Zsolt Törőcsik: Guten Morgen! Ich begrüße Ministerpräsident Viktor Orbán im Brüsseler Studio der öffentlich-rechtlichen Medien. Guten Morgen!
Guten Morgen!
Wir sprechen aus dem Grund hier, weil – wie das auch in der Einleitung gesagt worden ist – das zweitägige Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU hier in Brüssel abgehalten wird, dessen ersten Tag Sie hinter sich haben, und eines der wichtigsten Themen des Abends war der Vorschlag der Kommission, durch den die Körperschaft den gemeinsamen Haushalt der EU um 66 Milliarden Euro anheben würde, und dazu bittet sie um die Zustimmung der Mitgliedsstaaten. Von dem siebenjährigen Haushaltszyklus sind bisher drei Jahre vergangen. Warum ist diese Erhöhung bereits jetzt schon notwendig?
Tatsächlich haben wir uns bis in die späte Nacht hinein gegenseitig bearbeitet, dies war das Hauptthema. Es hat sich in Wirklichkeit herausgestellt, nachdem wir dort die Bürokraten sich mehrmals um ihre Achse haben drehen lassen, damit sie Zahlen nennen, dass dies gar nicht sechzig und irgendetwas sind, sondern hundert. Es geht also darum, dass drei Jahre vergangen sind. Wir besitzen einen gültigen Haushalt, den wir vor drei Jahren angenommen haben, dieser gilt für einen Zeitraum von sieben Jahren. Wir sind noch nicht einmal bei der Hälfte angelangt, da kommen jetzt die Brüsseler Geldschlucker und sagen, wir sollen noch einmal hundert Millionen geben, die Mitgliedsstaaten sollen sie zusammenlegen. Man beruft sich auf zwei große Posten von Ausgaben. Der eine ist die Ukraine: Geben wir der Ukraine noch mehr Geld und verpflichten wir uns dazu im Voraus für lange Jahre; und geben wir Geld für den Umgang mit der Migration, wovon ein Teil für den Schutz der Außengrenze verwendet werden würde – worüber man sich sogar noch unterhalten könnte –, und der andere Teil dafür, wie wir die Migranten, die hereingekommen sind, untereinander verteilen, wie wir Migrantenlager errichten, überhaupt: Wie wir mit neuem, frischen Geld jene verfehlte Politik fortsetzen, deren Auswirkungen man hier in Brüssel und in anderen europäischen Großstädten Woche für Woche sehen kann, dass wir gemeinsam mit den Migranten den Terror hereingeholt haben, die Kriminalität hereingeholt haben und jene Konflikte hereingeholt haben, die im Übrigen außerhalb Europas, mehrere tausend Kilometer von hier vorhanden sind, wie zuletzt in dem Fall des Terroranschlags in Israel. Diese Konflikte, die viele tausend Kilometer von hier entfernt entstanden waren, sind heute hier auf den Straßen der europäischen Großstädte. Die Bedeutung dessen verspüren die Ungarn vielleicht weniger, weil es bei uns so etwas nicht gibt. Gott sei Dank waren wir stark, als man stark sein musste, und wir haben die Migranten nicht hereingelassen. Wer sie aber hereingelassen hat, der lebt heute mit Konflikten zusammen, die nicht hierhergehören, sondern hierher so aus der Ferne gekommen sind, so wie wir das eben formulieren, nicht wahr, sie haben die Probleme hierhergeholt, anstatt die Hilfe dorthin zu bringen. Man muss es genau umgekehrt tun: Man müsste die Hilfe dorthin bringen und nicht die Probleme nach Europa hereinholen. Also haben die Gespräche über den Haushalt in Wirklichkeit zwei große Posten betroffen, die mit dem Krieg zusammenhängenden Ausgaben und die Finanzierung des Krieges in der Ukraine. Und wie das die Bürokraten zu tun pflegen –denn auch in Brüssel ist der Bürokrat ein Bürokrat, er ist es überall –, sie sagten noch, wie gut es wäre, wenn wir auch eine kleine Reserve bilden würden, über die sie frei verfügen dürfen, und es gab schon so lange keine Gehaltserhöhung mehr, auch die Inflation war hoch, und eine kleine Lohnerhöhung haben sie noch, so von der Seite her, in diesen Vorschlag hineingeschrieben, was natürlich niemanden begeistert hat. Wir mussten diese Vorlage als unausgearbeitet, grundlegend für eine ernsthafte Aussprache ungeeignet qualifizieren, wir haben sie auch zurückgeworfen, damit die Kommission mit einem seriöseren Vorschlag herausrückt. Aber es war eine große Schlacht, besonders in der ukrainischen Angelegenheit war es eine sehr große Schlacht.
