein amerikanisches. Dies ist auch gegenüber den ungarischen Universitäten nicht fair. Auch zwischen den Universitäten gibt es einen Wettbewerb und es ist unverständlich, warum wir unsere eigenen Universitäten in eine nachteilige Situation bringen müssen. Von der anderen Seite her gesehen ist es ungerecht, der ausländischen Universität einen Vorteil zu verschaffen. Hier ist irgendeine eindeutige, klare und faire Situation notwendig.

Ein Diplom, das die Mitteleuropäische Universität vergibt, das im Wesentlichen auch in den Vereinigten Staaten Gültigkeit besitzt, ist kein anderes Diplom.

Darüber spreche ich doch. Nein, hier geht es um zwei verschiedene Dinge. Sie vergibt zwei Diplome, ein in Ungarn gültiges Diplom und ein in Amerika gültiges Diplom.

Aber so sind die internationalen Universitäten.

Nun, wenn sie über die entsprechenden zwischenstaatlichen Verträge über ihre Tätigkeit verfügen und diese die beiden Länder zuvor miteinander abgestimmt und akzeptiert haben.

Doch dies war bisher nie ein Thema. Wir sehen aber, dass – sagen wir – auch schon demokratische Politiker angedeutet haben, dies gefalle ihnen nicht.

Ungarn ist ein souveränes Land. Ungarn ist ein Land, das das Wissen zu jeder Zeit unterstützt, und den Betrug nicht toleriert.

Sie halten das für Betrug, was im Zusammenhang mit der CEU geschieht?

Natürlich, selbstverständlich. Es gibt eine klare Regelung, die aussagt, ein ausländisches Diplom kann man in Ungarn dann vergeben, wenn gleichzeitig die Universität, um die es dabei geht, auch im Ausland eine Ausbildung anbietet. Aber die Soros-Universität hat selbst in einem Brief zugegeben, im Ausland keine Ausbildung durchzuführen. Dies widerspricht den ungarischen Regeln.

Sprechen wir dann über jene Treffen, die sich in den vergangenen Tagen ereignet haben. Die Europäische Volkspartei hatte gestern ein Treffen. Da hat jeder über Einheit und Solidarität gesprochen. Wer aber zwischen den Zeilen liest, der hat gespürt, dass die Widersprüche immer noch da sind. War die Stimmung auch hinter den Kulissen derart nett?

Die Einheit ist im Leben einer Gemeinschaft immer eine wichtige Sache, auch im Falle einer Familie, auch im Falle einer Nation und auch im Falle einer internationalen Organisation. Ein jeder solcher öffentlicher Kongress ist auch zur Demonstration der Einheit da. Die Kunst besteht darin, dabei über jene Angelegenheiten ehrlich zu debattieren, in denen es Meinungsunterschiede gibt. Ich habe versucht, auch dem Genüge zu leisten.

Konnten Sie diese Angelegenheiten besprechen? Sagen wir, haben Sie sich mit Angela Merkel getroffen?

Ich habe etwa zwanzig Delegationen getroffen, die Zahl der bilateralen Treffen nähert sich also dem diplomatischen Rekord an, vom kroatischen Ministerpräsidenten bis zum sagen wir dem Vorsitzenden der Parlamentsversammlung des Europäischen Rates mit eingeschlossen. Ich habe auch mit Angela Merkel einige Sätze gesprochen, aber bilaterale deutsch-ungarische Gespräche gab es nicht.

Bei jenen Treffen, als Sie mit anderen Kollegen zusammengekommen sind, kam da die Grenzsperre zur Sprache? Weil dies das andere ist, das ziemlich heftige Emotionen hervorruft.

