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Viktor Orbáns Presseerklärung nach seiner Unterredung mit Ab al-Fattah as-Sisi, dem Präsidenten der Arabischen Republik
- 28/02/2023
- Speeches
- Source: Kabinettsbüro des Premierministers
Wir danken Herrn Präsidenten Sisi, dass es uns als Gäste empfängt und wir einen Freundschaftsbesuch machen dürfen. Es bereitet uns eine besondere Freude, dass ich mit dem Herrn Präsidenten über freundschaftliche Beziehungen hinaus auch brüderliche Verbindungen pflegen darf, was die politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit der beiden Länder vertieft und ihnen starke Wurzeln verleiht. Für diese persönliche Freundschaft bin ich dankbar. 95 Jahre sind eine lange Zeit, doch mit der notwendigen Bescheidenheit können wir sagen, die Beziehungen dieser beiden Länder waren in diesen 95 Jahren nie so gut wie in jenen, seit der Herr Präsident an der Spitze Ägyptens steht. Ich weiß nicht, ob die ägyptische Öffentlichkeit darauf achtet, aber ein starkes Element der modernen Politik ist die Fluktuation. Es gibt keine stabilen Verbindungen, es gibt keine führenden Politiker, die über einen längeren Zeitraum im Amt wären. Jetzt haben wir das Glück, dass der Herr Präsident und ich seit Jahren an der Spitze unserer Länder stehen, und auf diese Weise besitzen diese Verbindungen, die ägyptisch-ungarischen Verbindungen stabile Grundlagen. Wir haben lange Jahre hinter uns und wir planen für lange Jahre voraus, und wir haben das Gefühl, wir können noch viel Gutes im Interesse der Freundschaft der beiden Länder unternehmen.
Lieber Herr Präsident!
Ich sage es auch vor der Öffentlichkeit, dass Ungarn in keiner leichten Lage ist. Das Leben ist heute in Ungarn viel gefährlicher als es in den Jahren zuvor war. Wir haben mit drei Gefahrenquellen zu kämpfen. Unsere Heimat liegt in der physischen Nähe des russisch-ukrainischen Krieges, und wenn der Krieg eskalieren sollte, kann es auch sehr schnell Ungarn erreichen. Deshalb ist Ungarn am Frieden interessiert und wir werden alles unternehmen, um das Risiko der Eskalation zu senken. Deshalb nehmen wir auch die Debatten innerhalb der westlichen Welt auf uns und setzen uns mit Bestimmtheit für die diplomatische Lösung, die Feuerpause und die Friedensverhandlungen ein. Dies ist das Interesse Ungarns, aber über Ungarn hinaus auch das Interesse ganz Europas, ja auch der allgemeinen humanen Werte. Und ich freue mich, dass ich darin mit dem Herrn Präsidenten übereinstimme, denn je mehr Stimmen die Sprache des Friedens sprechen, eine desto größere Chance gibt es dafür, dass wir diesen Konflikt anstatt der Eskalation früher oder später in den Zustand der Beruhigung führen können.
Die zweite Gefahr, der wir ins Auge blicken müssen, ist die, dass Kriegszeiten die Weltwirtschaft immer in Blöcke formieren. Auch heute sehe ich die Neigung, dass statt der Verbindung und der Konnektivität irgendeine Art von neuem Blocksystem in der Weltpolitik entstehen zu lassen. Wir sind ein Land, das daran nicht interessiert ist. Wenn also eine Blockbildung entsteht, wenn sich Osten und Westen erneut als Blöcke gegenüberstehen, wenn es keine Durchlässigkeit, keinen Handel geben wird, wäre das für Ungarn eine sehr schlechte Nachricht. Wir haben aus der Geschichte gelernt, dass wenn es Blockbildung gibt, dann verliert Mitteleuropa und in ihm Ungarn immer. Es ist für uns also eine große Möglichkeit, auch durch die mit Ägypten aufrechterhaltenen Verbindungen gegen die Blockbildung zu arbeiten und im Interesse der Konnektivität aufzutreten.
Meine lieben Gastgeber!
Ungarn ist Ägypten besonders in der Frage der Migration dankbar. Es ist ein großes Thema, was mit der Menschheit geschehen wird und ob die Völker ihre eigene Heimat halten können oder durch eine allgemeine Bewegung alles verändern. Wir gehören zu jenen, die nicht möchten, dass die Welt durch heimatlose Migranten bevölkert werde, die sich von ihrer Heimat losgerissen haben und durch die großangelegten Bewegungen der Völker alle Arten von Konflikten verursachen. Deshalb möchten wir allen Völkern dabei helfen, ihr Glück in ihrer eigenen Heimat zu finden. Dazu muss man klar gegen die illegale Migration Stellung nehmen. Und wir sehen, dass Europa eine nordafrikanische Verteidigungslinie besitzt und deren stärkste Bastion ist Ägypten. Wenn es Ägypten nicht gäbe und Ägypten nicht jene Politik verfolgen würde, die es verfolgt, dann wäre Europa heute bis zum Hals im Schlamassel. Ägyptens Stabilität, die Arbeit, die Ägypten verrichtet, steht im engsten Zusammenhang mit der Sicherheit Europas, so auch mit der Sicherheit unserer Heimat. Für die Arbeit, die Sie verrichten, schuldet Europa Ägypten und auch dem Herrn Präsidenten Dank, Respekt und Unterstützung. Wir unternehmen unsererseits auch alles, damit Ägypten diesen Dank, diesen Respekt und diese Unterstützung erhält.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir hervorragende Verhandlungen in der Angelegenheit der bilateralen Beziehungen geführt haben. Heute wird es hier auch zu einem Businessforum kommen, an dem ägyptische und ungarische Firmen gemeinsam teilnehmen, 86 Firmen, was deutlich zeigt, wie sich das System der Verbindungen zwischen den beiden Ländern immer weiter verstärkt. Ich freue mich, dass wir auch auf dem Feld der Nuklearenergie eine Kooperation werden ausbilden können. Ich freue mich, dass in der Behebung der Verletzlichkeit der ungarischen Energieversorgung – denn wir müssen unseren Energiebedarf aus dem Import decken – auch Ägypten eine Rolle spielen kann und wir dann LNG-Gas irgendwann nach 2026 von Ihnen aus nach Ungarn werden transportieren können. Und ich freue mich, dass es eine industrielle Kooperation gibt, und ich freue mich auch darüber, dass wir Ihnen nicht einfach nur Industriegüter verkaufen werden, sondern dass wir hierherkommen, ägyptisch-ungarische Joint Ventures schaffen und dann gemeinsam Produkte von hoher Qualität werden herstellen können. Das ist ein höheres Niveau der Kooperation, als der Punkt, an dem wir bisher waren. Und schließlich freue mich, dass Sie Ihre jungen Söhne und Töchter zum Lernen nach Ungarn schicken. Wir freuen uns, jedes Jahr 200 ägyptische Studenten empfangen zu können, denn schließlich werden sie es sein, die nach uns diese großartige Verbindung, die uns zwischen den beiden Ländern auszubauen gelungen ist, dann weiterführen werden. Insgesamt kann ich sagen, dass wir jene Arbeit, die wir heute verrichten konnten, gemeinsam mit dem Herrn Präsidenten auch verrichtet haben.
Ich danke Ihnen für die Möglichkeit