Ja, und wenn wir über die Unterstützung der Ukraine sprechen, dann ist ja diese im Übrigen der größte Posten in diesem Paket, während es aus den Vereinigten Staaten immer mehr Stimmen gibt, die auf die Minderung oder die Einstellung der Unterstützungen drängen. Wird es die Europäische Union, auch finanziell, schaffen, wenn sie mit der Unterstützung der Ukraine allein bleibt?
Ob Europa es schafft, das weiß ich nicht, aber dass Ungarn es weder schafft noch schaffen will, darin bin ich mir sicher, da ich keinerlei Begründung dafür sehe, dass wir Geld in die Ukraine schicken sollen, Geld, das die ungarischen Steuerzahler in den ungarischen Haushalt eingezahlt haben. Es kommt also vor, dass irgendwo ein Krieg ausbricht, ein Konflikt entsteht, die Russen die Ukraine angreifen, das ist hier geschehen, und danach sind wir ihnen zu Hilfe geeilt, sagen wir, wir leisten humanitäre Hilfe. Das kann gemeinsame Ausgaben umfassen. Es gibt jene, die Waffen liefern, wir liefern keine Waffen. Doch was auch immer wir tun, bevor wir unser Geld ausgeben, muss es eine klare Strategie hinsichtlich dessen geben, was wir erreichen wollen. Und gemessen daran muss das Geld zur Verfügung gestellt werden. Das größte Probleme heute ist, und ich war gezwungen dies – obwohl man darüber hier nicht auf diese Weise zu sprechen pflegt – geradeheraus und deutlich zu formulieren: Die Situation ist heute die, dass jene Strategie, mit der sie eingestiegen sind, und mit der im Übrigen die Brüsseler auch uns in diesen Krieg mitgenommen haben, gescheitert ist. Also der Plan war sehr klar, Russland hat die Ukraine angegriffen, die Ukraine soll darauf mit Waffen antworten, also nicht mit Verhandlungen, wir sollen den Konflikt nicht auf die Weise isolieren, wie wir das im Fall der Krim vor einigen Jahren getan haben, sondern die Ukraine sollte einen offenen Krieg auf sich nehmen, sie soll einen Verteidigungskrieg beginnen, wir sollten sie dazu ermuntern und wir sollten sagen: „Ihr kämpft, ihr gebt euer Blut, es sind sehr viele Menschen gestorben, auch die ukrainischen Verluste sind riesig, und wir geben dazu das Geld und wir geben dazu die militärischen Instrumente. Und das tun wir deshalb, weil es eine reale Chance gibt, dass ihr dann an der Front siegen werdet.“ Es wird also einen Sieg geben. Wenn wir uns zurückerinnern, dann hat man vor Monaten auch eingeläutet, dass jetzt die große Gegenoffensive beginnen würde, mit der die Ukraine siegen würde. Nun, solange dies ein realistisches Drehbuch ist, kann man darüber sprechen, dass wir zum Erreichen dieses strategischen Zieles Geld geben sollen. Doch heute weiß schon ein jeder, nur man wagt es nicht auszusprechen, dass diese Strategie gescheitert ist. Es ist also ganz offenkundig, dass dies so nicht gehen wird. Die Ukrainer werden also an der Front nicht siegen. Das schreiben und sagen auch schon alle Militärexperten, nur die Politiker wagen es noch nicht, zuzugeben, dass wir eine schlechte Strategie gewählt haben. Zu unserer Entlastung, zur Entlastung der Ungarn sei gesagt, ich habe schon im ersten Augenblick hier in Brüssel gegenüber einem riesigen Gegenwind den Standpunkt vertreten, dass dies ab ovo keine gute Strategie ist. Da aber alle sehr klug waren und erklärten, wie wir trotzdem siegen werden, konnten wir es nicht verhindern, dass die große Mehrheit diese Strategie zu verfolgen begann. Jetzt ist es peinlich auszusprechen: „Leute, wir haben eine falsche Entscheidung getroffen, diese Strategie funktioniert nicht.“ Denn es ist klar, dass die Ukrainer an der Front nicht siegen werden, die Russen nicht an der Front verlieren werden, und es ist keine Rede davon, dass der russische Präsident in Moskau stürzen würde, weil der verlorene Krieg ein Durcheinander auslöst. Das war die europäische Strategie. Die Ukrainer müssen siegen, die Russen müssen verlieren, der Präsident muss stürzen. Das sagten wir mit einer Stimme, im Chor zusammen mit den Amerikanern. Aber das wird nicht gehen. In solchen Momenten muss man innehalten und sagen: „Plan A ist gescheitert, jetzt sollten wir einen Plan B anfertigen.