Nun, die Migration kommt immer zur Sprache. Schauen Sie, die Lage ist einfach, aber nicht leicht. Es geht darum, dass Ungarn an der Außengrenze der Union liegt. Wenn also die europäische Außengrenze durch eine Gefahr bedroht wird, dann droht diese der Außengrenze Ungarns. Ungarn verteidigt deshalb gleichzeitig seine eigene Außengrenze und die Außengrenze Europas. Und wenn wir nicht die Außengrenze von Europa verteidigen würden, dann könnten die Österreicher und die Deutschen schauen, wo sie bleiben, wie in jenem Zeitraum, in dem Ungarn, da es kein Grenzschutzsystem besaß, nicht in der Lage war, die Außengrenze Europas zu verteidigen. Damals sind auch millionenfach die Migranten über uns hinweg Richtung Österreich und Deutschland marschiert. Dem haben wir ein Ende bereitet. Darüber freut sich in Österreich und in Deutschland ein jeder. Da aber die politische Spiegelfechterei es nicht erlaubt, sagen wir, da es eine scheinheilige Kultur in zahlreichen Ländern Europas gibt, deshalb wird nicht gesagt, wird nicht geschrieben, aber ein jeder weiß es, dass sie ohne die Ungarn in einer viel schlimmeren Lage wären als die, in der sie sich jetzt befinden. Ja, dann wären sie erst wirklich in einer schlimmen Lage. Dies weiß ein jeder, deshalb bedankt sich ein jeder auf dem Flur, bei Verhandlungen im engen Rahmen für die Arbeit Ungarns, wenn es aber um die Öffentlichkeit geht, dann sagt jeder, dass da nicht alles in Ordnung sei – aber natürlich nicht mit dem Nachdruck wie früher, denn vor zwei Jahren war die Situation viel schlimmer. Und ich sage, dass meiner Ansicht nach alles in Ordnung ist.

Ursprünglich gab es den Plan vor dem Treffen der Volkspartei, dass sie einen Beschluss annehmen, nach dem alle Asylsuchenden außerhalb der Europäischen Union, in ihren Herkunftsländern oder in den außerhalb der Grenzen der Union aufzustellenden Flüchtlingszentren abwarten sollen, bis über ihre Anträge entschieden worden ist. Was ist schließlich aus diesem Beschluss geworden?

In der Welt der christlichen Bonmots oder geistreichen Bemerkungen gibt es einen Satz, der hierher passt, und der folgendermaßen lautet: Ein Ketzer ist der, der zu früh Recht hat. Ungarn gilt in dieser Hinsicht als Ketzer, doch hat sich kontinuierlich mit einer Verspätung von einigen Monaten, ab und zu von jeweils einem Jahr herausgestellt, dass wir Recht haben. Und nicht unbedingt aus dem Grunde, weil wir klüger als die anderen wären – denn warum sollte eine ungarische Regierung klüger als sagen wir eine deutsche oder österreichische sein, so sehr wir uns das auch wünschen würden, können wir das nicht annehmen. Es geht einfach darum, dass die ungarische Politik von dem nüchternen Verstand geleitet wird. Und dies gilt nicht für jedes Land. Da wir vom nüchternen Verstand geleitet werden, sehen wir die Dinge so, wie sie sind. Wenn also jemand die Grenze illegal überquert, dann ist das rechtswidrig. Dann ist das nicht ein Mensch, den man verstehen muss, weil er in einer schwierigen Lage ist, sondern das ist ein Mensch, der absichtlich die ungarischen Gesetze verletzt hat. Und natürlich muss man ihm Hilfe leisten, die er auch bekommen wird, aber nur auf die Weise, wie das laut den ungarischen Gesetzen möglich ist. Nun ist Ungarn keine Passage oder ein Bahnhof, wo man unkontrolliert hinein- und hinausspazieren kann, ohne dass wir wüssten, wer jemand ist, was er will, woher er kommt und warum er hierher gekommen ist. Ungarn hat also in dieser Hinsicht vom ersten Augenblick an, dabei auf seine Lebensinstinkte hörend – offensichtlich hat uns die Geschichte dies gelehrt –, die richtigen Fragen gestellt und die richtigen Antworten gegeben. Und mit der Verspätung von ein-zwei Jahren folgt uns der Westen. Dies ist auch hinsichtlich der Frage wahr, die sie jetzt angesprochen haben. Ich habe in dem Schengen 2.0 Plan vor anderthalb Jahren vorgeschlagen, dass die Trennung der Flüchtlinge und der Wirtschaftsmigranten im Rahmen eines juristischen Verfahrens geschehen solle, das wir außerhalb des Territoriums der Europäischen Union durchführen. Damals haben alle „Ketzerei!“ geschrieen. Jetzt schlagen immer mehr Regierungen vor, dass die Bedingungen hierfür geschaffen werden müssten, und dies sei die richtige Lösung. Die Verschärfung des ungarischen Grenzschutzsystems, indem wir an der serbischen Grenze eine Transitzone etablieren, entspricht genau diesem Ziel. Es braucht nicht mehr viel Zeit und jedes europäische Land wird diesem Beispiel folgen.

Hieran knüpft auch das Urteil von Straßburg an. Als wir uns zuletzt unterhielten, sind wir darauf noch nicht eingegangen, worüber seitdem das Helsinki Komitee spricht, dass eigentlich sie die beiden Menschen aus Bangladesch unter den hierher kommenden Migranten ausgesucht haben, denn sie brauchten Menschen, mit deren Hilfe sie die ungarischen Gesetzesverstöße in Straßburg vorstellen konnten. Einerseits ist die Frage, ob Sie demnach in dieser Angelegenheit eine ganze Reihe von Urteilen oder Entscheidungen, Eingaben erwarten, und andererseits, inwieweit war die dortige Delegation der Volkspartei im Zusammenhang mit dem von Ihnen Gesagten offen, dass die europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten reformiert werden müsse?

Lassen Sie mich zunächst sagen, dass ich moralisch die Situation für untragbar halte, und diese – das sind eigentlich gar keine zivilen Organisationen, die nennen sich NGO‘s, Nichtregierungsorganisationen, die haben nichts mit den zivilen Organisationen zu tun, die in Ungarn vieltausendfach existieren –, also diese internationalen Netzwerke, ihr Verhalten berührt mich moralisch aufs Tiefste. Ich war mehrmals an der ungarisch-serbischen Grenze. Dort verteidigen ununterbrochen junge ungarische Menschen in militärischer und in Polizeiuniform Tag und Nacht, unter schwierigen Bedingungen in einer moralisch oder menschlich ziemlich komplizierten Lage die Sicherheit der ungarischen Menschen. Diesen Menschen stünde Anerkennung zu. Ich möchte mich auch bei ihnen bedanken für die Arbeit, die unsere Polizisten und unsere Soldaten dort verrichten, ich mache dies auch jedes Mal. Und dann gibt es einige Organisationen, die auf vollkommen offensichtliche Weise auf Grundlage von Gesichtspunkten, die den ungarischen Interessen fremd sind, diese Menschen attackieren. Zunächst beschuldigen sie sie damit, sie würden ihre Arbeit nicht ordentlich verrichten, sie seien in Wirklichkeit Wölfe im Schafspelz und es würde ihnen eine Freude bereiten, wenn sie die hier ankommenden Migranten misshandeln können. Dies ist eine dreiste Lüge, wir müssen unseren Soldaten und unseren Polizisten zur Seite stehen und dies zurückweisen. Das andere ist, dass sie die Arbeit dieser Menschen angreifen. Denn welchen Sinn macht es für die ungarischen Jugendlichen die ungarische Grenze zu verteidigen, wenn die internationalen Netzwerke zugleich alle möglichen juristischen Schlupflöcher öffnen? Warum sollten sie dann die illegal die Grenze Überquerenden festnehmen, warum sollten sie auch ihre eigene physische Unversehrtheit riskieren, wenn uns hier von Budapest und auch aus Brüssel aus mit juristischen Schlupflöchern in den Rücken gefallen wird? Ich sage also ganz ehrlich, dass es sich nicht nur um eine juristische Frage handelt, und nicht nur um eine finanzielle – hierüber würde ich dann noch Einiges sagen –, sondern es ist ganz einfach eine grundsätzliche menschliche Frage. Dies ist inakzeptabel. Was das Geld angeht, so hat sich doch die Wahrheit gezeigt, weil es sich herausgestellt hat, dass diese internationalen Netzwerke das Geld nicht verachten. Hier läuft also auch ein sehr gut ausgebautes Migrantenbusiness. Wir müssen von Ungarn aus wegen zweier Menschen aus Bangladesch, über die wir gar nicht wissen, wo sie sich aufhalten, jemandem sechs Millionen Forint zahlen, und müssen diesem internationalen Netzwerk die Prozesskosten zahlen, auch das Arbeitshonorar der Rechtsanwälte, womit sie uns in diesen Prozess hineingezerrt haben.

Aber das ist bei jeder juristischen Prozedur so.