“ Wenn es einen Plan B gibt, dann sollten wir darüber sprechen, wie viel der kostet. Und wenn wir wissen, wie viel der kostet, dann verteilen wir diese Last untereinander. Umgekehrt geht das nicht, dass wir darüber zu reden beginnen, wie viel Geld wir jemandem geben, dessen Kriegsstrategie, deren Bestandteil auch wir im Übrigen sind, nicht mehr gültig ist. Also in Wirklichkeit stehen wir hier einem Führungsproblem gegenüber. Nicht einem finanziellen, sondern auch dem Problem muss man ins Auge blicken, und deshalb muss man meiner Ansicht nach in Brüssel unbedingt eine Veränderung erreichen bei den nächsten, im Juni anstehenden europäischen Wahlen, denn wir haben politische Führer, die dieses Problem nicht lösen können. Sie sind nicht gut genug als Führer. Es mag sein, dass sie in Friedenszeiten, wenn das Wasser glatt ist, wenn der Wind nicht bläst und man paddeln kann, gute Führer sind. Doch jetzt, im Sturm, es gibt riesige Wellen, es erscheinen auch Piratenschiffe auf den Meeren, werden wir mit diesen Führern mit Sicherheit nicht Erfolg haben, das ist sicher. Eine Veränderung ist in Brüssel nötig!
Sie haben ja in Ihrer Rede am 23. Oktober gesagt, wir tanzen nicht nach der Pfeife von Brüssel. Haben Sie mit diesem Satz auf diese Veränderung angespielt oder folgen aus diesem Satz weitere, zusätzliche Regierungsmaßnahmen?
In erster Linie denke ich jetzt, dass wir bei den Wahlen zum Europäischen Parlament jene europäischen Führer finden müssen, die auch in dieser schwierigen Situation in der Lage sind, die Arbeit der Ministerpräsident aufeinander abzustimmen, denn die Europäische Union besteht ja schließlich doch aus den Staaten, aus den Mitgliedsstaaten und deren Regierungen. Also die wichtigste Sache in Brüssel ist, dass man unsere Arbeit aufeinander abstimmt und ein gegebenes, gut umrissenes Ziel ansteuert und man uns dorthin führt. Jetzt ist natürlich die Frage, was man in Brüssel verändern muss – über die Person der Führer hinaus. Das ist eine schwierige Frage und in einem großen Paket liegen sehr ernsthafte, offene Fragen auf dem Tisch. Die Ukraine habe ich bereits genannt, aber so eine Frage ist auch die Migration. Aber so eine ist auch im Übrigen die Wirtschaftspolitik, in deren Rahmen Brüssel von Zeit zu Zeit derart absurde Vorschläge macht, wie dass wir die Senkung der Nebenkosten streichen sollen, von den Banken mit Hilfe der Extraprofitsteuer nicht einen Teil ihrer Einnahmen wegnehmen sollen, den Zinsstopp, der die Familien schützt, einstellen sollen, es liegen also auch absurde wirtschaftliche Vorschläge auf dem Tisch. Es geht also um Vieles, die Sachen haben sich zum Ernsten gewendet. Meiner Ansicht nach ist es nötig, die Regierung zu stärken, also die ungarische Regierung, und das pflegen wir auf die Weise zu tun, indem wir in solchen Momenten eine Einheit zwischen den ungarischen Wählern und der politischen Führung des Landes schaffen. Dazu gibt es verschiedene Mittel. Wir möchten jetzt und ich werde dies auch empfehlen, wir werden das auch initiieren, dass es eine weitere Nationale Konsultation geben soll. Die Nationale Konsultation ist ein gutes Mittel, um die sehr ernsten Fragen zu stellen, auch jetzt gibt es zehn-elf ernsthafte Fragen, und den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Meinung zu sagen. Im Allgemeinen werden Antworten in der Größenordnung von einer Million gegeben, dies lässt eine große Unterstützung hinter der Regierung entstehen, und dann kann die Regierung selbstbewusst und aus einer notwendigen Position der Stärke heraus auch dann in Brüssel verhandeln, wenn sie das in einem orkanartigen Gegenwind tun muss. Und ich verspüre in uns und in mir auch die Fähigkeit, dass wenn es eine große Unterstützung gibt, das Schiff Ungarns auch in einem orkanartigen Gegenwind in den Hafen zu navigieren, in dem man die Interessen Ungarns schützen kann.