Das schon, aber da die Prozedur überflüssig ist, leitet der Rechtsanwalt eine überflüssige Prozedur ein und erhält dafür Geld, und da muss man sagen, er hat sich von uns einen unbotmäßigen Gewinn für sich geholt. Hier geschieht dies. Dies ist ein Migrantenbusiness, auch das muss beendet werden, auch seine Hintergründe müssen beleuchtet werden, und es ist bedauerlich, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hierbei mithilft, seine Entscheidungen gefährden die Sicherheit der ungarischen Menschen. Jetzt müssten wir zwei Leute aus Bangladesch hereinlassen, über die wir gar nicht wissen, wo sie sind, und…

Nun, vermutlich irgendwo in Europa.

Das wissen wir nicht. Wir müssten also Leute hereinlassen, über die wir nicht wissen, wer sie sind, wo sie sind, und dies entscheiden nicht wir, die ungarischen Behörden, sondern irgendwo in Straßburg bequem herumsitzende Richter sagen: „Nun, diese zwei Menschen sollen nach Ungarn hineingehen.“ Und wir haben damit nichts zu tun? Schließlich leben doch wir hier, das ist unser Land, hierüber müssen wir entscheiden. Dies sind also inakzeptable Dinge. Man muss auch diesen Gerichtshof überblicken, man muss sein Wirken anschauen. Ich habe vorgeschlagen, ihn an einigen wichtigen Punkten zu ändern, ihn zu reformieren. Der Fidesz befindet sich in der Europäischen Union in einer Position der Reformopposition, auch diese Arbeit passt in unser Profil.

Wie haben darauf die Politiker der Volkspartei reagiert? Ist überhaupt jene Möglichkeit zur Sprache gekommen, die auch das Zentrum für Grundrechte angeschnitten hat, dass man im schlimmsten Fall – sie nennen das als letzte Phase – auch aus dieser Vereinbarung austreten kann?

Mehrere Länder haben schon Beanstandungen formuliert, wir sind nicht allein, anderen tut etwas anderes weh, sagen wir, dies ist im Falle eines Gerichtes nicht überraschend. In solch einer Situation muss man klären, ob die Mitgliedsstaaten, die sich im Interesse der Aufrechterhaltung solch eines gemeinsamen Gerichtes zusammengetan haben, jene Ziele noch immer als bestehend erachten, für die sie dieses Gericht erschaffen haben. Doch dies werden wir untersuchen, auf den Tagesordnungen der folgenden Sitzungen der Regierung steht diese Frage zweimal.

Ist es übrigens zur Sprache gekommen, da wir hier über Menschen aus Bangladesch sprechen, dass es in Bangladesch keinen Krieg gibt, auch wenn dort das Leben außerordentlich schwer ist, das muss man zugeben, doch existieren noch ein paar Länder mit einer Bevölkerung von einhundertsiebzig Millionen, in denen das Leben schwer ist.

Das internationale Flüchtlingsrecht macht klar, dass niemand auf der Welt das Recht hat, auszuwählen, wo er leben möchte. Denn überall lebt schon jemand. Damit also jemand anderswo leben kann, als wo er geboren wurde, ist auch die Zustimmung derer notwendig, die dort oder anderswo leben. Also anderswo als wo der in ein anderes Land wechseln wollende Mensch geboren worden ist. Wenn also jemand in Ungarn leben will, dann muss er dazu die Erlaubnis der Ungarn bekommen. Es kann kein internationales Prinzip, keine internationale Norm, kein internationales Gericht oder eine Organisation geben, die sagt, es ist egal, was die Ungarn über ihr eigenes Land und darüber denken, mit wem sie leben wollen, und die an unserer statt dies entscheidet. Dies ist unmöglich. Solch ein internationales Prinzip gibt es also nicht. Es gibt eine gut aufgebaute internationale Kampagne. Sie läuft schon seit mehr als einem Jahrzehnt. Man kann sie mit dem Namen von György Soros in Verbindung bringen, der zu beweisen versucht, dass die Grenzen keinen Sinn hätten, die Nationen nicht das Recht besäßen, selber festzulegen, mit wem sie zusammenleben möchten. Man müsse über die Nationen internationale Rechtsinstitutionen etablieren, die dann sagen oder entscheiden, wer wo und mit wem zusammenleben darf. Dies besitzt auch ein ernsthaftes geistiges Gebäude, ein Gerüst. Seriöse Bücher sind in dieser Angelegenheit veröffentlicht worden. Diese sind äußerst gefährlich. Ich sage es noch einmal, dies sind Theorien, die in den Soros-Werkstätten entstanden sind und sich auch in zahlreiche internationale Institutionen hineingefressen haben. Wir müssen diese Schlachten ausfechten. Wir müssen mit ihnen diskutieren. Wir müssen ihre Tätigkeit transparent machen und klarstellen, dass es sich hier nicht um Prinzipien der Menschenrechte, sondern sehr häufig um Geldhunger und Migrantenbusiness handelt.

Sie haben in Warschau eindeutig gemacht, dass für die Zukunft Europas eine viel effektivere wirtschaftliche Zusammenarbeit nötig ist. Davor gab es in Rom einen festlichen Gipfel, nur weiß ich nicht, wie festlich die Stimmung hinter den Kulissen war, ich hoffe, Sie erzählen uns darüber. Aber insgesamt die Abschlusserklärung betrachtend: Da sind sehr schöne Worte in ihr, aber wenn in eine Abschlusserklärung hineingeschrieben werden muss, dass wir auf die Menschen hören werden, die uns gewählt haben, dann haben wir doch sehr viel über die Situation in Europa verraten.

Das war tatsächlich Hochbetrieb, diplomatischer Hochbetrieb, den ich in Rom begonnen habe, von dort musste ich nach Warschau und von dort zurück nach Malta. Die Situation ist die, dass es nicht schadet, vorsichtig aufzutreten, wenn man in der Außenpolitik aktiv wird. Hier ist zum Beispiel die Europäische Union. Wir haben zahlreiche Probleme mit ihr. Sie stellt auch in zahlreichen Fragen eine ernsthafte Gefahr dar. Wir müssen uns schützen, denn sie will regelmäßig mit Hilfe aller möglicher undurchschaubarer Praktiken nationale Zuständigkeiten an sich ziehen, das ist wahr. Aber wir sprechen schließlich doch über die Europäische Union. Wenn wir die Europäische Union in eine historische Perspektive setzen, das haben wir in Rom getan, es war der sechzigste Jahrestag, dann sprechen wir über eine beispiellos erfolgreiche internationale Unternehmung. Dies ist der Ausgangspunkt der Wahrheit. Nun, unsere Generation ist die erste Generation, die im Frieden geboren wurde und gute Chancen besitzt, auch im Frieden zu sterben. So etwas hat es früher nicht gegeben. Es war weder unseren Eltern noch unseren Großeltern vergönnt, ihr Leben ohne Krieg zu leben. Meiner Ansicht nach war hierzu nicht nur die Europäische Union nötig, aber auch die Europäische Union war nötig. Dies ist eine sehr ernsthafte Leistung. Hinzu kommt noch, dass wenn man sich in der Welt umschaut, dann sieht man natürlich gute Orte, die Vereinigten Staaten sind auch nicht zu verachten, auch in Australien kann man leben, doch präsentiert sich die Situation letztlich so, dass die meisten Menschen doch in Europa leben möchten, denn Europa ist – das können wir auch mit der notwendigen Bescheidenheit sagen – der beste Ort für das menschliche Leben. Das ist eine große Sache. Also die Gegenwart und die historischen Ergebnisse sind phantastisch. Das Problem ist, dass sich hier vor uns Herausforderungen auftürmen. Das sieht ein jeder. Auch der einfachste Mensch, man muss hierzu weder ein Atomwissenschaftler noch deutsche Kanzlerin oder ungarischer Ministerpräsident sein. Man muss kein Politiker sein. Die Menschen sehen den Aufstieg Asiens, die nichteuropäischen Mächte geben einen immer größeren Teil der Weltwirtschaftsproduktion. Wenn nicht anderswo, so doch auf den Aufschriften der von ihm gekauften Produkte kann er das selbst genau sehen. Er sieht auch, dass an anderen Orten in der Welt die Spannungen zunehmen. Er sieht auch, dass in der Welt derartige technische Errungenschaften entstehen, auf die er noch nicht vorbereitet ist. Das nennt man Robotisierung und Digitalisierung. Er sieht, dass Migranten zu Millionen über den europäischen Kontinent wandern können, ohne dass außer Ungarn sie jemand anderes aufhalten würde. Er sieht also, dass gerade die Engländer, die die fünftgrößte Wirtschaft der Welt darstellen, aus der Europäischen Union austreten, dass sich in Europa Terroraktionen ereignen. Es erscheinen also Herausforderungen der Zukunft am Horizont, die selbst die europäischen Menschen verunsichern. Hierauf reagiert die europäische Elite auf die Weise, dass sie den Menschen Vorhaltungen macht, sie sollten, anstatt sich mit den ungewissen Elementen der Zukunft zu beschäftigen, lieber anerkennen, welch großartige Ergebnisse wir bisher erreicht haben. Darin, in diesem Satz steckt zwar Wahrheit, aber die Menschen denken nicht auf diese Weise, und sie haben auch Recht, denn die Zukunft beunruhigt sie. Deshalb geschieht es im Übrigen, dass diese radikalen Parteien in Europa – während Europa der beste Ort der Welt ist –, diese auf Protest aufbauenden radikalen Parteien schnell stark werden. Dies geschieht, weil die europäischen Menschen ihre Zukunft als ungewiss ansehen, und sie haben guten Grund dazu. Und es ist gerade unsere Sache, der europäischen Führer und Politiker, auf diese Fragen eine Antwort zu geben. Wir sollen mitteilen, wie wir mit der Situation der Migranten umgehen werden. Ob es eine moslemische Mehrheit in Europa geben wird? Ob wir dagegen etwas unternehmen wollen? Ob jenes christliche kulturelle Umfeld erhalten bleibt, in dem wir existieren? Wie steht es um die demografische Frage? Werden wir eine Familienpolitik machen, damit die Zahl der Kinder nicht abnimmt, sondern eher zunimmt? Sind wir in der Lage, mit einer destabilisierten und gefährlichen Ukraine sowie einem erhitzten Balkan umzugehen? Das sind alles Fragen, die die europäischen Menschen interessieren. Ob sie einen Arbeitsplatz haben werden, denn wenn unsere Wettbewerbsfähigkeit sinkt, dies ist die Situation, dann werden andere an unserer Stelle produzieren, wo werden dann die europäischen Menschen arbeiten? Diese Fragen müssen wir beantworten. Ungarn hat seinerseits auf jede dieser Fragen jeweils einzeln seine eigene Antwort gegeben. Ich behaupte nicht, dass sich der Stein der Weisen in der Tasche der Ungarn befindet, doch wir benennen die Probleme wenigstens und geben eine Antwort auf sie, über die man diskutieren kann, ob sie gut oder schlecht sei, das Leben wird es sowieso entscheiden, ob diese Antworten sich bewähren oder nicht bewähren. Wir haben keinen Grund, uns zu schämen. Die meisten unserer Antworten haben sich bewährt. Deshalb erscheint heute in Ungarn – obwohl wir ärmer als der Westen sind – die Zukunft als sicherer oder geordneter, als planbarer als in den europäischen Staaten, die reicher als wir sind.