Sie haben ja als eine große offene Frage vorhin die Migration erwähnt. Und im Übrigen setzt sich der EU-Gipfel heute mit der Debatte über die Migration fort. Und jetzt sind wir in der Stadt, die vor knapp zwei Wochen von einem erneuten Terrorangriff heimgesucht worden ist. Sie sagten gestern, als Sie zum Gipfel kamen, sie hoffen, man werde auch in Brüssel einsehen, dass es einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen den Terrortaten und der Migration gibt. Haben die Staats- und Regierungsoberhäupter einen Zusammenhang zwischen dem Terrorismus und der Migration gesehen, sehen sie diesen?
Wir sind weiter voran hinsichtlich der Ehrlichkeit, als wir es vor einigen Jahren waren. Als 2015 Ungarn sagte, die Migration sei eine schlechte Sache und werde dann in Europa Kriminalität, Terrorismus und politische Spannungen, mit denen man nicht umgehen kann, sowie unheimlich viele Ausgaben verursachen, da hat man uns noch gerade nicht gekreuzigt. Es ist also die eigentümliche Lage Ungarns, dass wir mit den europäischen Institutionen, dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission und mit einigen großen Mitgliedsstaaten im Konflikt stehen. Ich war z.B. über Jahre mit Frau Merkel in einer Auseinandersetzung ungleicher Parteien als David gezwungen gegenüber Goliath gegen den deutschen Druck zu kämpfen, die die Migranten unbedingt nach Ungarn hereinholen wollten. Also als ich 2015 das erste Mal über die Folgen der Migration sprach und vorschlug, die Versorgung der Migranten, wenn sie an unseren Grenzen ankommen, nicht als zu lösende taktische Frage zu betrachten, sondern perspektivisch zu denken und zu verstehen, was für eine Gefahr wir hereinlassen, wenn wir sie nicht aufhalten, da waren wir hier die schwarzen Schafe. Der „Zaun“ war hier ein Wort wie „Ritualmordanklage“. Ein zivilisierter Mensch errichtet keinen Zaun, sondern lässt die Migranten herein, empfängt sie am Bahnhof, nimmt sie mit nach Hause, tut sie hierhin, tut sie dahin, na, im Vergleich dazu war der ungarische Standpunkt schon immer ein anderer. So wie die Jahre vergingen, wurde es immer klarer, dass sich Zweifel ergaben, ob sie es richtig machen und ob es tatsächlich so ist, dass es die Ungarn falsch machen. Und diese Schlacht haben wir gewonnen, denn heute ist es bereits ganz offensichtlich, dass das, was ich 2015 sagte, sich hier jetzt nur mehr in Kinderbüchern findet, also hier sagt man viel rüdere Dinge. Also das, was Ungarn 2015 vertreten hat, das sagen heute beinahe alle Länder. Diese Schlacht haben wir gewonnen. Jetzt ist nur noch die Frage, wenn wir schon einmal im Besitz dieser Erkenntnis sind, warum handeln wir nicht dementsprechend? Denn die Ungarn hatten nicht nur Recht, sondern wir haben auch ein Modell ausgearbeitet, wie wir unsere Heimat verteidigen müssen, wie man Ungarn verteidigen muss. Das ist ein gutes Modell, damit kann man ganz Europa verteidigen. Das gründet auf einer sehr einfachen Erkenntnis: Wir sagen, niemand darf hereinkommen, dem wir dazu nicht die Erlaubnis erteilen. Dem vorzubeugen, dass sie hereinströmen, auf dem Territorium des Landes stehen und dann ihren Antrag einreichen, laut dem sie als Flüchtlinge, Migranten, als was weiß ich hierbleiben wollen, und dann, wenn sie eine ablehnende Antwort erhalten, dann das Land nicht verlassen, denn das ist das Problem der Westler, dem kann man auf eine einzige Weise vorbeugen, indem du sie nicht hereinlässt, nur wenn du vorher über ihren Antrag entschieden und Ja gesagt hast. Wenn du Nein sagst, dann lässt du sie erst gar nicht herein. Sie müssen also ganz bis zu dem Zeitpunkt außerhalb des Landes bleiben, bis die Behörden des jeweiligen Landes nicht über ihren Wunsch einzutreten entschieden haben. Das haben wir ausgebaut. Das ist eine juristische Grenzsperre, das ist eine militärische Grenzsperre, das ist eine physische Grenzsperre, denn man muss sie aufhalten und sagen: „Du wartest draußen und wir werden dir eine Antwort geben.“ Nun, das müsste man in ganz Europa machen. Wir sind also bis zu dem Punkt gelangt, dass sie die Gefahren, die Fehler anerkennen, dass sie den Terror und die Kriminalität hereingelassen haben. Es gibt schon Stimmen, die zu sagen wagen, was wir sagen, dass es einen offenkundigen, unvermeidlichen und engen Zusammenhang zwischen der Migration, der Kriminalität und dem Terrorismus gibt, doch sind sie noch nicht dorthin angelangt, dass es ein erfolgreiches Modell gibt, dies ist das ungarische und das müsste übernommen werden. Anstatt dessen wird infolge des alten Kampfes immer noch Ungarn attackiert und die Europäische Kommission mit Frau von der Leyen an der Spitze hat uns beim Gericht verklagt, sie haben uns verklagt, damit Ungarn das einzige erfolgreiche Grenzschutzmodell abbaut. Jetzt fechten wir diese Schlacht aus. Diese Gerichtsurteile werden bald gefällt. Und Ungarn wird in keiner leichten Situation sein, denn in Brüssel pflegt man ja auf den Druck der Kommission hin Urteile zu fällen, die die Migranten unterstützen. Uns stehen also noch schwierige Momente bevor, aber das ist so ein Metier, wir werden dann versuchen, gut zu navigieren.
Ja, und im Westen sieht man ja die Lösung des Problems nicht im strengen Grenzschutz, sondern in der schnelleren Abschiebung, die ihrer Ansicht nach im Übrigen durch den Migrationspakt ermöglicht werden würde. Kann dies ihnen eine Gelegenheit geben, die damit zusammenhängende Arbeit schneller zu verrichten und ihn eventuell auch im kommenden Zeitraum anzunehmen?
Schauen Sie, es ist nicht meine Aufgabe, meine Kollegen mit schlechten Nachrichten traurig zu stimmen. Und wenn sie daran glauben wollen, dass sie die illegalen Migranten abschieben können, dann sollen sie daran glauben. Doch an einem ruhigen Nachmittag können sie sich doch die Frage stellen, wie das denn geschehen wird? Wir sehen doch diese Migranten auf der Straße, sie leben in Blöcken. Sie decken einander, sie helfen einander. Dort will man nicht, dass der eine oder der andere abgeschoben wird. Da wird die Polizei hineingehen? Sagen wir die deutsche Polizei geht hinein, schnappt den illegal sich dort Aufhaltenden am Schlafittchen, während im Übrigen dort mehrere tausend Migranten herumstehen, und wird ihn verhaften? Ein Kind, eine Frau, einen Mann? Und wenn sie, nehmen wir es an, das macht, wohin bringt sie ihn dann? Tut sie ihn in einen Waggon und transportiert ihn außerhalb des Landes? Und wohin transportiert sie ihn? Also wenn einmal die Zahnpasta aus der Tube raus ist, dann ist es, sich selbst davon zu überzeugen, wir werden sie dann wieder in die Tube hineinzaubern können, meiner Ansicht nach ein Ammenmärchen. Also ich will die Westler nicht davon abbringen, es mit der Abschiebung zu versuchen, doch würde ich daran keine großen Hoffnungen knüpfen. Wir müssen uns also etwas anderes ausdenken. Doch ist das nicht unser Problem, das ist nicht das Problem Ungarns. Unser Interesse ist, dass wir kein solches Problem bekommen. Ich will also keinen Anteil an den Problemen der Westler. Sie haben es vermasselt, sie müssen eine Lösung finden. Aber warum müsste ich im Übel eine Gemeinschaft mit ihnen eingehen? Denn jetzt ist ihre Idee, dass sie dann einige tausende nach Ungarn herüberschicken würden. Und sie verpflichten Ungarn, dass wir Migrantenlager bauen sollen, die sie dann mit den Migranten füllen, die sie hereingelassen haben. Wir verfügen über praktische Erfahrungen. Sie lassen Migranten herein, die an der ungarischen Südgrenze die Polizisten attackieren und auch noch schießen. Jetzt lassen wir sie danach in unser eigenes Land? Das sind absurde Dinge! Also hier in Brüssel müssen doch solche einfachen Jungs vom Land wie wir, die mit beiden Beinen auf der Erde stehen, noch viele Kämpfe ausfechten, um ihnen verständlich zu machen, wie das Leben in Wirklichkeit funktioniert. Sie sitzen dort in einer Blase! Sie glauben, sie schreiben etwas auf ein Papier nieder und dann wird das auch geschehen. Doch besitzt jede Entscheidung eine menschliche Dimension. Dort, wo es Konflikte gibt, sind überall menschliche Faktoren vorhanden. Sie haben nicht Migranten im Allgemeinen hereingelassen., sie haben die Migranten mit jenen kulturellen Gegebenheiten hereingelassen, die sie aus ihrer Heimat mit sich gebracht haben. Man hatte gedacht, die Migranten wären solche