Insgesamt erscheint es auf Grund der Informationen, die der „Spiegel“ veröffentlicht hat, dass die Partei von Angela Merkel zum Beispiel für eine schnellere Abschiebung argumentiert, damit die aus dem Meer geretteten Menschen nicht nach Italien, sondern an die nordafrikanische Küste transportiert werden sollen. Oder dass man das Asylverfahren jener sogleich beenden muss, über die es sich herausstellt, dass sie nicht ihre wahre Identität angegeben haben. Also im Grunde wirkt auch die deutsche Politik in Richtung auf Strenge.

Schauen Sie, in Europa herrscht Demokratie. Man kann das einige Monate, ein-zwei Jahre lang machen, dass die Elite, die politischen Führer den Menschen den Rücken zukehren, es sie nicht interessiert, was diese in der einen oder der anderen schwierigen Frage denken, doch dies rächt sich. Also kann sich diese Schlucht, diese Öffnung, dieser Abgrund nicht unendlich vergrößern. Denn in ihn fallen die Politiker hinein, nicht die Bevölkerung. Wenn also jemand nicht versteht, dass in der Migrantenfrage die Menschen – und hier muss ich sagen, es geht hierbei um die Bürger aller europäischer Länder – wollen, dass die Grenzen geschützt, die Terroristen aufgehalten, die öffentliche Sicherheit wiederhergestellt, solche Menschen nicht unterstützt werden sollen, die nicht am Leben des Arbeitsmarktes der jeweiligen Gesellschaft teilnehmen wollen – wenn ein Politiker oder eine politische Partei oder eine Regierung diese Stimmen nicht hört, dann werden sie sicherlich weggejagt werden. Und wer nicht weggejagt werden möchte, der muss Dinge ändern. Wenn wir uns die Wahlen in den Niederlanden ansehen, dann war das ein gewaltiger Durchbruch. Die niederländische Regierungspartei konnte aus dem Grunde die Wahlen bestehen, weil sie jene Politik übernommen hat, die auch Ungarn verfolgt. Sie hat also deutlich gesagt, dass der Flut der Migranten Schranken entgegengesetzt werden müssen, sie aufgehalten werden und man zum normalen europäischen Leben zurückkehren muss. Deshalb konnte sie bestehen. Wer dies nicht getan hat, wie die niederländischen Sozialisten, der ist ganz einfach in der Versenkung verschwunden, da es in Europa Demokratie gibt und in einer derart wichtigen Frage, die natürlich auch sensible, viele moralische Gesichtspunkte umfasst, muss man sich letztlich doch auf die Seite der Menschen stellen, man muss ihnen zuhören und sich auf ihre Seite stellen.