knetbaren, gestaltbaren, formbaren Persönlichkeiten, sie würden vielleicht sogar arbeiten, vielleicht würden sie auch noch von Nutzen sein, na, aber jeder Mensch besitzt eine Vergangenheit, Kultur, Sprache, Verbindungen, wenn er irgendwohin geht, da nimmt er diese mit sich mit. Man kann also auf die Menschen nicht als Objekte blicken, mit denen wir dann irgendein Gesellschaftsexperiment durchführen und sie wie Knetstoff formen werden. Denn der Mensch besteht nicht nur aus Fleisch und Blut, sondern auch aus Kultur, Verwandten, Vergangenheit, Überzeugungen. Und sie sind jetzt alle hier auf den Straßen. Und ihnen ist jene Anschauungsweise der Welt vollkommen fremd, in der die hier lebenden Menschen aufgewachsen sind und die sie ihre eigene nennen. Wir sprechen hier also über Menschen, die aus einer anderen Zivilisation kommen. Mit dieser anderen Zivilisation kann man diskutieren. Ich persönlich halte z.B. den Islam für eine sehr große kulturelle Leistung. Also er erhebt den Menschen über die Barbarei, das ist eine große Leistung, eine viele hundert Jahre umfassende große kulturelle Leistung. Darüber gibt es keine Diskussionen. Wenn jemand dorthin geht, wo die islamische Welt ansässig ist, wird man deren Produkte oder Ergebnisse oder, Äußerungen sehen. Nur ist die Frage, was das hier zu suchen hat? Warum muss man das hierherbringen, wo wir doch eine in einer gänzlich anderen Kultur aufgewachsene Welt sind? Und wer kann garantieren, dass aus einem derart massenhaften Zusammenleben dieser beiden Welten eine gute Sache entspringt und kein Konflikt? Bisher sehe ich, dass dies ein Risiko beinhaltet – hinsichtlich der Kriminalität, des Terrorismus und auch der kulturellen Konflikte –, das wir, das empfehle ich den Ungarn, nicht eingehen sollten. Wir sollten also über niemanden ein Urteil fällen. Wir sollten nicht über die Migrationspolitik der Westler urteilen. Doch eine Sache sollten wir für uns erkämpfen: Das wir sagen, wer Ungarn betreten darf, und wir entscheiden, welches Risiko wir hinsichtlich des Zusammenlebens mit anderen eingehen wollen. Das soll uns niemand aufzwingen, wie ein Volksschullehrer, auf so eine belehrende Art, indem irgendein Bürokratenheer aus Brüssel seine moralische Höherwertigkeit aufzeigt. Das ist inakzeptabel! Wer sich in Ungarn aufhält, was für einen Konflikt, ein Potential oder eine Gefahr wir in der öffentlichen Sicherheit auf uns nehmen, das soll ausschließlich die Entscheidung der Ungarn sein. Und solange es eine nationale Regierung gibt, können die Ungarn darin sicher sein, dass wir die Sicherheit Ungarns und der ungarischen Menschen nicht in Gefahr bringen werden.
Reden wir über eine Reise von Ihnen in der vergangenen Woche, Sie haben ja über mehrere Tage in China Gespräche im Rahmen des Gipfeltreffens „Neue Seidenstraße“ geführt und Sie sagten, das Ziel der ungarischen Regierung ist, dass Ungarn der Treffpunkt der östlichen und der westlichen Wirtschaften sein soll. Inzwischen ist aber auch zu sehen, dass es seitens des Westens eine immer stärkere Bestrebung dahingehend gibt, damit die wirtschaftlichen Beziehungen zu China gekappt werden sollen. Sind diese beiden Ziele miteinander vereinbar?
Werfen wir auf diese Frage zunächst einen Blick aus der ungarischen Perspektive. Ich komme aus einer antikommunistischen rebellierenden Studentenbewegung. Also ich sage nur schwerlich, dass es irgendetwas Gutes in dem Kommunismus gegeben hätte, in dem ich doch auch 26 Jahre gelebt habe. Doch man findet dieses und jenes. Hier ist z.B. diese Angelegenheit der China-Verbindung. Ich weiß nicht, wie und warum es geschah, das werden dann die Kenner der Parteiengeschichte sagen können, aber irgendwie hat es sich nach 1949, als der Kommunismus auch in Ungarn Fuß gefasst hatte, ergeben, dass es zwischen den chinesischen und den ungarischen Kommunisten eine herausragend gute Beziehung gab. Also besaß Ungarn, als wir 1990 die Freiheit erlangten und man wieder frei eine Außenpolitik betreiben konnte, wie uns von Moskau und der Sowjetunion befreit hatten, ein besonders gutes Erbe der chinesisch-ungarischen Beziehungen. Ich merke nur an, auch Péter Medgyessy z.B., gegen den ich bei den Wahlen 2002 verloren habe, hat eine vollkommen rationale, ausgesprochen erfolgreiche China-Politik betrieben. Also gibt es auch auf der linken Seite eine Tradition der guten chinesisch-ungarischen Beziehungen. Das ist heute ein riesiger Vorteil, denn bei uns wechseln die Systeme rasch, aber in China nicht. Dort sind es also die gleichen Menschen, dort ist es das gleiche System. Wir besitzen also einen riesigen Vorsprung. Und jetzt, da China die zweitstärkste Wirtschaftsmacht der Welt geworden ist und es laut jedem Mathematiker nur die Frage von einigen Jahren ist, bis es die stärkste Wirtschaftsmacht der Welt sein wird, denn man kann die Prozesse voraussagen, besitzen wir mit dieser Macht ein ausgesprochen gutes Verhältnis, noch aus früheren Zeiten geerbt. Es wäre schade, dies zu verplempern. Das ist eine gewaltige Möglichkeit, wenn wir das in die Sprache der Wirtschaftsbeziehungen übersetzen können. Und hier geschieht jetzt etwas, wodurch uns diese Beziehungen besonders zupassen. Denn die Hauptfrage der modernen Wirtschaft und der modernen Technologie ist ja im gegenwärtigen Augenblick die grüne Energie. Wie kann man wegen des Klimawandels und wegen des für die Gesundheit der Menschen schädlichen Kohlendioxydausstoßes die traditionellen, fossilen, also auf Kohlenwasserstoff basierenden Energien immer stärker in den Hintergrund drängen und die grüne Energie in den Vordergrund holen. Nun ist die grüne Energie eine Sache, die in Wirklichkeit zwei Dinge bedeutet, zwei wirtschaftliche Tätigkeiten bedeutet. Zunächst einmal muss man sie herstellen. Aus dem Wind, aus der Sonne usw. Darin sind die Chinesen sehr gut. Der Großteil der Sonnenbatterien kommt ja von dort, hinsichtlich der Entwicklung dieser Technologie sind sie der Welt voraus. Man muss sie also produzieren, und danach muss man sie einspeichern. Denn der Wind weht ja nicht immer, die Somme scheint nicht immer, die größte Frage für die gesamte Weltwirtschaft ist heute also, wer über die Fähigkeit verfügen wird, die hergestellte Energie zu speichern und sie dann hervorzuholen, wenn man sie benötigt. Das kann man ganz allgemein auch als Batterie bezeichnen, doch ist die Batterie ein Kinderkram im Vergleich zu dem, worüber wir hier reden. Wenn man also, sagen wir, nach China fährt, dann sieht man gewaltige, große Gebäude, die dazu geeignet sind, um grüne Energie in hoher Menge zu speichern. Der Wettbewerb in der Welt läuft heute darin, wie lange diese Speicherfähigkeit besteht, wer wie viele Stunden die dort eingespeicherte Energie aufbewahren kann. Und darin ist China heute spitze. Wenn wir also grüne Energie wollen und wenn wir wollen, dass Ungarn die Vorteile der grünen Energie nutzen soll, z.B. dass wir unabhängig von anderen sind, dann müssen wir mit den chinesischen Firmen, mit der chinesischen Technologie zusammenarbeiten. Ein kleiner Teil dessen – das wiederhole ich nur – ist die Elektromobilität, dass der Fuhrpark sich vom Benzin auf die Batterie und die Elektrizität umstellt. Das ist eine viel größere Angelegenheit. Das ist eine die Zukunft der gesamten grünen Energie betreffende Angelegenheit. Und Länder wie wir, die ja wegen des Kommunismus von der Entwicklung der Welt ausgeschlossen waren, müssen immer nach Möglichkeiten suchen, wie wir innerhalb eines bestimmten Zeitabschnitts einen größeren Weg zurücklegen können – das nennt man Aufschließen – als andere. Und die eine Antwort darauf ist, dass wenn du früh genug, zur richtigen Zeit, vor anderen dich in eine neue Technologie einschalten kannst, dann kannst du vermutlich sehr viel von deinem Entwicklungsrückstand in relativ kurzer Zeit abarbeiten. Meiner Ansicht nach steht Ungarn im Tor solch einer Möglichkeit. Also ist der Leitfaden unserer Zusammenarbeit mit den Chinesen wirtschaftlich die grüne Energie.