Nächste Woche kommt der Haushalt vor die Regierung. Sie sagten auf der Sitzung der Industriekammer, dass die Lage nicht gut, sondern hoffnungsvoll sei. Mehr sei notwendig, wenn das Land große Dinge vollbringen will. Was bedeutet dies in Zahlen im Budget des kommenden Jahres? Welche Erwartungen haben Sie an Ihre Minister gestellt, worauf werden sie sich im kommenden Zeitraum konzentrieren?

Schauen Sei, schon zum Beginn meiner Amtszeit habe ich alle Minister darum gebeten, dass sie ihre Arbeit auf die Weise verrichten und jedes Jahr solch einen Haushalt auf den Tisch legen sollen, dass ein jeder in jedem Jahr einen Schritt nach vorne machen kann. Ich bin kein Anhänger der großen Sprünge. Es gab in der Geschichte der Weltwirtschaft Versuche hierzu, doch endet das große Wollen ab und zu im ergebnislosen Gestöhne. Ja, häufiger gibt es Gestöhne als einen Erfolg. Deshalb bin ich eher Anhänger der berechenbaren, planbaren, voraussagbaren und glaubwürdigen Politik des Schritt-für-Schritt-Weiterschreitens. Und jedes Jahr kann auch ein jeder in Ungarn einen Schritt nach vorne machen. Ich weiß, ein jeder möchte zwei, oder wenn möglich drei Schritte vorankommen. Auch im Billard gibt es eine Regel, nach der ein Bein immer unten auf dem Boden bleiben muss. Ansonsten könnte ein Unfall geschehen, und dies trifft für die Wirtschaft und trifft auch für den Haushalt zu. Deshalb soll jeder jedes Jahr einen Schritt nach vorne machen können. Wir bauen eine Gesellschaft auf, deren Grundlage die Arbeit ist. Die Menschen sollen das Gefühl haben können, dass ihre Arbeit einen Sinn hat. Hierzu sind zunächst natürlich Arbeitsplätze notwendig. Im Jahr 2010 habe ich die Regierungsverantwortung mit einer Arbeitslosigkeit von 12% übernommen, verglichen damit sinken wir jetzt gleich unter 4%. Meiner Ansicht nach hat das Land in dieser Hinsicht eine phantastische Leistung gezeigt. Jetzt haben auch schon die Löhne angefangen zu steigen. Niemand ist mit seinem Gehalt zufrieden, auch Sie nicht. Von zehn Millionen Menschen denken zehn Millionen auf die gleiche Weise. Aber man muss in jedem Jahr spüren und spüren können, dass ihre Arbeit einen Sinn hat. Meiner Meinung nach ist Ungarn ein Land, wo man dies spüren kann. Selbstverständlich schattiert die Politik die Meinungen, natürlich sind viele Menschen der Ansicht, dass wir mit ernsthaften Schwierigkeiten zu kämpfen haben, aber wenn wir nüchtern, die Politik beiseite lassend über die Situation des Landes nachdenken, sie damit vergleichen, wie wir noch im vergangenen Jahr oder das Jahr davor und noch früher ausgesehen haben, vor allem wenn sie damit vergleichen, wie vor 2010 das Land unter den Sozialisten ausgesehen hat, dann kann ein jeder sehen, dass wir einen langen Weg zurückgelegt haben. Das Land entwickelt sich und auch der Haushalt muss im kommenden Jahr dem dienen.

Sie hörten in der vergangenen halben Stunde Ministerpräsidenten Viktor Orbán.