Sprechen wir noch über ein Thema, wir haben nur noch wenig Zeit, aber am Mittwoch hat die Regierung die CSOK Plusz (Vergünstigung für Familien zur Schaffung von Eigenheimen – Plus) angekündigt, was einen vergünstigten Kredit bedeutet, von dessen Kapital in Abhängigkeit von der Zahl der Kinder, die auf die Welt kommen, jeweils ein Nachlass von zehn Millionen Forint gewährt wird. Was erwartet die Regierung von der CSOK? Was für eine Logik steht im Hintergrund dessen?
Auf dem Grund unserer Überlegungen findet sich ein sehr einfacher Zusammenhang: Wenn es Kinder gibt, gibt es eine Zukunft, wenn es keine Kinder gibt, gibt es keine Zukunft. Wir können also tun, was wir wollen, wenn wir keine Kinder haben, die an unsere Stelle treten, wozu machen wir dann sonst was? Jetzt gibt es Regierungen, die diesen Zusammenhang als wichtig ansehen, andere betrachten ihn als eine Frage, die sich außerhalb der Politik befindet, das ist nicht unsere Sache, das ist die Sache der Menschen, eine Privatangelegenheit, usw. Und zweifellos ist jedes Kind die Privatangelegenheit von jedem einzelnen, doch wie das die Soziologen zu formulieren pflegen, es ist auch ein Gemeingut, denn wenn es keine Kinder gibt, dann wird es mit dem ganzen Land Probleme geben. Deshalb sind wir der Ansicht, dass es die wichtigste Aufgabe der Regierung ist, den Menschen dabei zu helfen, Kinder haben zu können. Es ist nicht unsere Sache, sie zu überzeugen und sie zu überreden, diese kommunistische – wie soll ich es nennen? – Propaganda würde ich nicht gerne sehen, denn wir müssen die Menschen nicht davon überzeugen, dass sie mehr Kinder haben sollen, sondern wir müssen sagen: „Wenn du Kinder haben willst, dann können wir dir dabei helfen, dass du nicht auf Hindernisse stößt, die dich zurückhalten. Dein Wunsch ist also, du willst das Kind, nur du stößt auf Hindernisse, sagen wir, du kannst nirgendwo wohnen oder du hast keinen Arbeitsplatz. Die Regierung kann dir dabei helfen, dass du einen Arbeitsplatz hast. Sie kann dir dabei helfen, dass du irgendwo wohnen kannst, was nicht einfach ist, denn eine Wohnung, ein Haus kostet eine größere Summe.“ Und wir suchen nach Methoden, wie wir dabei helfen können. Wir haben zwei Dinge gestartet, eine CSOK für das Dorf und eine für die Stadt. Die CSOK für das Dorf lief gut und läuft auch jetzt noch gut. Wir haben auch die Summe der Unterstützung angehoben, jetzt haben wir den Kredit günstiger gemacht usw. Doch das Interesse für die CSOK in der Stadt ist deutlich zurückgegangen. Sie hat also nicht die Regierung eingestellt, sondern die Menschen haben ihr Desinteresse gezeigt, sagen wir es so, sie sagten: „Das ist leider für uns nicht mehr attraktiv.“ Und stattdessen musste man sich etwas Neues einfallen lassen. Seit einem Jahr arbeiten wir daran, dass mit dem 1. Januar die alte CSOK für die Stadt ausläuft und eine neue CSOK Extra anläuft, die attraktiv genug ist, sich an die veränderten finanziellen Gegebenheiten anpasst. Das haben unsere Experten ausgearbeitet, die Regierung hat das in mehreren Runden diskutiert und auf der Regierungssitzung am Mittwoch haben wir diese Vorlage auch beschlossen. Es wird eine Form der Unterstützung geben, es wird sich für das Land lohnen, nachzurechnen, wie es sich lohnt, man wird im Fall von ein, zwei, drei Kindern eine ernsthafte Unterstützung zur Schaffung eines Eigenheimes bekommen. Das ist die neue CSOK Plusz.
Ich befragte in der vergangenen halben Stunde Ministerpräsident Viktor Orbán über das Gipfeltreffen der Europäischen Union, die Migration und auch über die in dieser Woche angekündigte CSOK Plusz.
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